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Fälle aus gleicher Erhebung

Falldarstellung

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//hallo hallo heute ist der 1. februar (…2) äh s dritte schülerinterwiev ja fang ich mal an .. wie ich dir erzählt hab interessiern wir uns dafür wie dein leben bisher verlaufen ist . erinnere dich bitte zurück . und erzähle ruhig einmal ausführlich was dabei für dich bedeutsam ist . ich werde erst einmal ruhig sein und dir zuhören// …. also ich hab in x-stadtviertel gewohnt dann bin ich in x-stadtviertel in die schule gegangen bis zur 7. klasse und bin dann nach y-stadtteil umgezogen . und da hier in der nähe gleich die schule war bin ich gleich in die schule gegangen . und das war jetzt nicht so daß meine eltern in die schule gegangen sind oder so . sondern s war einfach . auch aus weggründen //hm// denk ich . ich hab die schule dann erst später kennengelernt ich kannte die nich irgendwie oder hab se mir ausgesucht . oder so .. naja und …… //und so zu deinem leben// ….. hm naja ….. hab eigentlich keine

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probleme jetz mit meinen eltern oder so also daß ich jetz äh daß meine eltern mir vorschreiben was ich nun . in der schule machen soll oder so oder welche schule ich gehen soll oder . irgendwie also ich kann das schon . selbst entscheiden und .. eintlich bin ich …… unabhängig oder so von den ganzen leuten . also ich mach eigentlich immer das was mir gefällt und . wenn ich jetzt nich mehr in de schule gehen würde dann geh ich halt raus oder so .. oder …. (…3) //ähm wie bist du überhaupt zu dieser schule hier jekommen// …. naja es war so daß äh ne freundin hatte //hm// und die hat mir halt gesagt daß se in die schule geht ar das war … also ich wär jetz of ne andre schule jegangen es war jetz nich so daß irgendwo ich gelesen hab irgendwie . naja s.-gymnasium da gibts das und das und so . ich wollte eigentlich mehr in ne sprachschule gehn eintlich //hm// aber . das haich dann zu spät gemerkt daß es hier so mehr

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naturwissenschaftlich rausgeht aber .. naja is ja nich so schlimm kann ja seine kurse wählen wie mer möchte und das is (…1) //hm// also ich hab nich irgendwie durch (…1) oder so daß ich gehört hab daß hier irgendwas besondres an der schule is .. einfach nur so //hm// und eben auch aus weggründen weils eben gleich (…1) //hmh .. und was findest du gut oder was stört dich oder besser gesagt und was stört dich an deiner schule// . ja mich störn eintlich am meisten die schüler also die lehrer störn mich eigentlich nich so . //hm// also so mich stört eigentlich das verhältnis zwischen schülern und schülern //hm// . das es also immer so krasse unterschiede sind daß wenn irndwelche .. ähm .. von andern nich halt gemocht werden oder so daß es halt im ganzen stark zum ausdruck kommt daß man einfach die schüler dann nich in ruhe lassen kann oder so //hm// und daß halt och so krasse unterschiede zwischen den kleineren und den größeren schülern

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//hm// daß die größeren sich sehr wenig oder gar nich irgendwie mit anderen schülern befassen . //hm// also daß die einfach nur in de schule gehen und . die meisten ham ja auch gar keine lust zur schule und weil die halt de tür hinter sich zumachen denen is das eigentlich egal was hier passiert //hm … und was findest du gut// hm … naja .. gut find ich eigentlich daß manchmal der unterricht eintlich spaß macht //hm// also so . na jetz ham se och noch die schule neu gemacht da machts natürlich noch n bischen mehr spaß als wenn mer die alten räume hat so und . wenn man irgendwelche exkursionen macht find ich das eigentlich immer gut also n bischen was irgendwie n unterricht belebt //hm// und wenn n lehrer immer irndwie spaß hat am unterricht . nich daß er irndwie stur seinen stoff da abarbeitet und so sondern mehr also auch . ähm .. irgendwelche interessanten dinge mit einfließen läßt //hm// wo

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auch die schüler mal was machen können //hm// oder am nachmittag auch mal was machen oder so …. //hm du hast bestimmt schon einiges über andere gymnasien gehört . und wenn du die mit dem hiesigen vergleichen würdest . also was denkst du ist charakteristisch für das hier// …. äm na vielleicht daß nich so richtig of die schüler eingegangen wird also wie vielleicht also . in ner andern schule . hm wir ham zum beispiel n ganz andres lehrer-schüler-verhältnis daß die lehrer mehr mit den schülern machen och am nachmittag oder . ähm hm . na verschiedene projekte in der schule mal zwischendurch gemacht werden die bei uns halt nich gemacht werden weil . hm herr a. das nich erlaubt oder sonstwas //hm ….. hm möchtest du in deiner schule bleiben oder würdest du lieber die schule wechseln// …. hm . ja ich wollt schon öfter mal wechseln aber //hm// . ähm bisher hab ich mich immer entschieden wieder hierzubleiben weil ..

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ich weiß nich . ich finds eigentlich gar nich so schlecht also die lehrer sind eijentlich ganz okay //hm// also s geht . und . naja mit dem einen kommt mer immer weniger zurecht mit dem andern besser . also .. kann mer nich so sehen aber wenn se immer alle sagen daß es hier so streng is un daß es immer strengere zensuren gibt als an andern . also das is eigentlich .. würd ich sagen das gleicht sich irgendwie mal aus //hm// weil . ich meine äh wenn mer besser jetzt in der schulzeit ofs abitur vorbereitet wird dann isses besser als wenn ich immer nur . äh richtchen unterricht mache und gute noten bekomme und dann n schlechteres abi kriege als meine noten sonst immer warn //hm// find ichs besser wenn mer strenger vorbereitet wird und . vielleicht och mal schlechtere noten kriegt aber dafür dann irgendwie s abi leichter irndwie //hm// nehmen kann //hm// . ((daß es dann nich so schwer

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wird)) …. //also beschreibe einmal genauer . ähm . wie eine schule aussehen würde die du richtig gut finden würdest// . na zum beispiel daß ähm für jedes fach irgendwie solche räume sind oder irgendwie daß die ausstattung mehr is oder so also für //hm// was weiß ich solche fächer wie musik oder sowas daß da mehr da is also daß mer och ma vielleich instrumente sieht oder so //hm// also . ich persönlich jetz spiel auch n instrument und dadurch find ich das immer schöner wenn irndwelche .. ähm im musikunterricht irndwelche .. dinge gemacht werden wo die schüler och ma mehr mit musik anfangen können nich irgendwas nur gehört oder irndwelche . noten ausenandergenommen oder so oder meinetwegen in geographie wenn da mal der ganze raum voller karten is oder so das find ich dann immer besser //hm// wenn mer in den raum reinkommt un mer weiß schon richtig worums geht //hm// anstatt och mal wenn mer im unterricht praktisch

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heute mal da in dem raum und //hm// mal in dem raum .. (…1) oder mal interessantere bücher oder //hm// was weeß ich . französischräume also zum beispiel also . mit irgendwelchen zeitungen- artikeln oder so mal //hm// in französisch (…1) //hm….. ja was hältst du von euerm schulleiter// … also . ich persönlich finde man kann eintlich also wenn man irndwas vorhat oder sowas man kann schon an ihn rangehen und versuchen irndwie was zu erreichen und das . wird meistens auch durchgesetzt . aber ähm .. ihn stört halt das schülerverhalten sehr und meistens also daß die schüler .. halt kein intresse ham irgendwas an der schule zu machen und dadurch äh verbietet er och einiges eigentlich und . //hm// also das is son kreislauf die schüler machen was und dann . macht herr a. das eintlich auch oder er verbietet auch meistens irgendwelche dinge . die an andern schulen sind aber das liegt dann och viel an schülern . //hm// (schuldong)

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//und du persönlich// . also wenn ich mit ihm mal irgendwas zu bereden hab wegem schülerrat oder so //hm// da . denk ich . also er geht eigentlich of die schüler ein un er setzt sich och eigentlich dafür ein wenn irgend jemand was hat oder so wenn probleme sind mit andern lehrern . (…2) //hm .. un was hältst du von euren lehrern hier oder von deinen lehrern// .. hm naja es gibt schon einige wo mer . also am liebsten wieder nach hause gehen würde weil die einfach ‘so blöd sind’ (lachend gesprochen) . oder manche sind . mit manchen kommt mer halt sehr gut zurecht also mit denen könnte mer n ganzen tag irgendwas machen . und naja ich weeß nich es is halt .. manche sind halt so kumpelhaft und manche also . sind dann wirklich lehrer und . von früh bis abends und dann kann mer och nischt ändern . also . ich finde die sollten einfach ma n bischen . ihren unterricht n bischen lebhafter machen so daß se irn- daß mer irndwie merkt daß daß

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die ihr fach denen irgendwie spaß macht //hm// . nich daß ses einfach nur machen weil se jetz dieses fach nun unterrichten oder so und weil sie denken sie müssen das den schülern beibringen . sondern daß sie vielleicht och ma richtig //hm// ihr fach lehren . weil wenn man dann sich wenn die lehrer irgendwie . das so rüberbringen als ob das irgendwie . äh spaß macht oder so n bischen dann . dann fällt das den schülern och mal leichter irndwie das zu verstehen //hm// äh es kommt dann nich so stressig rüber un so //hm …. hm .. wie siehst du das verhältnis zwischen den lehrern und den schülern . an der schule// … naja so zum beispiel . ähm mehr die jüngeren lehrer oder so die och ma . irgendwas . lustiges dann machen würden oder so un . ähm . dann wenn man da so die älteren lehrer anguckt . die .. denen is das alles dann zuviel irgendwie mit schülern irgendwas zu machen weil s is dann zuviel streß oder so //hm// . ähm

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… is eigentlich unterschiedlich muß ich sagen //hm// es kommt auch n bischen auf die klasse drauf an //hm// . also unsre klasse zum beispiel mit unserm klassenleiter verstehn wir uns . gut eigentlich und .. na klassenfahrt is eigentlich immer ganz lustig anstatt wenn mer dann son lehrer hat der nur immer of de belehrungszettel guckt und dann . wir müssen um um neun ins bett oder um zehn oder so das .. findch einfach lustjer wenn der lehrer da bischen mehr auf die schüler //hm// . sonst is mer ja keen lehrer ich meine . das is ja klar daß man als lehrer immer jüngere schüler hat also als man selber is und dann //hm// kann mer muß mer n bischen tolerant sein find ich //hm// irndwie …. //was denkst du vom unterricht .. den du hier erlebst// hm naja hm . es könnte schon bischen mehr also .. halt ähm .. na mehr .. privat vielleicht och ma n bischen (…1) //hm// oder was . äh vielleicht n bischen mehr freizeitbezogen also .

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daß die . hm na so abwechslungsreicher und so was zum beispiel im sprachunterricht irndwas . irgendwelche freundschaften mit irndwelchen auslän- also ausländischen //hm// schülern oder so oder dann austauschen mehr oder //hm// daß das irndwie richtig ins unterrichtsgeschehen mit einfließt //hm// sowas und . oder wenn man jetzt irgendwelche berichte hört oder irgendwelche ausländischen sender oder so mal irgendwelche filme guckt oder so was //hm// daß . der unterricht mal n bischen anders is als nur immer stures lesen und übersetzen oder so //hm//.. //hm …. ja ähm . erzähle ruhig genauer äh wie lehrer und schüler im unterricht mitenander umgehen// … also ich würd sagen wenn . wenn lehrer und schüler sich gut verstehen dann isses so daß der lehrer irgendwie . reinkommt //hm// mit seim mit seinem stoff anfängt oder anreißt und dann . entsteht och ne diskussion

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zwischen schüler und lehrer //hm// aber wenn jetzt zum beispiel die schüler n lehrer überhaupt nich leiden könn dann geht das von anfang an so daß nur gequatscht wird //hm// . und daß dann der lehrer erzählt was er will oder .. setzt sich hin oder gibt irgendwelche aufgaben und dann solln sie die schüler machen und (…3) . (holt luft) und . naja ich finds irndwie . besser wenn hm . wenn die lehrer irgendwie gleich von anfang an so sagt was er will und daß die schüler och ganz genau wissen was se . machen sollen //hm// un halt wenn die schüler keine lust haben of den lehrer (…1) dann solln se halt gehn .. weil ich find das stört irgendwie wenn . schüler oder lehrer sind die sich nich leiden können //hm// das macht immer s ganze die ganze atmosphäre irgendwie runter wenn mer in der klasse sitzt und irgendwas .. für für mich jetzt intressantes dabei is was ich nun wirklich gerne vielleicht mal hören möchte oder so was weil

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ich doch mal . was ich vielleicht o mal später zu hause oder so mal //hm// noch mal nacharbeite oder so . dann . find ich das nich so jut wenn die schüler dann . sich so gegenseitig immer runtermachen //hm// . wenn se jetz n lehrer nich leiden können .. das muß ((mer ja nich zeigen)) …. //ja . beschreib einmal wenn möglich anhand von beispielen . wie die lehrer mit vorschlägen . kritik oder anregungen von seiten der schüler umgehen// .. also ich hab das jetz erlebt daß ne lehrerin ne fragebogenumfrage //hm// gemacht hat . //aha// und die hat halt da hingeschrieben .. hm .. was weiß ich ob die schüler mehr am unterricht teilhaben wollen oder mehr sagen wollen //hm// was se lieber machen oder so und (schuldong) . naja ich (…1) . also es wird bald ausgewertet und //hmh// vielleicht geht se da (…1) drof ein oder sowas sollte mer schon machen . also sollte an ner intensiven zusammenarbeit zwischen lehrern und

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schülern dann //hm// . ich meine okay die ham ja ihrn plan was se machen müssen . und sie könns aber trotzdem noch irgendwie n bischen //hm// so machen daß es für die schüler jetzt n bischen intressant is ich meine einige fäche wie bio chemie oder so da hat mer immer das gleiche dann isses ja von jahr . is ja von jahr zu jahr so . aber wo mer jetz wirklich n bischen . flexibel sein kann dann könnte mer och bischen mehr machen . //hm … ja .. meine nächste frage äh . zielt darauf ab . wie die schüler .. oder besser gesagt äh ja wie die lehrer an der schule ähm mit wünschen sorgen und problemen von jugendlichen umgehen . also von denen der schüler .. wenn irgendwelchen probleme . sind// also .. ich denke daß die lehrer also wenn mer zu nem lehrer hingeht un hat //hm// n problem . dann helfen die einem eigentlich //hm// also es is nich so daß daß mer jetz irgendwie of ablehnung stößt oder so //hm// . es werden auch mal so

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vertrauenslehrer gewählt //hmh// aber ähm . das war so daß das eintlich nich so genutzt wurde //hm// . weil ich meine wenn (…1) lehrer geht dann jetz zum freund oder zur freundin oder //hm// . zu irgendwelchen bekannten oder so aber . das is ja nich so daß mer jetz wenn mer n problem hat daß mer gleich zum lehrer rennt . aber wenn man sich dann gut versteht .. wie zum beispiel hier mit unserm klassenlehrer dann würd ich jetz och hingehen oder so //hm . mhm .. un worauf legen die lehrer hier an der schule besonderen wert// .. also die meisten glaub ich . ähm . daß sie ihren unterricht durchziehen und daß die schüler .. ähm was lernen und dann ihre noten schreiben un das wars dann eigentlich also ich würd nich sagen daß sie jetz .. wert darauf legen daß die schüler hier .. irgendwie was schönes erleben oder so sondern daß die jetz wirklich nur lernen und . //hm// tschüß //hm// .

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also dann abi .. //hm// .. is eigentlich sehr viel aufs abi ausgelegt also //hm// man merkts jetzt schon richtig //hm// in unteren klassen och //ähm .. hm … wie wichtig ist leistung für deine lehrer// … für mich jetzt persönlich . //nee für die lehrer . also für eurelehrer// die lehrer ach ich denke schon (…1) die die machen och eigentlich unterschiede . also bei vielen lehrern merkt man das daß sie jetzt meintwegen merken daß die schüler leistungsstärker sind oder -schwächer und dann .. ähm gibts halt . irndwelche zusatzaufgaben //hm// für die leistungsstärkeren und (…1) sich mal um die leistungsschwächeren zu kümmern . aber is nich bei allen lehrern so . //hm// . is schon unterschiedlich . aber es gibt sowas . //hm …. beschreibe . vielleicht äh kannst du dich ja an irgendwelche ereignisse aus der letzten zeit erinnern ja . äh … wie lehrer reagieren wenn schüler schlechte noten schreiben

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oder .. ja irgendwas nich können nich verstehen nich wissen// . also . bei uns im matheunterricht isses so daß jetz viele schüler probleme haben und .. ähm daß unser mathelehrer ansich eintlich och sehr darum kümmert //hm// daß die leute was verstehen und bietet ooch freiwillig irndwelche nachhilfe an oder sowas ehmt nach der schule . äh . manche lehrer sagen dan halt . na da müßt ihr ehmt ma mit irndwelchen leuten üben oder so . manche . erklärn sich nich bereit irgendwas zu machen und . manche halt .. eigentlich janz schön und die finden das halt och blöd wenn man schlechte noten hat . //hm// die versuchen einem dann immer noch ne chance zu geben irgendwie vorträge oder was ja //hm// . und manche machens halt überhaupt nich ja denen is das total egal //hm// (…1) halt deine sechs und bleibst sitzen is mir eigentlich scheißegal //hm// . mußte selber sehen wie de

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rauskommst un manche .. die helfen einem richtig //hm// also ich find . die lehrer helfen eigentlich besser weil . alleine schafft mer sowas sonst nich und wenn man mit freunden lernt da kommt och eintlich nich so viel bei raus //hm// . und ich find schon . gut wenn n lehrer selbst so n bischen . oder beziehungsweise wenn mer jetzt als schüler merkt ich kann nich mehr oder so mer kann of den lehrer zugehen und der st- der (…1) ab dann find ich das besser //hm// als wenn er sagt . nee ich kann das nich und mach mach das nich und (…2) //hm .. weswegen entstehen meistens auseinandersetzungen zwischen lehrern und schülern an deiner schule// .. na entweder wenn die schüler . irndwie . keine lust mehr drof ham irndwie was zu machen was der lehrer sagt //hm// oder irgendwas is zu viel oder n- zum beispiel in der 8. stunde oder so n n 9. stunde wer hörtn da noch zu //hm// . und dann . wenn halt dann kann der lehrer sagen was er

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will dann machen die schüler einen dann noch dumm oder gehen oder sonstwas und .. (( gibt da schon einige streitpunkte)) . //hm// oder wenn jetzt irgendwie . welche leute von lehrern nich gemocht werden die dann halt immer nur drankommen zur leistungskontrolle dann .. und dann irgendwelchen streit anfangen also //hm// es gibt schon sehr krass . richtig streit zwischen lehrern und schülern //hm . ja darauf zielt eigentlich auch die nächste frage ab . ä kannst du dich an konflikte erinnern die zwischen lehrern und schülern äh . vorgekommen sind . und . oder ehmt zwischen m lehrer und dir und wie sind die entstanden .. äh und wie verlaufen sie . oder ehmt wie sind sie verlaufen// .. naja das is zum beispiel wenn jetzt irgend jemand . ähm … weiß nich eben der lehrer kann irgend jemand nich leiden //hm// oder . n schüler kann n lehrer nich leiden un dann . macht

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der irgendwas nich was der lehrer will dann . kommt dann irndwie . streit dann langsam zustande im laufe des jahres . und . dann hängt das meistens mit n noten zusammen und .. ähm . da wern meistens vielleicht noch die eltern eingeschaltet und dann geht das über .. a. oder so //hm// und dann . entweder mer versucht dann inrndwie in ne andre klasse zu kommen . daß mer den lehrer irndwie los wird //hm// oder so also daß mer nich mehr so viel mit dem zu tun ham will oder . mer lösts halt of ganz normale weise also . es is dann so gewesen daß dann mit herrn a. gesprochen wurde . herr a. hat dann mit dem lehrer gesprochen oder so .. und . und dann wurden halt elterngespräche mit lehrer und schüler //hm// also konkret ehmt . meistens war also .. zumindest wie ich das erlebt hab isses dann aus m weg geräumt worden also . von beiden seiten eigentlich is dann also //hm// wenn einer halt nich mitmacht dann wird das och nischt //hm .. aus

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welchen anlässen ist es in diesem schuljahr zu härteren strafen gegenüber dir oder . deinen mitschülern gekommen// … strafen . inwiefern jetzt strafen . versteh ich jetzt nich . also der lehrer hat jetzt dem schüler irndwelche strafen ofgebrummt naja .. ähm in meim lateinunterricht isses recht laut immer und //hm// dann müssen wir halt irndwelche stundenprotokolle schreim un so aber .. jetzt so richtig strafen also mit schulverweis oder //hm// sowas gibts eigentlich . nich also nur wenn mer jetz irgendwas schlimmes macht . Bombendrohung oder so de scheiße (lacht) //hm// . also es gibt schon verweise . //hm …. hm beschreib ruhig ausführlicher den lehrer oder die lehrerin . äh . den du am besten findest .. und .. den du am meisten ablehnst// …. oja das wird aber schwierig weil .. ähm .. (…2) zurecht und weil . der is halt och noch n bischen jünger und //hm//

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macht halt viel mit uns //hm// und . der kümmert sich auch richtig um uns also wenns jetzt mal irgend jemand nich so gut geht oder so dann . also der is eintlich immer sehr ((privat)) muß mer sagen //hm// . also es is jetzt nich so daß der jetzt lehrer is auf der einen seite un auf der andern seite isser irgend son mensch //hm// sondern der is halt alles in allem und das find ich eintlich gut und .. auch wenn mer . eintlich erzählt der auch genau das gleiche am nachmittag wie wenn er das in der schule erzählt und //hm// das find ich eintlich gut . also .. ablehnung also .. vielleicht mein chemielehrer den ham wir alle nich so gemocht aber .. ich meine … eigentlich also hassen oder so tu ich eigentlich keinen lehrer //hm// . also ich komm eigentlich da doch schon . gut mit denen aus .. //hm . und wenn du dir einen idealen lehrer erträumen könntest wie würde der . sein … s idealbild eines lehrers// … ach naja ich .. naja wie man ..

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hm .. na halt n bischen meistens noch jünger oder so da ham die meistens noch die gleichen intressen (…1) n bischen //hm// . und . naja daß er auch ähm . vielleicht mal in seiner freizeit irgendwas macht oder so . //hm// daß es ihn nich anödet irndwas zu machen für seine schüler . wenn er dann halt . schluß hat oder so //hm// . daß er auch ma .. sich irgend- um irgendwas kümmert oder so .. (…2) daß der unterricht vielleicht n bischen interessanter wird //hm// . nich so stupide (…1) . //und gibts jemanden in der schule . dem das so dieses idealbild entsprechen würde// . ich finde eintlich herr b. macht eigentlich guten unterricht //hm// und vielleicht och herr c.//hm// .. un ….. ähm . eigentlich sind das die lehrer bei denen man was lernt obwohl se och mal ab und zu späße machen und und . och ihrn stoff eintlich durchziehen //hm// . unsre kunstlehrerin zum

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beispiel //hm . was findest du gut und was stört dich daran wie die schüler in der schule mitenander umgehen .. das hattest du ja vorhin schon kurz angedeutet// . naja jetzt ähm . die größeren schüler halt . zum beispiel jetzt die 11./12. Klasse //hm// daß die halt .. ähm sagen naja ich komm sowieso bald aus der schule raus da brauch ich eh nischt mehr zu machen un die kleen na mein gott . die jucken mich eh nich oder so //hm// . daß die größeren irndwie den kleinen nich helfen oder so . //hm// . hm zum beispiel .. hm .. find ichs gut wenn zum beispiel ähm die größeren schüler irgendwelche nachhilfe oder sowas für die kleineren anbieten und wenns nich so is wie also . na die kleinen die sind doch eh noch .. mit denen geb ich mich doch nich ab oder so //hm// . oder auch die größeren unternander wenn die sich nich leiden können dann ist das immer ein krieg und . s merkt man dann richtig übers janze haus oder so wenn man

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dann . durchs haus geht und dann streiten da sich irndwelche leute .. s find ich irndwie blöd ich mein .. dann solln se sich immer in ruhe lassen oder ausm weg gehen und so //hm// also man sollte das nich . of die andern immer noch mit übertragen . diese schlechte laune oder so die in den zwölften besonders herrscht //ja// würd ich sagen . also besonders in den zwölften klassen weil die halt .. die denken sich echt . ich brauch eh nischt mehr zu machen und so und .. //hm// is das doch scheißegal //hm …. hm . versuch einmal genauer zu beschreiben äh . was es für unterschiedliche gruppen hier an der schule gibt also die du hier wahrnimmst .. von jugendlichen// …. hm .. naja vielleicht die leute die einfach . hier sind weil ihre eltern das gesagt ham oder so . und dann vielleicht noch die die gerne abitur machen wollen und vielleicht ooch n gutes und die vielleicht och

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schon richtje berufsvorstellungen ham //hm// . äh naja . und ansonsten irndwelche . normalen die halt einfach nur in die schule gehen und ihre normalen noten . schreiben und . denen das vielleicht och spaß macht oder manchmal och nich mehr . oder weniger und … die eijentlich . //hm// .. ansonsten würd ich eintlich keene großen gruppierungen jetzt irndwie machen daß … hm . eintlich (…1) //hm .. beschreib mal bitte einen schüler oder eine schülerin die bei euch voll akzeptiert ist . und . äh eine schülerin oder einen schüler . ähm der abgelehnt wird oder . so ne randposition hat also ne außenseiter- .. rolle// . hm ich würd sagen . daß mer das so nich sagen kann weil .. ähm mer hat jetz nich irgendwie die vorstellung hm na der hat immer s neuste und der hat . also das is der beste schüler oder so //hm// also nach leistungen oder so geht das nich also wer am angesehensten ist oder nach klamotten oder . wer

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s meiste geld hat oder sowas ja also so isses nich . aber hm . genauso mit der ablehnung wenn mer jetzt zum beispiel irgend jemand is der halt nich irgendwo immer hm . irgendwas kennt oder so . was weeß ich musik oder .. irgendwelches zeug . disco-szene oder sowas in der art . dann wird der nich ausgeschlossen oder so also . is eijentlich nich so also ich würd sagen . vielleicht isses och nur in meiner klasse so also wir verstehn uns zum beispiel alle . eintlich unternander sehr gut in meiner klasse . aber . in andern klassen is das nich so weil zum beispiel . da is da is ne ganze gruppe zusammen die immer zusammen überall hingehen und alles zusammen machen und so und dann sind welche . die sind halt zu hause und . was weeß ich die machen halt musik zusammen oder so (…1) //hm// . wern se halt blöd gemacht weil se irndwas nich kennen oder so aber . ich persönlich würde eigentlich nich sagen daß . daß ich jetzt zum

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beispiel ausgeschlossen werde oder besonders beliebt bin weil ich das und das habe un . //hm .. hm .. un wie geht ihr unternander mit konflikten oder problemen um// …. naja entweder also . wenn sich irgendwelche leute streiten zum beispiel dann . entweder wird sich dann ne gruppe gebildet um den einen un um den andern und die . pff .. was weeß ich die streiten dann immer gegenseitig son bischen //hm// oder es wird halt . also sich zusammengesetzt und versucht irndwie . zu reden also .. bei mir ich muß jetzt mal von mir sagen aus meiner klasse isses dann meistens so gewesen daß wir dann zusammen diskutiert ham mit unsrem klassenlehrer . und dann is das eintlich wieder okay jewesen //hm// also wir ham uns eingentlich immer wieder verstanden //hm// .. es war nie so gewesen daß jetz zum beispiel sich jemand so doll mit jemand gestrittet hat . gestritten hat daß se von der schule gegangen sind oder so . //hm ….

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wenn ein lehrer druck macht ungerecht ist oder irgend n schüler ofm kiker hat also . ä wie gehst du und wie geht eure klasse damit um// .. naja eigentlich . also . in meiner klasse halt mer eigentlich alle zusammen und //hm// (…1) gegen den lehrer . //hm// und ähm . naja .. was dann bei rauskommt .. das kommt immer drauf an auf den lehrer (…1) //hm// also .. entweder macht er mit und also is dann totale konfrontation immer im unterricht . und . merkt man richtig lehrer gegen schüler oder .. er siehts halt von selbst ein und . sagen dann okay . //hm// . versuch ichs dann halt zu ändern oder so .. //hm .. welche möglichkeiten siehst du für dich .. hm . und andere schüler an eurer schule einfluß auf wichtige entscheidungen zu nehmen// .. ähm naja . ich würd sagen daß .. also erstmal durch den schülerrat vielleicht daß . äh klassensprecher gewählt wern wobei . ähm

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klassensprecher . das hört sich immer so an aber .. ähm es is meistens so daß irgend jemand gewählt wird wo se jetzt sagen . der dumme kanns machen oder so und dann schicken se den da hin .. aber .. jetzt irgendwie so wünsche von schülern kommt eintlich nischt muß mer sagen //hm// und och beim . durch die janzen klassensprecher wenn mer die dann vor sich sitzen hat oder so .. die meisten ham och überhaupt gar keene . vorstellungen und so oder wolln nischt ändern . also wenn mer irgend n ziel hat . und dann kann ich als schülersprecher dann zu herrn a. gehen oder . zu irgendwelchen lehrern die dann für diese verschiedenen probleme oder so . verantwortlich sind . dann . mer kricht das eijentlich of die reihe aber dadurch daß so wenig von den schülern kommt also die sind . die aktivität fehlt irgendwie also die . lust //hm// irgendwie irgendwas zu machen . //hm// irgendwas was mit arbeit . verbunden is oder sowas //hm// ..

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wird halt nich jemacht . un dadurch hm . ich würd sagen dadurch wird och viel verschenkt weil . mer könnte eingentlich viel mehr machen oder so .. //hm .. ja und die möglichkeit eben . überhaupt einfluß zu nehmen also die möglichkeit du hast ja jetzt eigentlich nur . beschrieben ähm wies wirklich aussieht und was sind für reale möglichkeiten da// . hm na übern schülerrat irndwie was versuchen also . //hm// . und .. na . daß dann irgendwie zu versuchen umzusetzen also . //hm .. und beschreib äh bitte mal ruhig ausführlicher wie du deine arbeit als . äh schülersprecherin siehst .. oder schülerratsvorsitzende// na also ich . seh eingentlich darin daß ich . die janzen schülersprecher irndwie zusammenrufe und dann irgendwas . denen erzähle was in ihrer klasse da weiterverbreiten sollen und . ähm . die schüler solln ja .. auch mal irndwie drüber nachdenken also mer bekommt doch da immer irgendwas zugeschickt

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oder so und das wird dann den schülern halt angeboten und . ähm ich finde irgendwie daß die sich . da überhaupt nich drum kümmern die die stört das überhaupt nich und . ich kann da irgendwas sonstiges erzähln ich glaub irgendwie . die erzähln das gar nich ihrer klasse (…1) also //hm// . ich weiß nich ob die klassensprecher sich irndwie doof vorkommen um was zu erzählen und . die machen das einfach nich .. also ich versuch eigentlich daß ähm . die klassensprecher wenigstens unternander . irgendwie zusammen sind und irgendwas erreichen wollen . irndwie .. ähm .. zum beispiel irgend ne änderung zum beispiel an der hausordnung (…1) oder so //hm// das klappt ja auch wenn m- . wenn wirklich irndwie . intensiv irndwie arbeitet aber . wenn halt immer . welche fehlen zum beispiel oder so . dann . lohnt sich sowas nich da schafft mans och nich //hm// irndwas zu machen . da fehlt das irndwie einfach weil . eben weil die schüler keine

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lust haben //hm .. hm … und was hältst du überhaupt von der einrichtung der schülervertretung// … also manchmal find ichs irndwie sinnlos weil . das bringt einf- einfach nischt //hm// meistens . aber . also ich würd sagen wenns gut funktionieren würde also wenn wenn //hm// immer alle kommen würden un so un wenn .. och ma vorschläge kommen würden von den schülern .. klassensprechern dann .. dann würdes eigentlich och funktionieren //hm// also … //hm … un wie schätzt du das freizeitangebot an der schule ein// hm .. also ich denke kann mer mehr machen … is eintlich relativ wenig obwohl jetz viel sportarten und so dabei sind also so . viel volleyball und basketball und tanzen und was weeß ich aber .. ich finde mer könnte mehr machen zum beispiel .. hm .na ich bezieh das jetzt mal of de sprachen daß ma n nachmittag halt ma irgendwelche . äh was weeß ich wenn mer französisch hätte oder (…1) russisch hat

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oder so daß mer irgendwelche traditionen davon irndwie //hm// . n bischen kennenlernt oder so und meinetwegen mal n französischen kuchen backt oder irgend sowas //hm// was vielleicht typisch ist oder so //hm// . oder zu irgendwelchen bestimmten zeiten was weeß ich ostern weihnachten oder so . ma irgendwas dazu lernen was mer jetzt nich im unterricht hat //hm// . daß man da noch was dann machen kann .. //hm . und was organisiert ihr selbst// .. als schüler jetzt ähm . was zusammen zu machen mit lehrern .. ach ähm also ich würd sagen zum beispiel theater un so //hmh// oder . jetzt musik . ähm irgendwo hingehen zusammen //hm// . was jetzt vielleicht och in unterricht paßt . und ähm … naja vielleicht ooch kino oder so //hm// (…1) …… //wie wichtig ist deinen eltern die schule// .. also …. also sie wollten gerne daß ich in die schule gehe (lacht kurz) is ja klar aber . also sie schreiben mir jetzt irgendwie nich vor daß ich

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unbedingt jetzt gymnasium und dann studiern muß und das und das und arzt und jura oder so . das kann ich mir eigentlich selber aussuchen also .. sie freun sich natürlich nich wenn ich irgendwelche schlechten noten hab is ja klar aber . sie sagen jetz nich irndwie . ähm jetz gehste runter von der schule oder . (…1) oder ich besorg dir jetzt ne lehre und so und du machst jetzt (…1) also is irndwie kein zwang von meinen eltern oder so //hm// . wenn ich selber merke daß ichs nich mehr schaffe dann würd ich och runtergehen .. (…2) //hm .. erzähle einmal wie deine eltern reagieren das haste ja eben schon angedeutet so wenn du schlechte noten bekommst// .. na also es kommt och n bischen drauf an offs fach (…1) //hm// weil . wenn ich jetz zum beispiel ich . hab zum beispiel noch nie mathe richtig gut gekonnt und wenn ich da hm . irgendwelche schlechten noten anbringe dann sind se

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eigentlich dann .. mehr oder weniger normal aber wenn ich jetzt . wo ich mich och selber manchmal ärgre in irgendwelchen fächern die ich gut kann oder so . dann is das schon eintlich .. traurig //hm// würd ich sagen . oder zum beispiel in irndwelchen fächern wo mer eintlich keine schlechten noten ham muß wie zum beispiel in kunst oder . //hm// . na sport oder so . also . //hm … sollten sich deiner meinung nach eltern stark für die schule interessieren und am schulleben beteiligen . oder findest du das ehr nich so gut// .. also ich find daß ähm . die eltern wenn se berufstätig sind oder sowas //hm// ham se für sowas keine zeit das find ich eigentlich . schade //hm// . weil . die eltern sollten sich schon für ihre kinder irndwie n bischen wenigstens //hm// daß se zumindest wissen in welche schule se gehn und sowas //hm// das wissen ja viele och nich . wie mein vater weeß zum beispiel o nich in welche klasse ich

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gehe oder . welchen klassenlehrer ich hab weil . der hat och (…1) nischt zu tun alo brauch er das och nich wissen also weil ich fänds schon besser wenn es irndwie n bischen . also die familie bischen .. besser ausdiskutiert werden würde oder so //hm// oder wenn jetzt zum beispiel probleme in der schule sind daß vielleicht och mal die eltern .. irndwo hingehen und so und da fragen sie einen mal wo muß ichn da hingehen . also wenn sie noch nie de schule gesehen ham oder so das find ich dann merkwürdig .. //…3// na ich find zum beispiel wenn man probleme hat oder so //hm// . dann .. könnten die lehr- die eltern sich vielleicht och mal kümmern oder so mit den . lehrern dann mal irgendwie reden //hm// . aber wenn se dann erst fragen müssen na wo muß ichn da hingehen //hm// wo issn die schule überhaupt //hm// (…1) //hm// bischen .. bischen ‘na grob’ (lachend gesprochen)

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aber ähm . sie sollten jetzt nich nur an dem kind klammern //hm// und (…2) schon wieder ne schlechte note und . das find ich affig //hm// und so n bischchen wenn se das wissen . in welche . schule sie gehen //hm// welches fach sie gerne mögen oder so //hm . hm .. und was erwarten deine eltern von dir//.. ach . naja eigentlich . also se wollen daß ich abitur mache . //hm// und was ich dann danach machen werde (…3) bestimmen mir mein leben irndwie nich //hm// .. keine erwartungen oder so . //hm// und eigentlich . naja und daß ich eigentlich damit zufrieden bin was ich mache . eigentlich . //hm// daß ich nich halt . zu schlecht bin oder so und .. na vielleicht auch . ich find da spielt och der freundes- kreis eintlich ne janz große rolle weil wenn mer irndwie .. immer alleine is so als schüler . dann hat mer och irndwie .. das wirkt sich dann irgendwie of die leistungen mit aus und . //hm// wenn ich jetzt zum beispiel n großen

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freundeskreis hab und mich da wohlfühle dann . fühln sich meine eltern och wohler als wenn ich immer alleine bin und . irndwie nur wegen der schule jetzt nur .. irndwie depressiv bin oder so //hm … ja . wenn du das noch einmal alles so zusammenfassen würdest . ä was du bisher gesacht hast wie wichtig ist schule für dich// .. also ich . persönlich also . ich geh eigentlich nich so gerne in die schule //hm// muß ich sagen . also wichtig find ich nur wegen jetzt . irgendwelchen berufen ((irgendwie also …)) ich weiß nich manchmal sag ich mir immer naja gott . realschule würde auch vollkommen ausreichen wenn ich realschule machen würde aber .. hm . ach ich denk dann immer wozu ist n gymnasium wichtig was heißt wichtig …. mer lernt halt was und . vielleicht brauch ichs ja mal (lacht leise) //hm// aber .. so richtig wichtig daß ichs jetzt irgendwie vermissen

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würde wenn ich nich hingehen würde . glaub ich eigentlich nicht . wenn ich jetzt .. wenn ich jetzt irgendwo mich bewerben würde und n job bekommen würde ohne daß ich jetzt irndwie schule hab oder so //hm// und dann arbeiten gehen könnte da würd ich das auf jeden fall lieber machen als zur schule gehen //hm .. und wie wichtig is dir s abitur// .. naja … ich weiß nich also … manchmal denk ich naja . machstes einfach und . versuchstes mal und weil ich denke mal daß ichs irgendwie schaffe weils ja doch ganz schön . also … von leistungen her manchmal denke ich immer daß ichs ((nich)) schaffe und so dann . sind halt doch meine eltern meistens die sagen na . versuchs doch noch mal und so und . naja .. un hat mer eigentlich meistens immer so irgendwie seine (…2) //hm//(…2) also .. is aber nich so daß ich jetzt unbedingt mein abi mit 1,0 machen will oder so oder daß ich jetzt unbedingt fürs abi jetzt hier nur lerne und strebe

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und .. also das mach ich eigentlich nich //hm hm … und hast du schon vorstellungen wie dein leben weitergehen wird// … hm berufsmäßig jetzt oder so . naja . eigentlich wollt ich ja mal jounalistin werden also sowas in der art . //hm// dann bei der zeitung also nich jetzt jounalist oder irgendwie bei der zeitung irgendwas machen . aber . inzwischen ((hab ich mir ‘irgendwas andres überlegt’)) (lachend gesprochen) irndwie .. ähm so .. halt so ….. hm na irgendwelche reisegruppen und sowas //hm// . reiseführung un //hm// sowas also .. irndwelche schönen fremden weiten Städte oder so //hm … ja . und das wars . und dann dank ich dir recht herzlich .. wars so schlimm// ja (lacht)

Interpretation

Wir beginnen die Fallrekonstruktion analog zu Maria mit der Interpretation des Stimulus:

I: hallo hallo

Der Beginn des vorliegenden Textprotokolls weist mit ‚Hallo‘ eine Variante der Begrüßung auf, die auf eine Eröffnung eines gemeinsamen Interaktionsraumes zwischen Begrüßten und Begrüßenden hindeuten. Insofern kann man zunächst davon ausgehen, dass in dem vorliegenden Text der Beginn einer Interaktion protokolliert ist. Für derartige Eröffnungen durch Begrüßungen lassen sich nun sehr verschiedene Formen denken, die jeweils auch verschiedene Strukturierungen der Interaktionsbeziehungen zum Ausdruck bringen. Welche Rückschlüsse lassen sich daher aus der hier protokollierten Variante erschließen?

Hier kann man zunächst festhalten, dass eine Begrüßung gewählt wurde, die 1. keinen direkten Tageszeitbezug impliziert (kontrastierend dazu z.B. Guten Morgen oder Guten Abend) und insofern bereits Tendenzen einer entdifferenzierten generalisierten Gültigkeit aufweist, 2. aber im Kontrast zu sehr formellen bis hin zu ehrerbietigen Begrüßungen (z.B. Eure Magnifizenz) deutlicher auf eine informalisierte und weniger ritualisierte Beziehungsebene verweist. Zwar kann auch eine Begrüßung ritualisiert sein, die auf diese informelle Beziehungsstruktur anspielt, hier ist aber der Fakt zentral, dass innerhalb ritueller herausgehobener symbolischer Handlungen – die ja auch Eröffnungen und damit z.T. Begrüßungen voraussetzen – eher formale und formalisierte Begrüßungen zu erwarten wären.

Damit kann zusammengefasst werden, dass die Verwendung dieser Begrüßung zunächst auf eher informelle und nicht herausgehobene Interaktionseröffnungen durch Begrüßungen verweist. Informelle Zusammenhänge einer derartigen Begrüßung finden sich z.B. in alltäglichen Interaktionssituationen, wenn man sich geplant oder ungeplant trifft und in einen gemeinsamen Handlungsraum einsteigen möchte. Dabei impliziert der informelle Charakter dieser Begrüßung, dass ein eher partnerschaftliches und nicht hierarchisches Verhältnis zwischen den Interaktionsbeteiligten besteht, wie es z.B. besonders typisch unter gleichaltrigen Jugendlichen wäre. Als weiterer Aspekt des Informalisierten Partnerschaftlichen kann herausgearbeitet werden, dass die Begrüßungsformel ‚hallo‘ aus dem englischsprachigen Raum kommt und im deutschsprachigen Raum selbst als Ausdruck einer Liberalisierung im Sinne einer Amerikanisierung aufgefasst werden kann. Solche Amerikanisierungen sind jedoch auf die Zeit nach dem 2. Weltkrieg und besonders mit den Informalisierungstendenzen nach den Protesten der 68er zu verzeichnen. Wenn also die protokollierte Sequenz aus einem deutschsprachigen Zusammenhang kommt, dann kann die Informalisierungsstruktur besonders markiert werden. In dieser Lesart wäre also von einem partnerschaftlich, informellen und an Jugend orientierten Beziehungscharakter auszugehen, der in der Spanne authentischer Faktizität und ideologischer Imagination zu verorten wäre.

Irritierend wirkt nun die Wiederholung der Begrüßung ohne sichtbare Pause bzw. ohne sichtbaren Sprecherwechsel. Ein Sprecherwechsel, der als solcher auch in der Transkription erkenntlich zu machen wäre, würde die bisherige Strukturhypothese der Eröffnung einer informellen und partnerschaftlichen Interaktion und damit die Reproduktion einer solchen Beziehung bestätigen. Im Falle eines einzigen Sprechers würde hier dagegen die Begrüßungsformel quasi verdoppelt. Dies wäre in einer Variante dann stimmig, wenn die erste Begrüßungsformel aufgrund störender Einflüsse (Lärm oder mangelnde Aufmerksamkeit des Angesprochenen) nicht wirksam werden konnte und mit der wiederholten Begrüßung im Grunde die eigentliche Eröffnung angestrebt wird. Gegen diese Variante spricht aber, dass einerseits keine Irritationen und Pausen zwischen dem ersten und zweiten ‚Hallo‘ erkennbar sind und andererseits – was angesichts des ersten Misslingens zu erwarten wäre – keine Modifikation in Betonung und Lautstärke der Begrüßung in der Transkription erkennbar ist.

In einer anderen Variante könnte man annehmen, dass die Dopplung der Begrüßungsformel quasi als Dialekt in einer bestimmten Region oder einen bestimmten Milieu tradiert wird (z.B. analog der Begrüßung durch ‚Morjen morjen‘ in einigen Alpenregionen). Jedoch wäre auch hier die Sinnstruktur der Dopplung nicht aufgehoben und nach den Motivationen der Generierung zu fragen, die nunmehr flächendeckend unterschwellig reproduziert wird. Gerade wenn man diese Dopplung durch eine Kontrastierung mit anderen Begrüßungsformeln betrachtet, stellt sich die Frage nach der Generierungslogik umso stärker. Im Falle einer Begrüßung durch eine Person mit ‚Guten Tag, guten Tag‘ wäre mindestens ein ‚Tick‘, wenn nicht gar eine pathogene Struktur zu unterstellen. Diese Interpretation stützt sich auf das Faktum, dass mit der Dopplung mit Normalitätserwartungen gebrochen wird. Pathogen wäre dabei gerade der Aspekt der Dopplung, der in einer Linie auf alle Wortäußerungen ausgedehnt sein könnte und insofern das Handeln in alltäglichen Situationen sehr erschweren würde, oder in einer anderen Linie auf Begrüßungen (und eventuell auf Verabschiedungen) beschränkt sein kann, damit aber gerade den rahmenden Struktursetzungen gleichzeitig höchste Wichtigkeit beimisst und diese dabei zugleich bricht. Dies wäre auch für die Variante eines Dialekts zumindest für die Phase der Entstehung zu konstatieren, wobei diese Normalitätsbrechung hier zum Ausweis regional- oder gruppenspezifischer Besonderheit wird und damit Verbundenheit und Gemeinschaft herstellt.

Als dritte Variante (bei gleichen Sprecher) nehmen wir den Aspekt der ‚fast‘ pathogenen Brechung mit Normalformerwartungen auf und überführen diesen aber in den nicht pathogenen Bereich. Hier können wir von einer ironischen oder satirischen Ausformung einer Begrüßungsformel ausgehen. Solche ironisch-satirischen Brechungen lassen sich z.B. für Kabarett- oder Karnevalssketche bzw. -reden denken. Sie finden sich aber auch in der filmischen Figur des denkenden, fühlenden und sprechenden Roboters, der allerdings den ‚Fehler‘ hat, einige Formulierungen (wie z.B. die Begrüßung) verdoppelt auszusprechen. Vielleicht resultiert dieser ‚Regiestreich‘ aus einer intuitiven Wahrnehmung, dass eine humane ungebrochene Interaktion nicht zwischen Mensch und Maschine zu denken ist. Die ironische Brechung würde dann mit ihrer absurden Übersteigerung jedoch eine für Maschine und Mensch gemeinsam geöffnete Interaktionspraxis ermöglichen, weil zugleich auch das Defizitäre der Maschine gegenüber dem Menschen symbolisch vermittelt wird.

Was für Ableitungen lassen sich nun zusammenfassend aus dieser Eröffnung ziehen? Hier lassen sich drei Lesarten aufstellen, die zunächst gemeinsam davon ausgehen, dass mit dem Protokoll die Eröffnung einer gemeinsamen Interaktionspraxis durch eine Begrüßung angezeigt ist:

  • Die irritierende Verdopplung der Begrüßung ist Bestandteil eines regional- oder gruppenspezifischen Dialekts, der hier nicht nur einen partnerschaftlichen Austausch eröffnet, sondern zugleich ein regional- oder gruppenspezifisches ‚Selbst‘ reproduziert und damit eine Gemeinschaft generiert. Als Nebeneffekt der Stärkung einer solchen Einbindung muss hier die Ausgrenzung von nicht zum ‚wir‘ gehörenden Personen angesehen werden. Tendenziell kann vermutet werden, dass dieses Gruppenselbst sich von anderen gerade auch durch eine stärker informelle Beziehungskultur auszeichnet.
  • Diese Lesart steht für eine pathogene Umsetzung humaner Interaktionslogiken, die entweder generell auf das Sprachverhalten einwirken oder dezidiert auf die Interaktionsrahmungen bezogen sein können. In beiden Fällen wäre die Teilnahme an ‚normalen‘ Interaktionen sehr erschwert, gleichwohl die Dopplung selbst auch für eine intuitive Wahrnehmung der Wichtigkeit der Begrüßungshandlungen stehen kann, die jedoch gerade mit der Dopplung gebrochen und konterkariert wird.
  • In dieser Lesart teilen wir die Annahmen einer Brechung von Normalformerwartungen, die hier jedoch als ästhetisches Ausdrucksmittel bewusst gewählt sind, um auf brüchige Interaktionsgrundlagen hinzuweisen. In der ironischen oder satirischen Brechung der Begrüßungen durch Dopplung würde zwar ein gemeinsamer Interaktionsraum hergestellt, zugleich aber deren Grundlage als Brüchige infrage gestellt (vgl. Beispiel Roboter).

Wie schließt nun der weitere Text an?

I: heute ist der erste februar (…2)

Betrachten wir den hier protokollierten Anschluss, dann kann erneut eine Irritation verzeichnet werden. So irritiert der anschließende Sachverhalt insofern, als mit der hier gewählten Anschlussform gerade nicht auf eine alltägliche und informelle Interaktion verwiesen wird, wobei gleichzeitig der hier vollzogene Sprung der Interaktionslogik irritierenderweise nicht auch durch eine Absetzung der Sprachkonnotation ausgewiesen ist. Das heißt, während auf der einen Seite nach formalen Kriterien der Sprachführung eine Kontinuität zum Ausdruck gebracht wird, zeigt sich auf der anderen Seite in den inhaltlichen Implikationen der Ausführung ein deutlicher Bruch bzw. Sprung. Um diese Ambivalenz bzw. Spannung fassen zu können, betrachten wir im Weiteren zunächst die Ausführung dieser Sequenz.

In dieser Sequenz wird ein Datum markiert, welches an das aktuelle Zeitgeschehen angebunden wird (‚heute‘). Damit wird gewissermaßen ein aktuelles Geschehen zeitlich datiert und in eine menschliche Zeitrechnung eingefügt. Das Datum selbst verweist dabei zunächst nicht auf eine konkrete inhaltliche Situation, die vielleicht auf eine Besonderheit als historisches Datum hindeuten könnte. Dennoch: Eine Besonderheit des aktuellen Geschehens wird mit der expliziten Datierung und damit der Integration in die menschliche Zeitrechnung vorgenommen. Um zu erfahren, welche Bedeutungen hier als Kontexte in Frage kämen, soll im Weiteren nach passenden Situationen einer solchen Datierung gesucht werden. Wo begegnen uns also solche Formulierungen?

  • In einer ersten Variante kann man vermuten, dass mit der hier gewählten Eröffnung eine historiographische Aufzeichnung verbunden ist. Hier kämen also verschiedene Formen der Chronistik in Frage bis hin zu der Variante eher subjektiver Geschichtsschreibungen in Form von Tagebüchern. Dabei wäre das Feld bzw. die Qualität der folgenden Aufzeichnungen noch nicht zu bestimmen. Dieses kann sich zwischen einem ersten unfertigen Versuch der Tagebuchführung bis hin zu einer existenziellen Aufzeichnung dramatischer Ereignisse z.B. während des Krieges oder anderer Katastrophen aufspannen. Jedoch lassen sich hier deutliche Eingrenzungen mit der vorweggeschobenen Begrüßung vornehmen. Denn mit der Begrüßung wird gerade nicht die Logik einer historiographischen Aufzeichnung bedient, die also auch für eine ‚objektive Protokollierungslogik‘ steht, sondern es kommt eine Interaktionslogik dazu, die zusätzlich eher informell-partnerschaftlicher Art ist. Man kann also in dieser Variante festhalten, dass nur die Form einer interaktionsorientierten Aufzeichnung denkbar ist (z.B. in Form imaginierter Kommunikation mit seinem Tagebuch), die jedoch durch die Spannung von partnerschaftlicher Beziehung und objektiver Protokollierung gekennzeichnet ist (‚Mein liebes Tagebuch‘).
  • In einer anderen Variante kann die Protokollierung und Aufzeichnung von Sachverhalten weniger historiographisch, sondern kriminalrechtlich gebraucht sein. Hier wäre die Datierung vor allem zur genauen kriminalrechtlichen Beweisführung und zur gerichtlichen Verwendung vorgenommen. Aber auch in dieser Variante wäre die vorangestellte Begrüßung völlig irritierend und störend, so dass man entweder von einer Trennung zwischen Begrüßung und Protokollierung ausgehen muss – die dann jedoch nicht in der Transkription vermerkt wäre – oder diese Variante ausschließen muss.
  • Als dritte Variante kann man sich eine Protokollierung zu wissenschaftlichen Zwecken vorstellen. Diese Variante korrespondiert mit der ersten insofern, als auch eine historiographische Aufzeichnung wissenschaftliche Maximen befolgt. Jedoch wäre diese Variante auch erweitert um andere Disziplinen wie z.B. bei naturwissenschaftlichen Experimenten, die nach einer quantitativen Methodologie protokollierend festgehalten werden. Die Begrüßung wäre aber auch hier eher irritierend und würde auf eine spannungsvolle Rahmung der Interaktion hinweisen.

Betrachtet man diese Varianten zusammen, dann wird deutlich, dass mit der Datierung eine Protokollierungslogik aufscheint, die tendenziell objektivistisch zum Zwecke eines Nachweises geführt wird, während mit der Begrüßung tendenziell informelle Beziehungen aufscheinen. Dabei gilt als Einschränkung für alle 3 Varianten, dass die Protokollierung selbst bzw. der Datierung unvollständig und damit ungenau bleibt, insofern hier keine Jahresangabe erfolgt. Somit brechen insgesamt auch die Beweiskraft und der objektivistische Anspruch, der gleichzeitig durch die Rahmung der informellen und in einer Lesart ironisch übersteigerten Beziehungslogik konterkariert wird.

Beziehen wir diese Überlegungen nun auf die Lesarten der ersten Sequenz, dann lässt sich Folgendes festhalten: Da die Datierung mit ihrer Protokollierungslogik unmittelbar an die doppelte Begrüßung und ihrer in der Übersteigerung gebrochenen informellen Beziehungsstruktur anschließt, kann als einzig schlüssige Variante davon ausgegangen werden, dass die Begrüßung selbst dem Protokollierungsmedium gilt, insofern das Protokoll zur Aufzeichnung in eine technische Apparatur gesprochen wird. Damit kann jedoch eine erste Strukturhypothese aufgestellt werden.

Die der protokollierten Aufzeichnung zugrundeliegende Situation ist durch eine objektivistische und beweiskräftige Sinnstruktur geprägt, die jedoch durch den Mantel einer informellen partnerschaftlichen Beziehungslogik ideologisierend bzw. maskierend verdeckt wird. Die Maskierung selbst bricht jedoch in dem Moment als ironisch-satirische Übersteigerung auf, als die informelle partnerschaftliche Beziehungsstruktur über eine ‚Interaktion‘ mit einer technischen Apparatur hergestellt werden soll. Damit lässt sich weitreichend ableiten, dass a) grundlegend eine Interaktion angestrebt wird, die b) an informellen Beziehungen orientiert ist und die c) gegenüber einem notwendig anwesenden Interaktionspartner noch nicht verbürgend generiert ist. Man kann also formulieren, dass ein informelles Gespräch zu Beweis- oder Analysezwecken aufgezeichnet werden soll, gleichzeitig aber diese Protokollierung die Qualität des Aufgezeichneten gefährdet, weil es die konstitutive informelle Beziehungsstruktur konterkariert. Insofern muss die Protokollierung selbst maskiert werden, was hier jedoch gerade auch nicht geschieht. Die Explikation der Protokollierung spricht dagegen für eine Offenheit der Beweislogik, die gleichzeitig als destruktives Moment erkannt und verschleiert wird. Somit kann gerade auch die Offenheit gegenüber dem Interaktionspartner als zweites konstitutives Moment (neben der Informalität) der angestrebten Interaktion ausgewiesen werden. Die Zurücknahme der Objektivitätsansprüche und der Beweislast kommt gerade auch in dem Weglassen der Jahresdatierung zum Ausdruck, die gleichwohl mit vollzogen hier aber von seiner Explikation ausgespart wird.

I: äh s dritte schülerinterview

Nach einer deutlichen zeitlichen Zäsur, schließt dann als Fortführung der Protokollierung die Kennzeichnung des angestrebten und folgenden Interaktionstypus an. Dieser wird als ‚drittes Schülerinterview‘ ausgewiesen. Dass diese Kennzeichnung an dieser Stelle erfolgt, reiht sich sehr stimmig in die eröffnete Protokollierungslogik ein. Damit wird gewissermaßen dem folgenden Interaktionsverlauf ein Etikett aufgeklebt, mit welchen es innerhalb einer nach bestimmten objektiven Kriterien strukturierten Ordnung einzufügen aber auch aufzufinden ist. Damit wird ganz grundlegend deutlich, dass gerade diese Einordnung auch auf den Hintergrund verweist, der als Motivation der spannungsvollen Strukturierung der Interaktionssituation zu veranschlagen wäre. Ohne dies in der Richtung weiter auszuführen, dass Aussagen über die Strukturspannungen der Sozialwissenschaften formuliert werden sollen, wird doch deutlich, dass im Hintergrund eine objektivistische Ordnung besteht, die zugleich durch Anteile einer entobjektivierenden qualitativen Logik erodiert wird. In diesem konkreten Fall führt dies dazu, dass eine dominant objektivistische und beweisorientierte Strukturierung des Gespräches durch eine informelle Rahmung maskiert und aufgeweicht wird.

Innerhalb der hier nur angetippten Ordnung lassen sich nun mit der Kennzeichnung des Interviews bestimmte Kriterien ableiten:

  • So wird über die Kennzeichnung als ‚drittes‘ Interview zunächst eine zählende (mathematische) Orientierung dieser Ordnung kenntlich. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass diese Zählung Ausdruck des archivierenden Charakters der Protokollierung ist. Jedoch wäre hier deutlich zu machen, dass gerade diese Archivierungslogik auf die grundlegende Präsenz einer mathematischen und damit objektivistischen Logik verweist. D.h., dass die Aufbewahrung und damit Ordnung von Informationen und Materialien nach mathematischen Prinzipien verläuft.
  • Zweitens wird ein inhaltlicher Fokus durch die Benennung ‚Schüler-‚ deutlich, insofern hier eine rollenförmige Akteursgruppe innerhalb der Organisationsform Schule benannt ist. Wenn man auch nicht ausschließen kann, dass außerhalb dieses Bereiches Schwerpunkte und Aufmerksamkeiten der zugrundeliegenden Ordnung liegen, so kann man hiermit doch deutlich machen, dass ein Aspekt oder Schwerpunkt gerade in der Thematik ‚Schule‘ deutlich ausgewiesen ist. Dabei ist es durchaus stimmig, wenn neben der Kategorie der Schüler auch z.B. Lehrer oder Eltern in der zugrundeliegenden Ordnung einen entsprechenden Platz einnehmen können.
  • Drittens verweist die Kennzeichnung ‚-interview‘ auf eine spezifische Zugangsweise und damit auf eine Forschungsmethodik. Diese kann nun als gesprächsorientierte Logik zwischen einer quantitativ orientierten Befragung und einem qualitativ orientierten offenen Interview markiert werden.

Insgesamt deutet sich damit als Hintergrund der protokollierten und gerade eröffneten Interaktion eine wissenschaftstheoretische Position an, die an einer objektivistischen und beweiskräftigen Arbeit interessiert ist, sich dazu jedoch tendenziell informeller offener (also qualitativer) Zugänge bedient. Diese quasi doppelseitige Orientierung schlägt nun aber in Spannungen der Interaktionsrahmung selbst um, insofern hier die beiden gegenläufigen Logiken vereint werden müssen. Welche Konsequenzen lassen sich nun damit für die folgende Interaktion ableiten?

Hier wäre zunächst davon auszugehen, dass mit dem angestrebten Gespräch mit einem (dem 3.) Schüler, seine Sicht auf bestimmte (schulische) Zusammenhänge aufgezeichnet und analysiert werden soll. Die Beweislast wird dann dazu führen, dass ein tendenziell objektiver und formaler Darstellungsstrom in Gang gesetzt wird, der jedoch durch die informelle Rahmung durch stärker offene und subjektive Darstellungen konterkariert wird. Das heißt, dass die Rahmung der erwartbaren Ausführungen eines weiteren Anwesenden selbst in eine Spannung gestellt ist, entweder einer Beweislogik zu folgen oder subjektive Eindrücke mitzuteilen. Dabei muss diese Spannung noch in einer folgenden konkret formulierten Erwartungshaltung zum Ausdruck kommen.

I: ja fang ich mal an . . wie ich dir erzählt hab interessiern wir uns dafür wie dein leben bisher verlaufen ist .

Ähnlich wie in den bisher vorangegangenen Sequenzen schlägt auch hier die aufgezeigte Spannung in widersprüchlichen Formulierungen durch. So wird hier mit dem Beginn einerseits wieder verstärkt eine informelle und entspannende Atmosphäre generiert, die jedoch in eine grundlegendere eher objektivistische Logik eingebettet ist. Denn hier bringt die Formulierung zum Ausdruck, dass es einen mehr oder weniger vorbestimmten Ablaufplan für die Interaktion gibt, der einzuhalten und zu erfüllen ist. Diese Erfüllungsverpflichtung zeigt sich in dem Moment, mit dem ein Beginn von etwas zugesagt wird, wobei dies strukturtheoretisch nur sinnhaft ist, wenn mit dem Beginn auch ein Verlauf und deren Beendigung erwartet wird, was hier schließlich umfassend auf das Gesprächsprojekt selbst ausgedehnt ist. Die Erfüllung dieses Gesprächsprojektes wird so als gemeinsame schwierige aber zu bewältigende Aufgabe ausgewiesen. Wie gestalten sich nun die Aufgabe und deren Erfüllung für den Sprecher?

Betrachtet man die folgenden Aussagen vor dem Hintergrund dieser Fragestellung, dann kann formuliert werden, dass die Aufgabe darin besteht, den Interaktionspartner zur Darstellung seiner Lebensgeschichte zu bewegen, was hier einerseits über den Verweis auf Vorabsprachen und damit auf bereits hergestellte Verbindlichkeiten sowie andererseits durch die Integration des Sprechers in eine ‚mächtige‘ oder zumindest ‚mächtigere‘ Kollektivität z.B. in Form einer ‚science community‘ ‚gelöst‘ wird. Gewissermaßen lässt sich darüber eine zweigleisige Strategie zur Bewältigung der angestrebten Aufgabe durch den Sprecher feststellen, die in einer extremen zugespitzten Form zwischen ‚Bitten‘ und ‚Drohen‘ anzusiedeln wäre.

Die Aufgabe für den Interaktionspartner gestaltet sich jedoch vor diesem Hintergrund ungleich schwieriger. Er ist mit dieser Formulierung angehalten, sein Leben zu thematisieren. Dabei ist hier die Perspektive auf das gelebte Leben als ‚Verlauf‘ konkretisierbar. Das heißt, der Interaktionspartner wird faktisch angehalten, eine quasi sozialwissenschaftliche Perspektive seinem Leben gegenüber einzunehmen und dieses in ihren Zusammenhängen, Höhe- und Tiefpunkten darzustellen. Damit ist vor allem eine distanzierte Sicht auf das Leben erforderlich. Der Interaktionspartner wird damit aufgefordert, einen konstitutionslogisch nahestehenden Sachverhalt zu thematisieren, also Nähe zu aktivieren, zugleich aber sich von der Thematik wieder zu distanzieren.

Dies bringt den Interaktionspartner in eine denkbar schwierige Situation. Denn wenn er als sozialwissenschaftlicher Experte seines Lebens aufgefordert ist, dessen Verlauf darzustellen, und dies zusätzlich vor dem Hintergrund der protokollierenden Aufzeichnung zu Ordnungs- und Analysezwecken geschieht, dann wird er quasi in eine Prüfungssituation gebracht, die auch durch die Versuche der Entspannung nicht aufzuheben, sondern allenfalls ideologisch zu überbrücken wäre. In diesem Sinn wird durch den Sprecher eine Bewältigungsstrategie angeboten, die nun durch den Gesprächspartner aufgegriffen werden kann, nämlich die Verschleierung des Prüfungshaften der Situation, um diese gleichzeitig erfüllen zu können. Bevor jedoch diese Frage geklärt werden kann, indem man den direkten Anschluss des Gesprächspartners vor diesem Hintergrund betrachtet, ist eine Ergänzung und Präzisierung der Gesprächsaufforderung durch den Sprecher zu erwarten, da bisher noch keine direkte Darstellungsaufforderung formuliert wurde.

I: erinnere dich bitte zurück . und erzähle ruhig einmal ausführlich was dabei für dich bedeutsam ist .

Stringent zu den Erwartungen wird mit dieser Passage die Darstellungsaufforderung konkretisiert. Entscheidend sind dabei folgende Aspekte:

  • Zunächst wird der Interviewte aufgefordert Erinnerungsarbeit zu leisten. Damit korrespondiert, dass in der folgenden Darstellung nicht nur die ohnehin präsenten Lebensdarstellungen ausgeführt werden, sondern tiefergehend auch dem alltäglichen Zugriff zunächst verborgene Aspekte des Lebensverlaufes aufgespürt werden sollen. Diese Erinnerungsarbeit, die sinnlogisch an eine implizite Darstellungsaufforderung gekoppelt ist, schließt stimmig an die rekonstruierte Forderung einer sozialwissenschaftlichen Lebensverlaufsanalyse an und härtet diese noch. Zugleich wird jedoch auch die spannungsvolle Widersprüchlichkeit von Distanz und Nähe mit der Erinnerungsaufforderung erheblich zugespitzt und der Interviewte in eine paradoxe Figur gedrängt. Erfüllt er die Forderung der Analyse, muss er weitestgehend Distanz wahren, erfüllt er dagegen die Forderung der Erinnerung, muss er weitgehend Nähe zulassen.
  • Der zweite Aspekt bezieht sich auf die gut verpackte Forderung nach einer ausführlichen und detaillierten Darstellung, die hier im Modus des Gewährens von gewünschten Freiräumen maskiert wird.
  • Der dritte Aspekt kommt darüber zum Ausdruck, dass dem Interviewten zugestanden wird, eigene Relevanzen bei der Darstellung zu berücksichtigen. Dies korrespondiert aber nun mit der Verordnung, die Darstellung auch eigenmächtig zu strukturieren und zwar nach subjektiven Relevanzgesichtspunkten. Dabei wird als zentrales Strukturierungsmoment eine Gegenwartsperspektive nahegelegt (‚was bedeutsam ist‘).

I: ich werde erst einmal ruhig sein und dir zuhören

Schließlich endet die Eröffnung und damit die dominante Rahmung der Interaktionssituation durch eine ebenfalls maskierte verordnete Redeübergabe und der damit unterstrichenen Forderung, die folgende Darstellung selbst strukturieren zu müssen. Zugegeben: in dieser Interpretation sind die Dialektiken der Interaktion z.T. einseitig fokussiert. So beinhaltet der Zwang zur Strukturierung auch die Möglichkeit, der Thematik die eigene Ordnung und Gestalt zu geben. Jedoch muss deutlich hervorgehoben werden, dass gerade in den Anfangsformulierungen die Ambivalenzen einseitig auf den Aspekt der Ermöglichung und der Verharmlosung fokussiert werden, womit eine Maskierung der Kehrseiten erst generiert wird. In den hier aufgezeigten Ambivalenzen zwischen Ermöglichung und Verordnung, subjektiver Sicht und verobjektivierender Analyse, realisierter Nähe und Empathie zum gelebten Leben und distanziert sozialwissenschaftlicher Analyse des Lebensverlaufs ist nun der Möglichkeitsraum der Gesprächsführung aufgespannt. Im Weiteren kommt es nun darauf an, die vom Interviewten realisierte Anschlussoption vor diesem Hintergrund zu betrachten. Wie schließt also der Interviewte an?

R: . . . . also ich hab in neustadt gewohnt

Betrachten wir auch hier zunächst die Sequenz in ihrer Gesamtheit, dann fällt auf, dass nach einer längeren Pause mit der Umsetzung der zuvor formulierten Erwartungen begonnen wird, d.h. eine lebensgeschichtliche Präsentation folgt. Damit kann zunächst ganz grundlegend vermutet werden, dass der umstrittenen und widersprüchlichen Aufforderung nur zögernd zugestimmt wird. Die 4 Sekunden Pause erscheinen hier als neuralgischer Punkt im ‚gemeinsamen‘ Projekt ‚Gesprächsführung‘, weil hier deutlich wird, dass zumindest latent die Option der Abwehr der Gesprächserwartungen einen nicht unerheblichen Raum einnimmt. Es lässt sich nun spekulieren, warum diese lange Entscheidungsphase eintritt und warum sich letztlich doch für eine Zustimmung entschieden wird. Faktisch wird jedoch klar, dass für den Interviewten einerseits die Problematik der Gesprächsaufforderung wirksam ist und andererseits aber dennoch dem Vorhaben zugestimmt wird. Hier könnte es sein, dass die Bindungsverpflichtung bzw. die Verbindlichkeit oder der Verweis auf ein ‚mächtiges‘ Gruppenselbst, die auch vom Interviewer in der Aufforderung betont werden, zu dieser Zustimmung führen. Riskant könnte man dann vermuten, dass der Interviewte a) sehr anfällig für Bindungsangebote ist, die auch mit erheblichen subjektiven Kosten angenommen werden oder b) gewissermaßen dem entspricht, was im Gefolge der ‚kritischen Theorie‘ als autoritärer Charakter gekennzeichnet wird, der also biographische Dispositionen aufweist, die ihn für autoritäre Strukturen empfänglich machen und hier also zum Gehorsam gegenüber der (zwar maskierten) Gruppenforderung führen.

Beide Linien wären jedoch zu relativieren, insofern ja nicht ad hoc und ohne Zögern diese Einwilligung erfolgt, also die biographischen Dispositionen der Bindungsanfälligkeit und des Autoritätsgehorsams nur abgeschwächt in Erscheinung treten, sowie deren konkreter Nachweis erst über die weiteren inhaltlichen Ausführungen im Interview zu erbringen wäre.

Betrachten wir nun im Weiteren den Inhalt der ersten Sequenz. Die Eröffnung der inhaltlichen Ausführungen erfolgt mit der Formulierung ‚also‘. Überlegen wir, wo uns diese Formulierung begegnen kann, dann fallen uns Beispiele ein wie:

  • ‚also bei mir war das nicht so‘
  • ‚also wenn das so ist‘
  • ‚also weißt du, dass hätte ich ja nicht von dir vermutet‘ etc.
  • ‚also ich denke dass sollte so sein‘ oder ‚also ich bin müde‘

Betrachten wir diese Beispiele auf ihre Gemeinsamkeit hin, dann fällt auf, dass hier immer auf eine Differenz Bezug genommen wird, deren zum Trotz nun eine Positionierung erfolgt, die jedoch zugleich unter dem Vorzeichen der Abweichung vorgetragen wird. Im ersten Beispiel wäre die Differenz direkt im Vergleich persönlicher ‚Schicksale‘ gegeben, wobei nun eine differente bzw. vom bereits Dargestellten oder Assoziierten abweichende persönliche Darstellung folgt. Im zweiten Beispiel liegen differente Situationsdefinitionen zugrunde, die jeweils verschiedene Handlungskonsequenzen implizieren, wobei hier eine abweichende Handlung angekündigt und implizit durch eine differente Situationsdefinition begründet wird. Im dritten Beispiel bezieht sich die Differenz auf eine Persönlichkeitsdeutung eines anderen, die ebenfalls mit implizit angekündigten Konsequenzen einhergeht. Selbst im vierten Beispiel, in welchem die Absetzung und Differenz nicht so deutlich zum Ausdruck kommt, muss davon ausgegangen werden, dass deren Markierung nur einer Verkürzung zum Opfer gefallen ist. Auch hier wird mit dem ‚also‘ eine Differenz und eine abweichende Konsequenz markiert.

Beziehen wir diese Überlegungen auf die bereits vorliegende Rekonstruktion, dann lassen sich zwei Lesarten erstellen.

  • In einer ersten Lesart kann davon ausgegangen werden, dass der Interviewte mit dieser Eröffnung seiner Darstellung auf die Wahrnehmung einer Differenz in der formulierten Darstellungsaufforderung Bezug nimmt. Die Eröffnung mit ‚also‘ würde darauf hinweisen, dass der Interviewte ein anderes und differentes Konzept der Darstellung und deren impliziter Strukturierungskriterien favorisiert, welches er nun umsetzen wird, gleichwohl die Abweichung von den Erwartungen des Interviewers antizipiert werden kann. Vor diesem Hintergrund wären auch die Vermutungen über ein bindungsorientiertes bzw. autoritäres Selbst zurückzustellen, da die gewählte Option trotz des Wissens um seine Abweichung ein realisiertes Maß an Autonomie beinhaltet.
  • In einer zweiten Lesart würde sich die wahrgenommene Differenz nicht auf die Gesprächsrahmung, sondern auf den Darstellungsinhalt – das eigene Leben – beziehen. Als Konsequenz wäre hier davon auszugehen, dass dem Interviewten das eigene Leben in deutlicher Differenz und Abweichung zu anderen dominanten Vorstellungen vorkommt und damit in einer exponierten Position in Erscheinung tritt. Diese exponierte Wahrnehmung des eigenen Lebens kann nun in zwei Extremvarianten in Erscheinung treten. Entweder wird das eigene Leben unter der Perspektive des Defizits oder der herausgehobenen Besonderheit ausgewiesen. Beide Varianten würden aber – wenn auch unterschiedlich stark – auf eine Problematik der Isolation verweisen, die damit als grundlegende Rahmung der biographischen Präsentation gelten kann. Die Vermutungen eines bindungsorientierten oder autoritären Selbst (was ja eine spezifische Form der Bindungsorientierung darstellt) wären hier durchaus anschlussfähig, insofern diese Bearbeitungsversuche der impliziten Isolationsproblematik darstellen können. Hier wäre allerdings insoweit eine Relativierung erforderlich, als lebensgeschichtliche Präsentationen immer auch die Besonderheit des Selbst zum Thema haben. Dennoch, die Relevanz zeigt sich über die deutliche Markierung dieser Perspektive vor Beginn der Darstellung.

Zusammenfassend kann bisher festgehalten werden, dass mit dem Anschluss des Interviewten zunächst einige Zweifel bezüglich der Gesprächsaufforderung zum Ausdruck kommen, die jedoch in eine prinzipielle Bereitschaft einer biographischen Präsentation münden. Die Eröffnung dieser biographischen Präsentation verweist jedoch auf Differenzen und kündigt Abweichungen von (dominanten) Normalformerwartungen an. Diese können sich a) auf die Interaktionsrahmungen beziehen und dann mit der selbstgewählten Darstellungslogik auf die Autonomie des Interviewten verweisen. Sie können aber auch b) auf den Gegenstand der biographischen Darstellung bezogen sein, und hier eine Differenz und Abweichung des eigenen Lebens markieren. Dieses steht damit noch in der Spannung zwischen Besonderheit und Defizit, wäre aber grundlegend an die Problematik oder Gefahr der Isolation gebunden. Hier könnte die widerstrebende Einwilligung in die Gesprächsführung auf die Strategie einer Bearbeitung der Isolationsproblematik hindeuten.

Im weiteren Fortgang der Sequenz wird dann als erste biographische Information ein lokaler Bezug des Lebens hergestellt. Dies erfolgt im Vergangenheitsmodus. Damit wird nun eine lokale Rahmung der Vergangenheit in einer lebenszentralen Bedeutsamkeit markiert, die sich vor dem Hintergrund des Rekonstruierten in zwei Varianten ausformen kann.

  • In einer ersten Variante verlängern wir die Lesart 1., wonach mit der Eröffnung eine Differenz und Abweichung in Bezug auf die Präsentationsform angedeutet ist. Mit der hier erfolgten Darstellung wäre nun zu vermuten, dass die Differenz und Abweichung besonders auf den Detaillierungsgrad der Darstellung bezogen ist, insofern hier eher abgekürzt und auch – was die gesamtlebensgeschichtliche Einbettung betrifft – nur punktuell lebensgeschichtliche Aspekte zum Ausdruck gebracht werden. Zu vermuten wäre also hier, dass auch die weitere Darstellung sehr verknappt erfolgt, und hier einerseits gerade nicht die Detaillierungsforderung erfüllt wird bzw. andererseits nicht die angetragene analytische Sicht auf das eigene Leben angelegt wird. Stattdessen wird ein eher formal orientiertes Erzählgerüst zur Darstellung kommen, in welchem nur die Minimalerwartungen an eine biographische Präsentation erfüllt sind.
  • In dieser Variante wäre mit Bezug auf die Lesart 2. davon auszugehen, dass mit dem Inhalt dieser Sequenz ein zentrales lebensgeschichtliches Moment der wahrgenommenen biographischen Besonderheit (positiv oder negativ) als Rahmung des Lebensverlaufs expliziert ist. Hier wäre im Weiteren zu erwarten, dass die in dieser Lagerung grundgelegte Besonderung in den folgenden Sequenzen – entweder in Form einer Wunderkind- oder einer Defizitkarriere – weiter zum Ausdruck gebracht wird.

Mit Blick auf den Inhalt der Sequenz wäre nun zu vermuten, dass bezogen auf 1. eine umfassende Lebensphase hier in verknappter und formaler Form repräsentiert ist, ohne dass detaillierter auf die konkreten Erfahrungen und Qualitäten des Erlebens Bezug genommen wird. Zu vermuten wäre hier also, dass mit dieser Formulierung eine längere Kindheitsphase markiert ist, die an einem entscheidenden Wendepunkt (einen implizit angedeuteten Wohnortwechsel) eine neue Qualität und damit eine neue Lebensphase herbeiführt.

Bezogen auf 2. wäre in der genannten Rahmung der Lebensgeschichte selbst die grundlegende Qualität der eigenen Besonderheit zu suchen. Aufgrund der geringen Aussagebasis kann bislang noch nicht entschieden werden, ob eine positiv herausragende oder negativ defizitäre Besonderheit erfahren wird. Als erste Anhaltspunkte lassen sich jedoch aus dieser Sequenz folgende Überlegungen ableiten:

– Zunächst wäre die Lagerung hier durch ein spezifisches Wohn- und damit eventuell auch Milieuumfeld zu bestimmen. Dieses scheint mit der Kennzeichnung ‚Neustadt‘ auf eine Neubausiedlung hinzuweisen, die im starken Kontrast zu Altstadtsiedlungen steht. Aus dieser Kontrastierung ließen sich dann erste Kriterien ableiten. Relative entindividualisierende Quartiere, fehlende Traditionsorientierung, leichte Dominanz von Arbeiter- bzw. Unterschichtmilieu aber auch modernisierte Kinder- und Jugendkultur. In welcher Form hier eine dieser Kriterien möglicherweise auf die Isolationsproblematik wirkt, muss sich im Weiteren zeigen. Es deutet sich jedoch an, dass gerade die Konfrontation mit dem Altstadtmilieu zu der erfahrenen Besonderheit beiträgt.

Ergänzend – und besonders deutlich in späteren Sequenzen – sei angefügt, dass hier mit der Kennzeichnung einer primären lebensgeschichtlichen Rahmung ein sozialräumlicher und kultureller Milieubezug angerissen ist, jedoch keine konkreten personalen Bindungen als signifikante Bezugspersonen in Erscheinung treten. Man kann an dieser Stelle deshalb festhalten, dass für den Interviewten ein quasi bindungsloses Aufwachsen durch eine Milieubindung ersetzt und kompensiert wird. Das beinhaltet aber auch, dass eine besonders starke Anbindung an das primär erfahrene Milieu aufgebaut wird und die Auflösung dieser Milieubindung den Charakter einer Auflösung personaler Bindungen bzw. kindlicher Ablösungskonflikte bekommt.

R: dann bin ich in neustadt in die schule gegangen bis zur siebenten klasse

Was zunächst mit der vorhergehenden Sequenz nur vermutet wurde, kann mit diesem Anschluss bestätigt werden. Die nur formal und aspekthaft umrissene Lebensphase, die hier thematisch ist, bezieht sich auf einen langen Lebenszeitraum, der hier bis zur 7. Klasse aufgespannt wird, also bis zu einem Lebensalter von 13-14 Jahren reicht. Die Aussage bedeutet uns dabei, dass diese Lebensphase mit Bezug auf den auch in dieser Sequenz noch einmal angekündigten Wechsel vor allem auf das schulische Erleben gerichtet ist, welches wiederum durch das Umfeld ‚Neustadt‘ gerahmt ist. Zentral ist damit für den Interviewten die angedeutete Wendethematik, die erst zu einer Differenzerfahrung zwischen Neustadtschule/Neustadtumfeld und Altstadtschule/Altstadtumfeld führt.

In gewisser Weise muss an dieser Stelle die Dichotomie der bisher aufgestellten Lesarten aufgelöst werden, um beide Aspekte in einer Synthese zusammenführen zu können. Wenn auf der einen Seite sich auch mit dieser Sequenz die eher formale Erzählgerüststruktur bestätigt, so muss auf der anderen Seite – und vielleicht gerade deshalb – von einer zentralen Wichtigkeit der wenigen dargestellten Passagen ausgegangen werden. Damit rücken nun aber die beiden Lesarten zusammen. Man kann hier davon ausgehen, dass ein konstitutionslogischer Zusammenhang zwischen der formal orientierten Darstellungsform und der als zentral gekennzeichneten Differenzerfahrung nach einem Wendepunkt im biographischen Verlauf nach der 7. Klasse besteht. Dabei wird faktisch mit der nur formalen und abkürzenden Darstellung dieser zentralen Differenzerfahrung deren Existenz zurückgestellt und die Besonderheit (positiv oder negativ) zugleich relativiert.

Vor diesem Hintergrund wäre anzunehmen, dass gerade über die versuchte Nivellierung von Unterschieden, die zugleich jedoch auch zentrale Ausweiskriterien der eigenen Individualität sind, die Isolations- oder Vereinzelungsproblematik zu bearbeiten versucht wird. Für den Interviewten ergibt sich damit aber eine komplexe Strukturproblematik, weil die Aufhebung bzw. Bearbeitung der Isolation die Abtrennung und Loslösung von wesentlichen Identitätsanteilen erforderlich machen würde.

Die hier aufgestellten Interpretationen lassen sich noch verstärken, insofern man berücksichtigt, dass – wenn auch in sehr formaler und abgekürzter Form – die hier eingeleitete Wendeerfahrung und die daran gebundene Problematik der Differenzerfahrung vor vielen anderen möglichen biographischen Themen und Ansatzpunkten zum Ausdruck gebracht werden. Gerade weil der ganze Bereich der frühkindlichen und kindlichen Erfahrungen, der familiale Sozialisationsraum sowie signifikante Gleichaltrigenbeziehungen nicht thematisiert werden, kann die entschlossen angesteuerte Isolationsproblematik durch die Differenzerfahrung aufgrund ihrer Schulsozialisation bis zur 7. Klasse als grundlegende und hochbedeutsame Selbstproblematik zum Zeitpunkt des Interviews herausgestellt werden. Wie allerdings diese Problematik durch die früheren Sozialisationserfahrungen vorbereitet und grundgelegt ist, dass muss angesichts der bisher sehr dünnen Textbasis offen bleiben. Auch ist bisher noch ungewiss, worin konkret die spezifischen schulischen Erfahrungen bestanden und wie diese zum Konfliktpotential in der neuen Schule werden konnten. Betrachten wir dazu, wie die biographische Präsentation fortgesetzt wird.

R: und bin dann nach (Stadtviertel) umgezogen .

Mit dieser Sequenz wird nun – stringent zu den bisherigen Interpretationen – der Wechsel oder Bruch in der bisher kontinuierlichen Erfahrung thematisiert und auf einen Umzug – also ein Wohnort- bzw. Wohnungswechsel – zurückgeführt. Dabei ist nun zweierlei interessant. Einerseits wird deutlich, dass die mit diesem Umzug verbundenen Veränderungen sehr umfassend waren. Dies zeigt sich z.B. darüber, dass die implizit enthaltene Möglichkeit eines Umzuges innerhalb einer Ortschaft sprachlich negiert wird, also der Umzug selbst die Qualität eines völlig neuen Ortsbezuges mit sich bringen muss. Insofern wäre hier festzuhalten, dass selbst im Falle einer räumlichen Veränderung zwischen verschiedenen städtischen Regionen (z.B. von der Neustadt in die Altstadt) dieser Wechsel in der Qualität eines rigorosen Bruchs in der räumlichen Erfahrung in Erscheinung tritt. Man kann also von einer massiven Irritation und Auflösung (sozial-)räumlicher Routinen ausgehen. Dabei ist zugleich davon auszugehen, dass diese Erfahrung hier als singuläre Erfahrung generiert wird, insofern keine kollektive Einbettung erfolgt. Dies kann sich nun – je nach der Fokussierung auf eine Seite der Ambivalenz des Umzuges – entweder als subjektive Chance der Neuorientierung, als Anstoß eines Bildungsprozesses oder als Isolation und singuläres Leiden ausgeformt haben.

Andererseits kann mit der hier markierten Zäsur innerhalb einer kontinuierlichen Erfahrung noch nicht die eigentlich bedeutsame Veränderung benannt sein, allenfalls deren Rahmung scheint damit expliziert. Auszugehen wäre deshalb hier davon, dass mit dem direkten neuen Ortsbezug eher latent Differenzerfahrungen verbunden sind, die in einem spezifischen Bereich pointiert zu Tage treten. Der sozialräumliche Bezug spitzt sich somit als erfahrene Abweichung in einem Feld zu. Als dieser Bereich oder dieses Feld kann stimmig auf die neue Schule geschlossen werden, da bereits mit dem Markierer des Umzuges bzw. Wendepunktes (‚in der 7. Klasse‘) eine schulische Perspektive angelegt war. Weiterhin könnte hier bereits die riskante Vermutung bestätigt werden, dass der dominante Erfahrungsraum im Schulischen liegt. Der erste biographierelevante (Höhe-, Tief- oder Wende-)Punkt ist somit in einer neuen schulischen Rahmung in der 8. Klasse auszuweisen.

Mit Rekurs auf den bisher interpretierten Text muss noch einmal deutlich ausgewiesen werden, dass bisher keine familiale Einbettung erfolgt ist. Sowohl in der Eröffnung der biographischen Präsentation, dem Verweis auf den dominanten biographischen Erfahrungsraum der Schule als auch in der Thematisierung des biographischen Bruchs deutet sich eine singuläre Erfahrungsperspektive an, die nicht in einen familialen oder sonst wie personal konkretisierten Kontext eingebettet ist. Auffällig wird diese ‚Kontextlosigkeit‘ gerade in Bezug auf die Thematisierung des Umzuges, der ja im Alter von 13-14 Jahren nur unter Zusatzannahmen als faktisch singuläres Erlebnis gedacht werden kann. Dennoch muss hier festgehalten werden, dass der Umzug aller Wahrscheinlichkeit nach mit den Eltern vollzogen wurde, hier aber eine singuläre Problematik thematisiert ist. Es ist demnach stringent, dass der Umzug und der damit ausgelöste Verlust von Milieubindungen hier zu einer zentralen Krisenerfahrung werden, die zugespitzt in der neuen Schule erfahrbar wird.

R: und da hier in der nähe gleich die schule war bin ich gleich in die schule gegangen

Analog zu der bereits in der Eröffnung des Interviews vollzogenen Rahmung wird auch hier der angedeutete veränderte sozialräumliche Milieubezug in die schulische Erfahrung hinein verlängert. Dabei wird auch hier eine Art Automatik zum Ausdruck gebracht, nach der keine ‚wirklichen‘ Optionen des Schulbesuchs zu verzeichnen waren, sondern der räumliche Bezug auch die Schulwahl deterministisch bestimmt. Für den Interviewten kommt diese Determination durch die Logik der Entfernung zur Wohnung zum Ausdruck, wobei offensichtlich dieser vorbestimmte Schulbesuch zunächst auch keine Abwehrhaltungen generiert. Im Gegenteil signalisiert die Formulierung ‚gleich in diese Schule gegangen zu sein‘ auch eine bestehende Bereitschaft, sich auf diese neue Schule einzustellen. Was bedeutet dies nun vor dem Hintergrund des rekonstruierten Milieubezugs und dem markierten Bruch innerhalb der bisher kontinuierlichen Erfahrung? Hier lassen sich zwei Lesarten aufstellen:

  • In einer ersten Lesart kann man annehmen, dass die Bereitschaft des Arrangements mit der neuen Schule auf der Illusion einer kontinuierlichen Erfahrung aufruhte, die über den schulischen Rahmen versprochen wurde. Diese Lesart wäre insofern stimmig, als bereits der schulische Erfahrungsraum als dominanter Ereignisraum des Interviewten ausgewiesen werden konnte. Insofern kann es sein, dass die Differenzen und der Bruch erst später und im direkten Erleben der neuen schulischen Rahmung deutlich wurden, hier also die Illusion nachträglich zerstörten.
  • In einer zweiten Lesart kann man dagegen davon ausgehen, dass dem Interviewten bereits vor dem konkreten Schuleintritt die Differenz zur vorhergehenden Schule klar war. In diesem Fall würde die Bereitschaft, sich auf die veränderte Schulrahmung einzustellen, auf eine latente Änderungsdisposition hinweisen. Das heißt, die Ambivalenz des Umzuges zwischen Gefahr und Chance würde hier als Chance in Erscheinung treten, und die vielleicht latent bereits wahrgenommenen Differenzen zu dem vorhergehenden (schulischen) Umfeld als neuer Möglichkeitsraum einer Selbst-Änderung aktiviert, also als Bildungsprozess genutzt. Der Bruch würde dann entweder das Scheitern dieser Selbst-Änderung oder auch den gelungenen Bildungsprozess markieren.

Die Entscheidung über die beiden Lesarten und im Falle der zweiten Lesart über die Qualität des Bruches muss sich mit den folgenden Textsequenzen treffen lassen. Allerdings kann bereits aus der vorliegenden Textsequenz eine Tendenz abgeleitet werden, insofern mit der deterministischen Ableitung des Schulbesuches eine Perspektive der Bildungsprozesse und ihrer Veränderungen nicht gerade betont und hervorgehoben wird. Betrachten wir zur Klärung dieser Frage die folgende Sequenz.

R: und das war jetzt nicht so dass meine eltern in die schule gegangen sind oder so . sondern s war einfach . auch aus weggründen //hm// denk ich .

Mit dieser Sequenz schließt sich eine Darstellung der Gründe für diesen Schulbesuch an, womit die argumentative Textstruktur verlängert und ausgeweitet wird. Im Grunde geht es in dieser Passage darum, die Gründe für diesen Schulbesuch zu klären, was jedoch nur in einer negativen Form gelingt, indem die Gründe aufgeführt werden, die nicht für den Schulbesuch verantwortlich gemacht werden können. Daraus kann nun wiederum zweierlei abgeleitet werden. Einerseits wird deutlich, dass dieser Schulbesuch und damit die Frage nach der Aufenthaltsberechtigung des Interviewten an dieser Schule hochgradig begründungsbedürftig sind. Andererseits deutet sich in dieser Begründungsverpflichtung eben jene Differenz an, die bereits als zentrale Strukturproblematik bzw. als biographisches Krisenpotential aus der Eröffnung der biographischen Präsentation rekonstruiert werden konnte. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass der Aufenthalt eine – vielleicht latent angelegte – Differenz für den Interviewten manifestiert, die darin mündet, die Aufenthaltsberechtigung an dieser Schule zu hinterfragen. Gerade in der Begründung der Schulwahl zeigt sich aber dann ein zentrales Kriterium, an dem die Differenz und Fremdheit des Interviewten abzulesen ist. Die Aufzählung der Gründe, die nicht für die Schulwahl entscheidend waren, muss deshalb auch als Gegenpositionierung zu den dominanten schulischen Orientierungen verstanden werden. Diese Gegenpositionierung ist jedoch bereits als Resultat der Fremdheitserfahrung und der Stigmatisierung als Abweichler zu verstehen und impliziert den Wunsch nach gleichwertiger Anerkennung in diesem schulischen Zusammenhang. Wie ist das nun zu verstehen?

Zunächst zeigt sich hier deutlich, dass eine Begründungspflicht besteht, indem hier an eine bereits gelieferte und in einer Richtung entfaltete Argumentationsstruktur angeknüpft wird und diese hier eine Ausdifferenzierung erfährt. Neben diesem formalen Grund für eine deutliche Rechtfertigungsnotwendigkeit wird auch über die Art der Argumentationsführung – hier nämlich unter negativen Vorzeichen – deutlich, dass der Interviewte Begründungsdefizite aufweist, gleichwohl damit auch bereits als Resultat des Ausschlusses eine eigene Grenzziehung möglich ist. In den (negativen) Gründen des Schulbesuchs wird deutlich, dass als dominante Begründung für den Aufenthalt an dieser Schule die Fortführung einer Linie der Eltern erscheint. Damit ist nun aber nicht nur klar, dass es ganz spezifische Rekrutierungsstrategien an dieser Schule gibt, die quasi auf Familiengenealogien abgestellt sind und darüber spezifische Milieus reproduzieren, sondern auch, dass an dieser Schule überhaupt Selektionsmechanismen der Rekrutierung vorzufinden sind, also diese Schule anderes begehrt oder schwerer zugänglich ist.

Ohne dass an dieser Stelle besonders reichhaltige Informationen darüber vorliegen, welcher Art diese Milieuorientierung ist, lassen sich doch einige Schlussfolgerungen zum schulischen Milieu und der durch den Interviewten erfahrenen Milieudifferenz ziehen. Ein erster solcher Aspekt einer schulischen Milieukennzeichnung muss gerade in dem skizzierten Selektionsmechanismus gesehen werden, worüber die Schule als eine tendenziell elitär orientierte Organisation erscheint. Das heißt nun, dass die Schule nicht prinzipiell und für jeden offen ist, selbst wenn vielleicht offiziell keine Kriterien der Aufnahme durch die schulischen Repräsentanten gestellt werden können. Die Kennzeichnung von Zugehörigkeit und Ausgrenzung kann stattdessen – wie es sich für den Interviewten andeutet – in sehr subtilen und latenten Formen vollziehen, in denen einer spezifischen Schülerpopulation ein ‚mehr‘ an ‚Passung‘ und einer anderen ein ‚weniger‘ zugesprochen wird. Mit dieser Selektivität bei der Rekrutierung der Schülerschaft wird die Schule einerseits zu etwas Besonderen, schwer Erreichbaren und deshalb Erstrebenswerten. Andererseits generiert dieser Status des Besonderen aber auch zentrale Krisenpotentiale für Schüler und kann in Prozesse des Leidens führen, wenn z.B. Zugehörigkeiten verweigert werden.

Als zweiter Aspekt deutet sich an, dass die Schule eine mindestens 20-jährige Tradition aufweisen muss, wenn sie in der Lage ist, die Kinder ehemaliger Schüler aufzunehmen. Damit kann man riskant von einer gestandenen städtischen Schule ausgehen, die zudem an der Reproduktion bestimmter – durch die Familie getragener – Milieus orientiert ist. In dieser Orientierung an einer Milieureproduktion und der Wertschätzung familialer Genealogien zeigt sich letztlich eine dem Bildungsbürgertum nahestehende Grundhaltung.

Differenzerfahrungen des Interviewten, die ja als zentrales Krisenpotential in der Biographie zu kennzeichnen sind, wären vor diesem Hintergrund riskant als Verweigerungs- und Zurückweisungserfahrung zu interpretieren, die vielleicht zunächst eröffnete Aspirationen einer Anknüpfung und Integration in ein durch die Schule verkörpertes bildungsbürgerliches Milieu zwar subtil jedoch systematisch destruieren.

Abschließend wäre noch einmal die Form der Bearbeitung etwaiger Krisenerfahrungen zu ventilieren. So zeigt die explizite Abgrenzung von den als dominante Schulorientierung ausgewiesenen Positionen, dass der vielleicht subtil verweigerte Anschluss nun in Form offener Grenzziehungen bearbeitet wird. Damit wäre zwar einerseits die Problematik der Trennung und Isolation nochmals zugespitzt erfahrbar, andererseits ermöglichte diese Bearbeitungsvariante aber, dass man Verletzungen z.T. kompensieren kann und eine aktive Position zu seiner rahmenden Umwelt einnimmt. Damit zeigt sich in der Abgrenzung von der Position, an deren Nichtzugehörigkeit ein persönliches Leiden gebunden ist, ein hohes Maß und eine hohe Ansprüchlichkeit an Autonomie. In dieser Spannung zwischen aktiv kompensierenden Selbst und verletzten isolierten Selbst steht der Interviewte, was sich nicht zuletzt in der Unsicherheit bezüglich der programmatisch vertretenen Selbstausgrenzung (‚aus Weggründen denke ich‘) zeigt, die jedoch auch hier mit einer tendenziellen Selbstzurücksetzung und Entwertung einher geht.

R: ich hab die schule dann erst später kennengelernt ich kannte die nich irgendwie oder hab se mir ausgesucht . oder so .. naja und ……

Zum Abschluss dieser Interpretation soll nun die zitierte letzte Sequenz innerhalb der ersten offenen Phase des Interviews betrachtet werden. Deutlich zeigt sich hier, dass die bereits begonnene Argumentation weiter geführt wird und damit die Frage der Begründung sowie die Begründungspflicht selbst einen weiten Raum innerhalb der biographischen Darstellung einnimmt. Ergänzend lässt sich mit dieser fortgesetzten Begründung festhalten, dass hier mit der Positionierung zu einer gängigen Variante, nach der die Schule aufgrund bestimmten Wissens über die Schule als Wunschschule ausgesucht wird, einerseits die bereits rekonstruierte Logik einer selektiven und darüber elitär orientierten Schule bestätigt wird, andererseits mit der Gegenpositionierung durch den Interviewten eine Bearbeitungsvariante der erfahrenen Differenz deutlich wird, die auf der einen Seite eine aktive Haltung gegenüber der schulischen Umwelt generiert, auf der anderen Seite aber die Problematik des Ausschlusses und der Selbstausgrenzung zuspitzt und damit persönliches Leiden manifestiert. Der Abbruch und die lange Pause weisen dann darauf hin, dass hier eine noch aktuelle und nicht zufriedenstellend bearbeitete Krisenproblematik besteht, die andere Aspekte des Selbst deutlich überlagert und in Anspruch nimmt.

Wollten wir nun an dieser Stelle eine abschließende Strukturhypothese aufstellen, so würde sich diese aufgrund der Textbesonderheit auf einige offene Stellen und Vagheiten stützen müssen. So könnte man zwar abgesichert auf eine zentrale Krisenproblematik schließen. Man müsste aber offen lassen, inwieweit diese Krisenproblematik, die hier noch für die aktuelle Zeit des Interviews gültig ist und mit dem Wechsel auf diese Schule als Milieudifferenz, Ausgrenzung und eigene entwertende Abweichung aufbricht, durch frühere und insbesondere familiale Konstellationen grundgelegt war.

Mit diesen Einschränkungen soll nun abschließend als Ergebnis der Rekonstruktion folgende Strukturhypothese zur zentralen Krisenproblematik des Interviewten aufgestellt werden:

Vor dem Hintergrund der protokollierten Erzählaufforderung, die im Kern eine biographische Präsentation erfordert, diese jedoch in einem Spannungsfeld verschiedener Ambivalenzen offen hält, zeigt sich bereits in den ersten Anschlüssen – die das ‚Angebot‘ einer Gegenwartsperspektive aus dem Stimulus aufnimmt – die zentrale Krisenproblematik des Interviewten. Denn in dem konkreten Beginn der biographischen Darstellung wird als grundlegende Rahmung auf Differenzwahrnehmungen verwiesen, mit denen das thematisch werdende Selbst sich von dominanten Orientierungen absetzt und als abweichendes Selbst positioniert. In dieser Positionierung innerhalb differierender Orientierungen zeigt sich als Strukturspannung, dass zwar einerseits eine aktive Bearbeitung der Differenzerfahrung erfolgt, darin Autonomieansprüche umgesetzt werden und etwaige Verletzungen durch Ausgrenzungserfahrungen kompensiert werden können, andererseits aber die zugrundeliegende Problematik der Trennung nun selbst aktiv zugespitzt, zu Isolationszuständen verstärkt und damit als biographisches Leiden dauerhaft manifestiert werden kann.

Vor dem Hintergrund dieser Strukturproblematik, den Ausschluss durch Selbstausschluss als aktive Variante zur Aufrechterhaltung von Autonomie zu bearbeiten und damit weiter voranzutreiben, wird die biographische Präsentation in Form einer kurvenförmigen Kippfigur abstrahiert. Um einen zentralen Wendepunkt werden kontrastierende Sozialisationsmilieus ausgewiesen, die sich für den Interviewten in die Schule verlängern und dort pointiert zum Tragen kommen. Unter der Hand wird damit einerseits die Schule als zentraler Sozialisationsraum ausgewiesen und andererseits das entthematisierte familiale Bezugssystem in eine Homologie zum ersten Sozialisationsmilieu gestellt. Während also für den Interviewten ein quasi bindungsloses Aufwachsen zu konstatieren ist, wird diese ‚Leerstelle‘ zugleich durch eine starke Milieubindung ersetzt, in welche die familiale Bezugsgruppe wieder integriert ist.

Der starke Milieubezug bedingt nun, dass der Interviewte sehr stark an den milieuspezifischen Deutungen orientiert ist und darüber die Besonderheit des Selbst konstituiert. Gewissermaßen wird die Einbindung in ein Milieu familialisiert, insofern die Aufgabe gefestigter Milieuorientierungen Aspekte des Selbst aufgibt und Dynamiken familialer Ablösekonflikte annehmen kann. Dies kann umso stärker konstatiert werden, als das Aufwachsen bis zur 7. Klasse – also dem erreichten Adoleszenzalter – durch einen kontinuierlichen Milieubezug geprägt war. Die starke Verwurzelung im Wohnumfeld und besonders in der Schule liefern so auch zentrale Aspekte des kindlichen und jugendlichen Selbst. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bereits in dieser Lebensphase – zumindest latent – die Problematik einer Milieudifferenz bestand. Zum Ausbruch gelangt sie jedoch erst mit dem Umzug in ein anderes Wohnumfeld und dem damit einhergehenden Schulwechsel.

Die stark ausgeprägte Milieuorientierung besonders bezogen auf die Schule führt nun dazu, dass sich der Interviewte hier ebenfalls sehr stark auf die neuen Deutungen bezieht. In diesem Bezug wird nun jedoch der Kontrast zwischen dem bisherigen Lebensweltbezug und dem ‚neuen‘ schulisch repräsentierten Milieu material erfahrbar. Dieser Kontrast, der zu Irritationen und Verunsicherungen beitragen muss, wird jedoch ambivalent erfahren. Einerseits wird der Wechsel als Verlust alter Sicherheiten erfahren, die sich noch durch eine gesteigerte Isolationsproblematik erhöhen. Andererseits erscheinen der Wechsel und der Bruch auch als Chance, mit dem Wohnumfeldwechsel selbst in ein anderes Milieu zu wechseln (etwa aufzusteigen) und sein Selbst zu transformieren. Zentral ist jedoch, dass unabhängig von den ambivalenten Eckpolen eine krisenhafte Anfälligkeit des Selbst generiert ist, die es im Weiteren zu bearbeiten gilt. Dies wäre auch der biographische Ort, an dem sich Bildungsprozesse entfalten könnten.

Mit dieser Lagerung trifft der Interviewte nun auf die neue Schule. Seine Positionierung deutlich gegen die dominanten schulischen Orientierungen, gegen deren elitären und selektiven Anspruch, verdeutlichen, dass die Integration und ein damit transformiertes Selbst hin zu einer starken ‚neuen‘ Milieubindung gescheitert ist. Indem sich der Interviewte bewusst von den neuen Orientierungen absetzt, was als Bearbeitungsvariante der verweigerten Integration aufzufassen wäre, sucht er die Kontinuität zu den früheren Milieuerfahrungen herzustellen. Die oben noch abstrakt entfaltete Strukturproblematik kann somit konkret gefasst werden. Sie stellt sich in einer Balance dar, die ein dauerhaftes Leiden des Interviewten fundamentiert. So kann zwar einerseits mit der Gegenposition eine aktive Bearbeitung der Ausschlusserfahrungen und Degradierungen aufgrund der bisherigen Milieuorientierungen gelingen und insofern an Kontinuitäten des Selbst angeknüpft sowie Entwertungen kompensiert werden. Andererseits wird jedoch der Interviewte auch durch seine Bearbeitung der Problematik in eine Außenseiterposition katapultiert, die eine Fortsetzung von Ausschließungserfahrungen und Entwertungen impliziert. Die Lösungsstrategie einer zur Schau gestellten Autonomie und Unabhängigkeit von den Milieurahmungen der Schule ist damit aber ein zweischneidiges Schwert.

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