Zu diesem Fall gehören die Falldarstellungen:

Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten

Rekonstruktion der Schulleiterrede Schule B

“immer herein in die gute stube“ – Schule als organisierter Bestandteil der Ortsgemeinschaft

Die Sekundarschule befindet sich in einer ostdeutschen Kleinstadt, die wir Gernau genannt haben, in der ca. 7000 Einwohner leben und die von Bergbau und Landwirtschaft maßgeblich geprägt ist. Durch die Schließung des Bergbaubetriebes und die rückläufige Landwirtschaft nach der Wende ist dieser Ort, trotz neu gebauten Gewerbegebiets, von hoher Arbeitslosigkeit betroffen, was zur Folge hat, dass die Hälfte der Arbeitnehmenden in die nahegelegene Großstadt pendeln. Die Schule selbst, wurde 1985 als polytechnische Oberschule (POS) gegründet und ist im Plattenbaustil gebaut. Zu dieser Zeit gab es noch eine weitere Grundschule im Nachbarort und eine andere Außenstelle der POS in Gernau, welche aber zur Zeit der Erhebung bereits geschlossen war. 1990 wurden diese Schulen zusammengefasst und in eine Sekundarschule umgewandelt. Zum Zeitpunkt der Erhebung besuchten 526 Grund- und Sekundarschüler diese Schule. Das Kollegium mit einem Altersdurchschnitt von 44,5 Jahren setzt sich aus 31 Lehrerinnen und 8 Lehrern zusammen.

Eine Besonderheit der Schule ist, dass sie mit ihrer Eröffnung am Rand des Ortes angesiedelt wurde und heute, mit dem Neubau der anliegenden Einfamilienhäuser – der „Stadtflüchtlinge“ aus der gehobenen Mittelschicht – genau zwischen dem alten und dem neuen Ortsteil liegt, sodass die Schule geographisch fast zur Mitte des Ortes geworden ist. Die Rede des Schulleiters zur Begrüßung der neuen Fünftklässler beginnt wie folgt:

(stimmengewirr) (7 sek.)
S1: ‚mal ruhig sein’ (leise) S2: liebe schüler der jetzt noch vierten künftig fünften klassen liebe eltern . liebe kolleginnen

Die Begrüßung beginnt als eine diffuse Situation, die keineswegs untypisch für größere Veranstaltungen ist, die durch eine Zäsur erst noch strukturiert werden müssen. Das Stimmengewirr spricht dafür, dass die anwesenden Personen sich unterhalten, so dass von einer dem eigentlichen Auftakt der Veranstaltung vorher gehenden informellen, diffusen Kommunikation auszugehen ist.

„Mal ruhig sein“ ist nun eine sehr verkürzte Formulierung zur Beendigung dieser diffusen, informellen Kommunikation, in der keine konkreten Personen angesprochen werden. Die leise Äußerung impliziert eine doppelte Zurücknahme der Aufforderung: einmal ist die Lautstärke zurückgenommen, zum anderen ist der Satz nicht vollständig. Damit wird die Aufforderung unbestimmt: Weder die Personen, die angesprochen werden, noch der Zeitpunkt wird genauer bestimmt. Hier lässt sich nun ausschließen, dass die Situation durch Rituale oder Konventionen derart verbürgt ist, dass eine Person durch ihr Erscheinen und damit die Setzung eines optischen Markierers (wie zum Beispiel bei einem Dirigent, der an das Pult tritt) für Ruhe sorgt, bzw. durch ihre Präsenz einen Markierer setzen kann. Die Zäsur ist kaum konturiert, weil sie den Charakter des Beiläufigen hat. Je exponierter eine soziale Situation wäre, desto eher müsste es jedoch deutliche Zäsuren geben (etwa durch Symbole, Rituale, klare Markierer) und die Ruhe müsste nicht verbal eingefordert werden, in einer zudem sehr zurückgenommenen und unklaren Weise. Die Art der Eröffnung spricht also dafür, dass es sich eher nicht um eine besonders herausgehobene, außeralltägliche, exponierte Situation handelt. Sollte dies doch der Fall sein, muss davon ausgegangen werden, dass dem Zusammenhang kein angemessener und wohlgeformter Auftakt gelingt und der Beginn eher an eine wenig exponierte, eher informelle Rahmung erinnert.

Einmal kann es die Schulleiterin sein, die zur Ruhe ermahnt, um ihre Rede zur Begrüßung der neuen Schüler platzieren zu können. Andererseits kann es sich auch um eine Person handeln, die hier (legitimiert oder nicht legitimiert) stellvertretend für die Schulleiterin zur Ordnung ruft. In beiden Fällen bedarf es jedoch einer Aufforderung, um die Zuhörer darauf hinzuweisen, dass nun der formellere und offiziellere Teil der Veranstaltung beginnt. Die schulische Eröffnungssituation ist damit durch nicht-ritualisierte Rahmungen geprägt. Die doppelt zurückgenommene Aufforderung „mal ruhig sein“ steht somit in einem Spannungsverhältnis: zwar wird direktiv und tendenziell disziplinierend auf das Auditorium Bezug genommen, jedoch gibt es auch diffundierende Elemente in der Anrede, eben weil niemand Spezifisches angesprochen wird und mit dem „mal“ auf eine informalisierte Bezugnahme verwiesen ist(1).

Für die damit möglich werdende Beziehungskonstellation, lassen sich sowohl gleichberechtigte Beziehungen, in denen aufgrund der Störung, die jemand empfindet, eine sehr verknappte Aufforderung erfolgt, als auch hierarchische Beziehungen, in denen jemand seine Position nutzt, um zur Ordnung zu rufen, annehmen. Im ersten Fall müsste dann von einer „situativen Hierarchisierung“ die Rede sein, weil jemand aufgrund eines äußeren Anlasses sich legitimiert sieht, direktiv Ruhe einzufordern; im zweiten Fall würde die Hierarchisierung positionell verbürgt.

Mit dem Anschluss S2: liebe schüler der jetzt noch vierten künftig fünften klassen liebe eltern . liebe kolleginnen“ wird deutlich, dass die Aufforderung zur Ruhe nicht von der Schulleiterin selbst ausgegangen ist, sondern von einer stellvertretenden Person. Dies stärkt die Lesart einer Diffusität in der Eröffnung und der fehlenden Konturiertheit der Situation, denn sie sorgt nicht mit ihrer Person oder durch ein rituelles Arrangement für Ruhe, sondern ein Stellvertreter übernimmt diese Ordnungsfunktion. Dies deutet darauf hin, insbesondere wenn es sich – wie bei einer Begrüßung neuer Schüler – um einen eher herausgehobenen Anlass handelt, dass diese Schule dadurch gekennzeichnet sein könnte, dass es grundlegende Probleme mit der Konturierung, der Grenzziehung und Differenzierung zwischen dem Formellen und Informellen geben könnte. Die Schule wäre dann eher durch Tendenzen der Diffundierung, der Vermischung und der unklaren Trennungen und Grenzziehungen gekennzeichnet.

Insgesamt kann man angesichts einer Begrüßung neuer Schüler nicht von einer gelungenen Eröffnungsfigur sprechen. Denn nicht die Integration, die Begrüßung und Anerkennung der neuen Schüler ist zentral, sondern der Auftakt wird durch die problematische Figur einer Disziplinierung und Diffundierung geprägt. Dabei ist der Modus der Diffusität dominant, während die Disziplinierung eine eher zurückgenommene Form annimmt. Insgesamt wird deutlich, dass es der Institution nicht gelingt einen wohlgeformten, würdevollen und für die Anwesenden spürbar anerkennenden Auftakt zu gestalten.

Im Spektrum möglicher schulischer Anlässe bei dem Schüler begrüßt werden, sind herausgehobene Anlässe wie z.B. Abschluss- oder Aufnahmefeiern bis hin zu alltäglichen Anlässen wie z.B. Begrüßung zum Unterricht denkbar. Für die alltäglichen Kontexte wäre die Variante der diffusen Begrüßung relativ unproblematisch, aber je herausgehobener und außeralltäglicher die Situation wäre, desto problematischer wäre diese Auftaktfigur der Begrüßung. Denn dem institutionellen Repräsentanten würde es nicht konsistent gelingen, einen würdevollen Rahmen zu schaffen, in dem die Schüler in der Situation angemessene Anerkennung erfahren können. Damit findet sich bereits in der Auftaktfigur eine tendenziell misslingende Form der Anerkennung der Schüler, denn sie werden nicht in der Form gewürdigt, wie es der herausgehobenen Situation, eben der Begrüßung neuer Schüler, angemessen wäre.

Indem die Schüler als Schüler der „jetzigen vierten, künftigen fünften klasse“ angesprochen werden, wird entthematisiert, dass mit dem Klassenwechsel auch ein Schulwechsel verbunden ist. Damit bleibt auch die Erwähnung eines institutionellen Übergangs aus: der Wechsel von der Grundschule in diese, neue spezifische Schule im fünften Schuljahr scheint der Normalfall zu sein, der nicht weiter konturiert werden muss. Diese Begrüßung erscheint fast so, als würden die Schüler nun nicht Mitglieder einer neuen Institution, die sich ihnen gegenüber darstellen, präsentieren, die ihnen das Anliegen und das „Besondere“ dieser Schule zugänglich machen muss und sie natürlich in dieser neuen Institution auch als Novizen besonders willkommen heißen muss. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, als seien die Schüler einfach dabei von der noch vierten, in die bald schon fünfte Klasse zu wechseln. Im Verzicht auf die Besonderung dieses Übergangs und die Konturierung der Aufnahme in die neue Schule, wird auch ein Verzicht auf eine institutionell gesonderte Form von Generationsbeziehungen deutlich. Denn den Schülern müsste ja auch verdeutlicht werden, was sie hier erwartet, was man von ihnen erwartet, wer sie hier erwartet und wie sich die Schule und die Lehrer ihnen gegenüber positionieren. Die Reduktion der Begrüßung auf das Organisatorische, den selbstverständlichen Aufstieg in eine höhere Klassenstufe, impliziert einen Verzicht auf Beziehungsförmigkeit innerhalb der Institution und deren Ersetzung durch das organisatorisch verfasste Generationenverhältnis: Die Schüler müssen einfach, wenn sie in die fünfte Klasse wechseln, auch die Schule wechseln und das ist das Banale und Alltägliche der schulischen Organisation, das sich für alle Schüler gleichermaßen vollzieht. Die Formulierung ‚großer pädagogischer Entwürfe’ oder von ‚Erziehungsleitbildern’, die auch die Beziehungen zwischen den Generationen bestimmen und diese Schule in ihrem Verhältnis zu diesen Neuankömmlingen konturieren würde, ist daher in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten.

Dass die Eltern ‚nahtlos’ an die Kinder angefügt und ebenfalls wie die Kolleginnen als „liebe“ bezeichnet werden, legt zwei mögliche Lesarten nahe:

1. Dies könnte als Vergemeinschaftung verstanden werden, in der alle in ein Näheverhältnis eingebunden sind. Für diese Lesart ergeben sich allerdings Brüche in Bezug auf die Schüler, denn sie können zum einen noch nicht Mitglied dieser Gemeinde sein, da sie ja noch in der vierten Klasse und damit noch nicht Teil dieser Schule sind. Zum zweiten sind sie bislang gerade nicht konturiert und gesondert in den Blick genommen und begrüßt, sondern nur über formale Organisationsmarkierer distanziert in den Blick genommen worden, was keineswegs auf eine große, personalisierte Nähe gegenüber diesen Neuankömmlingen schließen lässt..

2. das Ansprechen aller Anwesenden mit „liebe“ kann aber auch auf mangelnde Differenzierung hindeuten: Alle noch so unterschiedlichen Akteursgruppen – Schüler, Lehrer, Eltern – würden entdifferenzierend und nivellierend über „einen Kamm geschoren“, indem mit „liebe“ Vergemeinschaftung konstruiert würde, die – insbesondere auf Seiten der Schüler – in der Ausgestaltung des Begrüßungsauftaktes gerade nicht eingelöst wurde. Das würde in Bezug auf die Generationsbeziehung heißen, dass der dominante Modus nicht darin bestünde Differenzen und daraus resultierende unterschiedliche Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu konturieren, welche für das pädagogische Handeln konstitutiv wären, sondern der Modus wäre Entdifferenzierung, was letztlich auf eine mangelnde Verantwortlichkeit und Anerkennung gegenüber den Schülern hindeuten würde. Im Übrigen eine Figur, die sich ja bereits im Ausfallen eines konturierten, klaren Begrüßungsanfangs andeutet.

Die zweite Lesart ist die stimmigere, weil es im Auftakt der Begrüßung der Neuen gerade nicht gelingt, die Neuankömmlinge angemessen zu begrüßen und sie zu dieser konkreten Schule in ein spezifisches Verhältnis zu setzen. Vielmehr werden sie in eine organisatorische Rahmung eingebunden, die sie einfach nur als Schüler benennt und die keine schulspezifische Konturierung und Sinnstiftung erhält. So finden sich deutliche Hinweise, dass eine Gemeinschaft material nicht vorhanden ist. Obwohl sie konstruiert wird, tritt an die Stelle ihrer sinnstiftenden Ausformulierung ein allerallgemeinstes organisatorisches Prinzip, also Schule als formale Organisation.

Als Strukturhypothese kann somit formuliert werden, dass an der Stelle, wo eine Besonderung der Schüler stattfinden müsste, die Schüler auf der allgemeinsten Ebene angesprochen werden, nämlich auf der Ebene der homogenisierten und organisatorisch vorstrukturierten Schulkarriere (von der 4. zur 5. Klasse). Damit könnte man alle Schüler bundesweit gleichermaßen ansprechen. Die Beziehung der Schüler, Eltern und schulischen Akteure auf allgemeinste organisatorische Prinzipien bedeutet jedoch eine Vernachlässigung der Spezifizierung und Konturierung der Schüler, der Eltern und der Schule selbst und birgt neben der Chance, dass alle als gleich betrachtet werden, die Problematik, dass eine Besonderung der konkreten Schüler und der konkreten Schule und Lehrer gleichermaßen unterbleibt. Die Schule ihrerseits kann sich somit nicht als spezifische Institution konstruieren, deren Akteure handelnd einen pädagogischen Sinn erzeugen und sich damit zu den Neuankömmlingen in eine spezifisch konturierte pädagogische Generationsbeziehung setzen.

Mit dem Anschluss „ich möchte sie alle recht herzlich begrüßen mal wieder zu einer elternversammlung“ findet eine Fortsetzung der Diffundierung statt, denn hier wird neben der Begrüßung neuer Schüler auch eine Elternversammlung eingeführt. Mit der Nennung der Elternversammlung werden Organisationsprinzipien der Schule ganz allgemein im Verhältnis von Schule und Familie angesprochen, obwohl im Auftakt eine Gemeinschaft aus Schülern, Eltern und Kollegen aufgespannt wird. Letztere Bezugnahme passt stimmig zur Begrüßung neuer Schüler, während in der Elternversammlung die Anwesenheit von Schülern legitimierungsbedürftig und umgekehrt bei einer Begrüßungsfeier die Einmündung in eine Elternversammlung problematisch wäre. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Begrüßung der neuen Schüler anscheinend keine eigene Veranstaltung darstellt, sondern zugleich mit anderen Veranstaltungen, die eigentlich andere Rahmungen benötigen und auch Zielen dienen, „zusammengelegt“ wird, also eine massive Diffundierung von Rahmungen, Anlässen und Adressatengruppen. Zudem wird mit dem „mal wieder“ eine nahezu beiläufige Abfolgelogik suggeriert, die jeglicher Besonderung und Würdigung der Situation entbehrt. Auch in diesem Segment entfällt also die sinnhafte Konturierung der neuen Schule gegenüber den Neuankömmlingen, die jetzt sogar bezweifeln müssen, werden sie doch zu einer Elternversammlung begrüßt, ob sie eigentlich am richtigen Ort sind. Auch hier sind es schließlich organisatorische Angelegenheiten (mal wieder eine Elternversammlung), die an die Stelle der Konturierung und Explizierung der konstruierten Gemeinschaft („liebe“, „alle recht herzlich begrüßen“) treten.

Ebenso wenig wie der Auftakt wohlgeformt gelingt, scheint es hier zu gelingen, alle Adressaten auf einen gemeinsamen Anlass zu beziehen der sie stimmig miteinander verbindet. Entweder kann damit die Bezeichnung Elternversammlung nicht auf den Anlass zutreffen oder die Personen, die nicht Eltern sind, sind hier fehl am Platze. Dass es aber keine Bezeichnung für alle institutionellen Anlässe gibt, ist wiederum ein Zeichen dafür, dass sich hier das Unstrukturierte des Anfangs fortsetzt und damit auch die Entthematisierung der Besonderung für die neuen Schüler unterstrichen wird. So gelingt selbst das Organisatorische nicht, welches an jene Stelle tritt, an der eigentlich der materiale Sinnentwurf der Schule als eine pädagogische Institution expliziert werden müsste, worüber dann erst die Vergemeinschaftung aller Akteure etwa als Mitglieder einer Art „Schulgemeinde“ möglich werden würde. Das Organisatorische misslingt, weil die Grenzziehung zwischen Anlässen, Adressaten und Zielsetzungen diffundiert und sich damit jeweils spezifische Akteursgruppen, insbesondere die Schüler, wie im „falschen Film“ vorkommen müssen. So kann bei einer derartigen Diffundierung weder die Elternversammlung, noch die Aufnahmefeier stimmig realisiert werden.

Schule als Organisation und Organisatorisches füllt hier jene Leerstelle in der diffusen Begrüßungsrede, die in der Konstruktion einer Vergemeinschaftung, die nicht sinnhaft ausformuliert werden kann, als Vakanz pädagogischer Sinnentwürfe zurückbleibt. Im Rahmen dieses spannungsvollen Zusammenhangs einer bloß hülsenhaft bleibenden Vergemeinschaftung und einer Diffundierung des Organisatorischen, das an deren Stelle tritt, kann nun die Strukturhypothese weiter ausdifferenziert werden: Es handelt sich um eine Schule, in der nicht nur die pädagogische Sinnstiftung im Modus der konstruierten Vergemeinschaftung misslingt, sondern auch das Organisatorische, das diese Leerstelle füllt, zerfällt und diffundiert. Dies wird vor allen am Beispiel der Schüler deutlich – die ja eigentlich die zentrale Akteursgruppe in diesem Zusammenhang ist, weil es sie als Neuankömmlinge stimmig zu begrüßen gilt. Ihnen gegenüber misslingt es, eine nahe, persönliche pädagogische Beziehung auszuformulieren, die der Gemeinschaftskonstruktion adäquat wäre. Vielmehr werden sie nur als Schüler in der allgemeinsten Form einer organisatorisch strukturierten Rollenförmigkeit angesprochen, in der gerade jeder konkrete, persönliche Bezug getilgt ist. Dort, wo also eine nahe, vergemeinschaftete pädagogische Beziehung im Rahmen der Begrüßung der neuen Schüler stehen müsste, finden sich lediglich die formalsten organisatorischen Markierer der Schullaufbahn. Aber gerade auch dieses Organisatorische kann nicht stimmig gestaltet werden: In der grundlegenden Diffundierung der Anlässe, Rahmungen und Akteursgruppen, der Gleichzeitigkeit einer Begrüßungsfeier der neuen Schüler und einer Elternversammlung kann man keinem Anlass und keiner Gruppe gerecht werden. Vielmehr würde gerade die organisatorische Differenzierung und Grenzziehung die Grundlage dafür bieten, den Anlässen und den Adressaten, insbesondere den neuen Schulkindern, angemessen zu begegnen. Dort wo also organisatorische Differenzierung erforderlich wäre, findet sich Entdifferenzierung und diffundierende Verschmelzung von Rahmungen – also gerade Modi diffuser Vergemeinschaftung. Und dort, wo die sinnhafte Ausformulierung und Einlösung der konstruierten Vergemeinschaftung erforderlich wäre, findet sich im Kern die Reduktion von Gemeinschaft bzw. die Auffüllung der vakanten Sinnstiftung durch Organisatorisches und Schule als formale Organisation. Das Organisatorische aber diffundiert in der entgrenzenden Rahmennivellierung der Anlässe wiederum ins diffus Gemeinschaftliche, während im Kern der konstruierten Gemeinschaftlichkeit, insbesondere in der Beziehung auf die Neuankömmlinge, die allgemeinsten organisatorischen Markierer aufscheinen und gerade daran Gemeinschaft bricht.

Im weiteren Verlauf führt die Schulleiterin nun eine dritte Veranstaltung ein, zu der sie begrüßt, und potenziert damit die Rahmendiffundierung:

„hier oben in unserer aula und natürlich ganz besonders herzlich möchte ich sie begrüßen zu unseren tag der offenen tür . “

Mit der Begrüßung zum Tag der offenen Tür wird deutlich, dass hier eine weitere Transformation des Ereignisses erfolgt. Die Diffusion potenziert sich: neben der Begrüßung der Neuen und der Elternversammlung findet gleichzeitig auch ein Tag der offenen Tür statt, an dem – darauf lässt die Begriffswahl hier schließen – prinzipiell jeder Interessierte (also auch Personen, die nicht Eltern, Schüler oder Kolleginnen sind) in die Schule kommen kann, um sich zu informieren. Dieser Tag der offenen Tür bedeutet damit gegenüber der einschränkenden Elternversammlung eine maximale Ausweitung und Diffundierung des anwesenden Personenkreises. Auch wenn darüber die Schüler formal wieder integriert sind, denn auch sie wären an einem Tag der offenen Tür natürlich eine mögliche Adressatengruppe, so wären sie zu diesem Anlass eher randständig oder zumindest nicht zentral, was mit ihrer Zentralstellung im Rahmen der Begrüßung der Schulnovizen wiederum maximal konfligieren würde. Damit wäre die Besonderung und das Außeralltägliche negiert, das dieser Tag als bildungsbiographischer Übergang für sie hat. Damit bestätigt sich die Strukturhypothese in einer sich zuspitzenden Form. Denn mit der Begrüßung zu einem Tag der offenen Tür diffundieren nun auch die Grenzen zwischen innerschulischen Anlässen und Adressatenkreisen sowie dem Außerschulischen. Hier werden gewissermaßen innerschulische Anlässe mit Anlässen vermischt, die gerade auf Zeit und passager die Trennung von innen und außen außer Kraft setzen. Indem nun aber innerschulische Anlässe in diesem Sinne mit einer weitreichenden Öffnung in das Außerschulische, das Umfeld der Schule und die Gemeinde in ihrer Spezifik gebrochen werden, gerät das Anliegen der innerschulischen Adressatenkreise und insbesondere der Schulnovizen endgültig ins Hintertreffen. Die Spezifik der schulischen Anlässe diffundiert so zu einer Art offenen Gemeindeveranstaltung, die für alle Gemeindemitglieder geöffnet ist. Auch hierin zeigt sich erneut, dass die Schule keinen stimmigen sinnhaften Entwurf einer konturierten pädagogischen Institution und einer pädagogischen Beziehung zu den neuen Schülern herzustellen vermag, sondern entweder auf selbst inkonsistente und diffundierende Organisation oder aber – wie nun – auf ein entgrenztes Gemeindeleben orientiert.

Im weiteren Verlauf bestätigt sich die bislang herausgearbeitete Strukturproblematik dieser Veranstaltung und damit auch der Schule und spitzt sich weiterhin zu:

wir haben gedacht wir ‚verbinden’ (betont) diese beiden veranstaltungen , so dass sie die möglichkeit haben heute ein paar organisatorische hinweise zu bekommen und ganz besonders sich ein bild zu machen von unserer ‚schule‚ (betont) . von dem was in der sekundarschule so passiert=was die schüler hier treiben und was es wert ist ausgestellt und ((gezeigt)) zu werden =immer rein in die gute stube , ich halte nochma inne (stimmengewirr, stühlerücken) 10) (10) ich müsste heute hier begrüßen, die schüler der=und mit ihren eltern natürlich der vierten klassen der grundschule in gernau

Hier gehen im ersten Teil der Sequenz nicht nur die Veranstaltungen durcheinander, da organisatorische Hinweise vor allem die Eltern neuer Schüler interessieren dürften, während es eher die Besucher des Tages der offenen Tür sind, die sich wahrscheinlich ein Bild von der Schule machen wollen (während die Begrüßung der neuen Schüler gänzlich entthematisiert wird), es gelingt auch wieder keine Konturierung der Spezifik der Schule als einer pädagogischen Institution in ihrer Beziehung auf und Bedeutung für die Neuankömmlinge. Die Schulleiterin verbleibt auch mit der Formulierung „was die schüler hier treiben“ auf einer ganz allgemeinen Ebene, die Schule nicht als Ort des Lernens und der Bildung, sondern des ‚bunten Treibens’ charakterisiert, also wiederum eine Formulierung, die sich für mannigfache Handlungsbereiche verwenden lässt und völlig unbestimmt bleibt. Dies zeigt sich auch darin, dass die Besonderung der Schule in Form des allgemeinsten Organisationsprinzips erfolgt – über die Schulform („was in der sekundarschule so passiert“) – und erneut nicht durch einen besonderen pädagogischen Sinnentwurf, sondern durch die Tatsache, dass die Schule eine Schule ist, in die Schüler gehen und an der auch alle möglichen anderen Personen interessiert sein können. Damit kann es sich nicht um eine Schule handeln, die auch nur ansatzweise einen besonderen oder gar exklusiven Status beansprucht, sondern um eine Schule die einfach selbstverständlich „die“ Schule der Gemeinde und einfach „Sekundarschule“ ist, was für die Gemeinde und das Wohnumfeld selbstverständlich ist, weil die Schulpflicht selbstverständlich die Kinder der Gemeinde zu Schülern der Gemeindeschule macht. Die Aufnahme in die Schule entbehrt damit aus Sicht der Schulleiterin jeglicher Besonderung und diffundiert in dem Einwurf „immer rein in die gute stube“. Auch diese Formulierung bildet erneut eine diffundierende Bezeichnung der Schule, denn diese wird damit quasi in eine Wohnstube transformiert, in die die Schulleiterin alle möglichen Personen einladen kann. Und schließlich ist auch der Satz „ich müsste auch begrüßen…“ im Konjunktiv formuliert und damit im Bereich des Hypothetischen gehalten. Damit werden die neuen Schüler gerade nicht begrüßt und willkommen geheißen, sondern diese Aussage ist wie ein Verweis darauf zu verstehen, was erfolgen müsste, wenn es sich um eine angemessene Feier zur Begrüßung und Anerkennung der Schulnovizen durch die Repräsentanten der pädagogischen Institution handeln würde.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die nichtvollzogene Begrüßung und Feier der Schulnovizen Ausdruck dessen ist, dass die Konturierung des Innenraumes Schule in Form einer pädagogischen Generationsbeziehung nicht gelingt. Das heißt konsequent weitergedacht, dass die Mindestform, die für die Ebene der pädagogischen Generationsbeziehungen gegeben sein müsste, nicht vorhanden ist. Ein pädagogischer Generationsentwurf kann gegenüber den Schulnovizen nicht formuliert werden. Dieser würde darin bestehen, die Bedeutung der Lehrer für die neuen Kinder stellvertretend zu entwerfen, ihnen die Relevanz der Schule vorzustellen, also wofür und wozu sie in diese neue Schule gehen und die Haltung der neuen Schule ihnen gegenüber zu verdeutlichen und auch in Form von ästhetischen Präsentationen zu inszenieren und symbolisieren. Das, was die Schule ausmacht, ist das, was in der Sekundarschule passiert und das sie eben eine Sekundarschule ist. Die pädagogische Spezifik dieser Schule ist das formal Organisatorische. Damit aber wird keine pädagogische Generationsbeziehung ausformuliert, sondern an deren Stelle tritt ein Generationsverhältnis, das über die Schulpflicht und die formale, homogenisierte Organisationsgestalt der Schule gegeben ist. Der dominante Generationsentwurf mit dem sich diese Schule in der „Begrüßung“ der neuen Schüler auf diese bezieht, wird durch das organisatorische, abstrakte, schulisch formale Generationsverhältnis markiert, dass in dieser allerallgemeinsten Form für jede Schule zu formulieren wäre. Das heißt aber, dass das Besondere der Schule das Allgemeine ist.

Dieses Ausfallen eines pädagogischen Sinnentwurfs der Schule gegenüber den neu ankommenden Schülern hat hinsichtlich der individuellen Akteure, der Lehrerinnen und Lehrer, zwei Seiten: Einerseits lässt die Vakanz eines derartigen allgemeinen schulischen pädagogischen Entwurfs viele Freiräume für eigene pädagogische Entwürfe der Lehrer. Diese Gestaltungsfreiheit könnte ein positiver Nebeneffekt dieser Vakanz sein, denn immer dann, wenn ein starker, dominanter, pädagogischer Entwurf der Schule übergreifend ausformuliert wird, gibt es die Problematik der Passung von verschiedenen Sinnentwürfen auf der Ebene von Gruppen und einzelnen Lehrern zu diesem dominanten Entwurf. Hier wird nun kein derartiger Sinnentwurf für die Schule von Seiten der Schulleitung formuliert. Von daher kann man folgern, dass die Lehrer nicht mit einem dominanten und übergreifenden Sinnentwurf konfrontiert sind, der ihre Entwürfe unter Druck geraten lässt. Andererseits liegt die Problematik dieser Vakanz für die Lehrer darin, dass sie aus sich selbst heraus einen pädagogischen Entwurf generieren müssen, während ein schulübergreifender Bezug fehlt, auf den sie sich gemeinschaftsstiftend, verbürgend, aber diesen auch kritisierend und sich davon distanzierend beziehen können. Damit wären die Lehrer dieser Schule tendenziell individualisiert, auf sich selbst verwiesen und in Grenzfällen auch auf sich zurückgeworfen. Sie würden nicht durch einen kollektiv getragenen, durch das institutionelle Handeln verbürgten pädagogischen Sinnentwurf gestützt. Jeder Lehrer, der nun versuchen würde an dieser Stelle einen besonders anspruchsvollen und weitgreifenden pädagogischen Sinnentwurf zu formulieren, würde geradezu diese Vakanz besonders stark hervortreten lassen.

In Bezug auf die Schüler und die dazugehörigen Familien bedeutet dies eine ähnliche Ambivalenz: Zum einen beinhaltet die Ausformulierung eines pädagogischen Sinnentwurfs auch gegenüber den Familien und Schülerinnen und Schülern aus unterschiedlichen, bildungsnahen, bildungsferneren, sozial privilegierten oder eher marginalisierten Milieus auch die Gefahr, nicht zu diesem dominanten, institutionellen Entwurf zu „passen“: je homogener und stärker ein derartiger Entwurf ausformuliert ist, um so eher besteht die Gefahr von Abstoßung und Ausgrenzung. Zum anderen ist damit die Problematik nicht behoben, denn indem nun an die Leerstelle die Schule als formale Organisation tritt, also: in ihrer formalisierten Gestalt mit Schullaufbahnen, Selektions- und Leistungsregelungen etc., tritt sie gewissermaßen direkt den Kindern entgegen. Damit ist aber die Passungsproblematik zwischen Schule, Familie und Schülern nicht behoben, sondern vielmehr auf das Organisatorische reduziert. Damit aber würde diese Schule, die sich ja als Sekundarschule mit zwei grundlegenden Strukturproblemen der Selektion auseinander zu setzen hat, gerade auf eine pädagogische Bearbeitung und Auseinandersetzung mit diesen Strukturproblemen verzichten: Nämlich einmal mit der Herausforderung, dass gerade an dieser Schulform und in Bezug auf die gesamte Gemeinde auch Kinder aus marginalisierten und sehr bildungsfernen, ländlichen Milieus an diese Schule kommen, die gerade ohne pädagogische Sinnentwürfe und Auseinandersetzung, ohne den konturierten Entwurf pädagogischer Generationsbeziehungen im Rahmen dieser Schule sehr unvermittelt auf die Organisationsprinzipien der Schule stoßen und davon besonders gravierend „abgestoßen“ würden. Zum anderen jene Kinder und Jugendlichen, die über die Sekundarschule hinausreichende Bildungsambitionen besitzen und die einer besonderen pädagogischen Flankierung, Förderung und Unterstützung bedürfen, um dies realisieren zu können. Derartige pädagogische Generationsbeziehungen wären wiederum gerade für jenen Teil dieser Schüler ganz besonders bedeutsam, die diese Bildungsambitionen besitzen, aber kaum über familiäre Ressourcen verfügen diese auch realisieren zu können. Hier käme den Sekundarschullehrern dann die Bedeutung signifikanter Anderer für die Eröffnung sonst geschlossener Bildungswege zu. Die Vakanz eines pädagogischen Sinnentwurfs, die Reduktion der Schule auf das formal Organisatorische, die Diffundierung und entgrenzende Verschmelzung der Schule mit dem schulischen Außen und der Gemeinde, in der die Spezifik des Pädagogischen ebenfalls diffundiert, all dies führt somit dazu, dass eine pädagogische Bearbeitung dieser grundlegenden Strukturprobleme bereits auf der Ebene sinnhafter Entwürfe unterbleibt.

Dass das Alltägliche und Organisatorische in dieser Schulkultur einen zentralen Platz einnimmt, bestätigt die Schulleiterin in ihrer Rede zur Begrüßung der Neuen wiederholt:

„wir haben nur einen wichtigen grundsatz, und den behalte ich auch na zu neununneunzigkommaneun prozent bei sag ich mal, ‚alle‚ (betont) fahrschüler aus einer richtung, ich sache mal richtung bahnhof richtung ((dorf)), werden in einer klasse zusammen-ge genommen, ja das hat schulorganisatorisch zu tun weil die klassen haben immer eine erste stunde weil später kein bus fährt, und die hamm nie eher schluss als zur fünften stunde weil kein bus fährt=höchstens is mal nen lehrer krank=aber da werden se beoffsichtigt ja, das ist unser grundsatz .“

„Unser Grundsatz“ – also eine grundlegende Bestimmung des gemeinsamen Sinns dieser Schule – ist damit als organisatorische Maßnahme gefasst. Das Grundlegende der Schule ist auch hier wiederum das Organisatorische und nicht das Pädagogische, geschweige denn der konturierte Sinnentwurf pädagogischer Generationsbeziehungen. Zum Ende der Rede werden Schüler und Eltern noch einmal konkret angesprochen:

„ich hoffe, dass ihr am ersten schultag einen guten start haben werdet am ersten august zweitausendzwei, hier bei uns in der sekundarschule, ich hoffe, dass ihr die freude am lernen in der sekundarschule nicht verliert, dass ihr weiterhin gern zur schule geht, fleißig lernt, auf all das hört auf ratschläge und hinweise eurer neuen=eurer neuen lehrer, und von ihnen liebe eltern, würd ich mir einfach wünschen, das wir gut miteinander zusammenarbeiten, das sie wenn sie sorgen oder probleme haben, dass sie zunächst zu klassenleiter gehen, und wenn die probleme dann nicht zu lösen sind hab ich immer ein offenes ohr für sie, und dass sie solche sorgen nicht lange mit sich herumschleppen, dass sie kommen und wir die gemeinsam aus der welt schaffen und ich glaube, dann wird ihre schulzeit=die schulzeit ihrer kinder auch in der sekundarschule erfolgreich sein .“

Die Schüler werden hier wiederum in den allgemeinsten Kategorien angesprochen, in denen sie als Schüler in diese Schule kommen. Das hier artikulierte Idealbild von Kindern, die gern in die Schule gehen und Rezipienten der Erziehungsratschläge ihrer Lehrer sind, positioniert sie zwar in Beziehung zu ihren Lehrern, aber eine Ausformulierung der Generationsbeziehungen bleibt auch hier auf das Allgemeinste beschränkt. Den Eltern wird klar gemacht, dass es auch für Problemlösung einen konkreten Fahrplan gibt, bei dem die schulische Hierarchie der Angestellten einzuhalten ist. Wenn diese eingehalten wird, dann ist es (für Eltern und Kinder) möglich, die Probleme „aus der Welt“ zu schaffen, um eine erfolgreiche Schulzeit – auch an der Sekundarschule – zu haben. Neben dieser organisationsförmigen Abfolge bei der Lösung von Alltagsproblemen, zeigt sich hier auch wieder die Vergemeinschaftungskonstruktion, indem eine diffuse Rolle in Bezug auf die Familie übernommen wird: Denn die Probleme und Sorgen werden nicht spezifiziert, etwa als die Schulprobleme der Kinder, sondern es könnten auch Probleme allgemeiner oder persönlicher Art der Eltern sein, mit denen sie zum Klassenleiter oder zum Schulleiter gehen können. Und auch hier setzt sich die Diffundierung in Form eines Versprechers fort: „ihre schulzeit=die schulzeit ihrer kinder“ lässt die Eltern ebenso zu Adressaten der Schule werden (Gemeindeschule), wie ihre Kinder. Darin zeigt sich erneut, dass für diese Schule in ihrem institutionellen Entwurf nicht die pädagogische Bearbeitung der kindlichen Bildungsprozesse im Zentrum steht, sondern dass diese Spezifik gerade unterbelichtet bleibt, dafür aber die Schule als Teil des Gemeindelebens in den Mittelpunkt rückt.

Letztlich ist diese Schule damit einfach „die Sekundarschule“ der Gemeinde, ohne dass sie auch nur ansatzweise eine konkrete pädagogische Sinnstiftung erfährt. So selbstverständlich es ist, dass die Kinder der Gemeinde zur Schule gehen, weil sie eben dort hingehen müssen, so selbstverständlich ist die Schule Teil der Gemeinde und Bestandteil des Gemeindelebens, mit dem sie sich tendenziell diffundierend durchdringt. Der Bezug der Generationen, der Lehrer und Schüler aufeinander, erfolgt damit über das organisatorisch ausgeformte Generationsverhältnis: Als Kinder der Gemeinde müssen sie Schüler sein und damit zur Schule der Gemeinde gehen – eben in die Sekundarschule. Und weil Kinder Schüler sein müssen, hat die Gemeinde eben eine Sekundarschule, in der Schüler ab der 5. Klasse auf Lehrer treffen, auf die sie sich schulkonform in ihrer Rolle als Schüler zu beziehen haben. Das Besondere der Schule ist damit das organisatorisch Allgemeinste und die Besonderheit der Schüler in Bezug auf diese Schule ist, dass sie eben Schüler, Sekundarschüler sind.

Fußnoten

1) Die Verwendung von „mal“ ist als Indikator dafür zu interpretieren, dass eine scharfe oder deutliche Disziplinierung hier nicht erfolgt, sondern eher mit suggerierten Entscheidungsmöglichkeiten gebrochen ist. Für einen institutionellen Zusammenhang wäre diese Form der Disziplinierung mit suggerierten Aushandlungsprozessen eher irritierend und würde darauf verweisen, dass die Situation als solche selber von einer ganz prinzipiellen Legitimationskrise in Bezug auf den Kontext gekennzeichnet ist. Währenddessen derartige Verständigungs- und Aushandlungsprozesse für einen informellen Zusammenhang übliche Bestandteile von Alltagskonstellationen sind.

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