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Fälle aus gleicher Erhebung:

Falldarstellung

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//es läuft schon mal ich muß mal kurz . hm .. das schwarze ist da . heute ist der dreißigste vierte neunzehnhundertsechsundneunzig . und im folgenden ist noch mal ein schülerinterview aufgezeichnet mit einem schüler der . zehnten klasse .// ja //na . und .. dann geb ich dir ehmt jetzt einfach mal die einleitung und .. dann wern mer ja sehn wie das so läuft// . ja //na (lacht) also . ich hatte dich ja . in vorgesprächen informiert daß wir uns auch so für lebensgeschichten von schülern// hm //intressiern .. und ich würde dich also bitten daß de dich mal so zurückerinnerst . an die zeit wo du vielleicht ganz klein warst .. und mal von da an ruhig ausführlich zu erzählen wie das so war . und wie eigentlich dein leben dann bis heute so verlaufen ist .. und da würde ich erstmal ruhig sein und dir ehmt nur zuhören// naja wie soll ichn da anfang ja ‚ich wurde jeborn und so ja‘ (lachend gesprochen) wie jesacht . da kann ich mich natürlich nicht dran erinnern . //hm// und . so . wie kindergarten und so das ist auch nich mehr so das wahre da kann ich mich och noch an . bestimmte ereignisse erinnern wie fasching oder .

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ostern (es klingelt) wo mer ostereier jesucht ham oder irgendwas //hm// naja .. un im späteren . lem . war ich dann hatt mer son garten jekriegt ich mit mein eltern . //hm// .. und da hattch dann viel spaß mit mein freunden und so bin dann durch die wälder da jezogen warn baden und .. trallala so und das janze drumrum .. und so . dann später . haich da sport jetriem //hm// also . geräteturnen hab ich mal gemacht .. und . dann kam s ringen . //hm// und . naja . wie soll ich das sagen hatte ziemlich viel erfolge und so das hat mir spaß gemacht .. dann hab ich irnwie so jewechselt dann war ich ma im radsport . //hm// das hab ich dann bis zur bis ich . elf zwölf war habch das gemacht . un als ich dann aufs gymnasium kam hab ich dann meine freunde hier kennjelernt . die ham dann so . anjefangen . mit skaten . //hm// also skateboardfahren naja . irjendwie .. bin ich da mit reinjewachsen un seit dem .. skate ich jetzt . male ich also sprühen und //hm// . ja und das ganze drumherum .. (holt tief

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luft) ja was soll ich noch weiter sagen . (lacht) mußt du jetz och ma bißchen helfen . //hm// ich weeß s war jetzt vielleicht n bißchen kurz und knapp aber .. //naja im prinzip äh .. wird ja damit och schon bißchen deutlich daß äh . dein . leben heute einlich schon ziemlich so von diesen . bereich den de jetzt am schluß anjesprochen hast ausjefüllt is also die andern sachen . äh denk ich die sind für dich och schon ziemlich weit weg jetz// naja klar . //viellei kannste aber einfach noch mal . so versuchen dich so . äh den erinnerungen einfach zu überlassen also grad wenn de jetzt sachst so jetz daß de dich so vielleicht . im kindergarten an ostern und fasching oder irgendwas erinnern kannst// (lacht) //äh . daß de einfach mal dich in son strom rein- äh begibst und . mal anfängst zu erzählen . vielleicht fällt dir da falln dir da noch son paar sachen ein die da einfach wichtig warn// .. so ganz genau alles //hm// was mir einfällt alles //nee na vi- also . wie jesacht du bestimmst das schon selbst aber . versuch mal dich da so bißchen .// naja is n bißchen schwer muß ich ehrlich jesacht so sagen . //hmm// .. naja .. so .

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hehe … ich weeß jetzt jar nich wie ich anfangen soll //nee?// (lacht) hmm man .. //oder warte mach mers ma anders . hm also im prinzip . äh ich versuch das schon so noch mal also ehmt wirklich von . von ganz am anfang so . abzufragen weil wenn mer jetzt . über das hinten reden kriech mer das andre nich mehr weil das ist dann erst recht weg . äh … also mir gehts jetzt och mal so um die zeit . deines aufwachsens . wo du schon also noch ziemlich klein warst . und . äh da kannste ja mal überlegen also da gibts doch immer bestimmte leute . mit denen man zu tun hat sprich . deine familie . bestimmte freunde . großeltern vielleicht .. und . daß geschwister .// naja //is richtig .. äh . daß dir da vielleicht noch irgendwie was einfällt also daß du mal so versuchst zu beschreiben . äh . wie das war in der zeit mit wem du da eigentlich zu tun hattest was de da so jemacht hast . un wie das so weiterging// . naja . (…4) //hm (lacht)// .

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also im kindergarten und so naja . zu der zeit . war ich eigentlich noch . ziemlich an meine eltern jebunden wenn ich das //hm// mal so ausdrücken kann . //hm// (…2) naja meine eltern ham mich da in kindergarten jebracht immer und die ham mir früh (…2) stück .. kuchen jekauft beim bäcker und sonstwas aufm weg zum kindergarten . //hm// dann hat se mich meistens abgeholt . (klopft auf den tisch) nachmittag . (…2) mit n eltern jemacht so zu hause mit . lego spielen oder //hm// mit irgendwas anderm mit matchbox und so .. naja und dann .. später .. bin ich dann nachher mit freunden rumjegangen . //hm// un mit den . in irgendwelchen bruchhäusern gewesen und so und . hab immer viel spaß jehabt naja …. so (lacht) ich find das übelst schwer ich kann das nich formuliern //hm// das is so //hmm// lange zurück ich kann mich nich mehr jenau dran erinnern //hm hm// nur so . bruchteile wie das war . un wie ich mich verhalten hab und so da kann ich mich überhaupt nicht mehr dran erinnern (…2) ich weeß nur daß ich immer viel jelacht hab (lacht) //(lacht) na das machste ja jetzt och// ja und . //hm// daß ich scheiße

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jebaut hab das weeß ich noch . //hm na vielleicht falln dir da son paar . episoden einfach ein so paar geschichten . die de erzählen könntest// . paar jeschichten . //hm// . ach naja was soll ich da erzählen naja da warn mer einmal in e bruchhaus . //hm// un irgendwie hatten wir da immer angst weil .. da stand immer e schild draußen dran betreten verboten eltern haften für ihre kinder . ich war mit meim freund . der is jetzt och noch mit bei mir //hm// mit dem (…2) zusamm .. un da warn mer da immer drinne hatten so . so wie ne burg jebaut un so . un irgendwie ham mer ma ne tür knarksen jehört . un sin mer rausjerannt //hm// . naja und dabei hab ich mir .. en riß ins schienbein jeholt und . das mußte jenäht wern und so . //hm// zum beispiel sowas hatt ich da . damals //hm// ….. (…1) ich meine so dinge hat ich eigentlich (…1) nie so richtig erlebt so . irgendwie .. (…2) . //hm// jabs eigentlich nich für mich //hm// . ich hatte einlich immer nur spaß irgendwie an meim ganzen leben

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bis jetzt .. un jetzt treten die janzen andern dinge auf wie streß in der schule und //hm// . so . //ha// .. das is für mich ne übelste umstellung . //hm// (…3) .. naja . was jabsn noch so in meiner kindheit . hm . hm is ja schwer . //wo jetzt biste aber hier also vielleicht erstmal so den ort . äh du bist hier aus winkelstadt ja// ja ich bin hier //bist hier in winkelstadt jeborn// in winkelstadt jeborn //so die gegend wo de da wohnst . wie kannstn die so . beschreiben// hier //das bleibt hier ja// hier in dem viertel . //hm// an der ((Flussname)) . ja was kann ich da beschreiben .. nich so viel eigentlich . ich hab war immer irgendwie ortsgebunden ich bin irgendwie nich weggegangen ich hab mich immer nur im selben ort . //hm// aufgehalten .. jekommen hab mich dann jetzt ausjekannt . x-viertel //hm// an der ((Flussname)) und so … ham mer immer verstecke jespielt und naja was mer so als kind einfach alles macht . //hm// .. un ansonsten … bin ich immer nur weggefahren mit meinen eltern an de ostsee oder so //hm// . naja . hm //(lacht) . na is doch nich schlimm . äh .. vielleicht kannste dich noch erinnern so . wie de dann

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in de schule jekommen bist da hat sich ja dann bestimmt noch mal son bißchen verändert .// naja in de schule jekommen da kann ich mich noch an de zuckertüte erinnern (lachend gesprochen) //(lacht)// son schönes großes ding mit schokolade drinne . und irgendwelchem zeugs naja .. und früher wars dann noch so mit hort . //hm// also .. und das war hier oben gleich ich war in der händelschule hier drüben //hm// is die schule und da oben der hort . da war ich drinne . naja .. un da ham mer ja jenau da fällt mir was ein //hm// ich weeß nich da war ich so . zweite klasse oder so oder dritte klasse . un da hattch noch überhaupt keinen plan von faschisten und von hitler und sowas naja . und da hatt ich mir mal . (räuspert sich) mit meim freund . ham mer so . so s hitlerzeichen jesehn .. wir fanden das och janz cool . und da ham wir uns en stück kreide jeschnappt und ham das überall an de bäume dranjemalt //hm// . naja natürlich ham mer da übelsten streß und lehrer ranjekricht na en brief an de

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eltern und so . naja natürlich ham mer das früher noch nich so . jepeilt irgendwie //hm// . was das bedeuten sollte . //hm// . naja und jetzt weeß ichs ja (lacht) //(lacht)// ich glaube ich würdes nich noch mal machen . //hm// na ansonsten . //na erzähl mal wie warn das . äh wie ham n deine eltern dann zum beispiel . of den brief reagiert oder so// das weeß ich ja nich mehr so genau . (lacht) es war son problem sie hams mir erklärt richtig . aber ich glaub da war ich noch zu klein um das zu verstehen . //hm// .. und so schule so . ich ich dachte am (…3) .. mit so schreibchenheftchen mit groß- und kleinbuchstaben wie mers lernen mußte und so . //hm// . und die strenge hortlehrerin . die dann immer rumgestreßt hat wenn mer irgendwas falsch gemacht hat . mittagsschlaf . //hm// . naja .. also ich weeß es ehrlich jesacht nich mehr so jenau //hm hm . na gibts jetzt och nich irgendwie eine person vielleicht die . äh sich . bei dir noch besonders . äh markant darstellt . die viellei irgendwie ne wichtje rolle jespielt hat . vielleicht och negativ jetzt irgendwie en lehrer oder irjend// nee hm immer nur … s gibt . einen

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freund den hatt ich seit m kindgarten //hm// der is aber of ne andre schule jegangen //hm// .. und jetzt hab ich . phillip is jetzt bei mir noch in der klasse mit dem bin ich seit der ersten klasse zusammen . naja . das ist die person . //hm// die eigentlich mit am längsten kenne //hm// mit .. mit der hatt ich früher immer viel spaß bin mit dem mit m fahrrad rumgefahrn . of n friedrichsberg . oder so . ham uns da irgendwelche höhlen jebaut oder . of m friedrichsberg zum beispiel gibts . ne höhle //hm hm// (hustet kurz) also . die geht an der eenen seite rein . und die geht bis zur ((Flussname)) hinter .. //hmm// ich weeß nich kennste davon //nee kenn ich nich nee . hm// na ich weeß nich obs den eingang noch gibt naja . ich dann mit dem dann immer dahin gegangen so mit taschenlampe und mit kerze mit (…1) da durchjestiefelt .. und das hat immer übelsten spaß jemacht wo mer schiß hatten irjendwie //hm// he .. ne einfach so ne dinge he //hm// he . //un . wie würdsten einlich jetzt so das

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verhältnis zu deinen eltern beschreiben also . viellei hat sich das auch verändert kannste da noch mal so// nöö also mein verhältnis zu meinen eltern war eigentlich immer jut . das hat sich . nich verändert //nee?// überhaupt nich . so meine eltern sind für mich so wie kumpels also . //hm// ich erzähle den alles also was so anfällt probleme und so . //hm// mit den unterhalt ich mich dadrüber . //hm// .. oder . wenn sie probleme ham . oder was weeß ich einfach so . sin jute kumpels //ja?// . och so mit meiner oma mit meim opa .. fahr da mal hin fahre da weil der wohnt ja nich hier . in winkelstadt //hm hm// (schulgong) … //hm// . da . (lacht) //blöde frage aber viellei kannste mal son bißchen erzählen äh was deine eltern machen// . meine eltern machen . naja also meine äh ma also meine mutter die is hausfrau . //hm// die strickt son bißchen //(lacht)// (lacht) so die is strickdesignerin und naja mein vater der is so //hm// . bei der wasserwirtschaft die wie heeßtn das jetzt . das weeß ich jar nich werk oder äh (lacht) der is so hm . (…2) bei der abrechnung (…1) //hm// naja . //hm . und da hat deine mutti

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bestimmt dann so . viel zeit ja als hausfrau// naja sie hat sich och äh . immer um mich jekümmert . also //hm// . so also ich hatte nie probleme sie hatte immer für mich zeit so war für mich da . //hm// ich hatte alles so . hinjesetzt jekricht essen mußte nie abwaschen und so mülleimer runterbring un aufräumen und so //hm hm// was dich immer ((wirklich nervt)) //hm// . weeß jar nich (…3) nich beijebracht . da is jetzt natürlich e problem für mich da . zum beispiel . //hm// jetzt hab ich . praktisch ne eigene wohnung und . da drinne ofräum und so das kann ich nich . //hm// sauberhalten (…1) //hm// is für mich nischt .. //ar hast jetzt schon ne wohnung// (hustet) naja nicht ne wohnung .. also . es is so . praktisch wie ne wohnung //hm// (…1) wohnung steht nur in dem haus . //hm// frei .. und da bin ich dann da reinjekomm . und (…1) halt so naja is ja egal . //hm// .. is eigentlich janz in ordnung //hm// .. man kann halt nicht . alle dinge machen die ich zur zeit mache . //hm// also . musik machen und so …

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//jenau . da erzähl doch mal e bißchen (lacht) was de jetzt einlich so machst also// was ich jetzt mache //hm// . jaja also skaten mach ich . //hm// also . dann hatt ich noch breakdance jemacht aber . is nich irgendwie so die erfüllung für mich . //hm// ich hab das so en jahr lang gemacht un so . es hat och viel spaß jemacht aber im endeffekt so .. hat wird mer nich mehr jepusht irndwie am ende //hm// weil . jumps also . auftritte oder so . //hm// bei irgendwelchen . konzerten . was weeß ich . das gabs och so viel hier in der gegend in winkelstadt //hm// und da hättch in andre städte fahrn müssen und . da ham meine eltern nich mitjemacht . na ich bin ja noch fuffzehn . //hm (lacht)// okay naja . s hab ich noch gemacht oder ich machs . ich ich male noch //hm// also graffity und so .. naja da gibts och son paar dinge . ich weeß nich ob ich die jetze . offen erzählen . dürfte . oder kann //or gerne na . na// naja bloß daß es nich irjendwie an de öffentlichkeit kommt oder so //nee nee// weil . da könnten richtch ziemlich viele leute jearscht sein so . //hm// also ich zum beispiel . //hm// . okay ich sach jetz

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nischt weiter . aso .. find ehmt schon schau schon ma . illegal sprühn . //hm// ja und naja .. s war vielleicht vor m vierteljahr oder so . //hm// . das war innerhalb von ner woche aso . in der woche . und da hat . also ich kenn die polizei also polizeistreife und so fährt da nich rum da fährt nur de soko rum die . sind in zivil . //hm// die erkennt mer nich naja . ich war mit meim freund äh . draußen . naja . irndwo ham mer uns dann ma hinjesetzt .. so unsre sachen ausjepackt .. (…2) . //aha// . un of eenma kommt da so e auto … //(zu jemand anderem) tach . wir sind hier nur drin in dem raum jetzt (…1) nein (…2) …// naja und of eenma steht da so e mächtjes auto mit grellem licht vor uns und .. ich hab meine sachen da stehnlassen un bin erstma mit meim freund abjehaun . //hm// . der hatte seine sachen natürlich mit und meine sachen standen natürlich noch da ohm . und ich konntn ja nich stehenlassen mit n fingerabdrücken und sowas .. da bin ich dann im endeffekt nach ner halben stunde noch

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mal hin das war so nachts um drei oder früh um drei … naja . bin da dahin . hab mein zeug zusammengepackt . einjesteckt und . ich seh da unten so . n kunden ausm auto raussteigen . //hm// aus dem auto was da vorhin stand .. und der is zu mir hochjerannt . naja jut ich hab dann . übelsten schiß . bin dreieinhalb stunden . so oft durchs x-viertel . jespikt . //hm// nichts . von nichts ahnung kein plan . //hm// überall nur weiße autos jesehn . wo mer denkt da sitzt jemand drinne . panik und so . //hm// .. im endeffekt hab ichs ja dann aber doch noch jeschafft . daß ich nach hause jekomm bin . //hm// (…5) also //hm// deswegen mach ichs och nich noch ma . weil . davor hab ich übelsten schiß . //hm// ham meine eltern och gesacht .. naja bei sowas da .. das find mer nich so jut an häuserwände sprühn und so . //hm// .. wenn mers legal macht und so . un etwas schönes is dann . sehns meine eltern ein aber wenn mer so . tags also . so schmierereien . //hm// ähm .. finden se nich so in ordnung . //hm// .. naja ansonsten . naja skaten .. damit hat das einlich alles anjefangen . //hm// früher an der fahne . //hm// also .. als ich noch .

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als es die noch gab die gibts ja immer noch aber . wird jetzt abgerissen schade drum .. ähm .. da bin ich immer hinjejang .. (…2) janzen freunde und so . dann bißchen spaß ham janzen tag .. ham jelacht was weeß ich was mer jemacht ham . //hm// über die bin ich mit der zeit da . in die janze . hip-hop-szene irjendwie reinjewachsen . //hm// . (…1) zeit . und jetzt kenn ich übelst viele leute un so . un kriegste mit was . mit den . passiert und so . entweder sacken se ab oder . steigen nach oben oder so . der eene . macht musik und . //hm// tritt irgendwo auf oder so //hm// der eene . sackt ab weil er drogen nimmt . und so und das jeht mir übelst . in kopf sowas //hm// . naja .. ähm .. naja was soll ich noch so großartig erzähln hehe . hm … och so die janze scheiße zur zeit . mit dem . mit der gewalt hier in winkelstadt . //hm// die steigt übelst und .. knarren und so . //hm// das kotzt mich übelst an ich jeh nachts durch de straße so . in der woche so um zehn oder so . läuft jemand an mir vorbei zieht ne knarre hält die mir an kopp un sacht los kohle rüber oder

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. ich drück ab so unjefähr . //hm// und . naja was soll ich da machen . //hm// un de meisten leute . denken sich . denen sowas passiert . denken natürlich . anstatt was dajegen machen koofen se sich eene . //hm// damit se sich och wehren können . //hm// ar s find ich vollkomm falsch also . kommt och of die idee sowas zu machen . //hm// weil . pff denk ich verdient mer damit viel geld ‚und (…2) (lachend gesprochen) //(lacht)// . das is bißchen jemein find ich weil .. is mir schon öfters passiert . //echt ja// . ja .. einmal ham se mir fümunzwanzch mark abjezockt un . monatskarte und sowas alles weg . //hm// walkman weg . //hm// … un och so .. was ich so höre einfach so klamotten ausziehn bis . of de (…2) oder of n schlüpper .. einfach ausziehn der steht dann da ohne sachen . einfach so of der straße . //hm// och am hellichten tag und so //hm// . das . find ich übelst scheiße .. vor allen dingen .. hm die wolln alle so tun als ob se . gang-(…1) sind obwohl se keene sind naja kann ich jetzt nich so sagen . //hm// …. es macht irgendwie keen spaß mehr nachts irgendwie rauszujehn . //hm// . (…2) Schiß ham daß mer was

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ofs maul kricht oder so . zum beispiel jetzt letztens war doch hitlers jeburtstach . (räuspert sich) //hm// . und vorher … ähm … jabs streß mit nazis also .. also skater . hip-hopper .. die ham mer die ma .. streß jehabt mit denen . und weil das schon . öfters so ging daß die .. streß jemacht ham die nazis ham wir jetzt ma zurückjehaun . //hm// . also ham jemanden zusammjebälzt . //hm// naja . un jetzt im zentralpark da kam dann ma . die hatten sich anjekündigt .. und so dreißch mann oder so von uns da . un zehn hools kam dann . //hm// . so ne glatzen //hm// kam an . ‚((kämpfen))'(laut und kurz gesprochen) .. hatte en baseballschläger in der hand und so mit der knarre in der andern hand was weeß ich und so . //hm// die sin of uns losjejangen .. naja wir ham . na ich hab nich mitjemacht aber die andern leute hatten die übelst zusammjetreten . un in der zeitung stand och en artikel . //hm// zeitungsartikel //hm// . naja daß de . skateboardfahrer passanten zusammjeschlagen

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ham obwohl das jar nich stimmt also //hmm// . sowas find ich übelst jemein von zeitungen daß die einfach //hm// reinschreibt . ‚ja‘ (betont gesprochen) . skater sin scheiße die sin . dumm die schlagen einfach leute zusammen .. obwohl ich kann mir nich vorstellen . wenn mich jemand sieht .. denkt der doch nich gleich ja ich bin skater oder ich bekloppt ich bin dumm . //hm// naja och bild-zeitung . is jenau son scheiß . //hm// schuldjung aber .. die schreim einfach bloß kacke . (lacht kurz) //hm// . (hustet) naja .. und der janze nazistreß hier in winkelstadt der . steigert sich übelst in . der neustadt-süd und neustadt-nord und so . und ich denk mir mal das sind alles mitläufer //hm// das find ich das schlimmste . //hm// bloß um irgendwie anerkennung zu finden . //hm// . das versteh ich einfach nich . //hm// okay ich bin of der andern seite ich bin gegen sone leute … un jetzt wirds ja immer krasser früher warns de ausländer die mer zusamm- . die de äh die nazis zusammjeschlagen ham und dann warns punks und hippies und jetzt sin . de hip-hopper dran die zusammjebälzt wern (…1) wer weeß was am . als

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nächstes dran is . //hm// . sowas find ich übelst zum kotzen wenn leute nur of streß of schlägereien aus sind . //hm// statt se was vernünftjes machen . //hm// (lacht kurz) … okay ich kann dir jetz hier nich so viel bieten also (lacht) //nee .. find ich och schon ma intressant was du grade .. äh . mit diesen nazis und so also das . gabs ja immer mal schon sone wellen ja so vor paar jahren weeß ich jetz nich . nach der wende zwei jahre wars ja och schon ma ziemlich hoch hier in winkelstadt// jaja da wars bei mir also . (räuspert sich) al das war die zeit wo ich bei radsport ofjehört hab weil . ich hab mit radsport aufgehört weil .. in meim club war ich einlich der einzje linke also . //hm// .. dort warn alles nazis . //hmm// in dem club und das nich grade .. also welche die geringe nazis sind also (lacht kurz) //hm// also die warn schon richtig //ja ja// fanatisch so //ja ja// na . un immer wenn mer wegjefahrn sind und so ham die übelst . rumjegröelt ham irgendwelche jeschichten erzählt wie se en ausländer

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zusammjeschlagen ham und so . deswegen hab ich da ofjehört weil //hm// . ich wäre fa- ich wär fast och so jeworden . //hm// das wollt ich einfach nich . //hm// .. deswegen hab ich och ofjehört . ich hätte jerne weiterjemacht aber .. //na . und deshalb also .. find ich das . naja intressant kann mer nich sagen irgendwie schon .. äh bedenkenswert ja daß es jetzt wieder so wenn du sachst daß das wieder hochkommt jetzt// na //extrem ja// na . //und was de da erzählt hast mit dieser . äh .. zunehmenden gewaltbereitschaft mit waffen und sowas is das och bei euch jetz in der scene drinne oder . kriegst de das nur von woanders mit al- sin och so eure leute// na //(…1)// . das is ..(…2) //hm// ich würds echt gerne ma wissen .. wieviel jugendliche in winkelstadt ne knarre ham //hmm// . sin garantiert so . tausend zweitausend naja tausend . //hm// is vielleicht e bißchen übertrieben //hm// (…2) . schon eine übelste masse von jugendlichen . knarren einfach so bei . //hm// .. un wenn se se nich mit sich rumschleppen (…2) ham se eine . //hm// oder irgendwas andres //hm// . womit se . zuschlagen können oder (…1) oder

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messer oder einfach so . was krasses . //hm// un die ham och keene hemmungen davor was ich so jesehn habe . so in der straßenbahn einfach so jemanden zusammjelecht . //hm// das will ich einfach nich . //hm// ich komm damit nich klar ich könnt das nie machen .. das is nur (…1) //hm// so e problem //hm// . ähm zum beispiel so ne demo jetzt . vor hitlers jeburtstag ein tag vorher //hm// . war ne demo of m markt .. ich weeß nich das ich fand das übelst witzig weil ‚das hat überhaupt nüscht jebracht so e paar hänseln da so runter zur . (…1)‘ (grinst dabei) //hm// sind da so langjeloofen ham bloß rumjegröelt und . das bringt doch nüscht //hm// . okay die zeigen naja es gibt ne front also gegen nazis aber .. die is viel zu gering //hm// also . in winkelstadt die was dagegen machen ja de meisten leute ’sin ja eigentlich‘ (betont gesprochen) links //hm// .. aber das sin einfach .. welche die sich nich dahinterklemmen die en arsch einziehen //hm// .. und welche die rechtzeitig was dagegen machen

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wollen . gibts sehr wenige //hm// die was die sich dahinterklemmen . die stehn dann alleene da .. naja //na// deswegen sinds nur janz wenig . //hm// . jenauso die . die wirklich streß mit solchen leuten ham . die .. machen was dagegen entweder //hm// se schlagen sich was ich eigentlich nich einsehe . aber ansonsten kommt mer eigentlich mit den leuten klar . //hm// die stehen vor dir ‚eh . skater‘ (betont gesprochen) (…2) //hm// so . unjefähr . und die ham schon alle schulen durchjeklappert .. weil se leute jesucht ham die se zusammschlagen können . //hm// warn och schon an unsrer schule . //hm wolltch grad fragen ja also . wie das jetzt hier mit diesem . auf diesem strang eigentlich an der schule aussieht also . wie weit das hier in die schule mit reinschwappt und// naja also hier . also die älteren klassen sin eigentlich . ja . gegen nazis eigentlich alle . //hm// außer jetzt so neunte und so da sin jetzt schon . paar vertreten un so .. die dann wirklich schon etwas .. krasser sind //hm// obwohl . kennst du . dirk ((nachname)) . //hm// also ich weiß nich . hat ers dir erzählt das er auch so

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(…2) //er is och so en bißchen naja// naja okay //hm// . er zum beispiel aber . er is en kumpel für mich einfach irgendwie //hm// weil er macht er würde niemand jemand zusammschlagen oder so //hm// (holt tief luft) sowas seh ich ein wenns . wenn die so ne richtung ham von ihrn gedanken daß die keinen zusammschlagen einfach bloß gegen sowas . //hm// solche leute was ham //hm// dann hab ich nichts dagegen //hm// aber sobald se irgendwie gewalttätig werden da .. //hm// findch das nich mehr in ordnung //hm// . (holt tief luft) //und da gabs eben och hier schon fälle ja also .. daß es da richtje ausenandersetzungen jetzt gab oder daß da irgendjemand// (…1) unsrer schule //hm . zusammjeschlagen wurde oder so//nö eigentlich . nich so . großartig fand ich eigentlich nich also ich habs nich mitjekricht //hm// . also höchstens ma anjepöpelt oder so hab ich och ma jemanden weil er . son . bemerkung abjelassen hat und so

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//hm// aber .. so richtig schlägereien oder . bälze of unsrer schule jabs eigentlich nich //hm// (…2) . //hm// (…2) auch //hm .na . jut . ‚(…2)’// (lachend gesprochen) (hustet) . //hm .. un jetzt hier grad of so also .. das wirklich . im prinzip ich hätte dir das vorher noch ma erklärn müssen mit diesen äh . äh wenn wir die interviews hier verschriftlichen . und das dann texte sind dann . wern also alle namen ortsbezeichnungen un so sachen wird alles verändert . so daß praktisch .. also du selbst würdest dich noch wiedererkennen und vielleicht noch so drei vier deiner engsten freunde . aber normalerweise ist das anonym dann .// naja klar //und selbst wenn wir die texte dann verwenden wenn wir wirklich ma irgendwie also im prinzip dient das uns nur als material . daß wir so bestimmte erkenntnisse// naja klar isses //gewinnen können// (räuspert sich) wenn ich jetzt hier namen (…1) daß die sie kann ich nich ((ändern)) //nee . und das// geben weil . dann würdch nämlich wirklich //hm// streß am laufen ham //na nee was ich . was ich bloß sagen will ist daß also die jefahr daß da wirklich . jetzt . äh sachen mit

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passieren mit dem material die sin echt ziemlich gering . es jibt da och so ne// hm //datenschutzvorschriften an die wir uns halten müssen und so weiter (…2) also och grad . wenn de das vergleichst mit presseleuten und so das kann mer jar nich vergleichen ist das . wirklich ne janz andre ebene hier// (hustet) //und äh . deshalb könn mer eigentlich relativ offen och über so sachen reden . also soweit wie du das ehmt für dich . klarkriegst ja .. un dann wollt ich nämlich einfach mal fragen weil ich ja seit .. äh oktober nun öfter mal hier in der schule bin seit januar ja . recht regelmäßig . hab ich einfach och mitjekricht daß hier draußen an diesem haus . och irgendwie son . kleines .. äh . sch- sprüh- .// graffity entstanden sind //ja so ne graffity-// naja also . //oder auch ehmt so . wie ihr das bezeichnet diese . schriftzüge einfach wenn die da ihren . namen oder was hinschreiben .. un würde mich einfach ma intressieren

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also inwieweits da hier jetzt . och innerhalb dieser schule da schon irgendwie . äh aktionen gab und wie vielleicht die schule of sowas reagiert hat und so weiter// also ich weiß nich wie herr //hm// vetter dazu steht oder so ich weeß nich ich glaube er findet das nich so in ordnung obwohl unsre zeichenlehrerin . //hm// findet das ganz toll also frau reinhardt ist das . //hm// mit der ham mer och schon graffity im unterricht gemalt und die is übelst davon fasziniert . //hm// .. naja . und . uns wurde schon ma ‚angeboten‘ (betont gesprochen) . frau schmidt hatte das mal gemacht . oder irgendwie war das ma am laufen //hm// äh daß wir .. einen aufenthaltsraum sprühen können aber .. is irnwie nichts draus jeworden . //hm// so . ar ansonsten von den andern lehrern . weiß ich de meinungen nich //hm// also ich da könnt ich se mir höchstens vorstellen //hm// was die davon denken //hm . also grad (…2) .. was ich mir da im hintergrund so überlegt habe es gab ja hier immer och ma schon so ne .. äh recht .. äh einschränkende reaktion des schulleiters of leute mit bunten haaren zum beispiel jetzt ja// auch so mit küssen

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//ja// also //solche sachen un da könntch mir natürlich vorstellen das gab// das (…2) //daß der da och also .// naja das kann mer eigentlich praktisch vergessen //na// . das is nur das (…1) //aber .. ihr habt da nischt konkretes jetzt hier ..// nöö . okay och so mit base-caps oder so . wenn mer mit base-cap durch die schule läuft okay ich sehs ein daß das vielleicht nich der anstand . //hm// sonstwiewas . //hm// ar das mer da gleich .. anjemacht wird un sacht . mütze ab . un wird türlich so anjebrüllt praktisch sowas //hm// find ich nich in ordnung . //hm// . okay ich sehs ein . ich setze jetzt och keen base-cap mehr in der schule auf (lacht) . das find ich .. richtch in ordnung obwohl ich bin eigentlich janz zufrieden mit der schule hier //hm// . na muß schon sagen . //hm// . so von andern schulen höre . //hm// . da sind se vielleicht aufjeschlossner und so . dafür ist strengerer unterricht und . ja müssen länger in der schule bleiben . //hm// . und deswegen //hm hm// find ich einlich

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die schule och schon janz in //hm// ‚ordnung‘ (lachend gesprochen) //(lacht) na . nu hattste ja vorhin jesacht daß irgendwie . also . in deiner langen .. äh .. glücklichen kindheit sozusagen oder die lange zeit wo du dann// he //viel spaß hattest daß de jetzt irgendwie doch streß kriegst haste vorhin so anjedeutet also jetzt och mit der schule vielleicht . vielleicht kannste da noch ma erzählen was de da eigentlich jemeint hast so// naja also irndwie .. ich hab mich es . seit dem ich in der schule bin hab ich nich . richtig auf n hosenboden jesetzt und hab jelernt . //hm// kann das einfach nischt hab mir das einfach auf . alles bloß drauffallen lassen //hm// hab jelernt wenns nötig war . für klassenarbeiten oder so . //hm// . hm weil ich weil ich das früher nie gemacht hab weil ich mich früher nich dahinterjeklemmt hab . is das für mich jetzt sehr schwer der leistungsdruck is übelst hoch jetzt //hm// schon in der zehnten klasse //mhm// . und . ja ich hab jetzt übelste probleme deswegen lass ich mich auch zurückstellen . //hm// mach ich zehnte klasse noch mal //hm// . und dann hatt ich en

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traum ich wollt nach amerika fahrn en jahr //hm// und der is jetzt jeplatzt . //hm// weil ich zu schlechte zensuren hab . //hm// . und naja . das find ich e bißchen scheiße . //hm// (…2) //hm// da jeht so praktisch en . traum in nichts auf so ja .. und wenn ich jetzt de zehnte klasse noch mal mache .. hätt ich noch mal die chance nach amerika zu fahren weil . elfte und zwölfte klasse muß zusammen sein . //hm// nur in der zehnten isses letzte mal daß mer wegfahrn könn //hm// . na . hättch noch mal die chance also . ich glaubs zwar nich . //hm// . (…2) leistungsdruck und streß irgendwie … hm . naja das kommt of eenmal alles so von eem tach zum andern wird das of eenma . //hm// ein alles //hm// der ganze spaß of einma weg //hm// . un früher is man einfach rausjejangen .. in der woche is widder jekomm hat sich hinjelecht . is früh verschlafen aufjestanden ne .. is in de schule jejangen . hat sich hinjesetzt is halb einjeschlafen . hat es aber alles och so mitjekricht un konnte noch . mitkommen im unterricht .

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//hm// aber jetzt kann mers nich mehr machen und das is für mich ne umstellung . jetzt zu lernen . //hm// und . nich mehr wegzugehen bis abends (…1) .. außer am wochenende da geh ich immer noch bis früh (…2) hin //hm// so wies mir . lieb is . naja .. das is halt . schwer he //hm hm// … wenn ich mir jetzt vorstelle . in de elfte klasse zu kommen . und . die janzen kurs- . kurse die ich da belegen müßte //hm na// fünf . stunden in der woche physik . fünf stunden in der woche biologie äh . da kann ich jar nich dran denken da würdch ne kriese kriegen wenn ich das machen müßte … naja …. kompliziert (lacht kurz) //hm// janze sache //hm// .. falls ichs doch irgendwie . schaffe wegzufahren . noch letztes nächstes jahr //hm// . dann bekomm- kanns sein daß vielleicht och noch de dreizehnte klasse hier eingeführt wird . //hm// un dann sitz ich dann vielleicht noch mit fünfundzwanzig of der schulbank ‚und so‘ (lachend gesprochen) //(lacht)// . und das . is n bißchen arg krass find ich . //hm// also . das och noch son problem von mir //hm// ((vorje)) schule . is ja eigentlich besser als arbeiten gehn

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. weil wenn ich mir vorstelle . früh um sechs ofstehn ahmds um sechs nach hause kommen //hm// dich da vorn fernseher setzen einschlafen . und da . nee //hm// das will ich nich . deswegen is eigentlich janz jut of der schule zu bleim un so . aber mer verdient ja halt keen jeld . //hm// das is das problem //hm .. da kann ich ja glei ma fragen haste da irgendwie jetzt schon so . also außer dieser amerika- . diesem amerikaaufenthalt schon so vorstellungen . was de so in zukunft machen willst// . naja also . also so . meist das jetzt mit arbeiten . //ja doch// (räuspert sich) naja //überhaupt na// also eigentlich . is ja (…2) skater der traum ein . sponsor zu ((werben)) . //hm// also ((um brot zu werben)) . //hm// also da kriegt mer alles . hingelegt da kricht mer klamotten da kriegt mer schuhe da kriegt mer . sein rollbrett kostenlos da kricht mer reisen kostenlos kommt nach amerika kostenlos kommt da ma hin kostenlos . //hm// kriegts essen kostenlos und so . wenn mer (…2) un so //hm//

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das is eigentlich . och en traum von mir . is eigentlich von jedem skater en traum . bloß den zu verwirklichen is nun . dreimal so schwer . //hm// . nee ansonsten . träume . was ich machen will . naja of alle fälle wenn ich später mal arbeiten will .. dann nur en job . der irgendwas mit leuten zu tun hat //hm// nich irgendwo in ner bank hocken und am schreibtisch (…2) . irgendwas ofschreim sondern .. vielleicht so streetworker oder sowas . sowas find ich . ziemlich in ordnung irgendwelchen leuten helfen oder so //hm// . sowas find ich .. cool (lachen) //hm// .. muß muß mer studiern dazu . psychologie und so . (holt tief luft) und das (…1) . sehr schwer für mich (lacht kurz) //hm// weil . ich hab son paar probleme mich zu artikulieren und . naja . und mit rechtschreibung und sowas //naja bloß sin alles . sachen die mer irgendwo noch hinkriegen// ja //kann ja// .. bloß der weg . //hm (lacht kurz)// is schwer . (…3) //hm .. un jetzt grade also weil de jetzt noch mal das mit dem skaten anjesprochen hast . da mußte ja eigentlich och richtig trainieren (…2)// naja es is .. gibt leute .. die

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trainieren wirklich //hm// die jeden tach skaten und . probiern n trick und hämmern da drof rum (…1) stehn un so . und die ham ich ich gloobe die ham och keen spaß mehr richtig da so dran //hm// . die erreichen das dann erreichen dann och den .. ihre ziele erreichen die niemals weil die verliern dann n spaß dran . //hm// weil ich finde skaten sollte man nur aus spaß is ja eigentlich bloß . n hobby //hm// kann das ja nich als .. job oder was weeß ich ansehen . //hm// is einfach bloß so . //hm// nebenbei .. was spaß macht und sich abreagieren kann das is eigentlich der hauptgrund . hm . so abreagieren spaß ham .. un sich wohlfühln dabei . //hm// das is eigentlich der hauptinhalt . (holt kurz luft) wenn mer das . sich so fühlt dabei dann .. macht das ja och spaß so . versteht mer neue tricks dann traut mer sich mehr . springt mer ehmt ma . von was weeß ich von fünf meter höhe irndwo runter oder von . springt ne (…1)treppe runter was weeß ich ehmt .. //hm// und da erreicht mer einfach viel mehr //hm ..

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un da bist du so janz jut ja . oder// naja jut naja . so in winkelstadt naja okay .. also ich stand . einmal stand ich schon in der skateboard-zeitung . aso //hm// die zeitung heißt .. skateboard-monster-magazin . und dann gibts noch s limited . //hm// in den zeitungen stand ich schon ma drinne . das war . jetzt . letztes jahr war das . gabs en . wettkampf contest heißt das . //mhm na// ähm in fuhlstadt //hm// . und . naja da hab ich en vierten platz jemacht . //hm// und naja und dadurch bin ich da in de zeitung reinjekommen . naja wenn das so weiterjeht he . war schon janz jut //hm// (…2) .. macht das übelsten spaß un erfolgsjefühl dadurch so zu kriegen oder so . in der zeitung steht was jewonnen hat und so //hm// .. naja … //un mit der andern äh schiene jetzt praktisch also . mit dem sprühen nochmal . haste da schon irnwie// . also . mit m sprühen das is . och so ne sache . (räuspert sich) . aso . wenn ich halt was sprühe dann . nur noch legal . //hm// also . illegal is für mich tabu //hm// äh (…3) . //hm// . (…4) //hm// . keine lust drauf . und deswegen . werd ich wahrscheinlich . damit . auch aufhören

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weil .. ich mach zur zeit zuviel dinge . aso . also sprühen geb ich auf . //hm// un es breakdance geb ich auf weil . skaten und musik machen is e bißchen .. also skaten musik machen breaken und sprühen ist en bißchen arg viel //hm// dann noch de schule und de freundin un was weeß ich //hm// . kommt ja och noch dazu //hm .. hast en vollen tag ja (lacht)// naja so unjefähr . ich will mich jetzt (…2) dahinterklemmen was musik machen und //hm// skaten //hm// .. //na vielleicht kannste da noch n bißen erzählen von dem musik machen was// also naja musik machen . //hm// . also wie soll mans nennen .. du weißt zum beispiel fantastischen vier //hm// weeßte was is is deutscher hip-hop //hm// bloß . fantastischen vier es is so . scheiße einfach bloß ma . ist so mein verhältnis dazu //hm// . also deutschen hip-hop also . computer un so . musik machen //hm// also ich mache zur zeit mit m computer musik //hm// . wie lange mach ich das jetzt schon n halbes jahr //hm// so unjefähr .. //ar nich

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alleine nee oder// . ah ich bin zur zeit noch alleine also //hm// . nich direkt alleine also .. freunde texten texte //hm// zusammen und so . also . d- ä- (…2) ham mer noch nich weil . (…3) brauch jetzt noch en paar dinge . also wir müssen uns noch en paar dinge dazu besorgen . //hm// .. das . erfolgen kann (…1) //hm// .. und (…2) en traum von mir irgendwo ma aufzutreten oder so //hm// . s macht bestimmt übelsten spaß . //hm// die einfach bloß so . seinen text runterrasseln und . na seine meinung von sich zu geben weil .. wenn mers of deutsch singt dann .. macht das ja . versteht mer das ja //hm hm// .. kann och . probleme ansprechen un so . was eigentlich der sinn und zweck der sache is . //hm// . nich irgendwelche .. amerikanischen hip-hop-sachen oder so . die vom abknallen reden und der gangs da und so .. is das nich so das ding . //hm// … hm . ar das zu . verwirklichen . is .. genauso schwer wie andre dinge weil (…1) . ziemlich viele leute sowas . //hm … hm .. ich . eine frage noch (lacht kurz)// na klar //vielleicht äh .. bevor mer dann nachher vielleicht zur schule dann übergehen// na //.. äh das

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würde mich einfach ma intressieren was denkstn einlich was passieren würde .. wenn de dich jetzt damals oder was passiert wäre wenn dich die äh leute damals wirklich erwischt hätten (…1) diesen . was de erzählt hast die jeschichte mit dem auto wo der typ da anjerannt kam// .. was da passiert wäre //hm// .. (hustet) . also wie meinstn das jetzt also hm . //na weil du ehmt jesacht hast du hattst ehmt mächtig . schiß// naja klar was da passiert wäre ich weeß nich vielleicht wär ich zusammjebrochen oder so zumindestens hätt ich . garantiert keen wort mehr rausjekricht un so //hm// . dann hättch natürlich mit aufs revier jemußt oder was weeß ich wohin //hm// .. dann meine eltern noch . jekomm .. da hättch . übelst . scheiße am laufen jehabt //hm// hättch ziemlich viel einschränkungen jekricht … und . (…2) //hm// weil … hm //na . kennste da fälle äh vielleicht . bei euch jetzt aus der scene irnwie . die erwischt worden un weeßte was da so für verfahrens- . regelungen eigentlich sind

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also// (…2) warte ma kurz . kann ich dir was zeigen .. (steht auf und sucht in seiner tasche) äh . hab ich . zufällig heute en buch mit aber das is nur zufällig un da steht das drinne //hm// . (papierrascheln) irgend n … wo is das jetzt hin (…1) … (papierrascheln) weiß nich wo das hin is . das is so . (…1) verfahren das is . hat da hat jemand an //hm// .. einen zug gesprüht und .. da steht drinne wie die verfahren also der wird da vor gericht vorgeladen und was weeß ich … //hm// (8) //hm hm . is wo son richtjes . magazin jetz dazu ja// naja das is bloß en buch das=s der bibliothek . also //hm . von hier . oder welche bibliothek is das// das is . ähm ich weeß nich wo s hat mir meine mutter mitjebracht //hm// weil .. ich hab zur zeit keine zeit dahin zu jehn //hm// ich glaube die is . entweder unter am . markt die bibliothek oder //hm// . an der röhrstraße .. aso …. //in der (…2) ich meene ich kenn mich da jetzt wirklich och nich so aus ja .// hm //da muß mer ja irgendwie schon e bißchen immer so ideen haben oder so . sachen entwerfen wahrscheinlich vorher zu hause oder so wie machstn du das .

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nur so . oder wie hastes früher jemacht// . naja aso . (…2) also eintlich macht mer sich . skizzen also es gibt //hm// . mer hat . e buch das heißt black book da sind solche ganzen skizzen drinne .. entweder ausjemalt oder nur in bleistift jemalt (…1) //hm// (…2) so un dann .. (blättert im buch) also hier (…1) hier is so en comic is so ne . bleistiftzeichnung //hm// . zum beispiel sowas malt er denn vor . //hm// und was weeß ich (…1) //un malstes ma irgendwann aus und denn// das is auch mit . dose jemalt //hm// das is einfach bloß //naja// is für mich schon kunst einfach //jaja// bloß weil das is //hm// . einfach bloß krass . (blättert) und das is och an der wand jetzt . //hm// .. ja mer zeichnet das vor und dann . bringt mers an de wand dran //hmm// .. also . das dauert ziemlich lange bis mer seinen . eignen (…2) . bevor mer überhaupt sone . bilder malen kann . das dauert . also entweder . mer hats schon im blut drinne //hm// daß mer jut maln kann oder . s dauert //hm// sehr

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lange //hm .. ja is wahrscheinlich wie mit allen sachen also wenn de da wirklich jut sein willst dann . mußte schon bißchen .. so investieren und dich dahinterknien na// . und och so malen is ziemlich teuer . //hm// also .. es gibt stifte . zum beispiel . da gibts fuffzich farben davon . und ein stück kostet . ein stift kostet zehn mark .. einfach bloß ma so als beispiel //hm// de dosen un so die da droffjehn . //hm// wenn mer was malen will . //hm// och wenns legal is .. geht da übelst geld drauf . dafür .. hab ich auch zur zeit nicht . weil //hm// .. skaten ist ziemlich teuer . so in der woche . oder im monat zwei dreihundert mark oder so . //hm// brauch ich schon … //für was brauchste das da// also .. wenn ich skate . sach mer ma . ich spring jetzt ne . treppe runter .. und das is natürlich nich aus eisen das . rollbrett //hm hm// so is aus holz //(räuspert sich)// . naja da kanns natürlich auch vorkommen wenn mer ziemlich gut fährt daß das zerbricht //hm// . naja . und ich skat ja nun schon ziemlich lange und . bei mir zerbrechen natürlich auch de bretter ziemlich schnell . (holt tief luft) und . ein rollbrett also

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nur es deck . ohne achsen un rollen kostet ((hundert))dreißch mark . //hm// . und . s jab schon ma ne zeit da habch im monat . drei so ne decks zerschossen einfach bloß so . //hm// . entweder hattch wut bin drofjesprungen oder was weeß ich . //hm// . und da jeht also übelst geld drauf //hm// .. und . (…2) //hm// . zuviel machen .. zum beispiel ich trag zeitungen aus . da krieg ich etwas geld rein . so . //hm// fuffzich mark im monat //hm// . dann hab ich noch . was andres . da krieg ich so dreihundert mark raus (…1) viertel jahr . //hm// es wird mehr . einmal .. un ansonsten immer so . tagesjobs oder so . die mer ma anjeboten kricht .. dann . eigentlich illegal . //hm// is ja egal //hm// einfach es geld of de hand jedrückt kricht so . sind zweihundert mark dreihundert mark am tach .. naja . sowas und so . kann mer sich dann das geld verdienen oder . von den eltern oder so //hm// so wie ichs früher eigentlich jemacht hab //hm// . hab ichs och . von meinen eltern . abjekricht .. ar ansonsten

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reicht eigentlich mein taschengeld und das was ich verdiene reicht eigentlich gut aus //hm// .. (…1) leben //hm// och so //na . (räuspert sich) das vorhin gloobe noch nich so janz richtig verstanden mit der wohnung also du hast jetzt praktisch ne wohnung in dem haus . wo deine eltern auch drinne sind . oder nich// naja ((das is unser haus)) also das is sone .. (…1) erbengemeinschaft oder was weeß ich so //hm// unjefähr . un das haus zerfällt (lacht) //hm// nich so praktisch //hm// naja . (…1) loswerden und so . und . ich wohn da nun in der einen wohnung drinne damit ich nich mehr meinen eltern ofn sack gehe //hm .. ar da haste so richtig also dein . dein bett// naja also //und dein kühlschrank und dein// naja so ich könntes machen ar das is zu umständlich //hm// weil eigentlich das bad einrichten das das bad ist halt zerfallen jenauso wie de toilette und küche und so //hm// . ich könnts mir machen bloß .. //haste keene . lust zu// . (holt tief luft) erstens das un zweitens . was bringts mir //hm// . da müßt ich

Kassettenwechsel

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//ich warte immer ofs .// schwarze //schwarze .. jut . sin im prinzip mehr so ne art . aufenthaltsraum hobbyraum oder was de da so hast . wo de dich eben zurückziehen kannst und so .. wenn de hunger hast oder wenn de .// na wenn ich //waschen willst oder wenn de sch- schläfst du och da in der in der bude mit ja// . is alles drinne also . //hm// alles was ich brauche //na .. gut … wie spät ham mers . um eins . du hast ja noch en bißchen zeit war// na ich hab jenuch zeit also //na// kannst mich ruhig nerven (lacht) //äh ..// (hustet) //.. vielleicht . fällt mir jetzt grad nur noch ein eine frage also weil du vorhin och erzählt hast du hast ne freundin vielleicht kannste einfach noch mal so erzählen .. also wie . so wie deine beziehung vielleicht wie sich das so entwickelt hat . nur daß mer das nich vergessen also . im prinzip spielt das ja och ne rolle haste ja vorhin och jesacht also (…2)// naja klar . also .. früher . war ich

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schon mal mit ihr zusammen das war vor einem jahr . //hm// da war ich nur drei oder vier monate mit ihr zusammen dann ist unsre beziehung in die brüche jegangen weil . ich weeß nich war alles nich so . //hm// . das wahre naja . jetzt so .. jetzt bin ich hier . mit ihr sieben monate zusammen schon .. naja wie issn das jekommen . wie soll ichn das sagen . ich weeß nich . sie hat sich einfach widder in mich verliebt oder was weeß ich naja . //hm// .. mein verhältnis zu ihr . is eigentlich janz jut na ist in ordnung also .. ich red mit ihr über alles und offen un so //hm// . wir machen nun ziemlich viel zusammen wenn se abends weg- . und . tagsüber .. so was mer halt macht //hm// . mal da hingehen mal da hingehen . mit freunden und so .. //hm// und so . macht das übelsten spaß und so . es is och so . ne an- . sprechsperson für mich . für probleme und so .. //und . wo kennste die her is die von hier von der schule oder haste die// nee nee nee die ist . of der ((Alternativschule)) . //hm// . und so .. die . früher . na ich sach ja (…3) //hm// (…1) das war vor . zwei jahrn oder so .. als ich . noch am anfang vom skaten war //hm// ..

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da gabs so was jede kleine (…5) . und die hat sich immer im x-viertel da an so ner treppe ofjehalten das war keene treppe das war . ne haus- . ne haustreppe also //hm// . vom haus ne treppe runter //hm// . naja .. un da ham mer uns immer ofjehalten bis spät abends ham da . was weeß ich jemacht jetrunken oder .. einfach . sich unterhalten jequatscht und da standen da immer zehn zwanzig leute oder so . drumrum . naja und . die wohnte da . //hm// . so hattch die kennjelernt … na das war eigentlich och noch sowas . das hättch nich vergessen dürfen . //hm// das hatte . das war damals und ist jetzt och so in de brüche jejangen die janzen freundschaften irgendwie //hm// . jeder teilt sich also jeder . so entweder wird jemand arrogant oder jemand bleibt so wie er ist . oder wird übelst sensibel //hm// . weil . früher warn se alle noch gleich da is jeder in seine eigne richtung ge- also . in eine richtung gegangen //hm// . und jetzt jetzt teilt sich das alles . //hm// die (…1) gibts nich mehr .. ist zwar schade

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drum aber was will mer machen . //hm// .. okay ar de meisten .. skaten immer noch aber .. es gibt och viele die ofhörn //hm// . weil .. keen spaß mehr ham . nur .. probleme mit m (…2) . was weeß ich der eene hat ä . probleme mit m rücken . un kann nich mehr fahrn weil er . so ne krankheit (…1) //hm// zum beispiel das .. der andre .. was weeß ich .. hat seinen arm übelst kaputtjemacht hat jetzt übelsten schiß zu fahrn . //hm// (…1) droffällt kann . kricht er widder ne schraube in arm rein . naja … sowas ehmt .. ar das war alles so schön (…1) dran denkt da //hm// die janzen aner- die . erinnerungen widder hoch . so . kleine bruchstücke und so //hm// … das war janz schön witzig früher ar jetzt zur zeit .. ich hab so das jefühl es gibt keene richtigen freunde mehr . irndwie . jeder spielt den andern aus und so //hm// das is . un och unter den leuten die seit jahren freunde sind . die alles von sich wissen .. das sind dann noch wahre freunde ansonsten . nich wenn ich jetzt jemanden kennenlernen würde . //hm// ich würde dem nie mehr vertrauen .. (…1) //hm// niemals //hm// .. ich . is irnwie janz komisch … die

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janze jesellschaft irgendwie … is irgendwie so .. alles vorprogrammiert . //hm// die (…1) medien nach geht nach amiland nach also . was vorgegeben wird muß mer nachmachen .. zum beispiel jetzt och wieder is der boom da in amiland das fängt jetzt alle widder an mit skaten . fangen se hier in deutschland och alle an mit skaten . oder mit . rollerblades oder sowas . //hm// das sin alles sone booms die kotzen mich übelst an .. so ne trendys . //hm// die einfach mit solchen trendsachen rumrennen . //hm// was weeß ich mit was … ja ist das en trend oder früher mal schlaghosen dann hat jeder assi ne schlaghose jetragen . jetzt sind weite hosen . //hm// en trend jewesen hatten alle weite hosen jetzt sin wieder enge in oder was weeß ich . //hm// und sowas boo . könnt ich mich übelst drüber ofregen //hm// . (…1) jemand keinen eignen style hat oder so … ich finde eigentlich jeder sollte das machen . was ihm spaß macht //hm// was ihm liegt oder was weeß ich . und sich nich auf die (…4) na . //na ..

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jut okay .. dann .. fang mer an mit diesen fragen .. die sind so bißchen noch unterteiln mer hier in so einzelne .. gruppen wo mer die bißchen zusammjefaßt// hoffentlich versteh ich die //klar die verstehste .. ja . die erste frage ganz einfach äh vielleicht kannste mal erzählen wie du überhaupt of die schule hier gekommen bist// . also erstens .. weil die schule hier gleich bei mir in der nähe ist ich brauch fünf minuten hierher . //hm// zweitens war ich schon drüben an der schule an der händelschule und das war einlich . das erste zweitens meine eltern .. //hm// äh mein onkel war schon hier an der schule . //hm// .. und meine mutter . naja die war nich hier an der schule aber . is egal . und so sind se eigentlich of die schule jekommen daß ich hierhergehe //hm .. ja . kannst du vielleicht mal erzählen . was du eigentlich . äh gut findest an der schule und was dich . eher stört// was mich eher stört //(räuspert sich)// . was ich hier gut finde //hm// . also erstmal . finde ich gut daß die schule (…1) neu jemacht is . //hm// das find ich erstmal gut . ha was mich nervt sind die . komischen dinger da an der wand .. die

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gelben teile . das nervt mich übelst . die ge- . kann dagegen nischt machen is vorgeschrieben . //hm// ich hab mich schon mal erkundigt aber . das paßt irgendwie gar nich zu der sch- zu der schule das . blaue zeug da drinne . //hm// oder das .. giftgrüne da das uääh .. naja . un och so . was find ichn noch gut an der schule .. de schulzeiten find ich gut .. daß die nich so lange sind //hm// . de lehrer sind in ordnung .. außer .. paar einzelne (lacht kurz) .. wasn noch in ordnung .. hmm . so naja . was eigentlich of den andern schulen och gibt so schulfeten und so . //hm// is ja eigentlich . immer . jut war . und daß die eigentlich och viel machen //hm// . also . was weeß ich .. irndwelche .. programme die mer hier machen kann . hast zum beispiel die computer drüben hast den computerraum und so .. das find ich einfach . gut am (…1) weil ich weeß nich obs andre schulen ham . //hm// das weeß ich nich //hm// ich finds bloß jut daß wir sowas ham . ich hab keen computerkurs mehr das find ich . irgendwo n bißchen

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kacke und (…1) brauchstes ja weil ich . hab jetzt selber een zu hause und so //hm// . ich gloobe ich weeß mehr als daß ich hier lernen werde … nur is zum beispiel .. was ich schlecht finde an der schule . (…1) noch nich jemacht (…2) //hm// .. also bestimmte lehrer . die .. zu streng sind .. die . sich so . überlegen fühlen die sich die irgendwie keen verhältnis zum schüler ham //hm// .. das find ich nich in ordnung .. wie jesacht vorhin das mit m basecap daß mer hier in de schule kommt und . anjepöpelt wird (es klingelt) .. ähm .. hm … (…2) …. hm . da fällt mir jetzt ehrlich jesacht nichts großartjes ein . //hm// (…1) //hm na is ja nich schlimm falls dir irgendwie dann zwischendurch noch was einfällt kannstes ja// naja klar //noch mal so na . äh .. die nächste frage schließt eigentlich relativ lückenlos an . fühlst du dich wohl an deiner schule// na . sehr wohl sojar //na// . die janzen leute hier sind alle in ordnung . mit denen versteh ich mich . (schulgong) //hm .// na //(räuspert sich) . ja . dann hast du bestimmt och schon mal so einige sachen . über andre

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gymnasien gehört .. setz ich jetzt mal voraus . äh wenn du jetzt deine schule so mit den andern vergleichst . was würdste sagen ist jetzt typisch und charakteristisch für deine schule// .. äh .. da kann ich jetzt .. naja vielleicht daß se so .. mist jetzt is mir das wort entfallen .. ach so daß se so vielleicht en bißchen of tradition liegt unsre schule irgendwie daß das vielleicht bei andern schulen nich so jepflegt wird . //hm// zum beispiel es war jetzt och was im im ‚im nt‘ (betont gesprochen) . daß da war doch so ne fuffzig-jahre-feier irgendwie oder hundert-jahre-feier . ich weeß och nich //hm// jenau . un sowas ich weeß nich obs andre schulen machen . as ich glaube das is . für unsre schule … //typisch// ja typisch //hm// jenau .. un ansonsten … ansonsten gibts eigentlich (…4) //hm// (…1) wie überall //hm// (starkes stimmengewirr im hintergrund) selber unterricht selber unterrichtsstoff . //hm// selbe schüler selbe lehrer .. ansonsten .. wüßt ich nichts weiter //hm …

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ja . möchtest du an deiner schule bleiben . oder würdest du lieber die schule wechseln// . ähm .. ich wer auf dieser schule bleiben . //hm// . weil was ich so von andern schulen höre die . zehnte klasse . sitzen bis halb vier . drückt ma de schulbank . schulbank bis halb vier oder um vier .. schreim . arbeiten sonstwie schwer . da .. krieg ichs gruseln und so deshalb bleibch lieber hier . //hm// . also von der schule runter will ich auch nich auf de realschule will ich auch nich gehen //hm// . weil .. es is nich so der fall weil … s liegt mir gloobe nich so das dann vielleicht zu einfach oder .. da sack ich gloobe ab . //hm// (…1) würd ich n bach runterrutschen . das will ich nich //hm// bleib ich lieber hier of der schule und lerne vielleicht noch was .. un machs abi .. ich hoffe gut (lacht kurz) //hm .. hmm … äh .. das ist jetzt im prinzip son bißchen auch so ne .. äh aufforderung an dich einfach mal son . gedankenexperiment zu wagen . äh einfach mal n bißchen rumzuspinnen of deutsch (lacht kurz) äh . beschreibe einmal . genauer . wie eine schule wäre die de jetzt . richtig toll finden würdest un wo

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de also richtch gerne hingehen würdest// . naja . okay meine ehrliche meinung is eigentlich .. (lacht kurz) naja keene schule is scheiße is schon klar also .. ich wär einfach .. wo coole lehrer da sind mit den mer sich versteht //hm// . wo mer auch was lernt . aso //hm// . daß mer nich .. dumm bleibt . daß mer nur scheiße baut im unterricht mit m lehrer sondern . irnwas lernt . //hm// . auf ne witzige art .. sowas sind eigentlich meine vorstellung von der schule //hm// . auch so die zeiten un so unterricht . also daß mer bis um eins in der schule bleibt . find ich och in ordnung äh . ich würde bis um neun oder wenn mer um neun erst aufsteht und dann in de schule jeht . zwee drei stunden am tach s find ich och nich in ordnung da lernt mer nichts . //hm// .. also ich bin einlich so ziemlich (…1) darauf aus was zu lernen bloß es ist bißchen schwer ehmt //hm// .. deswegen fänd ichs auch scheiße . //hm// .. so schule .. mit guten lehrern und mit guten schülern . //hm// (…1) //hm .. ja . was hältst du so

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von eurem schulleiter// . unserm schulleiter . //hm// .. oh . naja also . also erstens ich hatte noch nie bei ihm unterricht . das schon ma s erste . //hm// . wie .. as ich weiß nur daß er n bißchen streng ist . er übertreibt n bißchen vielleicht . zum beispiel . küssen an unsrer schule verboten oder so .. s find ich einfach n bißchen bekloppt . //hm// . aber ansonsten .. ich gloobe .. is n bißchen (…1) aber . ich glaube er setzt sich auch en bißchen für de schule ein könnt ich wetten . //hm// . ich hab mich mit ihm noch jar nich persönlich unterhalten oder so . äh .. kommt mer dazu . kann nicht //hm// ihn einfach ansprechen und sagen jaa ja komm ich will was von dir wissen und so //(lacht)// . wie lebstn du und so nee das kann mer ja nich machen //hm// . nöö so weiß ich kaum was . von ihm . weil //hm// . ich seh ihn kaum … //hm// . ansonsten . ich nehme an er ist ((wirklich)) ganz nett aber … //weißte ehmt nich// na ich weiß es nich //na .. äh . ja vielleicht kannste mal erzählen was de eigentlich so von deinen lehrern hältst . die du so hast// . hm . was ich von meinen lehrern halte soll ich auch

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namen nennen (lacht) //kannste ruhig machen also es ..// also es gibt lehrer .. die finde ich . scheiße . s gibt lehrer die find ich sehr gut … obwohl . irgendwie habch so . von manchen lehrern werd ich akzeptiert . mit den versteh ich mich //hm// von den andern lehrern .. bei andern lehrern bin ich unten durch weil ich hab einmal scheiße jemacht .. nochmal scheiße jemacht und dann . war ich weg vom fenster .. da kriech ich dann nur noch schlechte zensuren . und so un bei andern lehrern . die . das irgendwie verstehen //hm// .. bei denen macht das irgendwie spaß unterricht .. irndwie . mitzuarbeiten oder so . //hm// . da fäll- da fallen einem och einfach dinge ein die mer normalerweise .. nie für möglich jehalten hätte oder so //(lacht)// .. und bei andern lehrern wos . keen spaß macht wo man keen verhältnis dazu hat .. bin ich och schlecht . //hm// also .. da sitz ich nur rum male was und so .. schlafe halt ein . so unjefähr kann mers nennen //hm// . obwohl bei manchen dingen wo ich intressiert bin .

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//hm// wo ich dran intressiert bin also was … für mich persönlich vielleicht wichtig wär . da paß ich dann auch auf .. oder mache mit egal ob der lehrer mir jefällt oder nich . //hm// da is mir das dann egal .. ansonsten . vielleicht isses naja von . eigentlich .. von meiner sicht her . gut . //hm// . könnte mer so sagen .. okay ich übertreibe vielleicht en bißchen aber .. (lacht) //na …. ja da kannste mal äh erzählen wie lehrer und schüler jetzt im unterricht mitenander umgehen// . also es . gibt lehrer . die ((spieln)) mit n schülern rum . //hm// und es gibt lehrer . die lassen sich alles jefallen . //hm// zum beispiel frau stein . die läßt sich alles jefalln da kann mer wirklich nur (…2) im unterricht da kann mer alles machen . die schreit dich ma kurz an . und dann is widder ruhe . s widder ruhe so unjefähr . //hm// kannste weitermachen //hm// .. da lernt mer natürlich nischt . wenn mer machen kann was mer will . //hm// und . die phaselt einfach weiter . die sacht dir in der kurzkontrolle ja . das mußte hinschreim un so so unjefähr . //hm// die gibt dir einlich alles vor .. so . und . andre

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lehrer . die hab ich zwar nicht im unterricht .. aber die sind streng .. und . schnauzen dann een voll bloß weil er mal . kaugummi jekaut hat oder so . //hm// . das find ich nicht in ordnung .. weil .. wenn lehrer kaugummi kaun . dann könn wirs doch och machen . //hm// so unjefähr .. weil es jibt jenuch lehrer die kaugummi (…2) //hm// . fressen tic-tac oder was weeß ich … zum beispiel herr mayer . //hm// das is jetzt keen beispiel dafür aber herr mayer is irgendwie witzig und ansonsten streng also das is son mittelding . //hm// das find ich och in ordnung .. und herr ronne . unser deutschlehrer .. is irgendwie so .. s kann . da hab ich keine worte dafür s kann ich nich erklärn … zu dem .. en gutes verhältnis bei dem machts spaß . //hm// jetzt hab ich die frage vergessen (lacht) //na so wie . lehrer und schüler im unterricht// ach so . ja . //na// jenau . ähm … na herr ronne . kann mer einlich och nich viel dazu sagen . sin alles sone durchschnittslehrer die .. manche rasseln da einfach was

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runter .. //hm// passen auf die andern schüler nich auf die irjendwelche scheiße machen . machen nur mit denen unterricht die . aufpassen //hm// . un es gibt lehrer die … die könn das nich ausstehen wenn jemand quatscht im unterricht . die schreien dann rum .. oder lehrer wie frau stein . die . einfach drauflosredet ejal ob jemand mitmacht oder nicht . //hm .. hm … ja . ähm die nächsten . zwei fragen .. kannste ja einfach mal so versuchen zu beantworten indem de dir einfach en beispiel überlegst also . es macht sich dann so . ganz einfach// hm . naja klar //äh .. dann wäre das erste daß de mal .. beschreibst . wie eigentlich lehrer an dieser schule jetzt mit vorschlägen anregungen oder kritik . von seiten der schüler umgehen// .. ähmmm . en beispiel .. hättch bei uns zum beispiel was also . herr mayer in ner klassenarbeit . //hm// . also ich weiß nich obs genau war … er hat ne aufgabe und die aufgabe ha- konnte keiner lösen .. weil wahrscheinlich was falsch war .. wir dachten daß es falsch ‚ist‘ (betont gesprochen) //hm// . es war aber nich falsch . (…1) vorher //hm// .. wir dachten es is falsch

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naja . zusamm jetzt zur lehrerin jerannt mit der aufgabe und jefracht naja und so .. is die aufgabe richtig .. und die ham uns da ne andre lösung hinjelecht .. die herr mayer . aber nicht .. also nicht die lösung die herr mayer hatte sondern ne andre .. und damit sin mer zu herrn mayer jejangen und der hat uns dann natpürlich erklärt . daß . konnte mer . //hm// mer is irgendwie nich an den ranjekommen //hm// zum beispiel //hm// mer konnte . den überhaupt nicht von seiner meinung abbringen . //hm// also kritik is gloobe ziemlich schwer bei lehrern or so . die irgendwie . von ihrer meinung runterzubringen . //hm// die von . was zu überzeugen weil . schüler sin ja dumm (lacht) //hm// de meisten lehrer (…1) //hm// (holt tief luft) ansonsten .. vorschläge von schülern hättste jetzt noch .. also da machen se eigentlich . ziemlich viel mit also wenn mer sacht naja . arbeitsblatt oder sowas kricht mer sowas . //hm// könn se was zusammenstellen . und da machen de lehrer eigentlich immer mit //hm// also ..

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basteln noch aufgaben zusammen .. und sowas also da sind se echt ziemlich aufgeschlossen . //hm .. hm .. un ne ähnliche frage .. äh . daß de vielleicht mal erzählst wie lehrer . eurer schule hier mit wünschen sorgen oder problemen eben von jugendlichen umgehen// ….. hm …. das sind zwei verschiedne seiten die einen achten nich drauf . //hm// und die andern achten drauf //hm// . wenn jemand schlecht geht .. dann darf er meistens raus gehen .. manchmal och nich //hm// so . (…1) grade . (…1) . //hm// kann mer so sagen … naja . ansonsten .. daß das … das lehrern egal is glaub ich eigentlich nich //hm// die gefühle von andern . menschen von jugendlichen . ich glaube da achten se och en bißchen drof as wennse mitkriegen daß es dem nich gut geht oder so entweder fragen se ihn oder .. lassen ihn in ruhe in der unterrichtsstunde oder an dem ganzen tag gleich . //hm// oder er darf nach hause gehn aber das nur im . (…1) falle //hm .. hm// (…2) eigentlich .. //wie würdsten du jetzt so allgemein das verhältnis zwischen lehrern und schülern . an deiner schule . beschreiben// . ’sind ja fast immer dieselben

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fragen aber is egal‘ (lachend gesprochen) . das verhältnis zwischen schülern un lehrern . gut würd ich sagen .. sehr gut sogar //ja// as ich glaube .. es gibt bestimmte lehrer . zum beispiel jetzt in den zwölften klassen un so . die mer jesehen hat die machen eigentlich auch jeden spaß mit irgendwie . //hm// . un och so of klassenfahrt . da sagen de lehrer nischt die jehn so mit in de kneipe und betrinken sich . so unjefähr //hm// .. ich glaube eigentlich es verhältnis is . ziemlich in ordnung //hm// . na . //na war schon noch mal jetzt bißchen (…2) .. guten tag// (eine andere Person: guten tag wie lange brauchen sie noch) //is en raum frei nebenan der schon sauber ist// (…1) //na jehn mer rüber ja// (…) //es geht weiter (lacht)// . (poltern) .. //ja die frage hatt mer fertig war// .. ich gloobe //na .. ja . ach ja ich wollt dir grad noch mal erklärn was jetzt anders an der frage war weil du jesacht hast das das eigentlich so ähnlich is .. äh .. das eine is ja im prinzip was was ich jefracht

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ha- . habe wegen .. wie lehrer mit wünschen sorgen problemen umgehen von jugendlichen . äh ist ja mehr so der hintergrund .. daß es ehmt lehrer gibt .. die schon im prinzip sich so in die jugendphase n bißchen einfühlen können weil .. das ne phase is im leben wo mer doch noch n bißchen andre sorgen oder .// na //andre vorstellungen hat un ehmt .. lehrer . s gibt ehmt auch lehrer die . im prinzip sich um . darum überhaupt keine platte machen die also schüler von der ersten bis zur .. zwölften klasse sozusagen gleich behandeln würden . ja// . na //und das andere war .. ehmt die frage jetzt . so allgemein ehmt wie das verhältnis zwischen schülern und lehrern hier ist . noch mal n bißchen .. was andres . okay . äh da würde mich ma intressiern was du eigentlich jetzt so von dem unterricht denkst den du immer so hast// .. also es gibt .. also ich bin eigentlich von vielen dingen nich so sehr beeindruckt weil .. se sind eigentlich fürs leben manchmal ziemlich unwichtig find ich //hm// und so (räuspert sich) .. was soll ich mit chemie wenn ich nie in ne . was

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wenn ich nie chemie studiere oder wenn ich nie in die richtung chemie geh okay man kanns in der . elften klasse abwählen //hm// . un so .. ar dann muß mer en andern kurs belegen zum beispiel physik und . biologie aber .. was intressiert mich das wenn ich och nich das machen will sondern was janz andres //hm// mer muß das ja machen //hm// .. und so .. ansonsten sprachen und so find ich wichtig . //hm// also .. (…1) wenn mer so will . ansonsten bin ich eigentlich . zufrieden mit m unterricht .. obwohl of manche . son paar einzelheiten die .. okay allgemeinbildung zum beispiel in deutsch und sowas das seh ich ein das ist langweilig irgendwelche . bücher sich durchzulesen und die durchzu(…1) und so ich .. das gehört zur allgemeinbildung ehmt wie jesacht //hm// … naja ansonsten …. //na . reicht doch// naja klar (lacht) //(lacht) . na kannste ruhig also wenn du meinst// ja klar . //das fertig dann . gibste mir n zeichen und . dann könn mer ruhig de nächste frage machen . so ich muß ma kurz (…1) … ja was denkst du . worauf

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legend die lehrer an dieser schule besonderen wert// . so .. besonderen wert //hm// daß man hausaufgaben macht //hm// daß mer zu hause lernt .. daß mer übt //hm// . und daß mer mitarbeitet im unterricht //hm// das of alle fälle . daß mer ruhig sitzt keine scheiße macht .. un mer aufpaßt mitschreibt naja . und das eigentlich würd ich sagen .. //hm// is eigentlich …. //und äh . und was denkst du wie wichtig ist leistung für eure lehrer// .. leistung //hm// …. ich weeß nich . also da kann ich nich so viel drüber sagen also . ich nehme an fürn lehrer ist das gut .. wenn er mitkricht . ja ich hab den schülern vielleicht was beijebracht . die ham ne eins jeschriem in der klassenarbeit das is für den vielleicht en erfolgsjefühl oder er fühlt sich jut dabei also ich nehme ma an . //hm// das is für ihn vielleicht wichtig aber .. ansonsten .. nich so … die meinung und so kenn ich davon ja nich //hm// also kann ich mir da och nich ne platte drüber machen //hm …. äh vielleicht .. machts die nächste frage noch mal en bißchen deutlicher also .. äh da kannste dich

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auch wenn de . willst noch mal so auf beispiele aus der letzten zeit beziehen .. äh beschreibe einmal wie lehrer eigentlich reagieren .. wenn schüler jetzt . sachen ehmt nich wissen was nich können . oder wenn die ehmt oft schlechte noten bekommen// … also …. wenn mer .. lehrer na beispiele hab ich da nich so janz //hm// konkret … also entweder . en lehrer is das egal . //hm// wie gesagt .. un jibts die andre seite … die sagen was dazu und setz dich ofn hosenboden lerne . un lerne und übe . ich geb dir meinetwegen auch mal aufgaben die kannste mir dann abgeben . //hm// ich kontrolliere se und helfe dir . //hm// . und so hm (lacht) . ich verjesse immer die frage . tut mir leid aber (lacht leise) //na wie lehrer eigentlich mit .. im prinzip sind das ja sachen wo schüler .. äh .. leistungen nich erbringen (…1) also schule// jaja //na . also leistungsversagen// also //wie .. lehrer mit leistungsversagen umgehen// (lacht leise) .. entweder akzeptierns de lehrer nich . //hm// . oder se helfen wie

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jesagt //na// …. machen vielleicht noch en bißchen den schüler fertig wenn ers nich weiß . //hm// . das kann och noch sein //hm// is der bekloppt oder so . //hm// .. oder . machen ihn irgendwie fertig nehm den mit .. demselben mit derselben sache noch mal vorne an der tafel dran . //hm// was weeß ich . //hm// .. ja //hm naja es wär dann schon noch mal was andres ja . also .. praktisch so . die dritte möglichkeit na// na .. //äh .. ja . (es klingelt) ich stell die frage einfach äh … was meinst du eben weswegen meistens .. auseinandersetzungen zwischen lehrern und schülern . an deiner schule entstehen// …. auseinandersetzungen zwischen schülern und lehrern //hm// .. also pf pf pf pf .. wenn e schüler nich ofpasst . würd ich sagen //hm// . und wenn das n lehrer jar nich akzeptiert //hm// is eigentlich (…1) //hm// .. ich würd mir da och verarscht komm wenn ich jetzt hier vorne sitzen würde würde da .. tafel stehn würd was anschreim . und da hinten würde eener rumbrülln jaa . oder zel- zettel durch de luft schmeißen oder was weeß ich //hm// dadurch würd

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ich sagen jibts konflikte . //hm// daß die .. schlechte note kriegen an de tafel vorne dranmüssen oder so //hm .. wenn er . und wenn da jetzt so .. äh konflikte da sind . zwischen lehrern und schülern . äh … ähm wie entstehen die denn eigentlich und wie verlaufen die also . wie werden die dann praktisch ausjetragen// .. na eigentlich zieht immer der schüler en kürzeren //hm// würd ich sagen . he . was soll ern machen . also meistens sacht der lehrer was dann is der schüler ruhig . //hm// so ist das meistens //hm// . außer bei janz . dummen die dann weitermachen im endeffekt . und dann … kriegen se . ehmt . streß mit m lehrer . //hm// .. und wenn mer so weitermacht und den janzen unterricht macht dann . kricht er vielleicht noch en elternbrief mit nach hause oder . //hm// irgend so ne . verweis oder was weeß ich ehmt . //hm// … ar von der schule jeschmissen oder so gloob ich nich daß er da //hm// runterjeschmissen wird von der schule … //da hattst du och noch keen äh . keine probleme jetzt irgendwie mit irgend m lehrer daß de . daß de irgendwie// nee

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nee ich . naja .. okay ich bin nich ruhig im unterricht das kann ich nich sagen .. okay ich mache och ich mache . meistens mach ich nich mit aber //(lacht)// . wie jesacht deswegen bin ich nun och nich so jut im unterricht (…1) der schule . //hm// . ansonsten . da sagen de lehrer was dann bin ich ruhig .. un dann hat sich das . //hm … ja dann gibts nämlich a- also . das hast du vorhin angedeutet .. wo ich gefragt habe wie lehrer eigentlich jetzt so mit leistungsversagen umgehen . äh wo du gesagt hast das es ehmt lehrer gibt die dann . den och ma en bißchen dumm machen ja oder irgendwie den fertig machen wollen den schüler// . hm //äh .. das ist jetzt greif ich jetzt im prinzip noch mal auf . ähm . es gibt ja immer och so beispiele daß lehrer irgendwie jetzt .. äh zu einzelnen schülern ungerecht sind also jetzt einen irgendwie of m kiker ham// na //und versuchen den irgendwie fertig zu machen . und meine frage wäre an dich .. äh einfach wenn ihr sowas merkt oder wenn du sowas merkst . äh wie ihr dann reagiert .. also in der klasse

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oder auch du alleine// .. also wie ich reagieren würde wenn ich sowas mitkriegen würde //hm// . wenn das mit mir wär . //wenn das dich jetzt betrifft oder auch . wenns jemand anders in der klasse is// . also . gegen lehrer kann mer da ja nich viel machen . //hm// also höchstens mer sprichtn . äh . den ansprechslehrer herr radtke oder so an . //hm// was weeß ich .. oder man spricht den schüler an un sacht los setz dich ofn boden hosenboden und lerne //hm hm// sach mer ma . na der lehrer hat dich aufm kiker . //hm// lerne jefälligst zur nächsten stunde alles . wenn der was zur nächsten stunde . lernt //hm// dann drankommt //hm// . dann kricht der lehrer mit daß er jelernt hat und dann macht ers nich noch mal würd ich sagen //hm// also dann läßt ers . //hm// unterläßt ers och .. wenn ers nich macht . dann hat er pech jehabt dann muß er (…1) //hm// … ja das is so //hm// ist das … //ja aus welchen anlässen . soweit dir das irgendwie bekannt is . isses eigentlich so in letzter zeit zu härteren . äh schulstrafen gegenüber . mitschülern gekommen// . wodurch ..

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//das is meine frage . wodurch// . (…1) vielleicht . (…2) vielleicht hehe //nee also was . praktisch was für anlässe waren .. daß schüler bestraft wurden also .. was muß passieren// bombendrohungen . //zum beispiel// . das war . kenn ich jemanden der . mußte im sommer kleechen jehn . //hm// (…1) bombendrohung jemacht hat .. deswegen würd ich sagen .. ansonsten . wenn man ma nich zur schule kommt //hm// .. deswegen …. ähm ansonsten . fällt mir jetzt nichts großartjes ein //hm// . höchstens daß mer .. (…1) kaputt macht hier in der schule //hm . un jetzt so die sache die du vorhin anjesprochen hast mit äh .. dem aufkommenden rechtsradikalismus hier . kannste dir da vorstellen daß es da an der schule irgendwie . äh . daß die da irgendwie reagiert drauf .. oder . denkste daß// .. ähm ich b- da reagiern de schüler . also . //hm// ziemlich drauf wenn hier of eenma so . ziemlich viele rechte (es klingelt) of die schule kommen würden . //hm// . wenn sich jetzt ziemlich viele .. wandeln würden //hm// . würden sich ziemlich viele schüler dagegen

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wehrn //hm// also .da würden de schüler was dagegen machen //hm// richtig . extrem … //ja .. beschreibe ruhig ein- äh .. beschreibe einmal ruhig ausführlicher jetzt einen einzelnen lehrer oder eine lehrerin . die du eben jetzt so . von der schule am besten findest// . äh .. ich hab eigentlich ziemlich viele lehrer die ich .. gut finde //hm .. dein lieblingslehrer// . na lieblingslehrer jibts nich so direkt also .. wie soll ich den beschreiben .. lieb isser (lacht) //(lacht)// würd ich sagen .. (…2) naja lieb kann mer ruhig sagen meinetwegen .. nett isser . //hm// . würd sagen und verständnisvoll .. er macht im unterricht . da .. kann mer irgendwie mitarbeiten //hm// er is vielleicht mal en bißchen zu ausführlich un bißchen umständlich aber . ansonsten .. beschreiben großartig . (…2) versetzt sich so och in de gefühle von den schülern rein also . //hm// daß er versucht . das dranzunehmen womit de schüler was anfangen können und so . nich stur droflos irjend son . //hm// text was weeß ich //hm// . so übelst intellektuell oder was weeß ich das nimmt

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er einfach nich dran also . //hm// versucht er . was andres zu nehmen einfach .. das find ich dran einfach gut . //hm// diese lehrer .. //is herr radtke ja// nee is der herr ronne . //herr ronne . na// . also herr radtke hab ich nich also //hm// den hattch nur ma in ner vertretungsstunde //hm// also herr radtke der is och her nett sehr nett würd ich sagen //hm// so putzig und so .. (…1) unterricht . (…2) //hm// kann ich nich viel über ihn sagen .. //hm .. un wenn de jetzt mal so vielleicht . den gegenpol einfach noch mal nimmst und ma n lehrer beschreibst den du eigentlich jetzt so am meisten .. ablehnen würdest also . den de nich magst// na bei der hattch auch noch also ich hatte mal unterricht und das war .. also jetzt nischt jegen herrn hetzel aber //hm// so . kennste herr hetzel //jaja// .. ich finde . er is en bißchen . arg streng //hm// also .. zieht da seine linie durch und keener kann da war machen dagegen . und nimmt den stoff aus der nächsten klasse dran also der eigentlich in em jahr drankommt so unjefähr //hm// so war das bei uns also ich hatte mal bei

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dem unterricht .. wir hatten e äh . son stoffgebiet das hätte erst in der nächsten klasse drankommen müssen und so //hm// . sowas find ich nich in ordnung //hm// .. naja . is eigentlich die .. kommts dann . of die person drof an . //hm// dann nich jefällt so .. och wenn die person eigentlich janz in ordnung is . und ich . finde da irgendwas am charakter was . was mich übelst abstößt dann ist die person für mich . wäh . //hm// is nich so //hm// . ar so en konkreten lehrer gibts eigentlich nich och herr hetzel nich würd ich sagen //hm … ja . und äh . bei der nächsten frage würdch dich ehmt auch noch mal wie vorhin bei der schule . äh bitten einfach mal son ideal zu entwerfen .. äh . wie würde eigentlich jetzt . der ideale lehrer aussehen wenn de dir . den so erträumen könntest// (lacht) . ja was hätt ichn dann erträumt .. gutes verhältnis mit n schülern . //hm// erstens das . weil sonst machts ja keen spaß .. dann .. mit n schülern arbeiten //hm// . also mit jedem schüler nich bloß mit . nem einzigen oder mit mehreren sondern mit allen schülern .. das irgendwie son

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richtjes kla- klassenkollektiv jibt . was zur zeit in unsrer klasse überhaupt ich besteht . //hm// .. das is übelst was mich übelst nervt . //hm// dann … gibts noch . äh sollte der lehrer noch sein . na verständnisvoll wie jesacht .. (…1) vielleicht noch . und sonst so konkrete vorstellungen hab ich nich weil . ich gloobe och mit der zeit wirds dann . langweilig . //hm// vielleicht . //müßte sich also immer och ma . noch was verändern// abwechseln . abwechslung brauch mer . so . gegensätze //hm// würd ich sagen .. //ja und gibts . gibts jetzt an der schule jemanden der so den vorstellungen von dir eigentlich ziemlich nahe kommt . oder denen sogar entspricht .. selbst das was de jetzt nur noch . vielleicht im hinterkopf hattest also .// na wie jesacht herr ronne is so //herr ronne// in die richtung //hm// sagen //hm// . es gibt viele schüler die . finden den herrn ronne nich so jut (…3) .. //hm// so eher in die richtung ich gloobe herr radtke .. und dann war früher noch . ein lehrer of unsrer schule der is runterjegangen . herr gratson hieß der //hm//

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.. das war n . sehr guter lehrer also .. äh . mit dem .. der is jetzt in prag also . nich in prag (…1) der ist jetzt in tschechien //hm// . und ist da an ner schule //hm// .. na und . der unterrichtet jetzt dort . aber .. das war mit der beste lehrer den ich hatte . (…2) würdch sagen //hm// .. jetzt zur zeit jibts eigentlich kaum jemanden der … //hm .. ich guck grad mal hier . is noch was drof . ja . dann hab ich jetzt mal n paar fragen die sich noch mal so of . die schülerschaft dieser schule . beziehen// hm //äh .. da würde mich als erstes mal intressieren och noch mal daß du mir erzählst . was du eigentlich jetzt gut findest . und was dich stört .. wie schüler an deiner schule miteinander umgehen// … hm .. wie schüler mitenander umgehen //hm// was mich daran stört . //hm// .. also da . also .. ich finde . ‚ich‘ (betont gesprochen) störe mich selber also ‚wenn ich irgendwie weil ich mache ziemlich viele schüler hier an der schule dumm‘ (lachend gesprochen) . also //hm// kann ich so sagen . das find ich en bißchen scheiße von mir und

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//(lacht)// . baue och ziemlich viel kacke hier so das kricht zwar kaum eener mit un so . //hm// . aber an- … also ich gloobe es wär besser wenn ich von der schule hier . mich irgendwie im . in der art verändern würde aber . ansonsten is .. nerven mich de schüler eigentlich kaum also . //hm// es geht immer es gibt immer so zwei seiten de streber und de nicht-streber //hm// .. un mit den nicht-strebern versteht mer sich einfach bloß mal besser und da jibts och nich so viel konflikte . //hm// .. (…1) so . kann mer eigentlich kaum . //findste so eigentlich janz . in ordnung// na … //ja .. äh versuch doch mal zu beschreiben .. welche unterschiedlichen gruppen von jugendlichen du so an der schule hier wahrnimmst// .. ähm unterschiedliche gruppen //hm// . hippies (lacht) //(lacht)// . also naja . so dann jibts die also hippies naja okay . so in der richtung so . mer kann das also an nich mehr unterscheiden . //hm// dann gibts . cruncher . also die . was weeß ich . elfte klasse sind n paar drinne . zwölfte klasse och en paar dann . einen

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der eine punk der an unsrer schule ist .. zelter oder so wie er heißt . soo dann . die eene seite de nazis . //hm// die nehm ich war . dann die hip-hopper .. okay . so viele möchtegerne drunter aber is egal .. un dann gibts noch welche ohne . so ne . musischen oder was weeß ich .. dann so ne öko-fritzen . //hm// und dann so ne trendys und ansonsten kann ich eigentlich kaum weiter unterscheiden da //hm// . das jeht sonst . zu weit ins detail //hm// .. kann mer nur noch die verschiedenen (…1) unterscheiden (…3) //hm .. und// und ja . computerfreaks noch //hm// computer- . typen sind noch da ansonsten naja das wars dann .. //ich meine bei bei diesen gruppen .. äh weshalb wir das eigentlich auch fragen is ja daß die immer auch en bißchen so . je nach dem wieviel das nun sind und wie . stark die sich eigentlich so einbringen . daß die immer auch die schule einlich son bißchen mitprägen oder mitgestalten . und was würdstn sagen was jetzt die schule hier ausmacht also .. isses einfach mal so die vielfalt .. was alles da is oder gibts schon irgendwas was

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für die schule n bißchen .. äh dominanter is als andres// nee gibts eigentlich nich . //nee// (…1) es gibt schulen da is . das dominant es gibt andre schulen da ist das dominant also bei uns isses eigentlich ziemlich durchenander würd ich sagen . //hm// es ist alles vertreten //hm// also .. //ja . äh beschreib doch mal noch äh . einen schüler oder eine schülerin .. äh die einlich .. so jetzt in der schülerschaft . äh von den meisten akzeptiert wird// .. die von den meisten akzeptiert wird . //hm// ooh .. wie ich die beschreiben soll . //hm// . (…1) wie ich den beschreibe also . den kenn ich auch schon ziemlich lange . //hm// mit dem häng ich eigentlich auch rum .. ich skate mit dem und so . wie ich den beschreiben soll .. er is witzig . //hm// wie gesacht //hm// .. irgendwie … er is irgendwie anders als die andern irgendwie . bißchen extreme art anders //hm// also so praktisch durchjedreht einfach bloß ma //hm// .. und deswegen wird er gloobe akzeptiert also .. is da ei- gloobe der einzigste grund //hm// also .. so . immer so een of cool tun

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. zur zeit isses ja . in daß mer cool is weeßte . das kotzt mich übelst an zwar aber . deswegen is er einfach . in bei den ganzen leuten //hm// . und zwar (…1) gewisse art hat . //hm// die bei den leuten ankommt . was . war da irgendwie (…1) . der tut so . //hm// als ob er (…4) und so . und tut so als ob er übelste beziehungen hat naja und deswegen wie jesacht er (…5) naja is egal (…2) //hm … is also en trend sozusagen . und . also vorne . erste reihe// also . na . also .. das was en trend is dem wird nachjejangen so //hm// . meisten schüler an unsrer schule würd ich sagen //hm .. und äh . och jetzt noch mal wie bei den lehrern vorhin als gegenpol . äh daß de vielleicht mal en schüler beschreibst der einlich . äh so der außenseiter is . innerhalb der schülerschaft// .. also … also ich weeß nich also es .. haste schon ma von clara gehört daß is so ne kleine . die is jetzt hat sich zurückstufen lassen .. also . da ham se immer so jesacht naja … die stinkt un so wäscht sich nie . die is total doof die is total bekloppt obwohl ses eigentlich gar

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nich is . //hm// ich weiß nich irgend jemand hat das gerücht aufgestellt und das wird jetzt von jedem aufgeschnappt . //hm// okay ich will nich sagen daß es . die person is die mir jefällt un so aber ich akzeptiere die ich mache die nich irgendwie doof oder so //hm// un dumm .. s find ich einfach bloß ma blöd aber . die kenn die kenn die eigentlich gar nich alle . //hm// . und deswegen .. is n bißchen scheiße es gibt auch och genuch andre . schüler . //hm// die .. verkannt werden … okay ich bin och so . wenn ich jemanden sehe der mir nich jefällt .. dann bin ich natürlich och dabei aber . ich laß es dann im endeffekt . //hm// .. das macht ja sogar spaß wa jemanden dumm zu machen oder so //hm// das is schon was feines //(lacht) . hm .. äh . dann würde mich ma noch intressieren .. wie einlich .. (ein martinshorn im hintergrund) ihr jetzt als schüler unternander .. äh bei problemen oder konfliken mitenander umgeht also wenn wirklich jetzt mal .. die luft brennt// also . in unsrer klasse oder generell .. //kannste vielleicht . alle zwei ebenen ma machen 

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(lacht kurz)// na so in der klasse isses so //hm// .. erstens wir ham keinen . (…3) //hm// . das is ein übelstes problem finde ich . es gibt die eine seite es gibt die andre seite und dann gibts noch die in der mitte stehn also (…1) unjefähr //hm// .. die eine seite . sach mer jetzt . es geht um . nazis .. die eine sacht . deswegen . lehrer vorn kopp kloppen so unjefähr . //hm// die andre sacht naja mit . andern mitteln //hm// was machen . und die eene seite die in der mitte steht .. die versucht die irgendwie zusammenzubringen daß die sich .. irndwie ma .. zusammreißen können //hm// und die sich nich anschreien und anbrüllen . //hm// da ist das eigentlich meistens so in unsrer klasse //hm// .. so un an der schule da jibts eigentlich sowas . großartig . gar nich wie ich jetzt krieg ich nich so viel mit . //hm// so daß die da irgendwie konflikte lösen wollen . //hm// gibts eigentlich gar nich .. //aber in der klasse . gibts dann schon leute die versuchen das irgendwie .. also durch . drüber reden oder was weiß ich so irgendwie .// naja

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klar //die . leute// es jibt welche die sehn das dann irgendwie nich ein weil . unsre klasse hat sich jeteilt //hm// (…1) zusammen //hm// kannste vergessen //hm// is versaut die klasse .. //also geht praktisch .. wenn wirklich en problem da is oder en konflikt .. geht dann jeder so seinen . weg für sich weiter ja// (…1) //hm … ja welche möglichkeiten siehst du eigentlich für dich . oder auch eben für andre schüler in eurer schule . einfluß auf wichtige entscheidungen zu nehmen// .. also wie mers machen könnte .. (…1) … sind . die großteil der schüler dafür . //hm// … und lehrer man spricht lehrer an würd ich sagen . und versucht lehrer zu finden die da . eim mithelfen //hm// . mußte erst natürlichs so das .. da hängt der job dran würd ich sagen //hm// wenn jemand was gegen .. de schule macht en lehrer (…3) .. ähm .. ansonsten krieg ich eigentlich kaum mit entweder . de ganze schülermasse . //hm// macht was dagegen .. was weeß ich (…4) geht zum ansprechlehrer //hm// . versucht da irgendwie was rauszukriegen .. geht . zu .

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irgendwelchen .. (…4) //hm// hm .. na drobs oder was weeß ich was es da jetzt für .. einrichtungen gibt die //hm// schülern helfen bei irgendwelchen problemen .. die würd ich sagen helfen dann einem . im weitesten sinne wies geht also so gut wies geht . sind aber einlich die einzigsten möglichkeiten //hm// würd ich sagen //hm// aber alleine . kann mer nischt machen . //hm// (…3) .. also entweder alle oder keiner //hm … ja beschreib mal . äh ruhig ausführlicher . wie du so die arbeit der schülervertreter siehst//

Kassettenwechsel

kannste noch mal die frage wiederholen hehe //mach ich mach ich wiederhol dann noch mal . äh . beschreibe einmal ruhig ausführlicher . wie du die arbeit der schülervertreter siehst … also der klassensprecher// naja wie ich die sehe die arbeit //hm hm// . ähm … ich find die arbeit .. eigentlich sinnlos //hm// . würd ich sagen //hm//sinnlos was die eigentlich .. weil . zum beispiel bei uns . die sacht uns jar 85

nischt . //hm// über irgendwelche dinge .. wir wissen noch nich mal daß da (…1) so ne klassenkonferenz is . wiß mer nich //hm// . un was da wo dadrüber jeredet wird . sacht se uns . zwee sätze dazu das wars dann . man wird einfach nich informiert also .. ich finde .. unsre klassensprecherin bringts einfach nich //hm// . irjendwas (…1) sagen aber … man muß sich richtig dahinterklemmen und . versuchen was . mit den ganzen kesser- klassensprechern zu machen . //hm// .. (…1) würd ich sagen ist das ja ganz in ordnung aber .. so einzeln und . nischt aussagend . und das (…1) //hm … na . un was hältst du jetzt überhaupt so von der einrichtung so ner schülervertretung also . daß es das praktisch gibt// . naja also gut isses eigentlich schon aber was bringts eigentlich . //hm// is ja entweder … zur information einfach bloß mal ist das ja eigentlich bloß da //hm// .. (…1) hauptgrund würd ich sagen .. bloß .. da son umstand drum machen und //hm// . statt mer das dem lehrer sagt und dem lehrer einfach so n zettel hintut und daß er das dann den

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schülern sagt . //hm// is ja eigentlich viel besser weil . en lehrer . macht das ja fast jeden tag daß die sich mit n schülern beschäftjen . ansonsten . nich wie son .. //hm// klassensprecher . der das nich macht .. ich gloobe der . hats och nich so drof irgendwie was an de schüler ranzubringen der is (…1) irgendwie zu . verdeutlichen irgendwie //hm// . (…1) .. eigentlich is gut aber . //hm// im endeffekt is scheiße //hm// so //hm .. ja . wie schätzt du jetzt so// (hustet) //äh das freizeitangebot an eurer schule ein// . freizeitangebot das reichts dann also was nachmittags so . //was außerhalb vom unterricht einlich also// . davon krieg ich nich viel mit weil ich hab mich dafür noch nie intressiert weil //hm// ich hab meine eignen hobbys .. ich weiß auch gar nicht was dies jahr noch so ansteht steht volleyball oder basketball ich glaube das steht alles noch . sowas find ich eigentlich janz in ordnung //hm .. und äh .. im prinzip ne frage von uns da . obs so möglichkeiten gibt daß im prinzip von der schülerseite aus so . bestimmte

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freizeitsachen einfach organisiert werden an der schule// also ich glaube eigentlich schon daß das geht //hm// bloß das müssen dann genügend schüler sein daß die .. daß sich das ähm … jetzt (…1) wort weg . ähm . ach rentiert . oder wie heeßt das . naja lohnt (lacht) daß es sich lohnt . ja das (…2) jenau //hm .. hm// also . das müssen dann schon so zehn zwanzig schüler sein (…3) so weniger . (…2) //hm .. ja dann hab ich jetzt eigentlich zum schluß noch n paar fragen so . äh . zu deinen eltern .. äh vielleicht kannste mal erzählen wie wichtig deinen eltern eigentlich die schule ist// .. tja hnn na den is die schule einlich ziemlich wichtig weil .. sie wollen eigentlich daß ich in de schule gehe . //hm// .. un se wolln och daß ich of m gymnasium bin . weil . se wußten .. ziemlich bescheid ich war zum beispiel auf der .. äh . (…) oder wie heißt das . nee . die berufsbildungszentren da . //hm// was im x-center war //hm// . und ich hab so da hab mich so informiert was mer so . durchschnitt ham muß . vom gymnasium . //hm// . und zum

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beispiel was weeß ich . son .. berufskaufsmann oder was weeß ich brauch mer … äh eins zwei mit abi //hm// . oder . zum beispiel bei der polizei da brauch mer gloobe drei oder so //hm// . naja und deswegen wolln eigentlich och meine eltern .. daß ich aufs gymnasium gehe weil mit realschulabschluß da hättch dann bloß ne chance irgendwie . fleischer oder . tischler oder sowas un dazu hab ich ehrlich jesacht och keene lust //hm .. hm .. viellei kannste mal erzählen wie eigentlich deine eltern dann reagieren wenn du jetzt schlechte noten kriegst// . äh .. so schrein mich dann zwar an aber . (lacht) //(lacht)// .. n ich weeß janz jenau se sagen das mir och immer daß de das nich so meinen . //hm// also .. sie sehen das ein und sie sehns eigentlich janz locker //hm// . so streng sind se nich daß se mir jetzt taschengeld verbieten oder hausarrest oder was weeß ich sowas jibts nich //hm// hats och nie jegeben . //aber schreien tun se erstmal// . na schreien nich so //ne// se rasten aus aber . //hm … hm . ja was hasten eigentlich äh für ne meinung

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sollten sich . eltern .. stark für die schule jetzt intressieren und auch so vielleicht mal am schulleben mit beteiligen oder . findste das eher nich so gut// … in bestimmten dingen glaube .. na es …. gut in bestimmten dingen isses . nich so gut . //erzähl mal . welche dinge das sind// also ich glaube .. unterrichtsstoff //hm// . sollte eigentlich .. eher mal wie gesagt mal . schülern überlassen sein nich en lehrer immer oder n eltern //hm// . ich glaube da is . okay so ne lehrer jibts nich den wird vorgeschrieben was .. drankommen muß . //hm// . also da find ich eigentlich da sollten sich de eltern raushalten un ansonsten .. die janzen andern dinge .. na jibts eigentlich keene andern dinge . wo solln de eltern bei helfen in der schule //hm .. naja pff . zum beispiel wenns so um gestaltungsfragen geht oder wenn irgendwie naja . wenn vielleicht irgendwelche feste organisiert wern// ja na //und fahrten und so// da find ich das schon gut also . zum beispiel was die sponsor zum beispiel hier zur //freizeitanjebote// schülerzeitung . //na

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so// schülerzeitung oder so . das die . da sollten de eltern //hm// mithelfen //hm// daß die . geld dafür .. geben oder .. was weeß ich //hm// sowas in der richtung naja jut //hm aber jetzt// de schüler unterstützen //außerm unterricht// .. so unterricht und so da solln se sich raushalten //hm// (lacht) //hm .. ja haste eben zwar schon mal n bißchen anjedeutet aber vielleicht kannstes noch mal zusammenfassen was erwarten eigentlich deine eltern von dir// .. was die von mir erwarten . //hm// . abi mit drei . das erwarten se von mir . //hm// ansonsten erwarten se überhaupt nichts von mir das es einzje was se wolln . s abi mit drei . //un so jetzt vielleicht im verhalten noch also . was weeß ich .. wie de dich (…1) so// (…1) ich mal . etwas . gesitteter benehme //hm// oder so . okay ich verhalt mich jetzt vielleicht doch nich grad so aber .. ich halte mich och in grenzen zur zeit //hm// . so (…2) … also ich saue ziemlich rum ich r- . räume nich auf komme irjendwann früh um sechs nach hause manchmal oder was weeß ich so am wochenende //hm// . und das finden se nich in

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ordnung aber was solln se dagegen machen . //hm// . is jetzt das is einmal einjerissen und das kann mer jetzt nich rückgängig machen . naja .. das wünschen sie sich zwar aber .. ich entgleite denen zur zeit irgendwie //hm// das will ich nich weil .. die janzen leute . scheiß drof die janzen chemiefresser und was weeß ich was die uach die nerven mich übelst . //hm hm// .. da will ich och nich reinsacken . naja . //hm .. ja . eigentlich äh .. die letzte frage . wenn du jetzt das noch mal so . überdenkst was de eigentlich so erzählt hast heute . äh wie wichtig ist dann eigentlich für dich . die schule// .. schule is für mich wichtig . weil … man brauch man kommt dann . bekommt eventuell damit ein arbeitsplatz //hm// und ä mit m arbeitsplatz hat man geld wenn man arbeitet wenn man kein geld hat . und nicht arbeiten geht . äh kann man nich leben .. is mer . landet mer of der straße praktisch . und sackt übelst ab und deswegen find ich eigentlich schule sehr wichtig //hm// . obwohl . ich hab probleme damit das durchzuziehn aber . ich kriechs jetzt so

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langsam in griff würd ich sagen //hm .. also im prinzip isses dann auch . das abitur was . wichtig is ja// (…2) //hm// (…3) //hm .. gut .. dann äh .. wäre jetzt hier noch die zukunftsfrage die haich dir aber vorhin schon jestellt . äh . bedank ich mich eigentlich für das jespräch . ja . daß de da bereit zu warst un so ich fands sehr intressant och grad so die sachen die de hier wirklich .. äh erzählt hast so über die szene und so// naja es war nich alles also . ich könnte da //hm// . stundenlang //hm// tagelang drüber erzähln . ich könnte wetten das is jetzt och en scheiß einblick irgendwie //hm// weil .. vielleicht haste jetzt en falschen eindruck davon jekricht aber irgendwie … naja es gibt so .. viele dinge die . //hm// kann mer nich erzähln //hm// weil . da bräuchte mer stundenlang dazu du mußt einfach das selber miterleben daß irgendwie das gefühl . da //hm// . das kann mer nich beschreiben . //hm .. im prinzip gehts uns ja auch nich so vordergründig jetzt . um die einzelnen gruppen oder so// hm //sondern einfach daß wir auch von denen immer . äh

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ma den ihre sichtweise och of schule son bißchen mitkriegen und du bist jetzt praktisch der .. vertreter .. sach ich jetzt mal oder der repräsentant .. dieser gruppe eben und da . das andre ist einfach nur daß wir en bißchen son einblick kriegen . wies eigentlich .. was euch so bewegt oder so warum ihr irgend . bestimmte sachen ehmt so seht vielleicht . und dafür würdch . sagen reicht das . erstmal ja// ja //oder (lacht)// ja obwohl ich bin so eener der .. ich bin nich soo .. wie die meisten hip-hopper //hm// ich bin noch so . komisch irgendwie .. ich bin noch . noch anders irgendwie //hm// als die janzen leute ich bin son . komisches ding irndwie dazwischen . ich weeß nich ich kann mich nich so richtig beschreiben . //hm// (lacht) //na .. als letztes würdch einfach noch mal .. fragen wie de das überhaupt so jetzt fandest das interview und so auch mit dem aufnahmejerät und so// . na das mit dem aufnahmejerät is vielleicht e bißchen ungewohnt aber mer hat sich ja dran jewöhnt jetzt . dran . //hm// ich fands eigentlich janz in ordnung also (…1) . //na// (…1) war janz in ordnung . außer meine kommentare die kannste weglassen (lacht) //(lacht) na// jut //okay na . also noch mal schönen dank// na klar //und jetzt mach mer das ding aus//

Interpretation

Im Stimulus wird Mark aufgefordert, sich an seine frühe Kindheit zu erinnern und von da an seine Lebensgeschichte zu erzählen.

M: naja wie soll ichn da anfang ja ‚ich wurde jeborn und so ja‘ (lachend gesprochen) wie jesacht . da kann ich mich natürlich nicht dran erinnern . //hm//

Mark reagiert zunächst spontan auf die Erzählaufforderung. Er beginnt seine Darstellung jedoch nicht direkt mit seiner Lebensgeschichte, sondern stellt sich und dem Interviewer quasi rhetorisch die Frage nach dem möglichen Beginn. Hier deutet sich bei Mark eine Unsicherheit bzw. Schwierigkeit an, der Erzählaufforderung zu entsprechen, die auch ein neues Aushandeln mit dem Interviewer über den Gegenstand der Erzählung einleiten kann. Statt einer Aushandlung antizipiert Mark dann ein Ergebnis derselben und beginnt seine Lebensgeschichte mit dem Markierer Geburt. Damit orientiert er sich an einer Konzeption von Lebensablauf, an deren Ursprung als Ausgangspunkt die Geburt steht. Hier wird durch ich quasi der Nullpunkt seiner Lebensgeschichte auch in der Darstellung gesetzt.

Mit der Erweiterung des Themas Geburt durch die Formulierung ‚und so‘ markiert er einen größeren thematischen Zusammenhang. Gleichzeitig wird dieser Zusammenhang jedoch nicht thematisiert und erscheint so in einer Distanz zu Marks gegenwärtiger Sicht auf sein Leben. So wird die Geburt nicht zeitlich oder räumlich verortet. Sie erscheint nur als abstrakte Ermöglichung und Bedingung seines Daseins. Auch was an konkreten räumlichen, zeitlichen und personellen Arrangements die ersten Tage, Wochen, Monate oder Jahre im Leben von Mark prägt, bleibt offen. Eine eher distanzierte Einstellung dazu zeigt sich auch in dem Lachen Marks an dieser Stelle. Damit kann man vermuten, dass entweder im Weiteren eine lebensgeschichtlich Darstellung abgebrochen wird oder die hier anvisierte Lebensphase – deren Ausgangspunkt mit der Geburt markiert ist – im Vergleich zu späteren Lebensabschnitten eine geringe Bedeutung hat.

Als eine Erklärung der Entthematisierung dieser Lebensphase wird von ihm das fehlende Erinnerungsvermögen genannt. Die fehlende Erinnerung wird dabei als natürlich gekennzeichnet. Damit entwirft Mark einen Normalitätshorizont, in dem niemand ‚normaler-‘ bzw. ‚natürlicherweise‘ Erinnerungen an seine Geburt und die erste Lebenszeit hat. Die unausgesprochene Schlussfolgerung daraus, dass niemand etwas über die hier anvisierte Lebensphase erzählen kann – die hier im Status einer Argumentation bzw. Eigentheoretisierung vorgetragen wird –, lässt sich allerdings nicht halten. So kann man z.B. Erzählungen von anderen über diese Lebensphase verinnerlicht haben und darüber sich ein Bild von dieser Zeit vermitteln, was auch darstellbar ist. Die argumentative Begründung scheint damit die Funktion einer Legitimation der Nichtdarstellung dieses Lebensabschnitts zu übernehmen.

Man kann hier verschiedene Vermutungen anstellen, warum Mark den Beginn seiner Lebensgeschichte mit der Geburt zwar markiert, aber dies nicht inhaltlich ausfüllt. Eine Variante wäre die schon geäußerte Vermutung, dass diese Phase aus seinem jetzigen Erleben heraus keine bzw. eine nur geringe Bedeutung hat. Er könnte diese Phase als formalen Einstieg in der Erzählung verwenden, da er sich vielleicht über den Aufbau seiner Darstellung noch unsicher ist. Damit würde hier allerdings ein Einstieg benutzt, der gleich wieder zum Aussteigen zwingt.

Die Formulierung ‚wie gesagt‘ kann man dann in der Bedeutung verstehen, dass er sich hier auf eine Normalitätsfolie bezieht, einerseits den Ausgangspunkt der Lebensgeschichte mit der Geburt zu benennen, andererseits aber ‚natürlich‘ nichts weiter darüber erzählen zu können. Eine andere Variante muss aber auch in einer generell vielleicht nur gering vorhandenen Erzählbereitschaft gesehen werden, die auf eine unzulängliche Gesprächsatmosphäre und damit eine unzureichende Vorbereitung des Interviews durch den Interviewer hinweisen kann.

M: und . so . wie kindergarten und so das ist auch nicht mehr so das wahre da kann ich mich och noch an . bestimmte ereignisse erinnern wie fasching oder ostern (es klingelt) wo mer ostereier jesucht ham oder irjendwas //hm// naja . .

Er fährt dann in seiner Darstellung fort, indem er als nächste Phase die Zeit des Kindergartens benennt. Hier wird zunächst deutlich, dass die zuvor markierte Lebensphase (‚und so‘) seine frühe Kindheit bis zum Kindergarten umfasst. Mit der Nennung der Institution Kindergarten deutet sich nun eine Orientierung an Institutionen in der Aufteilung der Lebensgeschichte an. Damit orientiert sich Mark an einem Orientierungsrahmen der lebensgeschichtlichen Darstellung, die eine chronologische Gliederung in Lebensbereiche vornimmt und diese thematisch über die Zugehörigkeit zu Institutionen ordnet. Allerdings scheint hier diese Orientierung eher äußerlich zu sein, so dass man von einer Differenz zwischen diesem äußeren Darstellungsrahmen und der eigenen Strukturierung der Lebensgeschichte ausgehen kann. Wenn aber seine Konzeption des Lebens nicht in dieser chronologischen und Institutionen zugeordneten Rahmung aufgeht, er aber dennoch diese als Orientierungsrahmen seiner Darstellung verwendet, dann kann hier der Einfluss der Erzählaufforderung durch den Interviewer wirksam sein und vielleicht gerade dadurch die Entfaltung narrativer lebensgeschichtlicher Darstellungen verhindern.

Für die nun hier thematisierte Lebensphase gilt eine ähnliche Distanziertheit, wie für den ersten Lebensabschnitt. Mit ‚und so‘ wird auch für diese Phase eine konkrete Füllung angedeutet, die jedoch nicht expliziert wird. Diese zweite Lebensphase wird umfassend als ‚auch nicht mehr so das wahre‘ bewertet, eine Einschätzung die auch für die erste Lebensphase Gültigkeit beansprucht.

Es ist möglich, dass Mark mit dieser Formulierung die eigene Distanz zu diesen Lebensabschnitten ausdrücken möchte. Hier kann sich die Bewertung auch direkt auf das fehlende Erinnerungsvermögen beziehen. Es kann aber auch sein, dass die negative Einschätzung und die ausgedrückte Distanz durch negative Erfahrungen in dieser Zeit bestimmt sind. Diese Variante kann man aber eher schwach halten, da auch die negativen Erfahrungen in ihrer Bedeutsamkeit stärker zur Geltung kommen müssten. Es deutet sich vielmehr an, dass einst eine positive Wahrnehmung dieser Lebensabschnitte bestand, die aber aus heutiger Sicht durch eine veränderte Wahrnehmung nicht mehr zu vertreten ist. Das heißt, es muss sich seine Einschätzung dieser Lebensphasen verändert haben und eine Differenz zwischen einer distanzierten Einschätzung und der Bewertung dieser Lebensphasen im konkreten Vollzug bestehen.

Etwas irritierend ist dann der Anschluss, dass er sich ‚auch noch an bestimmte Ereignisse‘ erinnern kann. Damit wird die Variante gestärkt, dass es nicht die fehlenden Erinnerungen sind, die den geringen Explikationsgrad der Darstellungen dieser ersten Lebensphasen bestimmen. Unstimmig ist diese Äußerung in Bezug zur ersten Lebensphase, wo Mark ja expliziert, dass er hier keine Erinnerungen hat. Die Gemeinsamkeit beider Lebensabschnitte, die von Mark zum Ausdruck gebracht wird, besteht daher eher in der gleichen geringen Bedeutung aus der heutigen Sicht.

Das zumindest an diese zweite Lebensphase Erinnerungen gegenwärtig sind, verdeutlicht Mark, indem er schlaglichtartig einige Situationen (Fasching, Ostern) benennt, hinter denen sich komplexe Erfahrungsarrangements verbergen. Die gekennzeichneten Situationen beziehen sich dabei auf feierlich herausgehobene Außeralltäglichkeiten, die Mark im konkreten Erleben besonders beeindruckt haben, und deshalb stärker erinnerlich sind. Diese Ereignisse werden z.B. auch als Ereignisse charakterisiert, womit der herausgehobene und bedeutsame Situationscharakter für Mark gestärkt werden kann.

Die knapp angedeuteten bedeutsamen Situationen sind mit bestimmten Handlungen verbunden, die Mark in einer Gemeinschaft vollzieht. Die empfundene herausgehobene subjektive Bedeutung scheint an diese gemeinschaftlichen Handlungen gebunden zu sein. Man kann hier vermuten, dass die hier im Hintergrund stehenden Aktivitäten von einem vielleicht eher eingrenzenden Aktionsrahmen sehr positiv abstachen.

Es scheint, dass Mark in dieser Lebensphase sehr stark in die Institution Kindergarten eingebunden war. In diesem institutionellen Rahmen werden persönliche Beziehungen ermöglicht, die das Erleben (in) einer Gemeinschaft fördern. In der Einbettung dieser Darstellung kann man davon ausgehen, dass diese Gemeinschaft nicht durch die Eltern und auch nicht durch die Erzieherpersonen gefüllt ist. Eltern stellen in dem hier aufgemachten institutionellen Rahmen eher Außenpersonen dar, während Erzieher von den Kindern aufgrund ihrer Aufsichtspflicht oft als statushöhere Personen wahrgenommen werden. Ihre Aktivitäten liegen zudem als Veranstalter der herausgehobenen Situationen stärker hinter den Kulissen. Von daher kann man die ausgedrückte und von Mark so wahrgenommene Gemeinschaft eher als eine Art Gleichaltrigengruppe (‚wo mer Ostereier…‘) verstehen.

In der bisherigen Darstellung scheint diese Gleichaltrigengruppe Mark bedeutsamer, als seine familiale Einbindung. So erfahren wir über seine familialen Beziehungen und sein Zuhause bisher nichts. Aber auch die angedeuteten Erinnerungen zum Kindergarten werden nicht expliziert, da sie vermutlich nicht in das gegenwärtige Lebenskonzept passen. Vermutlich werden die lebensgeschichtlichen Erfahrungen, die aus heutiger Sicht nicht mehr so bedeutsam sind, nur benannt, um schließlich zum eigentlichen Thema vorzustoßen.

Als Vermutung lässt sich hier abschließend formulieren, dass in der Entthematisierung der frühkindlichen und kindlichen Lebensabschnitte eine dominante Gegenwartsorientierung Marks zum Ausdruck kommt, die an Konzeptionen des Jugendlichen oder jungen Erwachsenen angelehnt sind. Interessanterweise zeigt sich aber auch, dass innerhalb der gering explizierten Darstellungen dieser Lebenszeit zwei Orientierungsmomente aufscheinen, die uns Vermutungen über die Gegenwartsorientierung andeuten. So wird einerseits mit der Herausgehobenheit der ‚Ereignisse‘ im Kindergarten eine Aktions- und Spaßdimension anskizziert, die andererseits an eine Gruppeneinbindung im Sinne von Gleichaltrigenbeziehungen gebunden scheint.

M: un im späteren . lem . war ich dann hatt mer son garten jekriegt ich mit mein eltern . //hm// . . und da hattch dann viel spaß mit mein freunden und so bin dann durch die wälder da jezogen warn baden und . . trallala so und das janze drumrum . . und so

Die nächste Sequenz leitet dann eine darauffolgende Lebensphase ein. Irritierend wirkt hier die Formulierung ‚und in meinem späteren Leben‘, da mit dieser Formulierung ein tiefgreifender Wandel, ein Wechsel in der eigenen Wahrnehmung des Lebens angedeutet wird, der die Unterscheidung von vorher und nachher bzw. früher und später erst sinnvoll macht. Der implizierte Wechsel wird aber nicht in einem bestimmten Ereignis oder einem konkreten Wandel benannt. Irritierend ist dieser Anschluss auch, weil man eigentlich nach dem sich abzeichnenden Erzählmuster nun eine Darstellung erwarten könnte, die inhaltlich an die Institution Schule gebunden ist. Statt einen institutionellen Fokus zu verwenden, wird aber das Leben in seiner Gesamtheit und Komplexität zum Gegenstand der Darstellung. Man kann hier nur spekulieren, ob der angedeutete Wandel in der Wahrnehmung von Mark durch die Schule oder familiale Erfahrungen bedingt war. Entscheidend ist jedoch hier, dass mit dieser Darstellung ein biographischer Wandlungsprozess markiert wird, der zu einer veränderten Sicht auf das gelebte Leben führt.

Der Wechsel bzw. Wandel wird dann noch stärker angedeutet, als Mark zu erzählen beginnt, ‚was er dann war‘. Hiermit deutet er eine umfassende Veränderung seiner Person an. Diese Aussage wird jedoch nicht fortgesetzt, sondern durch eine andere Perspektive, eine andere Aussage, ergänzt. Was Mark dann war, scheint dadurch geprägt, was sie hatten. Hier verortet sich Mark erneut in einer zunächst unspezifischen Gemeinschaft, die einen Garten bekommen hat. Man kann leicht vermuten, dass mit der Gemeinschaft seine Familie gemeint ist. Das scheinbar unproblematische ‚wir‘ kann also Ausdruck einer familialen Verbundenheit und Zugehörigkeit sein.

Das man aus seiner Sicht einen Garten bekommen hat, verdeutlicht, dass es sich hierbei um ein schwer zu erhaltendes begehrtes Gut handelt, was von anderen zugeteilt wird. Der Garten repräsentiert somit die Erfüllung eines nur schwer zu realisierenden Wunsches und damit die Kennzeichnung eines Privilegs. Damit kann der Garten die zuvor implizit thematisierte Auslösung eines Wandels symbolisieren. In diesem Fall müsste der Garten eine Entwicklung oder neue Erfahrungen ermöglichen, die schließlich eine neue Wahrnehmung bei Mark bewirken. Für diese Vermutung spricht auch der bruchlose Anschluss, mit dem diese Passage die Explikation seiner veränderten Wahrnehmung ersetzt. Bisher steht der Garten aber eher als Symbol, hinter dem sich noch vieles verbergen kann.

Die Wir-Gemeinschaft wird dann mit der Formulierung ‚ich und meine Eltern‘ differenziert. Das heißt, es handelt sich um eine Gemeinschaft, in der differenzierte Positionen eingenommen werden. Aus Marks Sicht steht seine Person als zentraler Bezugspunkt, der durch die Eltern ergänzt wird. Damit ist die Familie aus seiner Perspektive keine Gemeinschaft, in der die einzelnen beteiligten Personen vollständig aufgehen und verschmelzen. Sondern: Seine Individualität bleibt gewahrt und scheint in Bezug auf das geschilderte Ereignis zu dominieren, während sein Vater und seine Mutter als soziale Einheit (‚Eltern‘) gefasst werden.

Als direkte Auswirkung des neu erhaltenen Gartens schildert Mark, dass er dann viel Spaß hatte. Diese Einschätzung wird jedoch nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, an Erlebnissen in der Familie festgemacht, sondern sie basiert erneut auf Freundschaftsbeziehungen. Diese Freundschaften werden zwar nicht genauer konkretisiert, sie scheinen aber auf Gleichaltrige bezogen. Damit zeigt sich der neue Garten als ein Arrangement, dass Optionen für Mark eröffnet, mit Gleichaltrigen Freundschaftsbeziehungen aufzunehmen. Wenn man die Thematik des Wendepunktes ernst nimmt, dann scheint gerade diese neue Option eine veränderte Wahrnehmung seines Lebens bewirkt zu haben. Zugleich deutet sich aber auch in den auch in der Thematisierung dieser Lebensphase enthaltenen Distanzierungen an (z.B. die häufige Verwendung von ‚so‘ als unbestimmte distanzierte Kennzeichnung und ‚trallala‘ als Phasencharakteristik), dass hier die eigentliche ‚Wende‘ in der Lebensgeschichte noch nicht erreicht ist, sondern hier möglicherweise eine erste Weichenstellung den vorweggenommenen Wandlungsprozess einleitet.

Mark zeigt in dieser Sequenz eine starke Orientierung auf Freundschaftsbeziehungen und ‚Spaß haben‘. Die Eltern spielen für ihn dabei insofern eine Rolle, als sie ihm die neuen Optionen ermöglichen. Sie erscheinen aber nicht als gleichwertige Bezugspartner, die wie die Freunde/Gleichaltrigen sein Bedürfnis nach Spaß teilen und ermöglichen. Da diese Orientierungen bereits aus den ersten Sequenzen des Interviews in einer herausgehobenen biographischen Bedeutung deutlich werden, sollen sie auf mögliche Implikationen betrachtet werden.

Mit der Lebensmaxime ‚Spaß haben‘ wird ein bestimmtes Gefühl zum Leben, eine bestimmte Einstellung ausgedrückt, die Aspekte einer eher lockeren, unbekümmerten und erlebnisorientierten Lebenseinstellung enthält. Marks Lebensmaxime lässt sich daher als Spielart einer hedonistischen Lebenseinstellung begreifen. Dass Mark eine solche Einstellung entwickeln und ausleben kann, verweist auf eine familiale Einbettung, die Freiheiten lässt, nicht so stark in familiale Aufgaben einbindet und eher wenig problembehaftet ist. Dass Mark diesen familialen Hintergrund in der geschilderten eher außenorientierten Art nutzt, zeigt aber auch, dass eine Orientierung auf außerfamiliale Freundschaftsbeziehungen bestand und besteht. Diese könnte sich z.B. mit dem Gemeinschaftsgefühl im Kindergarten ausgebildet haben.

Weiter wird in dieser Passage deutlich, dass Mark seine Orientierung auf Freundschaften und ‚Spaß haben‘ scheinbar nicht oder nur gering in der Institution Schule umsetzen kann. Der neue Garten zeigt sich aus dieser Perspektive als eine Eröffnung neuer und idealer Handlungsräume.

Die inhaltlichen Spezifizierungen der genannten Lebensführung erfolgen nur knapp und scheinen dem Grundmodus gegenüber nachgeordnet. Die genannten Beispiele verdeutlichen aber den neuen Handlungsrahmen, der hier vor allem in der freien Natur angesiedelt ist. Durch die Wälder ziehen, baden und ‚das ganze drumherum‘ deuten auf Aktivitäten, die zumindest außerhalb innerstädtischer Lebenswelten liegen. Hier kann ein weiteres Motiv dafür verborgen sein, dass Mark mit dem Erhalt des Gartens die Einleitung einer neuen Lebensphase verbindet, wenn er z.B. einen innerstädtischen Lebensraum bewohnt. In diesem Fall könnte neben dem Lebensraum Schule auch das städtische Umfeld hinderlich auf die ausgebildeten Lebensorientierungen (Freunde und Spaß) wirken. Der Garten wäre somit Auslöser für praktische Verselbständigungsschritte, die hier in der Erschließung von Räumen und daran gebundene Aktivitäten bestehen. Auch hier wären die Freisetzungen von Verselbständigungsschüben mit dem Garten als Wegbereiter biographischer Wandlungsprozesse gedeutet, die eine Orientierung auf Gleichaltrige, Aktion und Spaß generieren.

Mit dem Abschluss dieser Sequenz kommt aber auch eine distanzierte Haltung gegenüber dieser Lebensphase zum Ausdruck. Diese scheint jedoch nicht auf die große Bedeutung insgesamt abzuzielen, sondern sie richtet sich stärker auf die genannten bzw. ungenannten Aktivitäten. Diese werden heute als ‚trallala‘ abgewertet. Damit deutet sich eine Weiterentwicklung Marks an, in der er heute andere Aktivitäten zur Umsetzung seiner Lebensorientierung ausführt. Auch hier kann also abschließend auf die Differenz verwiesen werden, die zwischen dem analysierten Bedeutungszusammenhang dieser Lebensphase als Ermöglichung eines biographischen Wandlungsprozesses und der Selbstthematisierung durch Mark, als überkommene und tendenziell entwertete Lebensphase herausgearbeitet werden.

M: dann später . haich da sport jetriem //hm// also . geräteturnen hab ich mal gemacht . . und . dann kam s ringen . //hm// und . naja . wie soll ich das sagen hatte ziemlich viel erfolge und so das hat mir spaß gemacht . . dann hab ich irnwie so jewechselt dann war ich ma im radsport . //hm// das hab ich dann bis zur bis ich . elf zwölf war habch das gemacht .

Eine oben bereits vermutete Veränderung in den Aktivitäten wird hier konkret benannt. Seine Lebensorientierung wird nun über sportliche Tätigkeit umzusetzen versucht. Die Formulierung ‚Sport getrieben‘ bezeichnet dabei eine stärker professionelle sportliche Tätigkeit. Hier handelt es sich also sehr wahrscheinlich nicht um das Fußballspielen hinter dem Haus, sondern um sportliches Training mit bestimmten Anforderungen und Wettkämpfen, die jeweils auch eine Einbindung in Vereinigungen und damit in hierarchische Trainingsstrukturen bedeuten.

Diese neuen Aktivitäten, die ja in dieser Lebensphase bestimmend zu sein scheinen, werden nicht genau verortet. ‚Da‘ kann sehr verschiedene Orte bezeichnen. Im direkten Anschluss an die ‚Gartenpassage‘ kann man zunächst vermuten, dass auch diese Aktivitäten in dieses lokale Umfeld hinein gehören. In diesem Fall würde die Bedeutung des neuen optionseröffnenden Handlungsrahmens noch einmal gesteigert. Es können sich aber auch hinter der Bezeichnung ‚da‘ Räumlichkeiten aus dem Wohnumfeld und vielleicht sogar der Schule verbergen. Dies ist auch insofern wahrscheinlicher, als sich eine Distanz oder sogar Trennung zwischen Wohnort und Garten andeutet, die ein regelmäßiges Training im Umfeld des Gartens eher erschweren würde. Jedoch würde auch dann der Zusammenhang zwischen neuem Garten und den neuen Aktivitäten Marks in der Darstellung hergestellt, der nun umso deutlicher an lebensgeschichtliche Prozesse gebunden werden muss. Die sportlichen Aktivitäten wären hier als weiterer Schritt im Rahmen eines biographischen Wandlungsprozesses zu bestimmen, der zu einer aktions- und spaßorientierten Gleichaltrigenverortung Marks führt, mit der wiederum eine neue Sicht auf das eigene Leben und die Welt einhergeht.

Im weiteren Text beginnt Mark dann mit einer Aufzählung von verschiedenen sich abwechselnden Sportarten. Hier hat er erst mit Geräteturnen begonnen und wechselt aus nicht weiter explizierten Gründen später zum Ringen. In der Art der Aufzählung deutet sich eine gewisse Beliebigkeit der Sportarten an, die damit ähnlich den Aktivitäten in der vorhergehenden Sequenz dem Grundmodus der Lebensführung nachgeordnet scheinen. Zumindest wird keine herausgehobene Bindung an bzw. Motivation zu einer Sportart deutlich. Es kann auch sein, dass Mark sich diese Sportarten nicht selbst ausgesucht hat, sondern durch andere auf diese verwiesen wurde. In diesem Fall wäre aber der Fakt, dass diese Fremdorientierung nicht deutlich wird ein Hinweis darauf, dass im Rahmen des ausgelösten Wandlungsprozesses schließlich diese Fremdsteuerung an Bedeutung eingebüßt hat.

Es zeigt sich aber auch, im Unterschied zur vorhergehenden Sequenz, dass nun eine stärkere Eingebundenheit in vorstrukturierte Aktionsfelder besteht. Der Wechsel der Sportarten kann innerhalb dieses Trends eine stärkere Ausrichtung auf Stereotype eines Männerbildes ausdrücken. So steht vor allem Ringen für eine Sportart, in der es sehr stark darum geht, die eigene Position und den eigenen Status über Kraft und Geschicklichkeit in Kämpfen auszuhandeln.

Die Aufzählung wird dann mit einer Bilanzierung zunächst unterbrochen. Diese Bilanzierung verdeutlicht, dass Mark die sportlichen Spielregeln akzeptiert und seine Rolle gut gespielt hat. Neben dem Aspekt des Erfolgs steht aber auch in dieser Lebensphase der garantierte Spaß im Vordergrund. Beide Dimensionen sind also nicht losgelöst voneinander, sondern stehen in einer engen und unmittelbaren Beziehung. Man kann vermuten, dass sie sich gegenseitig bedingen. Somit bringen diese Aktivitäten nicht nur die Erfüllung seiner dominanten Lebensmaximen mit sich, sondern sie bewirken auch eine weiterreichende Anerkennung, die über den konkreten Zusammenhang der Sportgruppe hinausgeht.

Es gelingt Mark hier, einen gewissen Status zu erarbeiten, ohne auf den Spaß verzichten zu müssen. Bezieht man seine Einschätzung auf den nicht thematisierten Bereich der Schule, dann scheint sich anzudeuten, dass in diesem Feld keine vergleichbaren Erfolge vorliegen, bzw. dass diese nicht die gleiche hohe Bedeutung für ihn hätten. Im Anschluss an diese Zwischenbilanz fährt Mark dann mit der Aufzählung der Sportarten fort. Ohne weitere Gründe zu benennen, stellt er einen nächsten Wechsel zum Radsport dar. Auch hier kommt eine Beliebigkeit bei der Wahl der sportlichen Aktivitäten zum Ausdruck. Diese Wechsel könnten eine beständige Suche nach neuen Aktivitätsfeldern bezeichnen, in denen Mark seine Lebensmaximen umzusetzen sucht. Sie stehen aber auch für eine ständige Unzufriedenheit, wenn ein gewisser Sättigungsgrad erreicht ist, und eine Nichtseßhaftigkeit, die eine ständige neue Suche erzwingt.

Die gesamte Lebensphase wird dann, auch ohne Angabe konkreter Gründe, im Alter von 11/12 Jahren beendet. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Mark zunächst als zeitlichen Markierer einen schulisch definierten Zähler verwenden will (z.B. ‚bis zur 6. Klasse‘), der aber dann nicht ausgeführt wird. Diese Formulierung wird abgebrochen und durch den Zähler Lebensalter ersetzt. Im Grunde handelt es sich hier um die erste Textstelle, die einen direkten Bezug zur Schule andeutet, der jedoch gleich wieder abgebrochen wird.

In diesem impliziten Verweis auf die Schule und die vorgenommene Korrektur zeigt sich nicht nur die Parallelität der bisher thematisch dominierenden Lebensführung mit der Schulzeit. Es wird auch deutlich, dass die Schule in den bisher thematisierten lebensgeschichtlichen Phasen keine herausgehobene Bedeutung erhält und Mark aus heutiger Sicht die eigene Person und seine hedonistische Lebensführung eher außerhalb des schulischen Zusammenhangs verortet bzw. diesem deutlich überordnet. Man kann vermuten, dass die Schule für ihn eine nur geringe Rolle spielt und er die Bedeutung schulischer Leistungen für die zukünftige Lebensplanung (noch) nicht realisiert hat.

M: un als ich dann aufs gymnasium kam hab ich dann meine freunde hier kennjelernt . die ham dann so . anjefangen . mit skaten . //hm// also skateboardfahren naja . irjendwie . . bin ich da mit reinjewachsen un seit dem . . skate ich jetzt . male ich also sprühen und //hm// . ja und das ganze drumherum . .

Die neue Sequenz bezieht sich direkt auf die Zeit am Gymnasium und schließt damit scheinbar lückenlos an die vorherige Sequenz an, in der Mark ja bereits bei einem Lebensalter angelangt ist, in dem der Übergang zum Gymnasium stattfindet. Das nun die Schule von Bedeutung ist, wird darüber erklärbar, dass er nun direkt über den schulischen Rahmen neue Freunde kennenlernt. Hier rekrutiert Mark seine Freundschaftsbeziehungen nicht mehr aus dem Umfeld des Gartens oder in den Sportgruppen, sondern direkt aus seinem unmittelbaren Umfeld in der Schule.

Die Personen, zu denen sich dann eine Freundschaftsbeziehung entwickelt, werden in einem Aktivitätsfeld näher beschrieben. Es scheint fast so, als würde Mark aus der Distanz diese Aktivität beobachten. So vermittelt die Aussage, dass diese mit Skaten begannen, zumindest nicht die eigene Integriertheit in diese Entwicklung. Ob nun Mark an dieser Aktivität schon interessiert war und die Freundschaftsbeziehungen über das gemeinsame Interesse am Skateboardfahren entstehen, oder ob Mark von den für ihn neuen Aktivitäten fasziniert und angezogen wurde, muss offen bleiben. Entscheidend ist jedoch hierbei, dass die Freizeitaktivitäten im Vordergrund stehen und darüber die Orientierung auf Freundschaftsbeziehungen und ‚Spaß haben‘ verwirklicht werden können.

Im Unterschied zu den zuvor geschilderten sportlichen Aktivitäten handelt es sich hier um eine wenig durch Erwachsenenpersonen vorstrukturierte und neue Tätigkeit, die mit Elementen einer Jugendkultur verbunden ist. Ohne genaue Erklärungen zu benennen, bringt Mark zum Ausdruck, dass er in dieses Tätigkeitsfeld ‚mit hineinwächst‘. Damit deutet er eine sehr enge, quasi organische, Verwobenheit mit den hier aufgebauten Beziehungen und der Szene an. Diese Verbundenheit dauert auch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt an. Die Einbindung äußert sich z.B. über bestimmte Aktivitäten. So ist Mark seitdem mit Skaten und Sprühen beschäftigt. Beide Aktivitäten, sowie ‚das ganze drumherum‘ füllen sein Leben bis heute aus.

Wir können damit an dieser Stelle Folgendes zusammenfassen: Mit der letzten Sequenz ist Mark in der Darstellung in der Lebensphase angelangt, die seine Orientierungen auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt dominiert. Wir können hier von einem Zusammenspiel des biographisch angelegten Wandlungsprozesses mit den Prozessen der Generierung und Ausgestaltung einer Jugendkultur im regionalen Umfeld von Mark ausgehen, die für ihn über den Kontakt mit Gleichaltrigen in der Schule erfahrbar wird. Durch den sich so für ihn eröffnenden Aktivitätsraum kann die bisher noch z.T. latent sich vollziehende biographische Wandlung in einer Integration in die Szene kulminieren. Diese Zuspitzung und schließlich Manifestation eines biographischen Wandlungsprozesses, die hier in eine Dominanz der Gleichaltrigen-, Aktion- und Spaßorientierung mündet, ist als Ergebnis einer relativen Strukturhomologie der biographischen Entwicklung zu dem jugendkulturellen Bereich der Skater und Sprayer zu verstehen. Gerade in diesem Feld sind die lebensgeschichtlich aufgeschichteten Orientierungen maximal umsetzbar. Hier deutet sich ein symbiotischer Zusammenhang an, der von Mark mit dem Gleichnis der organischen Verschmelzung ansatzweise realisiert wird. Vor dem Hintergrund der sich hier entfaltenden biographischen Wandlung werden schließlich die früheren Lebensphasen sowie parallele Lebensbereiche in ein distanziertes Verhältnis gesetzt. Dies zeigt sich einerseits in den Distanzierungen gegenüber früheren Phasen seiner Kindheit – eine Distanz die nicht durch einen Bruch der Erfahrungsqualität begründet ist, da auch diese früheren Lebensphasen im Grunde von Mark positiv erlebt und erfahren wurden – sowie in den Entthematisierungen anderer Lebensbereiche, wie der Familie oder der Schule. Beide Lebensbereiche erfahren in der lebensgeschichtlichen Darstellung von Mark nur insofern eine Thematisierung, als ihre Funktion für die Eröffnung (Familie und Garten) und den Abschluss (Gymnasium) eines biographischen Wandlungsprozesses markiert werden muss.

Damit ist Mark in seiner Darstellung in der Gegenwart angelangt. Ohne den gegenwärtigen und dominanten Lebensbereich weiter auszugestalten, beendet er an dieser Stelle seine Ersterzählung und nimmt den Aushandlungsprozess mit dem Interviewer wieder auf. Er bittet diesen konkret um weitere Anstöße, um die bisher knappe Darstellung weiter auszubauen. Damit zeigt er, dass von seiner Seite eine generelle Redebereitschaft besteht, er jedoch Probleme mit der inhaltlichen Ausfüllung hat.

Immanente Nachfragen

I: naja im prinzip äh .. wird ja damit och schon bisschen deutlich dass äh . dein . leben heute einlich schon ziemlich so von diesen . bereich den de jetzt am schluss anjesprochen hast ausjefüllt is also die andern sachen . äh denk ich die sind für dich och schon ziemlich weit weg jetz// naja klar . //viellei kannste aber einfach noch mal . so versuchen dich so . äh den erinnerungen einfach zu überlassen also grad wenn de jetzt sachst so jetz dass de dich so vielleicht . im kindergarten an ostern und fasching oder irgendwas erinnern kannst// (lacht) //äh . dass de einfach mal dich in son strom rein- äh begibst und . mal anfängst zu erzählen . vielleicht fällt dir da falln dir da noch son paar sachen ein die da einfach wichtig warn

M: .. so ganz genau alles //hm// was mir einfällt alles

I: nee na vi- also . wie jesacht du bestimmst das schon selbst aber . versuch mal dich da so bisschen .

Der Interviewer versucht Mark noch einmal auf den Anfang der Lebensgeschichte hinzulenken und diesen auf ein ‚Sicheinlassen‘ auf den Erinnerungsstrom einzustimmen. Mark reagiert darauf jedoch leicht überfordert. Er fragt nach, ob er denn nun alles erzählen soll. Das wird dann vom Interviewer relativiert, indem Mark deutlich gemacht wird, dass er selbst bestimmt, was er im Weiteren darstellen möchte. Die damit in seine Verantwortlichkeit übergebene Selektionsaufgabe scheint jedoch für Mark den Schwierigkeitsgrad eher noch zu erhöhen. So äußert er explizit die Schwierigkeit dieser Aufgabe für ihn, und dass er nicht weiß, wo er anfangen soll. Die hier zum Ausdruck kommende Zurückweisung der Aufforderung des Interviewers wird verständlich, wenn wir uns die Überlegungen zum Erzählbeginn vergegenwärtigen und die bisherige Interpretation mit einbeziehen. So wurde bereits herausgestellt, dass die vom Interviewer eingeforderte lebensgeschichtliche Darstellung mit dem lebensgeschichtlichen Relevanzsystem Marks konfligiert, der durch die Dominanz einer spaßorientierten Gegenwartsbezogenheit, die zudem lebensgeschichtliche Reflexionen durch die Dominanz des ‚doing‘ ausblendet, den früheren Lebensphasen und anderen parallelen Lebensbereichen distanziert gegenübersteht. Mit der wiederholten Erzählstimulation durch den Interviewer wird er jedoch genau auf diese blinden Flecken verwiesen und damit seine Lebenskonzeption negiert.

Mark reagiert hier leicht beschämt und lacht verlegen. Damit zeigt sich zwar einerseits, dass er prinzipiell bereit ist, den Erwartungen des Interviewers zu entsprechen, andererseits aber diesen quasi biographiestrukturell nicht entsprechen kann. Hier gerät nun der Interviewer unter Handlungsdruck, die Regie der Erzählung zu übernehmen. Intuitiv reagiert der Interviewer auf die Situation damit, bestimmte Eckpunkt zur Orientierung für Mark aufzuzählen (z.B. Familie, Freunde, Großeltern, Geschwister). Mark greift diese Anregung dann auf und beginnt erneut mit einer Darstellung seiner Kindergartenzeit.

M: also im kindergarten und so naja . zu der zeit . war ich eigentlich noch . ziemlich an meine eltern jebunden wenn ich das //hm// mal so ausdrücken kann . //hm// (un irjendwie) naja meine eltern ham mich da in kindergarten jebracht immer und die ham mir früh (irjend en) stück . . kuchen gekauft beim bäcker und sonstwas aufm weg zum kindergarten . //hm// dann hat se mich meistens abgeholt . nachmittag . (hab ich dann irjendwas) mit (mein) eltern jemacht so zu hause mit . lego spiele oder //hm// mit irgendwas anderm mit matchbox und so . .

Er beginnt seine Darstellung damit, eine enge Bindung in dieser Zeit zu seinen Eltern auszudrücken. Mit ‚ziemlich‘ deutet er eine sehr starke Elternorientierung an, die in seiner Ersterzählung zu dieser Zeit nicht so deutlich zum Ausdruck kam. Die Formulierung suggeriert hier ein sehr starkes Bindungsverhältnis von Mark an seine Eltern. Die Bindung erscheint dabei aus heutiger Sicht in einem ambivalenten Licht. Einerseits deutet sich hier ein Hintergrund an, der emotionale Stabilität vermittelt. Andererseits kann aber auch eine nur eingeschränkte Handlungsfreiheit bzw. eine eingegrenzte Wahrnehmung der Umwelt damit verbunden sein. Die relativierenden Anmerkungen zeigen, dass diese Einbindung aus heutiger Sicht nicht unumstritten positiv bewertet wird, sondern mit Bezug auf die inzwischen vollzogenen Verselbständigungen durchaus ambivalent betrachtet werden. Dennoch deutet sich an, dass zum Zeitpunkt des Erlebens diese enge elterliche Eingebundenheit Marks als generell positiv und wichtig empfunden wurde.

Unter den damaligen Bedingungen kann man z.B. vermuten, dass Mark die Trennung von den Eltern mit dem Übergang in die Institution Kindergarten schwierig empfunden hat. Zwar werden von ihm solche Trennungsempfindungen nicht thematisiert. Sie lassen sich aber durchaus in der Formulierung – immer von den Eltern in den Kindergarten gebracht zu werden – durchaus stimmig einfügen. Zwar werden auch hier Gründe und die Modalitäten dieses Übergangs in den Kindergarten nicht thematisiert. Jedoch deutet sich in der Äußerung – dass ihm auf dem Weg zum Kindergarten ‚Kuchen oder sonstwas‘ gekauft wurde – der Versuch einer materiellen Kompensation der Trennungserfahrung durch die Eltern an.

Interessant ist, dass Mark in der Zeit bis zum Übergang und auch während des Übergangs selbst die Eltern als eine geschlossene Bezugseinheit thematisiert. Scheinbar empfindet er hier (noch) keine Differenzen in der emotionalen Bindung. Beide werden auch direkt in den Übergang zum Kindergarten verwickelt, so dass man das Bild erhält, dass beide gemeinsam mit ihm diesen Übergang ausgestalten.

Hier kann man zwei Vermutungen äußern. Entweder spiegelt Mark hier ein authentisches Geschehen wieder. Dann würden beide Eltern bemüht sein, Mark und vielleicht auch sich selbst den Übergang in den Kindergarten zu erleichtern, indem sie beide gemeinsam ihn über einen langen Zeitraum in die Kindereinrichtung bringen und dabei sogar mit stimulierenden Geschenken (Kuchen) ihn positiv zu motivieren und ihr ‚schlechtes Gewissen‘ zu beruhigen versuchen. In der anderen Vermutung stellt Mark hier eine Konstruktion vor, in der sich beide Eltern besonders und dauerhaft um sein Wohlbefinden bemühen. Wenn dies die Konstruktion einer ‚heilen Welt‘ ist, dann bricht allerdings diese Welt, indem der Übergang zu dauerhaft (immer), die Einheit zu fest und der Stimulus (Kuchen) zu willkürlich eingeführt wird. Hier schwingt eine distanzierende Bewertung mit, in der die Bemühungen der Eltern, die ‚ihm sonstwas mit auf den Weg geben‘ abgewertet wird.

Betrachtet man den Gehalt der Aussage ”sonstwas aufm weg” gegeben genauer, so fällt eine weitere Unstimmigkeit auf. Entweder es deutet sich hier an, dass Mark den Weg zum Kindergarten zumindest ein Stück alleine zurücklegen musste und er für die Bewältigung dieser Aufgabe mit einem Stück Kuchen oder etwas anderen stimuliert wurde. Oder für Mark stellt sich nicht der eigentliche Weg als Weg dar, sondern der gesamte Aufenthalt in der Kindereinrichtung wird als Weg verstanden. Dann wäre Mark in diesem Zusammenhang nicht an einem Zielpunkt angelangt, sondern er würde dies nur als Zwischenetappe zu einem anderen Ziel verstehen, nämlich wieder die Einrichtung zu verlassen und nach Hause zurückkehren zu können. Gerade in der letzten Variante wäre die Erfahrung des Kindergartens verbunden mit der Trennung von den Eltern eine schwierige, die aber von Mark im Moment des Erzählens nicht bewusst gemacht und intentional ausgedrückt wird.

Dass Mark seinen Aufenthalt nur als Übergangsphase betrachtet hat, kann auch mit dem weiteren Text gestärkt werden. Hier wird von ihm direkt nach dem Hinbringen nun das Abholen aus dem Kindergarten thematisiert. Die Zeit in der Kindereinrichtung scheint gegenüber der Trennungserfahrung von den Eltern irrelevant. Es wird nicht von freundlichen Erziehern oder Spielgefährten bzw. lustigen Abenteuern berichtet, wie dies doch in der Ersterzählung ansatzweise angedeutet wurde (Fasching und Ostern). Entscheidend ist für ihn eher, dass er nachmittags abgeholt wird. Eine Wertigkeit der Tageszeit des Abholens bleibt allerdings offen. So kann er dies z.B. als zeitig empfunden haben, wenn er es vielleicht mit anderen Kindern vergleichen konnte, die länger (vielleicht bis zum Abend) in der Einrichtung bleiben mussten. Es kann aber auch sein, dass Mark dies als sehr spät empfunden hat, weil dazwischen aus seiner Sicht ein viel zu langer Zeitraum ohne die Eltern lag. Je nach der Einschätzung könnte dabei auch der Einsatz der Eltern besonders positiv oder eher negativ bewertet werden. Hier findet also weder eine Problematisierung noch eine positive Bilanzierung statt, mit der die Schwierigkeit der Trennung oder die Intensität der Bindung zum Ausdruck kommen würde.

Interessant ist weiterhin, dass Mark das Abholen nur mit seiner Mutter in Verbindung bringt. Hier sind es also in seiner Erfahrung nicht beide Elternteile, die ihn aus der Einrichtung abholen. Auffällig ist aber auch, dass Mark hier eine Formulierung gebraucht, die nicht direkt dieses einzelne Engagement der Mutter betont. Hier könnte sich einerseits andeuten, dass ein engeres Verhältnis zur Mutter bestand, dieses aber aus den Normalitätsentwürfen der heutigen Zeit nicht artikuliert werden kann. Es kann aber auch sein, dass Mark eine Differenzierung zwar mit dem Tatbestand, dass es nur ein Elternteil ist, der ihn abholt einführen muss, diesen aber nicht in eine unterschiedliche Bewertung beider Elternteile ausarbeiten möchte.

Schließlich werden beide Elternteile direkt danach wieder zu einer Einheit zusammengeführt, als er davon berichtet, dass sie dann am Nachmittag zusammen gespielt haben. Die Bindung zu den Eltern wird hier in der Formulierung ”mein eltern” besonders betont. Aber auch hier sind die konkreten Tätigkeiten weniger relevant und aus der heutigen Sicht vielleicht beliebig gewählt. Es zeigt sich in der gesamten Sequenz ein eher distanzierter Blick auf die hier thematisierte Phase in der Kindheit.

Entscheidender bzw. gleich relevant zur dargestellten Elternbindung scheint für Mark der Hinweis zu sein, dass er mit ‚Lego‘ oder ‚matchbox‘ gespielt hat. Dies muss man mit den spezifischen Bedingungen in der DDR als eine privilegierte Westorientierung deuten. Hier war es durchaus nicht für jedes Kind normal, einen Zugang zu solchen Spielsachen zu haben. So kann der Hinweis von Mark für eine Kennzeichnung des besonderen – vom Normalen abgehobenen – Status der Eltern stehen, die vielleicht über persönliche Kontakte zur BRD verfügten und damit (zumindest von staatlicher Seite) als Oppositionelle etikettiert wurden. Man kann also riskant vermuten, dass Mark bereits hier auf eine bestimmte Oppositionskarriere oder eine spezifische Westorientierung hinweist, die er in seinem Elternhaus grundgelegt sieht.

M: naja und dann . . später . . bin ich dann nachher mit freunden rumjegangen .//hm// un mit den . in irgendwelchen bruchhäusern gewesen und so und . hab immer viel spaß jehabt naja . . . .

In dieser Sequenz schließt Mark eine Aussage an, die eine Entwicklung bzw. Veränderung seiner Aktivitäten und seiner Beziehungen deutlich macht. Zunächst ändern sich die primären Bezugspersonen. So ist Mark in dieser Zeit stärker mit Freunden zusammen. Dass diese nicht namentlich benannt werden, könnte ein Hinweis für deren Austauschbarkeit sein. Hier wäre stärker auf eine Beziehungsstruktur selbst verwiesen, als dass es um die Hervorhebung einzelner Beziehungen ginge. Mit einer stärkeren Orientierung auf Freundschaftsbeziehungen geht zur gleichen Zeit ein Bedeutungsverlust der Eltern einher. Sie scheinen in dieser Lebensphase nicht mehr von so herausragender Bedeutung zu sein.

Eine solcher Trend hin zu einer stärkeren Gleichaltrigenorientierung wurde bereits in der Ersterzählung deutlich. Hier scheint die konkrete Tätigkeit zunächst nachgeordnet. Man kann in der Formulierung ”rumjegangen” eine Art Sammelbezeichnung für sehr verschiedene Aktivitäten verstehen. Dabei lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem für spätere Lebensalter vielleicht typischen ‚rumgehangen‘ erkennen. Man kann also riskant vermuten, dass sich Mark hier an einem Normalitätsentwurf einer Jugendbiographie orientiert, auf die er rückwirkend schon in der Darstellung der frühen Kindheit hinarbeitet.

Die Tätigkeiten mit den Freunden werden schließlich konkretisiert und als eine (exemplarische oder dominante) Aktivität wird der Aufenthalt in Bruchhäusern markiert. Hier handelt es sich um ein vielleicht typisch städtisches Abenteuerverhalten. Bruchhäuser sind unbewohnte Häuser, die oft schon sehr baufällig sind, so dass ein Besuch nicht nur mit der Gefahr einer ‚unheimlichen Begegnung‘, sondern auch mit der konkreten Gefahr eines Einsturzes verbunden ist. Man kann vermuten, dass diese Gefahren gleichzeitig auch den Reiz einer solchen Betätigung ausmachen. Daneben erscheint dies nach meiner Ansicht als eine städtische Variante der Schatzsuche. Oft gibt es vieles zu entdecken, und gerade für Kinder ist vieles brauchbar oder wertvoll, was von den Erwachsenen zurückgelassen wurde.

Es ließe sich sicher noch mehr über den Reiz und die Faszination von Bruchhäusern für Kinder aussagen, ein Reiz übrigens, der im Jugendalter abzunehmen scheint. So ist eine weitere Komponente sicherlich darin zu sehen, dass man als Kind nicht nur etwas Verbotenes macht, sondern sich auch vor der Kontrolle und Sanktion der Erwachsenenwelt verbirgt, was dann für die Jugend weniger konstitutiv ist, weil man sich hier eher provokativ der Erwachsenenwelt gegenüberstellt. Man kann aber an dieser Stelle festhalten, dass Mark eine städtische Quartiers- und Abenteuerkindheit führt, die ihre ländliche Entsprechung vielleicht im Höhlenbau und -leben findet.

Was für Mark alles zu diesem Erfahrungsfeld dazugehört, wird jedoch nur angedeutet (”und so”). Er fast diese Etappe mit einer Bilanzierung zusammen, die ihm wichtiger scheint, als eine inhaltliche Ausführung seiner Erlebnisse. Nach seiner Aussage hat er ‚immer viel Spaß gehabt‘. Auch wenn man diese Bilanzierung nicht als eine wahrhaftige Aussage über das konkret Erlebte fassen kann, zeigt sich darin doch seine dominante Ausrichtung und Relevanzfestlegung. Danach ist er vordergründig darauf ausgerichtet, in seinem Leben Spaß zu haben. Das heißt in der Regel, dass man sein Leben nach aktuellen und oftmals auch situativen Bedürfnissen ausrichtet. Auch dies scheint für Jugend nicht untypisch zu sein und könnte damit auf die Orientierung an einem jugendorientierten Lebenskonzept verweisen.

Was jedoch irritiert, ist die Ungenauigkeit der zeitlichen Markierung dieser Lebensphasen. In der Form, wie Mark seine Erzählung gestaltet, scheint es, als ob direkt im Anschluss an den Kindergarten eine solche Orientierung ausgebildet wurde. Ein solches Verhalten wäre aber für einen Erst- oder Zweitklässler eher ungewöhnlich und hätte wahrscheinlich etikettierende und marginalisierende Wirkungen zumal unter DDR-Bedingungen ausgelöst, von denen in den bisherigen Lebensdarstellungen nichts zu finden ist. So könnte man hier in einer radikalen Auslegung ein Indiz dafür sehen, dass Mark in dieser Zeit sehr viele Freiräume von den Eltern zugebilligt bekommen hätte, die der Tendenz nach in Richtung Verwahrlosung gehen. Eine Vermutung, die jedoch mit der zum Ausdruck gebrachten sehr engen emotionalen Bindung zu den Eltern bricht. Deshalb ist eher davon auszugehen, dass die Thematisierung der Lebensphase Kindheit aus dem Orientierungsrahmen des aktuellen Lebenskonzepts als Jugendlicher gespeist wird und durch die fehlenden detaillierten Erzählungen von Kindheitserlebnissen nur sehr implizit und riskant Aussagen zur Erfahrungsqualität dieser Zeit gemacht werden können. Als eine solche nicht explizit am Material gedeckte Schlussfolgerung kann formuliert werden, dass die Lebensphasen der Kindheit dominant mit positiven Erfahrungsqualitäten bei Mark verknüpft sind, aber im Nachhinein des biographischen Wandlungsprozesses hin zu einer Dominanz gegenwarts- und jugendorientierter Welt- und Selbstkonzepte an Bedeutung verlieren und eher die Passungsstellen dieser kindhaften Erfahrungen mit der aktuellen Orientierung als Ermöglichung einer konstruierten Kontinuität biographischer Prozesse bedeutsam werden. Dass offensichtlich keine tiefgreifenden Krisen und problematische Erfahrungen in den Lebensphasen der Kindheit dominieren, wird auch darüber gestärkt, dass aus der formalen wie inhaltlichen Struktur der Darstellung dieser Lebensabschnitte keine Indizien dafür aufzufinden sind.

M: so (lacht) ich find das übelst schwer ich kann das nich formuliern //hm// das is so //hmm// lange zurück ich kann mich nich mehr jenau dran erinnern //hm hm// nur so . bruchteile wie das war . un wie ich mich verhalten hab und so da kann ich mich überhaupt nicht mehr dran erinnern (…2) ich weeß nur dass ich immer viel jelacht hab (lacht) //(lacht) na das machste ja jetzt och// ja und . //hm// dass ich scheiße jebaut hab das weeß ich noch

Schließlich bricht Mark erneut sehr schnell die eigenstrukturierte Darstellung seines Lebens ab und fordert den Interviewer mit Verweis auf die Schwierigkeit der Darstellung und der Erinnerung dieser frühen Lebenszeiten zur Übernahme einer dominanten Gesprächsstrukturierung auf. In dieser gewissermaßen eingeforderten Fremdstrukturierung der Lebensdarstellung zeigt sich, dass die Fremdheit gegenüber den eigenen frühen Lebensabschnitten offenbar z.T. bedrohlich auf Mark wirkt und bisher nicht in einen systematisch reflektierten Lebenszusammenhang gebracht wurde, wie er auf der Ebene eines repräsentierten Lebensverlaufs zugänglich wäre. Auch dies kann noch einmal als Bestätigung einer Annahme eines biographischen Wandlungsprozesses ins Feld geführt werden, insofern nun eine scheinbare Unvereinbarkeit früherer Lebensphasen mit den zugehörigen Selbstkonzepten und der aktuell dominanten (Jugend-)Selbstkonzeption erfahren wird. Allerdings wäre es verkürzt, daraus eine tatsächliche Unvereinbarkeit abzuleiten, insofern sie nicht auf die gesättigte Interpretation von Prozessstrukturen gestützt werden kann, die hier angesichts der geringen Anteile erzählender Texte nicht vorgenommen werden kann. Mark selbst scheint hier die drohende Verstrickung zwischen inkonsistenten und gebrochenen Lebensdarstellungen einerseits und der Hinterfragung der als Kontinuität entworfenen jugendlichen Selbstkonzeption andererseits zu spüren, da er sich beeilt, eine positive Bilanzierung der entthematisierten Lebensphasen nachzureichen. Mit der Feststellung des einzig verbürgten Wissens „immer viel gelacht“ zu haben, kann somit einerseits die drohende Gefahr einer Negativbewertung der frühen Lebensphasen durch den Zuhörer aufgefangen und zugleich eine Kontinuität der spaßorientierten Lebensführung behauptet werden.

Auch der Interviewer geht auf diese unter der Hand aufscheinende Kontinuitätslinie ein, indem er Mark auch für die aktuelle Situation ein dominant freudvolles Erleben bescheinigt. Damit wird ebenfalls unter der Hand ein gelungenes Anerkennungsverhältnis repräsentiert, was nun sukzessiv auch zu einer Stärkung der eigentlichen Gesprächsgrundlagen beitragen kann. So greift auch Mark anschließend einen weiteren Aspekt der Bilanzierung auf, die ebenfalls anschlussfähig an seine aktuelle Selbstkonzeption ist und daher eine positive Bewertung der früheren Lebensphasen zulassen könnte. Er deutet an, dass er sich neben dem Lachen auch daran erinnern kann, ‚Scheiße gebaut zu haben‘, was eine Charakterisierung von Aktivitäten ist, die deutlich anschlussfähig an die Abenteuer- und Aktion- und Spaßkonzeption einer sich von der Erwachsenenwelt abgrenzenden Jugendorientierung ist. Nachdem Mark daraufhin vom Interviewer ermutigt wird, solche Erlebnisse ausführlicher darzustellen, kann eine erste längere erzählende Passage in die Interpretation einbezogen werden.

M: ach naja was soll ich da erzählen naja da warn mer einmal in e bruchhaus . //hm// un irgendwie hatten wir da immer angst weil .. da stand immer e schild draußen dran betreten verboten eltern haften für ihre kinder . ich war mit meim freund . der is jetzt och noch mit bei mir //hm// mit dem (…2) zusamm .. un da warn mer da immer drinne hatten so . so wie ne burg jebaut un so . un irgendwie ham mer ma ne tür knarksen jehört . un sin mer rausjerannt //hm// . naja und dabei hab ich mir .. en riss ins schienbein jeholt und . das musste jenäht wern und so . //hm// zum beispiel sowas hatt ich da . damals //hm// ….. (…1) ich meine so dinge hat ich eigentlich (…1) nie so richtig erlebt so . irgendwie .. (…2) . //hm// jabs eigentlich nich für mich //hm// . ich hatte einlich immer nur spaß irgendwie an meim ganzen leben bis jetzt .. un jetzt treten die janzen andern dinge auf wie stress in der schule und //hm// . so . //ha// .. das is für mich ne übelste umstellung . //hm// (…3) .. naja . was jabsn noch so in meiner kindheit . hm . hm is ja schwer .

Die anschließende Darstellung knüpft inhaltlich an die Thematik der Bruchhäuser und damit an die Präsentation einer städtischen Abenteuerkindheit an. Zu Beginn der erzählenden Darstellung, die hier beinah im Duktus eines Märchens eröffnet wird (es war einmal) fällt erneut ein gesetzter aber nicht näher bestimmter Wir-Bezug auf. Eine kollektive Einbindung, die – wie im Weiteren deutlich wird – an das gemeinsame Erlebnis bzw. die gemeinsame Aktivität gebunden ist, die wiederum hier deutliche Charakterzüge des Abenteuers enthält. Stimmig ist an dieser Stelle einzig ein Wir-Bezug, der auf Gleichaltrige bezogen ist, weil nur dann unproblematisch von einer ähnlich gelagerten Erlebnis- und Erfahrungsintensität in diesen Abenteuern ausgegangen werden kann. Als dominante Erlebnisqualität lässt sich in der Darstellung die Erfahrung einer unbestimmten Angst kennzeichnen, die mit der Übertretung von Regeln der Erwachsenenwelt zusammenhängt. In diesem speziellen Fall, der als exemplarische Geschichte für eine typische Orientierung in dieser Lebensphase steht, wäre das Risiko der Regelübertretung und der drohenden Auseinandersetzung mit der Erwachsenwelt noch insofern gesteigert, weil im Falle einer Sanktionierung die konflikthafte Auseinandersetzung mit den eigenen Eltern zu erwarten wäre, zu denen doch ein prinzipiell harmonisches Verhältnis besteht. Man kann also hier von einer exemplarischen Gegebenheit ausgehen, in der besonders zugespitzt die damalige Orientierung zum Ausdruck kommt. Aber um welche Orientierung handelt es sich nun?

Mit der Schilderung von Angst beim Übertreten von Regeln, deren angedrohte Sanktionsmaßnahmen zur damaligen Zeit bekannt waren, kann folgender Orientierungszusammenhang vermutet werden. Zunächst weist die bewusste Regelübertretung auf einen offenen und probenden Umgang mit den Regelungen der Erwachsenwelt hin, der von einer Suche nach Nischen, Schwachstellen und somit eigenkreativ gestaltbaren Freiräumen gekennzeichnet scheint. Mark wäre damit in den Aktivitäten interessiert, sich nicht nur zeitlich oder räumlich den Regeln der Erwachsenenwelt zu entziehen, sondern der Versuch der eigenen Regelauslegung bzw. -gestaltung würde den Reiz für ihn ausmachen. Dieses Probieren ist nun als Regelübertretung aus den oben geschilderten möglichen Gefahren und Konsequenzen dominant auch mit Angst besetzt. Allerdings ist damit nur ein Aspekt einer ambivalenten Erfahrung benannt, der nicht erklären würde, warum trotz der Angst diese Freiräume bewusst gesucht und generiert werden. So scheint eher die Angst ein reziproker Indikator dafür zu sein, wie hoch die Chance auf Erfolg einer eigenkreativen Regelbearbeitung sein kann. Entzug der Erwachsenenwelt und Regelbearbeitung scheinen damit gleichermaßen die abenteuerorientierten Aktivitäten zu motivieren, die schließlich auch noch einen dritten Effekt für Mark haben können, der in einer Einbindung in Gruppen und so der Entstehung und Bestätigung eines Wir-Gefühls besteht. Gerade die Verstärkung eigener Orientierungen in dieser Gemeinschaft deutet an, dass bei Mark die gleichaltrige Bezugsgruppe deutlich gegenüber den Eltern im Vordergrund steht. Zu den Eltern kann dagegen eine Art lasziverer Beziehungshaushalt vermutet werden, der Mark Bewegungsräume eröffnet und gleichzeitig aber eine emotionale Eingebundenheit bereitstellt.

Nach diesen allgemeineren Ableitungen wollen wir die Erzählung genauer betrachten. Das vorgestellte exemplarische Abenteuer reduziert die Wir-Gemeinschaft auf Mark und seinen Freund, der bis heute noch sein Freund ist. Erstmals wird damit in Marks Darstellung ein personeller Bezug hervorgehoben und deren Bedeutsamkeit zum Ausdruck gebracht. Die Kennzeichnung der Dauer dieser Beziehung verweist auf eine Partnerschaft, die für beide Personen wichtige Orientierungs- und Stützungsfunktionen bereitstellt. Stimmig wäre hier die Vermutung, dass eine in dieser Zeit ausgeprägte dominante Erfahrung zu ähnlichen Selbst- und Weltkonzepten führte, die – wie bei Mark ersichtlich – eine starke Jugendorientierung beinhaltet. So wäre anzunehmen, dass der hier eingeführte Freund gleich ihm zur Skater- und Sprayerszene der Stadt gehört oder sogar Mark als Türöffner in diese Szene eingeführt hat.

Mit der Schilderung des Bruchhausabenteuers wird dann weiter deutlich, dass hier ein wiederkehrendes Aktivitätsmuster benannt ist und somit der bereits vermuteten Dominanz der aus den Aktivitäten abgeleiteten Orientierungen eine weitere Bestätigung zukommen kann. Mit einer Burg im Inneren eines Abrisshauses ist quasi bildhaft zum Ausdruck gebracht, wie Mark mit seinem Freund Nischen einer verregelten Erwachsenwelt nutzt, um eigene ‚Regelwelten‘ zu generieren. Gerade die Bezeichnung ‚Burg‘ deutet dabei auch den Charakter der Zuwehrsetzung gegen die Erwachsenenwelt und der Verteidigung eigener Orientierungssysteme an, die natürlich mit der Nähe zu Märchen und Rittergeschichten auch das Kindliche der Aktivitäten ausweisen. Das Wesentliche ist für Mark in der Darstellung dieser Aktivitäten aber nicht diese eigenkreative Generierung von Gegenwelten zur Erwachsenenwelt, sondern das konflikthafte Aufeinandertreffen beider Welten und die darin materialisierte Gefahr der Sanktionierung und Bestrafung. So wird als einschneidendes Erlebnis die Flucht vor der mit den Geräuschen einer Tür angekündigten Begegnung und Konfrontation als eigentlicher Fokus der Darstellungen deutlich gemacht. Dabei kann das Fluchtverhalten in dieser Lebensphase für eine doch generelle Einsicht in die Regeln der Erwachsenenwelt gelten und eine Akzeptanz der bestehenden Dominanzverhältnisse ausdrücken. Wäre diese Einsicht nicht gegeben, dann hätte z.B. in einer verkennenden Form der Konfrontation auch die direkte Auseinandersetzung gesucht werden können.

Mit der oben zitierten Einführung dieser Darstellung als ‚Scheiße gebaut haben‘ kann nun festgestellt werden, dass auch aus der aktuellen Orientierung heraus, dieses Verhalten als Abweichung und Verfehlung markiert wird. Somit kann geschlussfolgert werden, dass auch im aktuellen Erleben Marks die Gültigkeit der Regeln der Erwachsenenwelt nicht prinzipiell angezweifelt werden, aber er permanent auf der Suche ist, sich in Nischen dieser Erwachsenenwelt zu entziehen, um kreativ eigene Welten zu generieren. Allerdings deutet sich in der Formulierung – ‚Scheiße gebaut zu haben‘ – auch ein anderer Bedeutungsgehalt an, der weniger die Gültigkeit der Fremdeinschätzung dieser Aktivitäten aus der Perspektive der Erwachsenenwelt aufzeigt, sondern eine Eigeneinschätzung signalisiert, mit der ein Transformationspotential der eigenen Orientierungen aufscheinen kann. So wäre es möglich, dass sich die in dieser Formulierung transportierte Distanzierung und Abwertung des Verhaltens gerade auf die Fluchthandlungen bezieht. Dann müsste davon ausgegangen werden, dass die Flucht als Handlungsmuster bei drohender Konfrontation der eigenen mit der Erwachsenenwelt nicht mehr verbürgt wird und in letzter Konsequenz eine stärkere Orientierung auf eine direkte konflikthafte Auseinandersetzung mit der Erwachsenenwelt erwartet werden könnte. Eine solche Bedeutungsvariante wird z.T. darüber plausibilisiert, als die Flucht im geschilderten Fall mit einer Verletzung der eigenen Person in einem Zusammenhang gebracht wird, die ärztlicher Hilfe bedarf. Die hier aufgemachte Bedeutungsvariante ist aber eher als unterschwellige Transformationsmöglichkeit zu verstehen, da sich bisher keine Hinweise auf eine Konfrontationsabsicht und eine direkte Aberkennung der Gültigkeit der Regeln der Erwachsenenwelt finden lassen.

Damit kann die Darstellung der eigenen Verletzung im Umsetzen der auch aktuell dominanten Orientierungen ein erneuter Hinweis oder Versuch sein, die Kontinuität biographischen Erlebens und biographischer Orientierungen herzustellen. Gerade über die Ausweisung der Gefahr persönlicher Verletzungen wird ja auch die Abenteuerlichkeit der Unternehmungen betont und mit der Darstellung des Risikos auch die Chance umfassender Leistungsbereitschaft und Erfolgsmöglichkeit signalisiert. Damit ist das vorgestellte Abenteuer natürlich auch als Präsentation einer subjektiven Einzigartigkeit zu interpretieren.

Im Anschluss wird dann nochmals der Stellenwert der Darstellung als exemplarischer Beleg einer Abenteuerorientierung in dieser Lebenszeit von Mark herausgestellt. Gleichzeitig wird dann aber auch eine theoretische Einbettung dieser Darstellung versucht, die nun daran zu scheitern droht, dass aus der Perspektive eigentheoretischer Verarbeitung keine herausragende Bedeutung dieser Abenteuer konstruiert werden kann. Stattdessen läuft diese Überlegung in ein Fazit aus, dass eigentlich herausragende Ereignisse, die aus der jetzigen Sicht besondere Relevanz zugewiesen bekommen müssten, nicht erinnert werden können.

Zentral scheint dabei die Bilanzierung, ‚immer nur Spaß gehabt zu haben‘, – die stimmig an die Bilanzierung ‚immer viel gelacht zu haben‘ anschließt –, weil sich hier noch einmal eine subjektive Einschätzung des gesamten Lebens ausdrückt, die wieder den Bezug zur aktuellen Konzeption von Selbst und Welt herstellt und deren dominante Erlebnisorientierung verdeutlicht. Zentral ist diese Bilanz aber auch vor allem deshalb, weil sich mit dem zeitlichen Markierer ‚bis jetzt‘ ein grundlegender Bruch in der Umsetzung der aktuellen Orientierung andeutet, die auch auf die Bedrohung des aktuellen biographischen Selbstkonzeptes hinweist. Damit deutet sich ein dramatisch erfahrener Wendepunkt in der Lebensgeschichte Marks an, mit dem die kontinuierliche Fortführung des erlebnis- und gleichaltrigenorientierten Selbstkonzepts verhindert scheint. Die Schwierigkeit, die Mark auch in seinen Formulierungen repräsentiert zeigt sich einerseits in der Anwesenheit eines ganzen Bündels von Hindernissen bei der Umsetzung seiner Orientierungen und andererseits in der Explikation der erfahrenen Schwierigkeit der hiermit erforderten und erzwungenen Umstellung seiner biographischen Selbstkonzeption. Der biographische Verlauf lässt sich demnach als einen zunächst durch die Bedingungen des Aufwachsens begünstigten und geförderten biographischen Wandlungsprozess kennzeichnen, dessen kontinuierliche Fortführung nun durch veränderte äußere Konstellationen verhindert wird und somit zu einem erzwungenen biographischen Wandlungsprozess führt.

Schließlich soll das Augenmerk noch einmal auf das thematisierte Bedingungsgefüge dieses neuen und schmerzhaften (weil äußerlich erzwungenen) Wandlungsprozesses gerichtet werden. Hier wird von Mark zunächst auf die Anwesenheit eines Ursachenbündels verwiesen, das jedoch nicht zur Explikation gebracht wird, sondern exemplarisch an die Schule gekoppelt bleibt. Für diesen Tatbestand sind nun zwei Interpretationen möglich, die deshalb zentral erscheinen, weil sie auf eine verschiedene Gewichtung des Schulischen verweisen. In einer ersten Interpretation kann von einer tatsächlichen Ursachenkopplung ausgegangen werden, als deren exemplarischer Vertreter hier die Schule genannt wird. Damit wäre der Schule eine exemplarische und repräsentative Funktion bei der Auslösung des erzwungenen Wandlungsprozesses zuzuweisen. Stress in der Schule wäre hier einerseits markant, andererseits aber neben andere Einflüsse gestellt, die z.B. in der Familie oder anderen außerschulischen Erlebnisbereichen einstellen. Diese Interpretation hat nun den Mangel, dass deren Plausibilität nur durch die Ausweisung anderer Problemfelder erreicht werden kann, von denen bisher im Text jede Spur fehlt.

In einer zweiten Interpretation kann deshalb davon ausgegangen werden, dass der eigentliche Auslöser des erzwungenen Wandlungsprozesses in der Schule zu verorten ist, diese Fokussierung des Problemfeldes aber aufgeweicht wird, weil die Auswirkung auf andere Lebensbereiche dieser Problematik erahnt oder antizipiert wird. Man kann sogar sagen, dass die Problematik schulischer Erlebnisse erst deshalb zum Auslöser dieses erzwungenen Wandlungsprozesses wird, weil die Außenwirkung nicht mehr entthematisiert werden kann. Gerade in dieser Interpretation deutet sich nun ein weitreichender Problemzusammenhang zwischen Schule auf der einen Seite und der aus dem biographischen Wandlungsprozess hervorgegangenen dominanten Erlebnisorientierung auf der anderen Seite an. Während die Schule also einerseits anfangs den biographischen Wandlungsprozess beschleunigt vorantreibt, indem sie die Kontakte zur Skaterszene herstellt und die Einbindung in die Gleichaltrigenbeziehungen ermöglicht, – hier also für Mark das Ausweichen in eine jugendorientierte Nischenwelt realisieren hilft, mit der sich den Anforderungen der Erwachsenenwelt tendenziell entzogen werden kann – bewirkt sie andererseits, dass gerade diese Erwachsenenorientierungen über die Schule massiv auf Mark einströmen und somit einen erneuten Wandlungsprozess erzwingen.

Im Nachhinein kann diese drohende Verunsicherung des biographischen Selbstkonzeptes mit der Dominanz einer Gleichaltrigen- und Erlebnisorientierung und der darüber präsentierte Zwang zur erneuten biographischen Wandlung die geringe Relevanz früherer Lebenserlebnisse und die schnelle Fokussierung auf die Gegenwart plausibilisieren, indem deren Brisanz und Dominanz im Erleben Marks bedacht wird. Die zum Ausdruck gebrachte Schwierigkeit, die an die erzwungene biographische Wandlung gekoppelt ist, wäre hier als Motivation zu deuten, warum eine stimmige Konstruktion der bisherigen Lebensgeschichte erschwert ist. Denn für Mark wäre in dieser Lebenskonstruktion einerseits die Differenz im Selbstkonzept in Bezug auf die erste biographische Wandlung zu überbrücken und andererseits mit der antizipierten Wandlung in einen stimmigen Zusammenhang zu bringen.

Mit der hier skizzierten Orientierungsschwierigkeit Marks bei der zusammenhängenden Darstellung seines Lebens durch den aktuell erzwungenen Wandlungsprozess ist deutlich, warum bisher die lebensgeschichtlichen Darstellungen auf sehr niedrigem Explikationsniveau angesiedelt sind und generell bei Mark die Fähigkeit einer geschlossenen lebensgeschichtlichen Darstellung zu fehlen scheint. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die z.T. ungünstigen Bedingungen der Interviewsituation mit der aktuellen Lebensproblematik zusammenfallen und sich so noch gegenseitig verstärken. In der konkreten Interviewsituation versucht nun der Interviewer trotz der offensichtlichen und von Mark explizierten Schwierigkeiten mit weiteren Nachfragen eine umfassende Darstellung der früheren Lebensphasen zu erwirken. Jedoch zeigt sich auch in den Reaktionen auf die weiteren Nachfragen, dass die prinzipielle Schwierigkeit einer geschlossenen lebensgeschichtlichen Darstellung nicht aufgehoben wird, sondern von Mark immer nur einzelne Aspekte als Fakten erinnert werden, ohne in tatsächliche Narrationen zu verfallen. So bezieht sich ein weiterer Stimulus des Interviewers auf eine räumlich beschreibende Annäherung an die früheren Lebensphasen.

M: ja was kann ich da beschreiben .. nich so viel eigentlich . ich hab war immer irgendwie ortsgebunden ich bin irgendwie nich weggegangen ich hab mich immer nur im selben ort . //hm// aufgehalten .. jekommen hab mich dann jetzt ausjekannt . (stadtteil-)viertel //hm// an der (flussname) und so … ham mer immer verstecke jespielt und naja was mer so als kind einfach alles macht . //hm// .. un ansonsten … bin ich immer nur weggefahren mit meinen eltern an de ostsee oder so //hm// . naja

Auch bei der Reaktion auf diese angebotene Strategie, über Ortsbeschreibungen sich den Erlebnissen der Kindheit anzunähern, ist die Zurückweisung und Distanzsetzung zu spüren. So wird einerseits – hier als Legitimation für eine nur geringe Bezugnahme auf die Aufforderung – eine geringe räumliche Mobilität behauptet, die jedoch im Widerspruch zu den Interpretationsergebnissen aus den Anfangspassagen des Interviews steht und insofern eher als Strategie verstanden werden muss. Schließlich zeigt sich auch, dass mit den angegebenen Räumlichkeiten ein größeres Gebiet bezeichnet ist, jedoch hier nicht eine Hervorlockung der an diese Räume gebundenen Aktivitäten erfolgt. Die kindlichen Aktivitäten werden stattdessen in den Horizont der Normalerwartungen kindlicher Verhaltensweisen eingebettet und eine Nichtthematisierung damit scheinbar legitimiert. Als zweiter räumlicher Bezugspunkt wird dann von Mark der Ostseeraum benannt, der exemplarisch das expansive Raumverhalten in der familialen Einbettung verdeutlichen soll. Von einem expansiven Raumverhalten lässt sich – zumindest aus Marks Sicht – sprechen, weil dieses Wegfahren und Räume erschließen mit den Eltern mit „immer nur“ als dauerhafte Erfahrung herausgestellt wird. Dabei deutet sich auch hier der Wiederspruch zur vorherigen Aussage an, mit der ein expansives Raumverhalten gerade negiert wurde. Vielleicht rührt diese Einschätzung von inzwischen erweiterten Vorstellungen der Raumaneignung, innerhalb derer die früheren räumlichen Erschließungen in ihrer Wertigkeit zurückgestuft werden. Damit würde aber insgesamt die Relevanz räumlicher Mobilität und quasi expansiver Aneignung nur umso deutlicher hervortreten.

Insgesamt bestätigt sich aber auch in dieser Sequenz, dass Mark die Schwierigkeiten nicht überwinden kann, die ihn an einer umfassenden und detaillierten lebensgeschichtlichen Darstellung hindern. So bricht auch hier die Darstellung sehr unvermittelt ab. Der Interviewer versucht dann mit seinem nächsten Anreiz die Thematik der Schule noch einmal fokussiert in den Blick zu nehmen, indem auf die Einschulung und mögliche lebensgeschichtliche Veränderungen hingewiesen wird.

M: naja in de schule jekommen da kann ich mich noch an de zuckertüte erinnern (lachend gesprochen) //(lacht)// son schönes großes ding mit schokolade drinne . und irgendwelchem zeugs naja .. und früher wars dann noch so mit hort . //hm// also .. und das war hier oben gleich ich war in der händelschule hier drüben //hm// is die schule und da oben der hort . da war ich drinne . naja .. un da ham mer ja jenau da fällt mir was ein //hm// ich weeß nich da war ich so . zweite klasse oder so oder dritte klasse . un da hattch noch überhaupt keinen plan von faschisten und von hitler und sowas naja . und da hatt ich mir mal . (räuspert sich) mit meim freund . ham mer so . so s hitlerzeichen jesehn .. wir fanden das och janz cool . und da ham wir uns en stück kreide jeschnappt und ham das überall an de bäume dranjemalt //hm// . naja natürlich ham mer da übelsten stress und lehrer ranjekricht na en brief an de eltern und so . naja natürlich ham mer das früher noch nich so . jepeilt irgendwie //hm// . was das bedeuten sollte . //hm// . naja und jetzt weeß ichs ja (lacht) //(lacht)// ich glaube ich würdes nich noch mal machen . //hm// na ansonsten

Auch hier greift Mark guten Willens die Anregungen des Interviewers auf und präsentiert eine Darstellung, die zeitlich mit der Einschulung beginnt. Aber auch hier bleibt die Übergangspassage der Einschulung eher randständig und wird stattdessen nur verdichtet im Objekt der Zuckertüte angetippt. Die Bedeutsamkeit dieser Einschulung kommt nun im Objekt der Zuckertüte in ihrer Ambivalenz für Mark zum Ausdruck. Einerseits war diese ‚ein schönes großes Ding‘ und kann in dieser Hinsicht für die Erwartungen und Versprechungen der Schule stehen. Andererseits aber war auch ‚irgendwelches Zeug‘ da drinnen, was symbolischer Ausdruck der unbekannten Seiten des Schulbesuchs, der Fremdheit und Distanz des Schulischen zum bisherigen Erleben sein kann. Stärker, als die tatsächlichen Empfindungen zum damaligen Erleben, strukturieren auch hier die aktuellen Bezüge, wie sie z.B. in der räumlichen Nachbarschaft der damaligen Schule zum jetzigen Schulaufenthalt gegenwärtig sind. Bedeutsam ist hier vielleicht der implizite Hinweis darauf, dass scheinbar in direkter Nachbarschaft der Einschulungsschule und dem aktuell besuchten Gymnasium ein schulischer Komplex vorstellig wird, der nur geringe räumliche Mobilität und räumliche Umstellungserfahrungen bei den Übergängen erfordert. Schließlich führt nun die räumliche Vergewisserung über die ersten Phasen der Schulzeit zur Erinnerung eines schulischen Erlebnisses, dass Mark dann in einer zweiten narrativen Darstellung im Interview bereitwillig und scheinbar froh – hier den Interviewerwartungen entsprechen zu können – präsentiert.

Die präsentierte Episode handelt von Mark und (s)einem Freund, der vermutlich mit der bereits genannten Bezugsperson identisch ist. Das geschilderte Erlebnis präsentiert zunächst eine analoge Orientierung bei beiden, die hier eine aufgeschnappte Symbolik (das Hakenkreuz) als eine gelungene Ausdrucksform von Orientierungen deuten (‚ganz cool‘), adaptieren und in vervielfältigter Form zur Aneignung und Kreation ihrer Welt reproduzieren. Dabei ist die Schule zunächst nur insofern als Bezugspunkt dieser Unternehmung relevant, als sie das räumliche Umfeld und das Material zur Umsetzung des Vorhabens (Kreide) liefert. Die Schule wird aber dann in massiver Weise relevant, weil sie als Institution und in Vertreterschaft der Lehrer als Sanktionsinstanz in Erscheinung tritt und somit auch als zentraler Repräsentant einer Erwachsenenwelt erscheint. Die versuchte Aneignung der Erwachsenwelt mit den Aspekten der kreativen Bearbeitung und eigenen Sinnproduktion gerät hier über die Schule mit der Erwachsenenwelt selbst in Konflikt. Es entsteht Anpassungsdruck und in gewisser Weise wird Mark und seinem Freund die Symbolik zur Sinnstrukturierung ihrer Welt wieder enteignet. Dieser Angleichungsprozess geht für Mark und seinen Freund mit Stress einher, was die Problemhaftigkeit des Erlebens zum Ausdruck bringt.

Man kann nun aufgrund der herausgehobenen Repräsentation dieses Ereignisses von einer biographischen Bedeutsamkeit ausgehen, die noch einmal verdichtet dargestellt werden soll. Deutlich wird, dass für Mark die Schule in dieser Zeit nicht als Lernraum bedeutsam ist, sondern Schule für ihn dann eine herausgehobene Relevanz bekommt, wenn sie als Institution frühe Verselbständigungsschritte und die Aneignung und auch Kreation von Welt zusammen mit seinem Freund verhindert und sanktioniert. Damit erscheint aber die Schule deutlich als Gegenmodell und quasi Gegenwelt, zu dem, was von Mark in seinen Orientierungen eigentlich anvisiert wird . Im Zusammenhang mit den Interpretationen der früheren Interviewpassagen kann man formulieren, dass Mark hier als herausragendes Ereignis die Sanktionsmacht der Schule in einer frühen Schulphase erfährt (2./3. Klasse) und darüber die Suche nach Nischenwelten, in denen eigene Weltkonstruktionen realisiert werden können, aus dem schulischen Zusammenhang ausgelagert werden.

Als Stärkung dieser Interpretation kann die Bilanzierung des Ereignisses von Mark herangezogen werden. Hier macht er deutlich, dass er mit dem heutigen Verständnis und Erfahrungsschatz diese Aktion nicht wiederholen würde. Dabei ist zwar zunächst offen, ob sich diese Distanzierung auf die Symbolik des Faschismus bezieht oder generell die Artikulation einer kreativen Umdeutung von Erwachsenensymbolen im schulischen Zusammenhang gemeint ist. Jedoch schwingen beide Bedeutungen mit, insofern eine strikte Ablehnung aus der heutigen Sicht dennoch nicht erfolgt. Intuitiv realisiert Mark hier, dass es gerade nicht um die Umsetzung der Erwachsenensymbolik bei der Tat ging, sondern tatsächlich ein transformierender Verwendungszusammenhang der Symbolik zugrunde lag. Denn eine deutliche Distanzierung vom Faschismus kann nach dem bisherigen Text eher vermutet werden.

Im weiteren Interviewverlauf bittet der Interviewer nun um eine Explikation der Reaktionen der Eltern, um den Problemzusammenhang im Zusammenspiel von Elternhaus und Schule zu eruieren. Mark berichtet dann – mit der Einschränkung fehlender Erinnerung –, dass von den Eltern der Versuch der Aufklärung über die Bedeutungsgehalte der Symbolik unternommen wurde. In dieser knappen Skizze elterlichen Verhaltens auf die initiierte Sanktionierung der Schule fällt auf, dass hier im Elternhaus keine einfache Übernahme oder Verstärkung der schulischen Sanktion vorgenommen wird, sondern Mark im Elternhaus auf einen eher liberalen Aushandlungshaushalt zurückgreifen kann, indem eher aufklärend auf das sein Verhalten eingewirkt wird. Dies ist nun insofern zentral, als Mark hier bereits im frühen Alter ein familiales Klima erfährt, dass für eigene Suchprozesse und -bewegungen förderlich ist.

Mit Bezug auf die Schule wird dann ein weiterer Beleg für die Sanktionsmacht geliefert, der jedoch weniger in der Brisanz als in der Dauerhaftigkeit seine Bedeutung für Mark gewinnt. So habe er die Einflussnahmen der ‚strengen Hortlehrerin‘ negativ erfahren, die mit ihren Handlungen gerade Freiräume im schulischen Zusammenhang verschließt. Hier wird diese Schließung exemplarisch an der erzwungenen Einordnung in schulische Formen der Leistungserbringung und -präsentation (Schreibheft) und in schulische Regeln (Mittagsschlaf) verdeutlicht. In dieser konkreten Aneinanderreihung der elterlichen und schulischen Sank- tionsstrategien wird der Kontrast zwischen beiden Sozialisationsräumen für Mark markant erfahrbar. Während im Elternhaus eher Freiräume eröffnet werden und durch den liberalen Verhandlungshaushalt Suchbewegungen gerade gefördert werden, deutet sich für die Schule an, dass dort stark sanktionierend diese Freiräume gerade verschlossen werden. Wenn nun aber gerade diese Suchbewegung zum biographischen Selbstkonzept als dominanter Aspekt gehört, wird plausibel, warum Schule für Mark scheinbar nur randständige Bedeutung zugewiesen bekommt

Auf die nächsten Fragen des Interviewers, die sich auf signifikante Bezugspersonen in der Schule, das Verhältnis zu den Eltern und deren berufliche Situierung richten berichtet Mark eher informierend. Hier lassen sich damit einige Details ergänzen, ohne dass jedoch grundlegend neue Aspekte der Lebensgeschichte von Mark deutlich werden. Deshalb sollen im Weiteren diese Informationen zusammenfassend dargestellt werden, um dann auf einen Themenkomplex übergehen zu können, der Auskunft über die aktuelle Lebensphase von Mark und seine Orientierungen gibt.

In seinen Darstellungen verdeutlicht Mark, dass er besonders zu dem schon eingeführten Freund eine sehr enge Beziehung aufgebaut hat, die seit der ersten Klasse andauert. Dabei werden die zentralen gemeinsamen Aktivitäten auch in dieser Sequenz mit Abenteuern gekennzeichnet, die sich hier auch auf die Erschließung von Räumen in der Natur richten, wobei auch hier neben dem Kitzel des Risikos die Funktion eigener Nischenwelten (hier in Form der Erkundung einer Höhle) zentral markiert wird. Dabei ist auch hier das dominante Kriterium für die Einschätzung dieser Unternehmungen der Spaß und damit die Erlebnisorientierung.

Die Beziehung zu den eigenen Eltern wird als sehr positiv eingeschätzt, wobei die Eltern in dieser Darstellung den Status von Gleichaltrigen zugewiesen bekommen, indem sie als ‚Kumpels‘ bezeichnet werden. Wichtig ist hierbei, dass die Eltern als Bezugspersonen zur Verfügung stehen, mit denen man wechselseitig Probleme besprechen kann. Auch hier deutet sich die bereits interpretierte eher partnerschaftliche Beziehung an, die für Mark ein Klima bereitstellt, in dem er eigene Entwürfe entwickeln und über Austauschprozesse falsifizieren kann. Zentral ist dabei, dass die Eltern nicht dominant restriktiv die Entwicklungen von Mark vorgeben und einschränken. An dieser Stelle werden von Mark auch die Großeltern erwähnt, zu denen er ebenfalls ein gutes Verhältnis hat. Beide Eltern sind beruflich eher in mittleren Positionen platziert. Der Vater arbeitet in der Rechnungsabteilung der Stadtwerke und die Mutter wird als Hausfrau eingeführt, die freiberuflich als Strickdesignerin tätig ist und hier den Status einer beruflichen Selbständigkeit präsentiert.

In den weiteren Darstellungen wird deutlich, dass diese Ausgangslage der beruflichen Positionierung der Eltern für Mark entscheidende Rahmungen der biographischen Entwicklung bereitstellt. Besonders durch die (zumindest halbe) Hausfrauentätigkeit der Mutter, ist für Mark eine permanente Bezugsperson in den frühen Lebensphasen verfügbar, die Mark auch von vielen häuslichen Verpflichtungen befreit. Die hier angelegte Verhinderung der Ausprägung einer frühen praktischen Verselbständigung in Bezug auf die Fähigkeiten einer eigenständigen Organisation des lebenspraktischen Alltags resümiert auch Mark mit dem Hinweis, dass er nun Probleme hat, die eigene Wohnung sauber zu halten. An dieser Stelle ist nun ein Punkt im Interview erreicht, an dem der Interviewer auf die gegenwärtige Situation Marks überleitet und hier den Aspekt der eigenen Wohnung aufgreift, um die aktuellen Alltagsregelungen Marks zu eruieren. Auslöser dieser stärkeren Gegenwartsbezogenheit ist sicher die Irritation, die mit der Vorstellung einer eigenen Wohnung im Alter von ca. 16 Jahren hervorgerufen wird.

I: ar hast jetzt schon ne wohnung

M: (hustet) naja nicht ne wohnung .. also . es is so . praktisch wie ne wohnung //hm// (…1) wohnung steht nur in dem haus . //hm// frei .. und da bin ich dann da reinjekomm . und (…1) halt so naja is ja egal . //hm// .. is eigentlich janz in ordnung //hm// .. man kann halt nicht . alle dinge machen die ich zur zeit mache . //hm// also . musik machen und so …

Der informative Gehalt dieser Sequenz scheint zunächst eher gering. Wir erfahren hier lediglich, dass Mark eine freistehende Wohnung in einem Haus bekommen hat, die jedoch nicht den vollwertigen Status eines alltagspraktischen Lebensraums hat, mit dem Mark sich z.B. auch aus dem Elternhaus konsequent herauslöst. Jedoch lassen sich implizite Hinweise finden, die auf eine besondere Beziehungsstruktur zu den Eltern und eine entsprechende Eigenstrukturiertheit von Mark schließen lassen. Allem Anschein nach handelt es sich bei der erwähnten Wohnung nicht um ein Äquivalent für eine vollständige lebenspraktische Verselbständigung, sondern um einen – schon tendenziell in diese Richtung deutenden – neu erschlossenen Schon- bzw. Nischenraum. Dieser wird nun von Mark nicht eigenaktiv erkämpft – zumindest schließt die Darstellung eine solche Variante eher aus –, sondern scheint Mark über andere zugewiesen, die ihrerseits aktiv handelnd diesen Raum für Mark erschlossen haben. Hier liegt nun eine Variante nahe, die sich gerade auf das Verhältnis von Mark zu seinen Eltern und der Ausformung seines Selbstkonzeptes im Zusammenspiel mit seiner persönlichen Fallstruktur bezieht.

Offensichtlich werden von den Eltern, deren Beziehung bereits als eher permissiver Verhandlungshaushalt herausgearbeitet wurde, Mark immer wieder solche Freiräume eröffnet, die eine kreative Konstruktionsarbeit in Nischenwelten ermöglichen, und so im Sinne einer Schonwelt die konkrete Auseinandersetzung mit der Erwachsenenwelt abfedern. Allerdings verhindert gerade dieses Bereitstellen und Arrangieren von Schonwelten, dass Mark eine konsequente lebenspraktische Selbständigkeit ausbilden kann. So werden zwar einerseits kreative Weltaneignungen und Umdeutungen besonders im jugendkulturellen Milieus gefördert, andererseits aber damit auch die konsequente Auseinandersetzung mit den Erwartungen und Anforderungen der Erwachsenenwelt ausgesetzt, mit denen Mark schließlich eine eigene lebenspraktische Selbständigkeit entwickeln könnte. So probt Mark gewissermaßen unter Laborbedingungen den Ernstfall (wie hier im Fall des selbständigen Wohnens), was nun dazu führt, dass Mark zwar ein Selbstbild großer Selbständigkeit entwickeln kann, ohne aber über die tatsächlichen Fähigkeiten und Ressourcen zu verfügen. Von der Tendenz kann hier zunehmend ein Spannungspotential aufklaffen, das mit einer brüchig werdenden Selbstwahrnehmung angesichts des Scheiterns gegenüber Alltagserwartungen ausbricht. Zur Zeit des Interviews deuten sich diese Schwierigkeiten als intuitive Befürchtungen bereits an. Dennoch scheint Mark die Differenz zwischen jugendkultureller Verselbständigung und lebenspraktischer Selbständigkeit eher auszublenden. So z.B., als die Schwierigkeiten der Führung der Wohnung entthematisiert und stattdessen die Nutzung für jugendkulturelle Freisetzungen betont werden. Auf der Ebene jugendkultureller Betätigungen scheint sogar noch ein expansives Streben auf, wenn Mark von den Begrenzungen (musikalische Tätigkeit) in der Wohnung berichtet.

Damit ist nun das Gespräch auch im Nachfragenteil bei den gegenwärtigen jugendkulturellen Aktivitäten angelangt. Auf eine erneute Aufforderung des Interviewers, diesen Bereich umfassender darzustellen, folgt dann von Mark die längste und detaillierteste Darstellung im gesamten Interview, in der in der sequenziellen Folge innerhalb des biographischen Verlaufs die einzelnen Aktivitätsbereiche abgearbeitet werden.

M: was ich jetzt mache //hm// . jaja also skaten mach ich . //hm// also . dann hatt ich noch breakdance jemacht aber . is nich irgendwie so die erfüllung für mich . //hm// ich hab das so en jahr lang gemacht un so . es hat och viel spaß jemacht aber im endeffekt so .. hat wird mer nich mehr jepusht irndwie am ende //hm// weil . jumps also . auftritte oder so . //hm// bei irgendwelchen . konzerten . was weeß ich . das gabs och so viel hier in der gegend in (stadtname) //hm// und da hättch in andre städte fahrn müssen und . da ham meine eltern nich mitjemacht . na ich bin ja noch fuffzehn

Mark beginnt seine Darstellung hier mit dem aktuell dominierendem Aktivitätsfeld (dem Skaten), bricht jedoch dann diese Darstellungslinie ab und eröffnet eine zeitlich davor liegende Aktivitätslinie, die wichtig scheint, um die Vielfalt aber auch die spezifische Entwicklungsrichtung seiner jugendkulturellen Aktivitäten zu vermitteln. Als dieses vorgelagerte Aktivitätsfeld wird Breakdance eingeführt und dann sogleich eine Distanzierung diesen Tätigkeiten gegenüber vorgenommen, die an das Kriterium der Erfüllung gekoppelt sind. Mit der Distanzierung unter dem Kriterium der individuellen Erfüllung wird der Abbruch dieser Beschäftigungen plausibilisiert. Zugleich zeigt aber auch, dass Mark gerade in diesem Tätigkeitsbereichen dominant auf die Erfüllung individueller Interessen fokussiert, wie sie bereits in der Orientierung auf Spaß, Aktion und Anerkennung unter Gleichaltrigen herausgearbeitet worden. In den nachträglichen Formulierungen zu diesem Abbruch wird dann deutlich, dass gerade der Aspekt der Anerkennung sich zunehmend problematisch gestaltete, insofern die dazu notwendigen Auftritte nur schwer in der näheren Umgebung zu bekommen waren. Damit ist der Tätigkeit ein anerkennendes Publikum verweigert bzw. nur schwer zugänglich. Schließlich werden auch die Eltern als entscheidende Instanz für diesen Abbruch eingeführt, da sie die Fahrten in weiter entfernte Auftrittsorte verweigern.

Damit scheinen insgesamt zwei Orientierungslinien auf, die für Mark in der Suche nach seinen Aktivitätsfeldern bedeutsam sind. Erstens handelt es sich um solche Tätigkeiten, die innerhalb der jugendkulturellen Wertschätzung weit oben angesiedelt sind und deren Ausübung somit ein hohes Maß an Anerkennung Gleichaltriger generiert (‚gepusht werden‘), die hier als Angehörige oder Sympathisanten aktueller Jugendkulturen auszuweisen sind und damit gerade die jeweils dominante Gegen- oder Nischenwelt zur Erwachsenenwelt repräsentieren. Zweitens werden die hier offenen Anerkennungsangebote nur dann als solche erfahren, wenn sie unter Bedingungen inszenierter Öffentlichkeit eingefordert werden kann. Damit wird nun aber auch klar, dass für Mark diese Tätigkeiten gerade nicht vordergründig an den eigenen Spaß gebunden sind, sondern dieser in erheblichem Maße nur dann erfahren werden kann, wenn er an die übermittelte Anerkennung von der Erwachsenwelt alternativer Jugendkulturnischen gebunden ist, die im Rahmen inszenierter Öffentlichkeit gerade die Strukturen dieser Erwachsenenwelt nachahmt.

Ergänzen lässt sich schließlich mit Bezug auf die Eltern, dass diese zu diesem Zeitpunkt der jugendkulturellen Karriere Marks noch Einfluss auf seine Tätigkeiten ausüben können, insofern sie die alltagspraktische Selbständigkeit von Mark als überfordert ansehen. Damit sind sie aber gerade auch eine wesentliche Instanz, die die Ausbildung dieser alltagspraktischen Autonomie mit behindern und zurückstellen.

M: okay naja . s hab ich noch gemacht oder ich machs . ich ich male noch //hm// also graffity und so .. naja da gibts och son paar dinge . ich weeß nich ob ich die jetze . offen erzählen . dürfte . oder kann //or gerne na . na// naja bloß dass es nich irjendwie an de öffentlichkeit kommt oder so //nee nee// weil . da könnten richtch ziemlich viele leute jearscht sein so . //hm// also ich zum beispiel . //hm// . okay ich sach jetz nischt weiter . aso .. find ehmt schon schau schon ma . illegal sprühn . //hm// ja und naja .. s war vielleicht vor m vierteljahr oder so . //hm// . das war innerhalb von ner woche aso . in der woche . und da hat . also ich kenn die polizei also polizeistreife und so fährt da nich rum da fährt nur de soko rum die . sind in zivil . //hm// die erkennt mer nich naja . ich war mit meim freund äh . draußen . naja . irndwo ham mer uns dann ma hinjesetzt .. so unsre sachen ausjepackt .. (…2) . //aha// . un of eenma kommt da so e auto … //(zu jemand anderem) tach . wir sind hier nur drin in dem raum jetzt (…1) nein (…2) …// naja und of eenma steht da so e mächtjes auto mit grellem licht vor uns und .. ich hab meine sachen da stehnlassen un bin erstma mit meim freund abjehaun . //hm// . der hatte seine sachen natürlich mit und meine sachen standen natürlich noch da ohm . und ich konntn ja nich stehenlassen mit n fingerabdrücken und sowas .. da bin ich dann im endeffekt nach ner halben stunde noch mal hin das war so nachts um drei oder früh um drei … naja . bin da dahin . hab mein zeug zusammengepackt . einjesteckt und . ich seh da unten so . n kunden ausm auto raussteigen . //hm// aus dem auto was da vorhin stand .. und der is zu mir hochjerannt . naja jut ich hab dann . übelsten schiss . bin dreieinhalb stunden . so oft durchs burgviertel . jespikt . //hm// nichts . von nichts ahnung kein plan . //hm// überall nur weiße autos jesehn . wo mer denkt da sitzt jemand drinne . panik und so . //hm// .. im endeffekt hab ichs ja dann aber doch noch jeschafft . dass ich nach hause jekomm bin . //hm// (…5) also //hm// deswegen mach ichs och nich noch ma . weil . davor hab ich übelsten schiss . //hm// ham meine eltern och gesacht .. naja bei sowas da .. das find mer nich so jut an häuserwände sprühn und so . //hm// .. wenn mers legal macht und so . un etwas schönes is dann . sehns meine eltern ein aber wenn mer so . tags also . so schmierereien . //hm// ähm .. finden se nich so in ordnung

Hier ist nun Mark wieder bei den aktuellen jugendkulturellen Tätigkeitsfeldern angelangt, die ihrerseits ausdifferenziert und nun nacheinander bearbeitet werden. Der Stellenwert der in der vorherigen Sequenz vorgestellten Aktivität scheint nun eine Art Hinführung in die aktuellen Themen zu sein, die bereits die starke Orientierung auf (westliche) jugendkulturelle Ausprägungen und deren Aneignung zum Erwerb signifikanter Anerkennung deutlich machen. Dies scheint dann auch eine wichtige Rahmung für die folgende Sequenz zu sein, insofern hier mit dem Sprühen eine Aktivität dargestellt wird, die in besonders dichter Weise die bisher interpretierten Bedeutungszusammenhänge präsentiert. So wird zunächst deutlich, dass Mark mit dieser Tätigkeit in besonders starkem Maße die (kreative) Konstruktion von Nischenwelten verbindet, die zugleich eine starke Sanktionsdrohung auf Seiten der geltenden Erwachsenwelt generieren. So wird die Darstellung dieser Tätigkeiten vor ihrer eigentlichen Thematisierung zurückgedrängt und darauf hinterfragt, ob im Rahmen des Interviews eine solche Darstellung die befürchteten Sanktionen der Erwachsenenwelt hervorrufen könnte. Damit zeigt sich für Mark an dieser Stelle ein spezifisches Präsentationsdilemma. Während er einerseits bisher stringent auf eine Darstellung seiner Person über die Thematisierung der aktuellen jugendkulturellen Aktivitäten hingearbeitet hat, ja sogar sein Selbstentwurf wesentlich auf die vermittelte Anerkennung dieser Aktivitäten aufruht, ist es ihm nun andererseits nicht möglich, angesichts der für ihn offenen Position des Gesprächs und dem Grad der Vertrautheit eine unbefangene Darstellung dieser Tätigkeit und damit Ich-Präsentation umzusetzen. Zugespitzt zeigt sich die Bearbeitung dieses Dilemmas in der direkten Folge von: ‚o.k. ich sag jetzt nichts weiter, also, find ich schon mal schau schon mal illegal sprühen‘. Gerade hierin zeigt sich, dass wesentliche Identitätsaspekte aus Sanktionsängsten hier zurückgedrängt werden und sogleich aus Ich-Präsentationsgründen wieder zur Darstellung drängen.

Zentral erscheint dabei gerade der Aspekt der Illegalität der in Rede stehenden Tätigkeiten. Illegalität steht aber zugleich für einen Gegen- bzw. Alternativentwurf in dem Fall zur geltenden Erwachsenenwelt, also für einen Jugendentwurf, der jedoch verdeckt kultiviert werden muss, weil er mit Repressionen der Erwachsenwelt bedroht ist. Gleichsam ahmt dieses verdeckte Handeln mit den ihr eigenen sehr unverdeckten Folgen (hier in Form von gesprühten Botschaften) und der öffentlichen Publizität eine Art Robin-Hood-Mentalität nach, die nun auch symbolische Wertigkeit unter den ‚Unterdrückten‘ entfaltet. Diese ‚Unterdrückten‘ sind nun aber bereits als Jugendkultur und jugendliche Lebensentwürfe identifiziert worden, so dass gerade durch diese illegalen Aktionen mit ihren sehr öffentlichen Wirkungen eine besonders herausgehobene Anerkennung signifikanter Vertreter der jugendkulturellen Gegenwelten verbunden scheint. Damit liegen aber die Möglichkeit herausgehobener Anerkennung durch signifikante Andere und das Risiko repressiver Sanktionen durch die Erwachsenenwelt sehr dicht beisammen und bilden hier ein Gemisch mit biographischer Exponiertheit und Krisenanfälligkeit. Wie dieser Zusammenhang biographisch zu entfalten ist bzw. welches biographisches Krisenpotential in den dominanten Orientierungen Marks liegen, verdeutlicht dann exemplarisch das sehr ausführlich geschilderte Erlebnis der Konfrontation mit der Polizei, die trotz der zuvor befürchteten Repressionen in der Interviewsituation zur Entfaltung kommt.

Die zeitliche Einordnung des Erlebnisses ist zwar etwas offen formuliert, sie erlaubt uns aber dennoch die Ableitung, dass mit dem geschilderten Erlebnis ein relativ aktuelles und damit auch noch sehr nahes Geschehen präsentiert wird. Der Ort wird nur insofern charakterisiert, als er durch die Abwesenheit der ‚üblichen‘ Polizeipräsenz, jedoch durch die unvermutete Anwesenheit der in Zivil verdeckt arbeitenden Polizeifahnder gekennzeichnet ist. Dabei ist an dieser Stelle zwar nicht nachprüfbar, ob tatsächlich verdeckt handelnde Polizeifahnder in das geschilderte Erlebnis involviert waren oder ob hier nur von Mark die erfahrene Bedrohung durch Sanktionsvertreter der Erwachsenenwelt einen symbolischen Ausdruck findet. Als zentrale Bezugsperson wird auch in dieser Geschichte der Freund eingeführt. Dabei erscheint der Freund hier einmal mehr als die zentrale Bezugsperson von Mark, die mit ihm gerade mit den aufgeführten jugendkulturellen und erwachsenenoppositionellen Aktivitäten auch die daran gebundenen Orientierungen teilt. Wie sich dann später zeigt, erweist sich auch in dieser Episode der Freund als jemand, der die Szeneregeln schon besser beherrscht und damit zu einer Art Mentor und Anführer der gemeinsamen Aktivitäten zu kennzeichnen ist.

Als sich die beiden auf ihre ‚Arbeit‘ vorbereiten, werden sie plötzlich (‚auf einmal‘) mit der Polizeipräsenz konfrontiert und fliehen vor der überstark wahrgenommenen Bedrohung (‚mächtiges Auto‘). Soweit die Schilderung zur situativen Bewältigung der Risiken, die mit der Ausübung der jugendkulturellen Aktivitäten verbunden sind und zugleich deren Reiz im gleichaltrigen Anerkennungsgefüge ausmachen. Jedoch ergeben sich nun weitere problematische Entwicklungen, die auch die herausgehobene Brisanz dieser Episode als biographisches Erlebnis bestimmen. Zunächst weist Mark auf den Umstand hin, dass sich das Fluchtverhalten von Mark und seinem engen Freund unterscheidet. Im Unterschied zu diesem kann Mark seine Flucht nicht ‚professionell‘ durchführen und muss sich im Nachhinein das Defizitäre seines jugendkulturellen Handelns (hier das am Ort lassen seiner Malsachen) eingestehen. Das dieses Fluchverhalten defizitär im Sinne eine grundlegenden Sicherheit im Orientierungsgefüge der Jugendkultur ist, wird dann darüber verdeutlicht, dass hier über die zurückgelassenen Malsachen eine polizeiliche Identifikation und damit eine Sanktionierung seiner Person ermöglicht ist. Diese Erkenntnis kommt aber erst später, vielleicht durch eigene Überlegungen oder durch Hinweise des Freundes. In beiden Fällen wäre jedoch ein ungekonntes und nicht routiniertes Fluchtverhalten markiert.

Schließlich muss sich Mark erneut an den geflüchteten Ort begeben, um seine Sachen noch in Sicherheit zu bringen. Damit setzt er sich aber einem erhöhten Risiko aus, weil er nicht sicher sein kann, dass die Gefahr an diesem Ort mittlerweile gebannt ist. Hier handelt es sich also um eine Situation, in der aus defizitärem jugendkulturellem Verhalten heraus Korrekturhandlungen erforderlich sind, die jedoch mit dieser Korrekturabsicht in eine hochgradig verstärkte Bewährungs- und Anspannungssituation führen. Denn mit der Absicht, sein jugendkulturelles Handeln zu professionalisieren, wird zugleich die Gefahr einer Überführung und Sanktionierung gesteigert. Dabei ist auffällig, dass nun in der weiteren Darstellung die Präsenz des Freundes nicht mehr zu finden ist. Wir können also davon ausgehen, dass Mark hier in dieser gesteigerten Bewährungssituation nicht von seinem Freund unterstützt wird und damit aber auch an einer entscheidenden Stelle alleine gelassen ist. So kann man auch vermuten, dass mit der folgenden Schilderung, die über das ‚normale Gefährdungsmaß‘ der jugendkulturellen Aktionen hinausgeht, eine Art Initiationshandlung von Mark vollbracht werden muss, mit der er einen neuen Stellenwert in der Jugendkultur einnehmen kann. Wie bewältigt nun Mark diese Initiation?

Zunächst scheint er auf den bestem Weg zu sein, diese gesteigerten Anforderungen zu erfüllen und in ein neues Verständnis jugendkultureller Zughörigkeit überführen zu können. Er begibt sich nach einer Pause zum Ort des Geschehens zurück und kann seinen ‚Fehler‘ scheinbar beheben, indem die zurückgelassenen Malsachen nun zusammengepackt werden. Dann manifestiert sich jedoch die gesteigerte Riskanz und Bewährungsdynamik, als ein Mann aus einem Auto aussteigt und auf ihn zu gerannt kommt. Stärker noch als in der ersten Situation droht nun eine direkte Konfrontation auszubrechen. Dabei erhöht sich die Unsicherheit für Mark noch, insofern er nun alleine ist und vielleicht die Konkretion der Gefahr nicht mehr realistisch abzuschätzen vermag. So ist dann auch sein erneutes Fluchtverhalten und sein Empfinden von einer starken Orientierungslosigkeit (‚3 1/2 Stunden durch Wohnviertel‘) und Überschätzung der Gefahr (‚überall weise Autos‘) gekennzeichnet. Wie stark diese Dramatik für Mark erfahrbar war, zeigt sich auch darin, dass ihm scheinbar bis heute unklar ist, wie er es dann doch noch nach Hause geschafft hat.

Aussagekräftig ist dann seine Bilanzierung dieses Erlebnisses mit der geforderten Fähigkeit mit gesteigertem Risiko und Unsicherheiten umzugehen. Sein Fazit ist nun, solche Aktionen zu vermeiden, um nicht mehr in diese gesteigerten Risiko- und Gefährdungssituationen zu geraten. Dieses Fazit muss jedoch in der Logik der jugendkulturellen Orientierungen als Versagen und damit der Initiationsprozess als gescheitert gelten. Man kann hier als Bilanz des Erlebnisses resümieren, dass Mark angesichts der massiven Sanktionsgefahr die Orientierungen der Erwachsenenwelt, gegen die eigentlich opponiert wird, übernimmt. Dabei wird auch der Einfluss seiner Eltern deutlich, die innerhalb der starken Verunsicherung versuchen, auf Mark so Einfluss zu nehmen, dass er seine Aktivitäten auf legale Tätigkeitsfelder beschränkt. Ihre Akzeptanz solcher Sprühaktionen scheint damit nicht sehr groß und die gültigen Regeln der Erwachsenenwelt zu spiegeln, indem die Akzeptanz an das Kriterium der Legalität gebunden wird, während illegalem Sprühen die Anerkennung als kreative Gestaltung der Umwelt verweigert bleibt (‚Schmierereien‘). Aber es zeigt sich auch, dass selbst in dieser konkreten Differenz der Lebensstilprinzipien und -orientierungen keine direktive und autoritäre Beeinflussung Marks durch die Eltern erfolgt. Somit bleibt auch angesichts umfassender Konflikte mit den öffentlichen Sanktionsorganen in der Familie ein Schonraum erhalten, indem Mark seine Arbeit an der Konstruktion von Nischenwelten fortführen kann.

Das geschilderte Erlebnis steht damit als Schlüsselerlebnis in einer jugendkulturellen Karriere, in der die kreative Aneignung von Welt gerade auch an das Kriterium der Abweichung gegen Erwachsenennormen gebunden war. Mit dem geschilderten Erlebnis deutet sich an, dass Mark hier an einer entscheidenden Weichenstellung angelangt ist und sich schließlich für eine stärkere (Rück-)Orientierung auf die Erwachsenenwelt entscheidet. Es lässt sich hier nur spekulieren, wie sein weiterer Weg verlaufen wäre, wenn ihm hier vielleicht ein ‚professionelles Fluchtverhalten‘ und ein professioneller Umgang mit den Risiken gelungen wäre. Vermutlich wäre jedoch die Abschreckung der Szene nicht derart stark gewesen, dass damit eine stärkere Orientierung an den Regeln der Erwachsenenwelt ausgelöst worden wäre.

M: naja ansonsten . naja skaten .. damit hat das einlich alles anjefangen . //hm// früher an der fahne . //hm// also .. als ich noch . als es die noch gab die gibts ja immer noch aber . wird jetzt abgerissen schade drum .. ähm .. da bin ich immer hinjejang .. (…2) janzen freunde und so . dann bisschen spaß ham janzen tag .. ham jelacht was weeß ich was mer jemacht ham . //hm// über die bin ich mit der zeit da . in die janze . hip-hop-szene irjendwie reinjewachsen

Die Brisanz seiner Aktivitäten in der Sprayerszene sind somit gestalterisch zum Abschluss gekommen und Mark kann nun auf die parallelen Tätigkeiten kommen, die vielleicht erst angesichts des Ausstiegs aus den Sprüheraktivitäten ihren zentralen Stellenwert gewinnen. Als solche Tätigkeit bezieht sich Mark nun auf das Skaten. Diese Betätigung wird als das Zentrum und Bindemittel in seinen jugendkulturellen Orientierungen ausgewiesen. In seiner Repräsentation wird das Skaten (und nicht wie von uns ermittelt seine Aktivitäten im Breakdance) als Ausgangspunkt der jugendkulturellen Karriere vorgestellt (‚hat alles angefangen‘). Denn über diese Konstellation und die eigene Zugehörigkeit ergibt sich schließlich die Entfaltung einer jugendkulturellen Szene, die stark an die hip-hop-Kultur der USA angelehnt ist, und in deren quasi organisches Wachstum man selbst einbezogen ist. Interessant ist hier, dass Mark wiederholt die Metapher des ‚Hineinwachsens‘ verwendet. Dabei kommt auch zum Ausdruck, dass dieser Anfangspunkt im Erleben von Mark mittlerweile weit weg gerückt ist (‚früher‘) und damit er sich selbst als ‚alter Hase‘ der Szene ausweist. Auch in dieser Anfangsphase – in der sich ja die grundlegende Passung seiner biographischen Orientierung mit den Orientierungen dieser Jugendkultur erst erweist – stehen das Treffen mit Gleichaltrigen und das ‚Spaß haben‘ im Mittelpunkt des Erlebens. So werden zwar keine konkreten Aktionen oder Inhalte mehr erinnert, wohl aber, dass man viel gelacht hat.

M: und jetzt kenn ich übelst viele leute un so . un kriegste mit was . mit den . passiert und so . entweder sacken se ab oder . steigen nach oben oder so . der eene . macht musik und . //hm// tritt irgendwo auf oder so //hm// der eene . sackt ab weil er drogen nimmt . und so und das jeht mir übelst . in kopf sowas //hm// . naja .. ähm .. naja was soll ich noch so großartig erzähln hehe . hm … och so die janze scheiße zur zeit . mit dem . mit der gewalt hier in halle . //hm// die steigt übelst und .. knarren und so . //hm// das kotzt mich übelst an ich jeh nachts durch de straße so . in der woche so um zehn oder so . läuft jemand an mir vorbei zieht ne knarre hält die mir an kopp un sacht los kohle rüber oder . ich drück ab so unjefähr . //hm// und . naja was soll ich da machen . //hm// un de meisten leute . denken sich . denen sowas passiert . denken natürlich . anstatt was dajegen machen koofen se sich eene . //hm// damit se sich och wehren können . //hm// ar s find ich vollkomm falsch also . kommt och of die idee sowas zu machen . //hm// weil . pff denk ich verdient mer damit viel geld ‚und‘ (…2) (lachend gesprochen) //(lacht)// . das is bisschen jemein find ich weil .. is mir schon öfters passiert . //echt ja// . ja .. einmal ham se mir fümunzwanzch mark abjezockt un . monatskarte und sowas alles weg . //hm// walkman weg . //hm// … un och so .. was ich so höre einfach so klamotten ausziehn bis . of de (…2) oder of n schlüpper .. einfach ausziehn der steht dann da ohne sachen . einfach so of der straße . //hm// och am hellichten tag und so //hm// . das . find ich übelst scheiße .. vor allen dingen .. hm die wolln alle so tun als ob se . gang-(…1) sind obwohl se keene sind naja kann ich jetzt nich so sagen . //hm// …. es macht irgendwie keen spaß mehr nachts irgendwie rauszujehn . //hm// . (…2) schiss ham dass mer was ofs maul kricht oder so . zum beispiel jetzt letztens war doch hitlers jeburtstach . (räuspert sich) //hm// . und vorher … ähm … jabs stress mit nazis also .. also skater . hip-hopper .. die ham mer die ma .. stress jehabt mit denen . und weil das schon . öfters so ging dass die .. stress jemacht ham die nazis ham wir jetzt ma zurückjehaun . //hm// . also ham jemanden zusammjebälzt . //hm// naja . un jetzt im stadtpark da kam dann ma . die hatten sich anjekündigt .. und so dreisich mann oder so von uns da . un zehn hools kam dann . //hm// . so ne glatzen //hm// kam an . ‚((kämpfen))‘ (laut und kurz gesprochen) .. hatte en baseballschläger in der hand und so mit der knarre in der andern hand was weeß ich und so . //hm// die sin of uns losjejangen .. naja wir ham . na ich hab nich mitjemacht aber die andern leute hatten die übelst zusammjetreten . un in der zeitung stand och en artikel . //hm// zeitungsartikel //hm// . naja dass de . skateboardfahrer passanten zusammjeschlagen ham obwohl das jar nich stimmt also //hmm// . sowas find ich übelst jemein von zeitungen dass die einfach //hm// reinschreibt . ‚ja‘ (betont gesprochen) . skater sin scheiße die sin . dumm die schlagen einfach leute zusammen .. obwohl ich kann mir nich vorstellen . wenn mich jemand sieht .. denkt der doch nich gleich ja ich bin skater oder ich bekloppt ich bin dumm . //hm// naja och bild-zeitung . is jenau son scheiß . //hm// schuldjung aber .. die schreim einfach bloß kacke . (lacht kurz) //hm// . (hustet) naja .. und der janze nazistress hier in halle der . steigert sich übelst in . der südstadt und heide-nord und so . und ich denk mir mal das sind alles mitläufer //hm// das find ich das schlimmste . //hm// bloß um irgendwie anerkennung zu finden . //hm// . das versteh ich einfach nich . //hm// okay ich bin of der andern seite ich bin gegen sone leute … un jetzt wirds ja immer krasser früher warns de ausländer die mer zusamm- . die de äh die nazis zusammjeschlagen ham und dann warns punks und hippies und jetzt sin . de hip-hopper dran die zusammjebälzt wern (…1) wer weeß was am . als nächstes dran is . //hm// . sowas find ich übelst zum kotzen wenn leute nur of stress of schlägereien aus sind . //hm// statt se was vernünftjes machen . //hm// (lacht kurz) … okay ich kann dir jetz hier nich so viel bieten also (lacht)

Mit dieser insgesamt wohl längsten Sequenz im Interview von Mark, bezieht er sich thematisch auf die gegenwärtige Rahmung und Entwicklung der jugendkulturellen Aktivitäten. Dabei scheint die für Mark zentrale Problematik auf, dass die biographisch dominanten Orientierungen nun zunehmend auch in dieser Jugendkultur schwieriger umzusetzen scheinen und somit die biographische Strukturiertheit mit der Strukturiertheit der Jugendkultur immer weniger in einem Passungsverhältnis steht. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen mit den daraus folgenden Konsequenzen ergibt sich für ihn das zentrale Problem, sich für die Umsetzung seiner Orientierungen an Fun und Action sowie an Anerkennung durch Gleichaltrige neue Betätigungsfelder suchen zu müssen. Hier wäre es sogar stimmig, wenn die sich hier andeutende Problematik mit der bereits von Mark an anderer Stelle konstatierten zunehmenden Schwierigkeit in der kontinuierlichen Fortführung seiner Orientierungen deckt. Der von uns als erzwungener Wandlungsprozess interpretierte Fakt, dass nunmehr zunehmend Stress für Mark auftritt, der mit der verhinderten Umsetzung von Spaß, Aktion und Gleichaltrigenorientierung zusammenfällt, kann somit parallel auf die Zunahme schulischer Anforderungen einerseits und den konstatierten Wandel der Jugendszene andererseits bezogen werden. Somit wäre eine biographische Krise für Mark zu vermuten, die durch eine zunehmend schwieriger werdende Umsetzung seiner dominanten Orientierungen ausgelöst wird, deren Verhinderung wiederum durch veränderte schulische Anforderungen und den Strukturwandel der Szene grundgelegt sind. Wie lässt sich nun dieser Strukturwandel der Szene beschreiben?

Zunächst bettet Mark seine Darstellung in die Feststellung ein, dass er sehr viele Personen kennt, die zu dieser Jugendszene zu rechnen sind. Damit weist er sich noch einmal unter der Hand als kompetentes und vielleicht sogar herausgehobenes Mitglied der Szene aus. Vom inhaltlichen Bezug scheint jedoch wichtiger, dass Mark damit seine Kompetenz stärken kann, der er in Bezug auf die Einschätzung des Wandels der Szene für sich in Anspruch nimmt. Als erstes Kriterium bezieht er sich auf die Auf- und Abstiegsmobilität der Szenemitglieder. Dabei scheinen ihn sowohl steile Karrieren wie Abstiegsprozesse gleichermaßen zu belasten (‚geht mit übelst im Kopf rum‘). Zu vermuten wäre hier, dass Mark mit diesen krassen und besonders konturierten Bewegungsprozessen vor allem die Kontinuität der Szene bedroht sieht, die ja als kreative Nischenwelt gerade in ihrer Kontinuität zur Umsetzung seiner dominanten biographischen Orientierungen funktional ist. Die wahrgenommenen Auf- und Abstiegsbewegungen der Mitglieder der Jugendszene scheinen damit bereits symptomatisch die Bedrohung von Kontinuität für Mark zum Ausdruck zu bringen.

Als zweiter Bezugspunkt zur Konstatierung eines Strukturwandels der Jugendszene wird dann von einer Tendenz berichtet, die als zunehmende ‚Aufrüstung‘ und Gewaltbereitschaft unter den Jugendlichen generell und auch in der Jugendkulturszene speziell gekennzeichnet wird. So kritisiert Mark diese steigende Gewalt unter Jugendlichen, die für ihn besonders über die Zunahme von Waffenbesitz zu sehen ist. Um diesen Sachverhalt dann zu plausibilisieren, wird von ihm eine Belegerzählung präsentiert, bzw. eine Aneinanderreihung dreier Belegerzählungen. In der ersten exemplarisch dargestellten Episode berichtet Mark davon, wie er von einem anderen Jugendlichen mit einer Schusswaffe bedroht und sein Bargeld gefordert wird. Dabei fällt an dieser Darstellung auf, dass die vermittelte Bedrohung des eigenen Lebens keine Entsprechung in der inhaltlichen oder formalen Darstellung findet. Statt starker Betroffenheit und biographischer Krisenhaftigkeit deutet sich hier eher Distanziertheit und ein beinahe routinierter Umgang mit der Lebensbedrohung an. Als plausible Erklärungen dieser Unstimmigkeit, kann man einerseits davon ausgehen, dass Mark die Ernsthaftigkeit und die Stärke der Bedrohung ausblendet und quasi verdrängt. Andererseits ist aber auch vorstellbar, dass keine direkte Betroffenheit vorliegt, sondern eine solche direkte Betroffenheit von Mark konstruiert wird. Hier kann man vermuten, dass entweder dieser Überfall nicht stattgefunden hat oder dass die Bedrohung nicht in der massiven Existenzbedrohung durch eine Schusswaffe erfahren wurde, sondern nachträglich hochstilisiert wird. Zentral wäre jedoch in beiden Varianten, dass von der Aufrüstung und Gewaltbereitschaft für Mark ein Bedrohungspotential produziert wird, welches eine Bearbeitung erzwingt.

Als Form der Ergebnissicherung dieses Erlebnisses wird dann die rhetorische Frage formuliert, welche Handlungsoptionen man in so einer Bedrohungssituation zur Verfügung hat. Damit kommt implizit einerseits zum Ausdruck, dass Mark hier die Option der Aushändigung der geforderten Sachen als einzig mögliche realisiert hat, jedoch andererseits damit ein Schamgefühl generiert, dass nun nachträglich eine Bearbeitung verlangt. Hier wäre es stimmig, dass eine Überhöhung der Bedrohungsgefahr in der Retrospektive die Richtigkeit des eigenen Handelns unhinterfragbar verbürgen soll. Zugleich deutet sich aber an, dass Mark selbst von dem Empfinden belastet wird, andere – und aus seiner Sicht angemessenere – Handlungsoptionen vernachlässigt zu haben. Als weiteres Argumentationsmuster seiner Handlung, die hier immer stärker im Gestus des Mangels vorgestellt und nachträglich gerechtfertigt werden muss, führt er auf, dass andere betroffene Jugendliche auf diese Gewalt und Bedrohung mit einer Gegengewalt und Gegendrohung reagieren. Damit wird aber – so Mark – eine Spirale der Gewalt erzeugt, die gerade nicht in seinem Interesse liegt. Im Grunde wird hier deutlich, dass Mark die hier geschilderte Reaktion einer Gegengewalt, die in der Jugendszene zu dominieren scheint und die mit einer männlich-kriegerischen Anerkennung verbunden ist, nicht realisieren kann, weil diese Handlungen mit seinen dominanten biographischen Orientierungen konfligieren. Der erzwungenen biographische Wandlungsprozess wäre hier aus der Perspektive einer veränderten Jugendszene darauf zu beziehen, dass die bisherige dominante Spaßperspektive nun quasi durch eine Ernsthaftigkeit ersetzt werden muss, die durchaus dem Modus der Erwachsenenwelt entspricht. Und gerade dieser Zwang zur Umstellung auf einen neuen dominanten Erfahrungsmodus stellt das zentrale biographische Krisenpotential für Mark dar. Die Hilflosigkeit Marks angesichts dieser veränderten Bedingungen kommt nun darüber zum Ausdruck, dass die Bewertung dieser Entwicklung mit Kriterien der Moralischen Integrität vorgenommen wird (‚find ich bisschen gemein‘).

In den beiden anderen Belegberichten wird zunächst ein weiterer Überfall auf seine Person (ähnlich distanziert) vorgestellt, der ihm 25,- DM, eine Monatskarte und den Walkman kostet. Im weiteren Beispiel wird diese Dimension der materiellen aber auch seelischen Schädigung solcher Übergriffe noch gesteigert, indem Betroffenen alle Sachen (bis auf die Unterwäsche) abgenommen werden. Dabei wird von Mark als Erklärungsmuster dieser zunehmenden Gewalt und in gewissem Sinne dieser Entmoralisierung unter Gleichaltrigen eine starke Orientierung an der amerikanischen Subkultur der ‚gangstars‘ genannt. Dabei wird deutlich, dass auch bei Mark diese Orientierung durchaus vorherrscht bzw. mit einem hohen Akzeptanz- und Anerkennungswert versehen ist, er jedoch die Umsetzung dieser Orientierung an andere als die geschilderten Kriterien bindet, und so dem kritisierten Verhalten bzw. den zugehörigen Jugendlichen gerade diese Anerkennung als ‚gangstar‘ verweigert. Man kann hier vermuten, dass Marks Charakterisierung dieser Subkultur – denn nur dann können wir stimmig von einer Akzeptanz ausgehen – stärker auf die Dimensionen des Fun, der Action und der Gleichaltrigenbeziehungen fokussiert. So formuliert er schließlich auch, dass mit den hier kritisierten Entwicklungen diese ganze Jugendorientierung „irgendwie keen spaß mehr“ macht. Das erhöhte Risiko von Auseinandersetzungen, die mit einer Bedrohung oder Beschädigung materieller, körperlicher und seelischer Ressourcen verbunden werden, erzwingt ein stärker strategisches und überlegtes Verhalten, dass gerade nicht den dominanten biographischen Orientierungen entspricht. Die bisherige Sorglosigkeit und die Dominanz von Spaß und eher sportlicher Aktion werden damit massiv in Transformationszwänge gebracht. Im Endeffekt kann man vermuten, dass – wenn eine verschleiernde und die Gefahren verkennende Weltdeutung nicht gelingt – Mark entweder einen biographischen Wandlungsprozess durchläuft, in dem diese Orientierungen einen geringeren Stellenwert einnehmen. Oder Mark verlässt diese Jugendszene und begibt sich erneut auf die Suche nach Nischenwelten, in denen seine dominanten biographischen Orientierungen kontinuierlich fortgeführt werden können. Die sich bereits zeigenden Distanzierungen gegenüber dieser Szeneentwicklung deuten tendenziell einen solchen Austritt aus der Jugendszene an.

Auch mit der folgenden Schilderung, die erneut als Beleg für die veränderte Jugendszene herangezogen wird, lassen sich tendenziell solche Rückzugsbewegungen und Distanzierungen erkennen. In dieser Darstellung wird deutlich, dass die Zugehörigkeit zur Jugendkulturszene der Skater – als deren prominenter Vertreter sich Mark ja ausgewiesen hat – in den neueren Entwicklungen gerade auch die Auseinandersetzungen mit anderen Jugendkulturen erzwingt, von denen Mark im Grunde nichts wissen möchte. So gab es in der letzten Zeit des öfteren Streit mit Vertretern der Nazi-Jugendkultur, der in körperlichen An- und Übergriffen ausgetragen wurde. In der Darstellung kommt nun die ganze Ambivalenz und biographische Problematik dieser Veränderungen zum Ausdruck. So wird einerseits ein starkes Wir-Gefühl deutlich, mit dem die enge Bindung Marks an die Skaterkultur zum Ausdruck kommt, deren Entwicklung er ja quasi als Gründungsvater und Pionier der ersten Stunde verfolgen konnte. Andererseits spiegelt sich aber auch in den materialen Handlungen dieser Jugendszene seine Distanzierung, insofern er an den in Rede stehenden Aktionen nicht beteiligt ist. Hier deutet sich nun auch an, dass durch die veränderte Szenekultur auch von den Szenemitgliedern veränderte Kompetenzen erwartet werden, und so vielleicht seine zuvor unhinterfragte herausgehobene Position in dieser Szene mit den neuen Anforderungen an körperliche Wehrfähigkeit – die er in den geschilderten Beispielen gerade nicht unter Beweis stellen kann – zunehmend hinterfragt und brüchig wird. Selbstausschluss und Fremdausschluss aus der Jugendszene der Skater können sich hier wechselseitig verstärken und die biographische Problematik für Mark steigern.

Schließlich wird abschließend von Mark ein weiterer wichtiger Aspekt zur Veränderung der Struktur dieser Szene genannt, ohne dass damit davon ausgegangen werden kann, dass Mark diese Zusammenhänge in gleicher Weise wie hier dargestellt realisiert hat. Denn in der Schlussformulierung bezieht sich Mark auf die Reaktionen der Printmedien – hier der Tageszeitung Bild – die mit ihrer öffentlichen Medialisierung einzelner Begebenheiten zu einem negativen Image der Jugendszene der Skater beitragen. Solche Verzerrungen der tatsächlichen Verläufe von Auseinandersetzungen mit den Vertretern der Nazi-Jugendkultur findet Mark ‚übelst gemein‘. Diese Ablehnung mit moralischen Kriterien deutet darauf hin, dass Mark auch mit diesen Reaktionen der Medien eine Steigerung der Bedrohung verbindet, die sich für eine unproblematische Umsetzung seiner biographischen Orientierungen in dieser Jugendkultur andeutet. Denn gerade diese Etikettierungen der Jugendkultur der Skater können über Reaktionen unbeteiligter Dritter zu einer Angleichung zwischen Fremd- und Selbstbild führen und der kritisierten zunehmenden Gewalt in dieser Szene Vorschub leisten.

Insgesamt ist jedoch dieser Zusammenhang für Mark völlig ungeklärt. Sein Unbehagen richtet sich eher intuitiv auf die Phänomene, die aus seiner Sicht im Zusammenhang mit der zunehmenden Schwierigkeit der Umsetzung seiner Orientierungen stehen. Dabei verliert sich Mark aber z.T. in Schuldzuweisungen, die auf die Hilflosigkeit einer aktiven Bearbeitung der veränderten Bedingungen verweisen und somit die Schwierigkeit biographischer Wandlungen aufzeigen. So sind eben in seiner Deutung neben den Medien vor allem die Vertreter der Nazi-Jugendkultur dafür verantwortlich zu machen, dass diese mit ihrem aggressiven Verhalten zur allgemeinen Gewaltsteigerung unter den Jugendlichen in der Stadt beitragen. Die Zunahme dieser Bedrohung seiner dominanten biographischen Orientierungen wird dabei an eine Aggressivitäts- und Expansionssteigerung dieser Nazi-Jugendkultur gebunden (‚früher warn die Ausländer dran‘), ohne die eigenen stigmatisierenden Anteile zu reflektieren. Dabei gelingt ihm auch nur teilweise eine deutliche Perspektivvertretung, so dass der Eindruck entsteht, dass ihm die politische Motivation solcher Jugendkulturen generell fremd und unverständlich ist. Zentral ist für Mark einzig die Störung seiner eigenen Welt, ohne dass eine Parteinahme mit anderen Betroffenen – die ja eine gewisse Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit und Aneignung der Erwachsenenwelt verlangen würde – erfolgt.

M: jaja da wars bei mir also . (räuspert sich) al das war die zeit wo ich bei radsport ofjehört hab weil . ich hab mit radsport aufgehört weil .. in meim club war ich einlich der einzje linke also . //hm// .. dort warn alles nazis . //hmm// in dem club und das nich grade .. also welche die geringe nazis sind also (lacht kurz) //hm// also die warn schon richtig //ja ja// fanatisch so //ja ja// na . un immer wenn mer wegjefahrn sind und so ham die übelst . rumjegröelt ham irgendwelche jeschichten erzählt wie se en ausländer zusammjeschlagen ham und so . deswegen hab ich da ofjehört weil //hm// . ich wäre fa- ich wär fast och so jeworden . //hm// das wollt ich einfach nich . //hm// .. deswegen hab ich och ofjehört . ich hätte jerne weiterjemacht aber

Der Interviewer fragt dann weiter in Richtung Konfrontation mit einer rechtsextremen Jugendkultur nach. Interessant ist hier, dass Mark diese Nachfrage nutzt, um einen bereits thematisierten Zusammenhang nachträglich zu klären, nämlich seinen damaligen Wechsel aus der Radsportgemeinschaft. Wir können damit an dieser Stelle die Leerstelle der Motivation des Wechsels füllen und damit auch die Interpretation einer relativen Beliebigkeit der sportlichen Betätigungen relativieren. Dabei scheint nun mit dieser Sequenz zentral, dass die Betätigung im sportlichen Bereich und der Wechsel zwischen den sportlichen Tätigkeiten durch eine Auseinandersetzung sowie durch Zuordnungen und Abgrenzungen von Lebensstilen und Habitusformationen bestimmt sind.

So ist für uns mit dieser Sequenz der Zusammenhang wichtig, dass offensichtlich bereits zu dem Zeitpunkt vor der eigentlichen jugendkulturellen Betätigung bei Mark ein Habitus der Linksorientierung vorliegt, der auch an schichtspezifische Orientierungen gebunden scheint, die wiederum von den Eltern vermittelt werden. Mit diesen vermittelten schichtspezifischen Orientierungen und Habitusformationen gerät Mark nun in dem Sportverein in ein Spannungsfeld, weil einerseits dort die Orientierungen an Spaß, Aktion und Anerkennung zwar umgesetzt werden können, andererseits aber die familial vermittelten Lebensentwürfe unter Anpassungsdruck stehen. Wie sehr für Mark hier eine kritische Entscheidungsphase bestand, lässt sich an der Textstelle ersehen, als Mark den Wunsch formuliert, trotz der geschilderten Differenzen dort in diesem Sportverein zu bleiben, was schließlich in letzter Konsequenz auch mit einer Übernahme der dort dominanten (also nationalsozialistischen) Orientierungen zusammengeht. Die getroffene Entscheidung, dann doch diesen Sportverein zu verlassen geht hier mit einer Bestätigung der elterlichen Lebensstilentwürfe einher, die damit in der Lebensgeschichte Marks eine Stärkung erfahren. So scheinen auch seine späteren Zuordnungen zu sportlichen oder jugendkulturellen Gruppierungen auf eine Passung dieser Habitusformation und Lebensstilentwürfe der Eltern mit den jeweils in den Gruppen dominanten Orientierungen hinzuweisen. Wir können mit dieser Sequenz damit einen wichtigen Aspekt der biographischen Entwürfe Marks ergänzen. So scheint es, dass seine dominanten Orientierungen und deren Umsetzungsversuch immer noch durch die elterlich vermittelten Lebensstilentwürfe und Habitusformationen gerahmt sind, womit sich der Gestaltungsspielraum für Mark erheblich eingrenzt. Entsprechend schwierig kann nun auch die Suche nach neuen Tätigkeitsbereichen und Aktivitätsfeldern sein, in denen seine dominanten biographischen Orientierungen gleichermaßen wie die elterlichen und verinnerlichten Lebensentwürfe umgesetzt werden können. Damit deutet sich gerade in den Feldstrukturen der Gewaltbereitschaft und aggressiven Außenpolitik ein Spannungsfeld zu diesen Habitusformationen an. Insofern ist die nächste Nachfrage des Interviewers auch stimmig, wenn dieser den Aspekt der Gewalt in der eigenen Szene noch einmal expliziert haben möchte. Mit den Antworten wird auch weiterhin – jedoch eher implizit – deutlich, dass die Auseinandersetzungen der Jugendkulturen immer auch z.T. als Austragung schichtspezifischer Kämpfe um Rangordnungen, Positionen und Anerkennung zu interpretieren sind.

M: das is ..(…2) //hm// ich würds echt gerne ma wissen .. wieviel jugendliche in halle ne knarre ham //hmm// . sin garantiert so . tausend zweitausend naja tausend . //hm// is vielleicht e bisschen übertrieben //hm// (…2) . schon eine übelste masse von jugendlichen . knarren einfach so bei . //hm// .. un wenn se se nich mit sich rumschleppen (…2) ham se eine . //hm// oder irgendwas andres //hm// . womit se . zuschlagen können oder (…1) oder messer oder einfach so . was krasses . //hm// un die ham och keene hemmungen davor was ich so jesehn habe . so in der straßenbahn einfach so jemanden zusammjelecht . //hm// das will ich einfach nich . //hm// ich komm damit nich klar ich könnt das nie machen .. das is nur (…1) //hm// so e problem //hm// . ähm zum beispiel so ne demo jetzt . vor hitlers jeburtstag ein tag vorher //hm// . war ne demo of m markt .. ich weeß nich das ich fand das übelst witzig weil ‚das hat überhaupt nüscht jebracht so e paar hänseln da so runter zur . (…1)‘ (grinst dabei) //hm// sind da so langjeloofen ham bloß rumjegröelt und . das bringt doch nüscht //hm// . okay die zeigen naja es gibt ne front also gegen nazis aber .. die is viel zu gering //hm// also . in halle die was dagegen machen ja de meisten leute ‚sin ja eigentlich‘ (betont gesprochen) links //hm// .. aber das sin einfach .. welche die sich nich dahinterklemmen die en arsch einziehen //hm// .. und welche die rechtzeitig was dagegen machen wollen . gibts sehr wenige //hm// die was die sich dahinterklemmen . die stehn dann alleene da .. naja //na// deswegen sinds nur janz wenig . //hm// . jenauso die . die wirklich stress mit solchen leuten ham . die .. machen was dagegen entweder //hm// se schlagen sich was ich eigentlich nich einsehe . aber ansonsten kommt mer eigentlich mit den leuten klar . //hm// die stehen vor dir ‚eh . skater‘ (betont gesprochen) (…2) //hm// so . unjefähr . und die ham schon alle schulen durchjeklappert .. weil se leute jesucht ham die se zusammschlagen können . //hm// warn och schon an unsrer schule

Auch wenn mit dieser Sequenz der Beleg für die allgemeine Gewaltzunahme eher misslingt, wird doch noch einmal deutlich, dass Mark mit besonders offensiv gewalttätigen Verhalten in der Auseinandersetzung zwischen Jugendkulturen – die ja als Auseinandersetzung zwischen differenten Lebensstilentwürfen und Habitusformationen zu kennzeichnen sind – starke Probleme hat. Wir können diese Probleme nun einerseits darauf zurückführen, dass sie mit den dominanten biographischen Orientierungen konfligieren. Andererseits muss aber nunmehr deutlich gemacht werden, dass das jeweilige Selbstkonzept eines spaß- und gleichaltrigenorientierten Selbst durch einen elterlich vermittelten Habitus grundgelegt ist, der erst diese spezifische Bedürfnis- und Anerkennungsorientierung generiert.

Deutlich wird diese Problematik auch, als Mark sich zu den Abwehrstrategien Jugendlicher gegen rechte Gewalt positioniert. So sind einerseits diese Aktionen willkommen, weil sie die Hoffnung nähren, dass diese neue Bedrohung seiner jugendkulturellen Umsetzung biographischer Orientierungen zurückgedrängt werden kann. Andererseits muss sich Mark jedoch durch seine eigene biographische Orientierung von ebenfalls aggressiven und gewaltigen Abwehrversuchen distanzieren. Dies ist aber nun angesichts einer immer stärker wahrnehmbaren Bedrohung, die sich auch auf Leib und Seele seiner Person richtet, sehr spannungsintensiv. Diese Spannung – einerseits die biographischen Orientierungen ausleben zu wollen und andererseits aber in Konflikte mit anderen Jugendlichen geraten zu können – zeigt sich gerade in der Schlussformulierung dieser Sequenz noch einmal deutlich, als Mark davon berichtet, dass Jugendliche der rechten Szene auch schon systematisch die Schulen abgesucht haben, um vermeintliche Vertreter feindlicher Jugendkulturen zusammenzuschlagen. Das offensive aggressive Verhalten dieser Jugendlichen zwingt Mark damit, sich mit seinen Orientierungen innerhalb gesellschaftlicher Gruppierungen und schichtspezifischer Unterschiede zu verorten. Damit wird aber erneut eine Reflexion und Ernsthaftigkeit erfordert, die im Grunde mit den dominanten Erlebnisorientierungen bricht.

M: naja also hier . also die älteren klassen sin eigentlich . ja . gegen nazis eigentlich alle . //hm// außer jetzt so neunte und so da sin jetzt schon . paar vertreten un so .. die dann wirklich schon etwas .. krasser sind //hm// obwohl . kennst du . andreas koch . //hm// also ich weiß nich . hat ers dir erzählt das er auch so (…2) //er is och so en bisschen naja// naja okay //hm// . er zum beispiel aber . er is en kumpel für mich einfach irgendwie //hm// weil er macht er würde niemand jemand zusammschlagen oder so //hm// (holt tief luft) sowas seh ich ein wenns . wenn die so ne richtung ham von ihrn gedanken dass die keinen zusammschlagen einfach bloß gegen sowas . //hm// solche leute was ham //hm// dann hab ich nichts dagegen //hm// aber sobald se irgendwie gewalttätig werden da .. //hm// findch das nich mehr in ordnung

Hier reagiert Mark auf die Frage, inwieweit diese Tendenzen gewaltförmiger Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Jugendkulturen – und hier wiederum zwischen verschiedenen schichtspezifischen Habitusformationen – in der Schule selbst ausgetragen werden. In den Ausführungen Marks wird deutlich, dass solche konflikthaften und gewalttätigen Auseinandersetzungen eher die Ausnahme sind. So berichtet Mark, dass besonders in den oberen Klassenstufen des Gymnasiums ein linksorientierter Habitus dominiert und damit auch die Schule selbst dominant linksorientiert ist. Insofern trifft Mark hier auf eine Schulkultur, die – vielleicht durch die Dominanz von Angehörigen der Mittel- bzw. Oberschicht – seiner Orientierung auf Gewaltfreiheit und einer permissiven Kultur, die Nischen bereitstellt, entgegenkommt. Allerdings erkennt Mark auch Tendenzen, die in dieser Hinsicht einen Gegentrend andeuten. So weist er auf Entwicklungen in unteren Jahrgängen hin, in denen zunehmend auch rechte Orientierungen auftauchen, wobei die Formulierung ‚krasser‘ auch andeutet, dass gerade der Aspekt der offensiven und gewaltbereiten Vertretung der eigenen Orientierungen und Lebensentwürfe zugenommen hat.

Als scheinbar angenehme Ausnahme wird dann aber ein Fall vorgestellt, der zwar eine Rechtsorientierung repräsentiert, zugleich aber diese nicht durch aggressives und expansives Verhalten anderen aufzuzwingen versucht. Dieser Fall ist damit ein exemplarischer Beleg, bei dem die an die Orientierungen gekoppelten Versuche schichtspezifischer Kämpfe gerade ausgesetzt sind, und so eine Auseinandersetzung der Orientierungen und Lebensentwürfe ausbleibt. Durch diese Einschränkung der rechten Orientierungen dieses Beispiels, die im Grunde als Behinderung und Anpassung dieser zugrundeliegenden Orientierungen an die an dieser Schule dominanten Orientierungen gelesen werden muss, kann der Schüler zum ‚Kumpel‘ stilisiert werden, mit dem man in scheinbar stabilen Anerkennungsverhältnissen steht. Gleichzeitig deutet sich aber auch ein Anpassungsprozess in umgekehrter Richtung an, insofern Mark z.T. keine deutliche Abgrenzung von rechten Positionen vornimmt. So zeigen die immer wieder abgebrochenen Formulierungen, die eigentliche Abgrenzungsversuche von rechten Orientierungen sein sollen, dass diese nur über hohe Distanzierungen und Korrekturleistungen gelingt. Hier zeigt sich z.B., dass Mark zumindest den geringen Akzeptanz- und Anerkennungswert gegenüber Ausländern mit den Vertretern der rechten Jugendkultur teilt, deren Verfolgung legitimiert und ihnen latent den Status von gleichen Menschenrechten abspricht (‚einfach bloß gegen sowas (was haben)‘). Man kann hier ableiten, dass die eigentliche Konflikthaftigkeit in der Positionierung zu rechtsorientierten Jugendlichen einzig darin besteht, dass sie die Umsetzung seiner dominanten biographischen Orientierungen erschweren. Somit richtet sich seine Ablehnung eher maskiert – und nicht wirklich – gegen die politischen Orientierungen dieser Jugendkultur. Gerade eine reflektierte politische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der steigenden Gewaltbereitschaft und Rechtsorientierung findet aber nicht statt.

In der nächsten Frage, versucht der Interviewer, die von Mark aufgemachte Problematik an die Schule rückzubinden. Dabei fragt er nach, ob die hier von Mark angedeuteten Auseinandersetzungen zwischen den Jugendkulturen auch an der Schule erfahrbar sind.

M: nö eigentlich . nich so . großartig fand ich eigentlich nich also ich habs nich mitjekricht //hm// . also höchstens ma anjepöpelt oder so hab ich och ma jemanden weil er . son . bemerkung abjelassen hat und so //hm// aber .. so richtig schlägereien oder . bälze of unsrer schule jabs eigentlich nich

Hier berichtet nun Mark, dass aus seiner Sicht an der Schule die direkte Problematik der Konfrontation von Vertretern verschiedener Jugendkulturen nicht besteht. Diese Einschätzung, die ja auch stimmig zu der Aussage steht, nach der ein expliziter Vertreter der rechten Szene an der Schule als Kumpel charakterisiert wird, bescheinigt in Bezug auf die Schule und Marks biographische Orientierung nun zweierlei. Erstens wird deutlich, dass die Problematik scheinbar an der Schule nicht bzw. in nur geringer Ausprägung besteht. Damit erscheint die Schule als ein Arrangement, indem die harten Auseinandersetzungen zwischen Lebensstilentwürfen und Habitusformationen stillgestellt oder doch zumindest dominant bestimmt werden, so dass eine konflikthafte Auseinandersetzung innerhalb der Dominanzverhältnisse kaum entstehen kann. Dies spricht für eine Schulkultur, in der z.B. rechte Orientierungen in einem ungünstigen Passungsverhältnis stehen und deshalb sich nur schwer entfalten können. So wären die dominanten Orientierungen und das optimalere Passungsverhältnis eher zu den Orientierungen zu vermuten, die Mark in der vorhergehenden Sequenz darüber zum Ausdruck bringt, dass gerade die älteren Jahrgänge alle ‚links‘ seien.

Zweitens wird mit der Einschätzung aber auch deutlich, dass Mark sich vor allem im außerschulischen Bereich positioniert und hier seine biographischen Orientierungen umzusetzen versucht. Das heißt, die Störung bei der Umsetzung seiner Orientierungen wird gerade dort zum Problem, wo auch Mark dominant versucht, diese Orientierungen umzusetzen. In diesem außerschulischen Bereich ist er nun den beschriebenen Strukturveränderungen passiv-erleidend ausgesetzt und kann nur indirekt eine klare Gegenposition beziehen. Damit ergibt sich aber ein interessantes Umkehrungsverhältnis mit Bezug auf die Orientierung Marks auf Freizeit und Schule. Während bisher die Orientierungen dominant auf den außerschulischen Freizeitbereich bezogen waren und Schule in der Erfahrung eine eher randständige Position einnahm, führen die veränderten Bedingungen im Jugend- und Jugendkulturbereich dazu, dass Mark dort keine aktiven Handlungsschemata entwickeln kann und damit beim Festhalten an der Umsetzung seiner Orientierungen sukzessiv aus dieser Jugendkultur gedrängt wird, während er im ‚Schonraum‘ der Schule, in der die festgestellte Zunahme von Gewalt und rechten Orientierungen durch die Dominanzverhältnisse eher als Randphänomen erfahrbar sind, aktive Bearbeitungsstrategien erproben kann und damit Schule als Erfahrungsraum an biographischer Relevanz gewinnt.

Die hier herausgearbeitete Umkehrungsfigur stützt sich z.B. auf die Selbstpräsentation Marks, der hier als die Spitze und der Motor konflikthafter Auseinandersetzungen pro und contra Rechtsorientierung ausgewiesen wird.

An dieser Stelle des Interviews möchte der Interviewer nun mit einer Frage anschließen, die sich auf die Aktivitäten im Sprayer-Bereich innerhalb der Schule beziehen. Bevor jedoch diese Frage formuliert wird, entfaltet sich ein längerer Klärungs- und Aushandlungsprozess darüber, wie vertraulich die Informationen behandelt werden und wie detailliert demzufolge die Aussagen sein können. Offensichtlich wird dem Interviewer hier bewusst, dass der geringe Explikationsgrad von Mark von einer ungenauen Klärung der Anonymisierung abhängen kann und die folgende Frage nur Sinn macht, wenn Mark diese Zurückhaltung etwas aufgibt. In einem längeren Statement versucht der Interviewer dann, über die Anonymisierungs- und Datenschutzpraktiken aufzuklären. Erst dann fragt der Interviewer, ob es in dieser Richtung auch schon Aktionen in der Schule gab und wie die Schule darauf reagiert hat.

M: also ich weiß nich wie herr //hm// müller dazu steht oder so ich weeß nich ich glaube er findet das nich so in ordnung obwohl unsre zeichenlehrerin . //hm// findet das ganz toll also frau reinhardt ist das . //hm// mit der ham mer och schon graffiti im unterricht gemalt und die is übelst davon fasziniert . //hm// .. naja . und . uns wurde schon ma ‚angeboten‘ (betont gesprochen) . frau schmidt hatte das mal gemacht . oder irgendwie war das ma am laufen //hm// äh dass wir .. einen aufenthaltsraum sprühen können aber .. is irnwie nichts draus jeworden . //hm// so . ar ansonsten von den andern lehrern . weiß ich de meinungen nich //hm// also ich da könnt ich se mir höchstens vorstellen //hm// was die davon denken

Da Mark hier nicht auf konkrete Aktionen zu sprechen kommt, sondern in seiner Ausführung zunächst die Position des Schulleiters zum ‚Sprühen‘ darstellt, hier also den prominentesten Vertreter der dominanten schulischen Orientierungen zu Wort kommen lässt, können wir vermuten, dass innerhalb der Schule für diese Aktivitäten kaum oder nur sehr begrenzt Räume zur Verfügung stehen. Diese Vermutung schließt wiederum sehr stimmig daran an, dass die Orientierungen Marks und die daran gebundenen Aktivitäten eher im außerschulischen Raum umgesetzt werden. Dann wird jedoch von Mark die zunächst dargestellte generelle Ablehnung dieser Aktivitäten in der Schule relativiert und auf punktuell positive Resonanzräume in der Schule verwiesen, in denen diese Orientierungen Anerkennung finden. Hier berichtet Mark zunächst von der Zeichenlehrerin, die nicht nur fasziniert von der Kreativität der Graffiti ist, sondern auch innerhalb des Unterrichts die Umsetzung dieser Orientierungen ermöglicht, indem sie von den entsprechenden Schülern – und hier auch von Mark – Graffiti erstellen lässt. Dann wird eine zweite Person eingeführt, die in Verbindung mit der Option gebracht wird, dass ein Aufenthaltsraum der Schüler mit Graffiti ausgestaltet werden kann. Zwar resümiert Mark hier, dass diese Unternehmung gescheitert ist und von einem Großteil der Lehrer diese Aktivitäten eher negativ eingeschätzt werden, aber es zeigt sich auch mit dieser Sequenz, dass die Schule hier Nischen bereitstellen kann, die zur Umsetzung alternativer oder abweichender Orientierungen genutzt werden könnten.

Auch mit der nächsten Nachfrage des Interviewers wird intuitiv an die Thematik der Möglichkeiten angeknüpft, inwieweit man an der Schule solche Nischen erobern kann und ob alternative bzw. eher jugendkulturell dominierte Orientierungen in der Schule umgesetzt werden können. Dabei bezieht sich der Interviewer allgemeiner auf die vermutete restriktive Reaktion seitens des Schulleiters auf jugendliche oder jugendkulturelle Ausdrucksformen der Schüler, die Mark sogleich auch mit der Thematik ‚Küssen verboten‘ präsent sind. In der Vergewisserung eines gemeinsamen Kenntnisstandes um diese Problematik schließt die Frage des Interviewers mit der Feststellung, dass faktisch die Auslebung jugendkultureller Ausdrucksformen an dieser Schule kaum möglich sei. An dieser Stelle knüpft dann Mark mit seiner Ausführung an.

M: naja das kann mer eigentlich praktisch vergessen //na// . das is nur das (…1)

I: aber .. ihr habt da nischt konkretes jetzt hier ..

M: nöö . okay och so mit base-caps oder so . wenn mer mit base-cap durch die schule läuft okay ich sehs ein dass das vielleicht nich der anstand . //hm// sonstwiewas . //hm// ar das mer da gleich .. anjemacht wird un sacht . mütze ab . un wird türlich so anjebrüllt praktisch sowas //hm// find ich nich in ordnung . //hm// . okay ich sehs ein . ich setze jetzt och keen base-cap mehr in der schule auf (lacht) . das find ich .. richtch in ordnung obwohl ich bin eigentlich janz zufrieden mit der schule hier //hm// . na muss schon sagen . //hm// . so von andern schulen höre . //hm// . da sind se vielleicht aufjeschlossner und so . dafür ist strengerer unterricht und . ja müssen länger in der schule bleiben . //hm// . und deswegen //hm hm// find ich einlich die schule och schon janz in //hm// ordnung

Mark eröffnet hier die Darstellung mit dem Fazit, dass man die Auslebung jugendkultureller Orientierungen – hier also auch die Umsetzung seiner dominanten biographischen Orientierungen – faktisch vergessen kann. Dabei bezieht er sich dann exemplarisch auf Auseinandersetzungen, die Schüler mit Lehrern der Schule haben, wenn sie in der Schule basecaps tragen. Dabei wird deutlich, dass mit dieser jugendkulturellen Ausdrucksform einige Lehrer konventionelle Vorstellungen des Anstands und damit die Kontinuität konventioneller Tugenden gefährdet sehen. Unter der Hand wird hier der Anspruch der Schule (ob als Programmatik oder als heimliche pädagogische Orientierung) deutlich, konventionelle Tugenden und Verhaltensweisen den Schülern zu vermitteln. Mit den Reaktionsweisen, die von Mark in dieser Sequenz skizziert werden (anmachen und anbrüllen), zeigt sich, dass die Umsetzung dieser Ausdrucksformen im schulischen Zusammenhang mit dem Risiko der Sanktion und Beschämung verbunden sind. Man könnte nun sinnlogisch vermuten, dass Mark deshalb die Schule eher negativ bilanziert. Stattdessen wird aber weiter deutlich, dass Mark eine positive Bilanz der Schule zieht (‚obwohl ich bin eigentlich ganz zufrieden mit der Schule hier‘). Diese Bilanz irritiert zunächst. Sie plausibilisiert sich aber, wenn man bedenkt, dass Mark bisher gerade nicht die Umsetzung seiner Orientierungen an den schulischen Zusammenhang bindet, sondern sich dazu verstärkt auf den außerschulischen Freizeitbereich bezieht. Diese Interpretation findet dann auch ihre Bestätigung, als Mark im Vergleich zu anderen Schulen seine Zufriedenheit begründet. So weist er als Vorteil der Schule einen nicht so strengen Unterricht und einen insgesamt kürzeren täglichen Schulaufenthalt aus. Auch wenn mit dieser Begründung nicht auf die schulische Wirklichkeit (kurz-)geschlossen werden soll, scheint damit eine persönliche Erfahrung und Deutung der Schule aus Marks Sicht präsentiert. Schule – so könnte man mit Mark abschließend formulieren – ist dann und deshalb in Ordnung, wenn sie keinen zu dominanten Platz im Alltagsablauf einnimmt und die Schüler möglichst schnell in die Freizeit entlässt.

An die von Mark hier einsetzende Bilanzierung der Schule knüpft dann auch der Interviewer an, indem eine Passage aus dem Interview noch einmal aufgegriffen wird und Mark zur Explikation dieser Äußerung gebeten wird.

I: na . nu hattste ja vorhin jesacht dass irgendwie . also . in deiner langen .. äh .. glücklichen kindheit sozusagen oder die lange zeit wo du dann// he //viel spaß hattest dass de jetzt irgendwie doch stress kriegst haste vorhin so anjedeutet also jetzt och mit der schule vielleicht . vielleicht kannste da noch ma erzählen was de da eigentlich jemeint hast so

M: naja also irndwie .. ich hab mich es . seit dem ich in der schule bin hab ich nich . richtig auf n hosenboden jesetzt und hab jelernt . //hm// kann das einfach nischt hab mir das einfach auf . alles bloß drauffallen lassen //hm// hab jelernt wenns nötig war . für klassenarbeiten oder so . //hm// . hm weil ich weil ich das früher nie gemacht hab weil ich mich früher nich dahinterjeklemmt hab . is das für mich jetzt sehr schwer der leistungsdruck is übelst hoch jetzt //hm// schon in der zehnten klasse //mhm// . und . ja ich hab jetzt übelste probleme deswegen lass ich mich auch zurückstellen . //hm// mach ich zehnte klasse noch mal //hm// . und dann hatt ich en traum ich wollt nach amerika fahrn en jahr //hm// und der is jetzt jeplatzt . //hm// weil ich zu schlechte zensuren hab . //hm// . und naja . das find ich e bisschen scheiße . //hm// (…2) //hm// da jeht so praktisch en . traum in nichts auf so ja .. und wenn ich jetzt de zehnte klasse noch mal mache .. hätt ich noch mal die chance nach amerika zu fahren weil . elfte und zwölfte klasse muss zusammen sein . //hm// nur in der zehnten isses letzte mal dass mer wegfahrn könn //hm// . na . hättch noch mal die chance also . ich glaubs zwar nich . //hm// . (…2) leistungsdruck und stress irgendwie … hm . naja das kommt of eenmal alles so von eem tach zum andern wird das of eenma . //hm// ein alles //hm// der ganze spaß of einma weg //hm// . un früher is man einfach rausjejangen .. in der woche is widder jekomm hat sich hinjelecht . is früh verschlafen aufjestanden ne .. is in de schule jejangen . hat sich hinjesetzt is halb einjeschlafen . hat es aber alles och so mitjekricht un konnte noch . mitkommen im unterricht . //hm// aber jetzt kann mers nich mehr machen und das is für mich ne umstellung . jetzt zu lernen . //hm// und . nich mehr wegzugehen bis abends (…1) .. außer am wochenende da geh ich immer noch bis früh (…2) hin //hm// so wies mir . lieb is . naja .. das is halt . schwer he //hm hm// … wenn ich mir jetzt vorstelle . in de elfte klasse zu kommen . und . die janzen kurs- . kurse die ich da belegen müsste //hm na// fünf . stunden in der woche physik . fünf stunden in der woche biologie äh . da kann ich jar nich dran denken da würdch ne krise kriegen wenn ich das machen müsste … naja …. kompliziert (lacht kurz) //hm// janze sache //hm// .. falls ichs doch irgendwie . schaffe wegzufahren . noch letztes nächstes jahr //hm// . dann bekomm- kanns sein dass vielleicht och noch de dreizehnte klasse hier eingeführt wird . //hm// un dann sitz ich dann vielleicht noch mit fünfundzwanzig of der schulbank ‚und so‘ (lachend gesprochen) //(lacht)// . und das . is n bisschen arg krass find ich . //hm// also . das och noch son problem von mir //hm// ((vorje)) schule . is ja eigentlich besser als arbeiten gehn . weil wenn ich mir vorstelle . früh um sechs ofstehn ahmds um sechs nach hause kommen //hm// dich da vorn fernseher setzen einschlafen . und da . nee //hm// das will ich nich . deswegen is eigentlich janz jut of der schule zu bleim un so . aber mer verdient ja halt keen jeld . //hm// das is das problem

Mit der Aussage Marks, die seine bisher dominante Lebenserfahrung im Modus des ‚Spaß habens‘ zusammenfasst, aber auch deutlich macht, dass sich zunehmend Stress einstellt und darüber ein erzwungener biographischer Wandlungsprozess ins Haus steht, ist hier eine umfassende Bezugnahme auf diesen Wandlungsprozess erforderlich. Während in der Interpretation bisher als ein wesentlicher Motivationsaspekt dieses Wandlungsprozesses die Veränderungen innerhalb der Jugend- und Freizeitszene benannt wurde, deutet sich hier als weiterer Motivationsaspekt – und im Zusammenspiel mit dem erstgenannten – eine Veränderung im schulischen Zusammenhang selbst an. Mark resümiert hier zunächst seine eigene Einstellung gegenüber der Schule. So zeigt sich, dass er dem Schulischen – auch das wurde bereits in der Interpretation herausgearbeitet – bisher nur eine randständige Bedeutung in seinen biographischen Orientierungen zuschreibt und er sein Selbst vor allem über die Aktivitäten im außerschulischen Freizeitbereich konstituiert. Dies kommt in seinen Ausführungen darüber zum Ausdruck, dass er sich nur mit minimalem Einsatz auf die schulischen Anforderungen einstellt und diese eher passiv auf sich zukommen lässt. Bereits in dieser Kennzeichnung seiner Einstellung auf die Schule, sich nicht intensiver mit den schulischen Leistungsanforderungen auseinandergesetzt zu haben, verrät, dass sich in diesem Bereich bzw. in dem bisher unreflektierten passiven minimalen Einstellen auf die Schule ein aktuelles massives Konfliktpotential generiert hat.

Das schulische Konfliktpotential expliziert Mark dann, indem er weiter ausführt, dass dieses nie praktizierte Einstellen auf die Anforderungen nun problematisch ist, weil der Leistungsdruck des Schulischen selbst sich aus seiner Sicht enorm gesteigert hat. Damit wird aus dem passiven ‚auf sich zu kommen lassen‘ inzwischen ein ‚auf sich drauf fallen lassen‘, eine Metapher, die dass plötzlich bedrohliche der veränderten schulischen Anforderungen ausdrückt. Die Schwierigkeit besteht für ihn nun darin, dass er diesem erhöhten Leistungsdruck keine eingeübten Strategien der Leistungs- und auch Druckbewältigung entgegensetzen kann, so dass diese Anforderungen für ihn zum ‚übelsten Problem‘ werden. Deutlich wird hier, dass von den verändert erfahrenen schulischen Anforderungen ein massiver Druck auf seine dominanten biographischen Orientierungen ausgeübt wird, weil diese nicht geeignet sind, diese Anforderungen abzufedern. Die aus seiner Sicht erforderliche (und damit mental reflektierte) Fähigkeit, sich aktiv und engagiert mit diesen Anforderungen auseinanderzusetzen, kann er nicht vorweisen und auch nicht kurzfristig entwickeln. Damit wird also im Zusammenspiel mit den wahrgenommenen Strukturveränderungen der Jugendszene durch die gestiegenen Anforderungen in der Schule sein bisheriger biographischer Entwurf gekippt und er selbst durch das Fehlen von Routinen und Strategien im Umgang mit schulischem Druck in eine Situation verstrickt, in der sich Verlaufskurvenpotential aufschichtet. Gerade diese Erfahrung aber der Verstrickung in problematisch erfahrene Entwicklungen, führt zur biographischen Krise, weil sein bisheriger Lebensverlauf als relativ krisenfrei beschrieben werden kann, ja sogar durch seine familiale Einbettung eher ein Ausweichen in Schon- und Nischenwelten als biographische Disposition nahegelegt wurde.

Im Weiteren schildert Mark, dass die Unfähigkeit mit diesem veränderten Anforderungsprofil, immer gedacht als Zusammenspiel im schulischen und im Freizeitbereich, relativ brachial abgefangen wird, indem eine freiwillige Wiederholung des Schuljahres beantragt wird. Mit dieser eigentlich überrumpelt anmutenden Reaktion gelingt es jedoch auch, ein letztes Gefühl für die eigenaktive Einflussnahme auf diesen Prozess zu wahren. Es wird aber auch deutlich, dass diese eigenaktiv ausgewiesene Zurückstellung wesentlich durch die Eltern Marks inszeniert ist. Man könnte nun annehmen, die Eltern von Mark ziehen hier eine Art Notbremse, indem sie bisher zugelassene Freiräume zurücknehmen und für Mark biographische Entscheidungen treffen. Aber auch das scheint nicht der Fall zu sein. Eher zeigt sich in dem von Mark aufgemachten Begründungszusammenhang für die Zurückstellung und die biographische Krisenhaftigkeit der Situation, dass auch jetzt noch eine erlaubende und nicht direktive familiale Beziehung vorliegen muss. So wird als Auslöser der Realisierung der schulischen Krise eine von den Eltern auf Zeit zurückgestellte Option Marks genannt, die im Anschluss an das 10. Schuljahr einen einjährigen Aufenthalt in den USA vorsieht. Wenn man Marks starke Freizeitorientierung in den Blick nimmt und hierbei die starken Bezüge zu amerikanischen Kulturentwicklungen bedenkt, dann muss diese Optionsschließung eine dramatische Relevanz für ihn entfaltet haben. Die Zurückstellung wird somit als Rettungsversuch dieser Option plausibilisiert, mit einem neuen und besseren Abschluss der 10. Klasse, den Traum vom einjährigen Amerikaaufenthalt doch noch umsetzen zu können.

Auch wenn Mark hier die Chancen noch gering einschätzt, was sicherlich durch die dominante Erfahrung der Überforderung und des passiv den Anforderungen ‚Ausgeliefertseins‘ zuzurechnen ist, kann die Orientierungswirksamkeit der schulischen Anforderungen nicht mehr wie zuvor übergangen werden. Mark ist damit paradoxerweise gezwungen, sich auf die schulische Logik der Leistungsforderungen einzustellen, um den Höhepunkt seiner außerschulischen Freizeitorientierung realisieren zu können. Das bedeutet für ihn aber eben auch, seine dominanten Orientierungen von ‚Spaß‘ und ‚Aktion‘ auf schulische Leistungsbereitschaft umzustellen. Darin liegt die eigentliche biographische Brisanz dieser Veränderungen. Mark bringt das zum Ausdruck, indem er als Kontrast zu den aktuell geforderten Einstellungen illustriert, was in der Umsetzung seiner biographischen Orientierungen bisher die idealen Handlungsweisen ausgemacht hat. So konnte er vor dem plötzlichen Schnitt, als sich von einem Tag zum anderen die Krisenhaftigkeit der Gegenläufigkeit schulischer und jugendkultureller Orientierungen manifestierte, nicht mehr die schulischen Anforderungen verdrängen bzw. entthematisieren. Man kann hier formulieren, dass eine solche Krisenhaftigkeit grundsätzlich schon immer angelegt war, da die in der Jugendkultur verfolgten und anerkannten Orientierungen nicht mit den schulischen Anforderungen im Einklang standen, ja gerade in der Abgrenzung dazu ihre Attraktivität entfalteten. Denn mit der Interpretation wurde auch herausgearbeitet, dass Mark mit seinen Orientierungen den Anforderungen der Erwachsenenwelt auszuweichen versuchte, während die Schule die wesentliche Institution ist, die in die Regeln der Erwachsenenwelt einsozialisiert. Die biographische Krise und der erzwungene Wandlungsprozess ist damit auch als ein wie auch immer zu quantifizierender Übergang in die Erwachsenenwelt zu kennzeichnen, mit der ein Stück weit Abschied von der Jugend verlangt wird (‚das ist für mich eine Umstellung jetzt zu lernen und nicht mehr wegzugehen‘).

Diese Umstellung bewirkt nun aber nicht nur, dass Mark den schulischen Anforderungen besser entsprechen kann, sondern sie bedingt auch, dass die Relevanzsysteme des Schulischen sukzessiv angeeignet werden müssen. Auch darin kommt die umfassende Tragweite des erzwungenen Wandlungsprozesses zum Ausdruck. Jedoch ist Mark von einer Bewältigung dieses Wandlungsprozesses noch weit entfernt. So äußert er, dass gerade in den höheren Klassenstufen nochmals mit einer Steigerung der schulischen Anforderungen zu rechnen ist. Diese nochmalige Steigerung und vor allem deren Bewältigung ist für ihn zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum vorstellbar und so bedrohlich, dass er hier mit Verdrängung und Entthematisierung reagiert, also auf biographische Strategien zurückgreift bzw. diese kontinuierlich fortsetzt, die mit einer Ausblendung schulischer Anforderungen, deren Überbrückung versprechen. Ein wackeliges Gerüst, was Mark mit der potentiell immer gegenwärtigen Manifestation der Krise z.T. realisiert (‚da kann ich gar nicht dran denken da würde ich eine Krise kriegen‘).

Wie offen und unklar bzw. wenig abschätzbar der hier eröffnete biographische Prozess ist, deutet sich in Marks abschließenden Formulierungen in dieser Sequenz an. Denn in diesen Ausführungen wird dem eigentlichen Problem ein anderer Aspekt übergestülpt, der noch stärker auf die Bewährungsdynamik der erforderlichen biographischen Entscheidung zwischen Schule und Jugendkultur aufzeigt. Ob man mit 25 Jahren noch in der Schule sitzt oder einer Arbeit nachgeht ist für die bisher dominante Orientierung auf Spaß und Aktion gleichermaßen bedrohlich. Erwachsensein bzw. -werden ist hier selbst als zentraler Problemfokus markiert, weil die konsequente Orientierung auf Jugendkultur damit nachhaltig bedroht ist. Deutlich wird diese Bedrohung durch die absehbare Zugehörigkeit zur Erwachsenenwelt auch darüber, dass Mark hier sehr monotone und klischeeartige Stereotype entwirft, die kontrastiv zu den aktuellen Orientierungen und Selbstentwürfen stehen.

Im Anschluss an diese Ausführungen fragt der Interviewer dann nach den über den Amerikaaufenthalt hinausgehenden Zukunftsvorstellungen Marks.

M: naja also . also so . meinst das jetzt mit arbeiten . //ja doch// (räuspert sich) naja //überhaupt na// also eigentlich . is ja (…2) skater der traum ein . sponsor zu ((werben)) . //hm// also ((um brot zu werben)) . //hm// also da kriegt mer alles . hingelegt da kricht mer klamotten da kriegt mer schuhe da kriegt mer . sein rollbrett kostenlos da kricht mer reisen kostenlos kommt nach amerika kostenlos kommt da ma hin kostenlos . //hm// kriegts essen kostenlos und so . wenn mer (…2) un so //hm// das is eigentlich . och en traum von mir . is eigentlich von jedem skater en traum . bloß den zu verwirklichen is nun . dreimal so schwer . //hm// . nee ansonsten . träume . was ich machen will . naja of alle fälle wenn ich später mal arbeiten will .. dann nur en job . der irgendwas mit leuten zu tun hat //hm// nich irgendwo in ner bank hocken und am schreibtisch (…2) . irgendwas ofschreim sondern .. vielleicht so streetworker oder sowas . sowas find ich . ziemlich in ordnung irgendwelchen leuten helfen oder so //hm// . sowas find ich .. cool (lachen) //hm// .. muss muss mer studiern dazu . psychologie und so . (holt tief luft) und das (…1) . sehr schwer für mich (lacht kurz) //hm// weil . ich hab son paar probleme mich zu artikulieren und . naja . und mit rechtschreibung und sowas

Mark greift zunächst noch einmal aushandelnd auf, aus welcher Perspektive die Zukunftsvorstellungen für den Interviewer relevant sind. Seine Frage zielt dabei auf die weiteren beruflichen Vorstellungen, denen der Interviewer auch zustimmt, jedoch zugleich signalisiert, dass seine Vorstellungen auch umfassend interessieren.

Mark scheint damit offensichtlich die Zukunftsvorstellungen dominant an den Arbeitssektor zu binden und über die eigene Positionierung darin zu bestimmen. Jedoch zeigt sich dann im weiteren Text, dass seine Berufsvorstellungen gerade nicht als Anpassung an den Arbeitsbereich und damit an eine Erwachsenenwelt gebunden sind, sondern hier eine kontinuierliche Fortschreibung seiner Freizeitorientierung zumindest als Idealvorstellung für die Zukunft anstreben. Dabei ist diese Idealkonstruktion in ein kollektives Deutungsmuster eingebettet, dass innerhalb der Jugendszene der Skater gemeinschaftlich verbürgt wird. Ausformuliert wird diese ideale Zukunftsvision in dem Bild eines erfolgreichen Skaters, dem es gelingt einen Sponsor für seine Tätigkeit zu gewinnen und damit in eine Art Profistatus überwechseln kann. Gelingt dies, so das Deutungsmuster, bekäme man alles hingelegt, was man sich wünscht, vom Essen über Klamotten bis hin zu Reisen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich aber, dass dieser Traum einer Transformation der jugendkulturellen Orientierungen in den Bereich des Lebensunterhalts nur scheinbar einen idealen Einstieg in die Arbeitswelt verspricht. Denn in den idealen Konstruktionen ist keine Rede von vertraglichen Festlegungen, von Einkommen oder von Kranken- und Sozialversicherungen. Dies wären aber die entscheidenden Bereiche, mit denen ein erfolgreicher Einstieg in die Arbeitswelt der Erwachsenen gemessen werden kann. Damit wird deutlich, dass Mark hier weniger die Übergangsphase in die Arbeitswelt selbst in den Fokus seiner Zukunftsvorstellungen rückt, sondern auch hier die bisher dominante biographische Orientierung dominiert, ja sogar einen bewussten und gezielten Einstieg in die Berufswelt verhindern kann.

So deutet aber auch Mark an, dass diese Idealvorstellung zwar Orientierungsfunktion für seine Zukunftsvorstellungen übernimmt, aber er kaum an Realisierungsmöglichkeiten dieser Option glaubt. Der Traum bleibt damit scheinbar auch weiterhin ein Traum und kann aber darüber vielleicht wichtige biographische Funktionen übernehmen. So scheint darüber die gelungene Umsetzung einer jugendkulturellen Freizeitkarriere verfügbar und der gewinnbringende Einsatz jugendkulturell erworbener Fähigkeiten und Kompetenzen in der Arbeitswelt repräsentiert. Diese Hoffnung auf Mögliches und Erreichbares stärkt damit fiktiv quasi prospektiv rückblickend die Richtigkeit der favorisierten Lebensorientierungen und damit die Bewältigung der individuellen Bewährungsdynamik.

Neben diesen dominanten Zukunftsvorstellungen scheint aber Mark auch gezwungen zu sein, sich über andere Anschlussmöglichkeiten nach der Schulzeit konkrete Gedanken zu machen. Jedoch sind diese Überlegungen sehr vage und z.T. konfus. Sicherheit besteht für ihn darüber, dass er später arbeiten möchte. Damit realisiert er die grundlegende Voraussetzung, um später erfolgreich an der Erwachsenenwelt partizipieren zu können. Die Berufsarbeit wird somit als notwendiges Übel markiert, das notwendige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Erwachsenenleben schafft, gleichzeitig aber auch mit der schmerzlichen Trennung von jugendgemäßen Orientierungen verbunden ist. Diese Einsicht in die voraussetzungsreiche Notwendigkeit der Erwerbsarbeit wird nun mit ersten Systematisierungen von Erwerbsarbeit verbunden, um sich in einem den jetzigen Orientierungen möglichst nahekommenden Berufsfeld einzustellen. Wichtig scheint ihm hier, nicht in Büroarbeit eingebunden zu sein, die als kontrastive Welt zu seinen jetzigen Orientierungen entworfen wird, ja sogar mit dem impliziten Vermerk, dort nicht mit Menschen zu tun zu haben, eine verzerrende Entwertung erfährt. Seine Vorstellungen siedeln sich dann mit ‚Streetworker‘ und ‚Helfen wollen‘ im handlungspragmatischen und ethisch karitativen Bereich an. Gerade der Beruf des Streetworkers scheint hier als Konstrukt einer beruflichen Position geeignet, eine gewisse Kontinuität der gegenwärtigen Orientierungen zu gewährleisten. Wenn man schon nicht mehr selbst auf der Straße agieren kann, dann kann man hier beruflich mit den Menschen zusammenkommen, die auf der Straße agieren und das können eben auch Vertreter solcher Jugendkulturen wie die Skater sein.

Entsprechend wird von Mark dieses Berufsfeld – das zudem nur vage Bezüge zu Regeln und Formen der Erwerbsarbeit beinhaltet – positiv und sogar strukturell homolog zu den Aktivitäten der Jugendkultur als ‚cool‘ eingeschätzt. Ansatzweise werden aber auch hier spezifische Anforderungskriterien realisiert. So deutet Mark an, dass für die Ausübung dieser beruflichen Option ein Studium erforderlich wäre, welches aus seiner Sicht vor allem Kompetenzen im psychologischen Bereich beinhaltet. Zentrale Barrieren sind dabei für ihn eine Schwäche in der Artikulation und (bezogen auf den schriftlichen Bereich) in Rechtschreibung. Damit deutet sich an, dass Mark hier für den beruflichen Anschluss als Erfüllung eigener Zukunftsvorstellungen die Vermittlung bestimmter Fähigkeiten verbindet, die im Grunde in der Schule zu erlangen sind. Hier ist also auch gerade mit der Orientierung an Möglichkeiten der eigenen Zukunftsgestaltung ein Bedeutungswandel des Schulischen ausgelöst, der eine stärkere Orientierung auf schulische Anforderungen erzwingt und die Bedeutsamkeit schulisch vermittelter Leistungen erheblich steigert.

Vielleicht ahnt der Interviewer, dass die von Mark hier thematisierten Anforderungshaltungen von ihrer Struktur her eigentlich mit den Anforderungen im Freizeitbereich identisch sein müssten, hier also auch ein bestimmtes Engagement und eine Leistungsbereitschaft notwendig sind und darüber im Grunde bei Mark eine Bereitschaft zu Engagement und Leistung grundsätzlich bestehen müsste. Implizit deutet sich solch ein Zusammenhang zumindest an, wenn Mark nach diesen Zukunftsorientierungen danach befragt wird, ob er denn nicht auch im Freizeitbereich trainieren muss.

I: un jetzt grade also weil de jetzt noch mal das mit dem skaten anjesprochen hast . da musste ja eigentlich och richtig trainieren (…2

M naja es is .. gibt leute .. die trainieren wirklich //hm// die jeden tach skaten und . probiern n trick und hämmern da drof rum (…1) stehn un so . und die ham ich ich gloobe die ham och keen spaß mehr richtig da so dran //hm// . die erreichen das dann erreichen dann och den .. ihre ziele erreichen die niemals weil die verliern dann n spaß dran . //hm// weil ich finde skaten sollte man nur aus spaß is ja eigentlich bloß . n hobby //hm// kann das ja nich als .. job oder was weeß ich ansehen . //hm// is einfach bloß so . //hm// nebenbei .. was spaß macht und sich abreagieren kann das is eigentlich der hauptgrund . hm . so abreagieren spaß ham .. un sich wohlfühln dabei . //hm// das is eigentlich der hauptinhalt . (holt kurz luft) wenn mer das . sich so fühlt dabei dann .. macht das ja och spaß so . versteht mer neue tricks dann traut mer sich mehr . springt mer ehmt ma . von was weeß ich von fünf meter höhe irndwo runter oder von . springt ne (…1) treppe runter was weeß ich ehmt .. //hm// und da erreicht mer einfach viel mehr

In der Antwort Marks zeigt sich aber, dass die Leistungsbereitschaft im Freizeitbereich für ihn gerade nicht mit dem erforderlichen rational strategischen Kalkül vergleichbar ist, der zu Engagement und Leistung im Schulischen und damit später im Beruf für ihn erforderlich wäre. So grenzt er sich von solchen Vertretern dieser Jugendkultur ab, die diese Tätigkeit mit einer Ernsthaftigkeit betreiben und täglich trainieren, bis sie einen bestimmten Trick beherrschen. Seine zentrale Orientierung setzt sich ja – wie auch bereits interpretiert – von dieser Ernsthaftigkeit ab, und sieht als entscheidende Funktion der Beschäftigung die situative Spaßorientierung ohne längerfristige Interessen in den Blick zu nehmen und damit zu kalkulieren. Den hier kontrastiv vorgeführten Vertretern der Jugendkultur der Skater wird dagegen schließlich von Mark unterstellt, dass sie letztlich den Spaß an dieser Beschäftigung verlieren und damit das Ziel dieser Beschäftigung verfehlen bzw. ‚niemals erreichen‘.

In diesem Zusammenhang wird mit der Abgrenzung von einer ernsthaft motivierten strategisch leistungsbezogenen Skateraktivität die Philosophie dieser Jugendkultur skizziert, die zugleich als eine Darstellung der biographisch dominanten Orientierungen verstanden werden kann. Als zentrale Bezugspunkte wird von Mark zunächst deutlich gemacht, dass die Aktivität im Bereich der Jugendkultur der Skater zuallererst als Hobby verstanden werden muss und an das Kriterium des ‚Spaßhabens‘ gebunden ist. Hier wird also die Freizeitaktivität deutlich von der Logik der Arbeitswelt oder auch der Schule abgekoppelt. ‚Man kann das ja nicht als Job ansehen‘, sondern die Sinnhaftigkeit dieser Tätigkeit erschließt sich für Mark gerade darin, dass sie ‚nebenher‘ und ohne bindende Verpflichtungen durchgeführt werden kann. Auch darüber bestätigt sich noch einmal die Interpretation, dass mit der Freizeitorientierung Marks im Grunde Nischenwelten erschlossen werden, in denen er sich den auch über die Schule vermittelten Anforderungen der Erwachsenenwelt entziehen kann. Mehrfach betont Mark, dass im Mittelpunkt dieser Tätigkeit die Funktionen des Abreagierens, des ‚Spaßhabens‘ und das ‚sich wohl fühlen‘ stehen. Diese starke Bedürfnisorientierung wird hier um einen wichtigen Akzent ergänzt. Mit ‚Abreagieren‘ sind deutlich die Konstitutionsbedingungen einer wie auch immer gearteten ‚Aufreaktion‘ verbunden. Das heißt, dass Mark aus anderen Lebensbereichen Belastungspotentiale aufschichtet, die stimmig durchaus im Bereich der Schule und der daran gebundenen weiteren Lebensplanung gebunden sein können. Damit wird das Verhältnis von Jugendkultur und Schule insofern konkretisiert, als die jugendkulturelle Betätigung gerade auch zur Kompensation schulischer Probleme funktionalisiert werden kann.

Eher unterschwellig wird dann deutlich, dass diese Abstinenz gegenüber einer ernsthaft rationalen und kalkulierenden Einstellung zur eigenen Tätigkeit nicht zu einer Leistungsunfähigkeit führen muss, sondern im Gegenteil gerade auch Leistungsfähigkeit generiert. Obwohl man annehmen muss, dass Mark dieser Zusammenhang von Motivation und Leistung nicht bewusst ist und besonders die Möglichkeit, mit einer Selbstmotivierung die Leistungsfähigkeit generell auch in anderen Feldern gesteigert werden kann, liefert er dafür doch empirische Belege. So berichtet er über diesen Zusammenhang in Bezug auf seine Person und deutet zugleich die Leistungsfähigkeit und den Erfolg in dieser Beschäftigung an. Als Laie kann man diese Leistungsfähigkeit und die Erfolgsdimension jedoch nur erahnen, die damit zusammenhängt, mit dem Skateboard mehrere Meter nach unten zu springen. Auch der Interviewer ist sich über diese Dimension unklar und möchte Mark zur Explikation der Leistungsdimension bewegen.

I: un da bist du so janz jut ja . oder

M: naja jut naja . so in halle naja okay .. also ich stand . einmal stand ich schon in der skateboard-zeitung . aso //hm// die zeitung heißt .. skateboard-monster-magazin . und dann gibts noch s limited . //hm// in den zeitungen stand ich schon ma drinne . das war . jetzt . letztes jahr war das . gabs en . wettkampf contest heißt das . //mhm na// ähm in leipzig //hm// . und . naja da hab ich en vierten platz jemacht . //hm// und naja und dadurch bin ich da in de zeitung reinjekommen . naja wenn das so weiterjeht he . war schon janz jut //hm// (…2) .. macht das übelsten spaß un erfolgsjefühl dadurch so zu kriegen oder so . in der zeitung steht was jewonnen hat und so

Darauf reagiert Mark schließlich, als er im Modus der Selbstbescheidenheit seine Erfolge in dieser Tätigkeit präsentiert. Diese Relativierung seiner Erfolge auf diesem Gebiet, die auch im Weiteren aufgeführt werden, verbindet sich bei Mark mit der Einordnung in verschiedene Ebenen und Niveaus im Leistungsbereich z.B. durch regionale und überregionale Vergleiche. Unausgesprochen kommt zum Ausdruck, dass Mark in der städtischen Szene zu den Leistungsstärken im Skaterbereich gehört und er auch im überregionalen Vergleich noch ganz gute Positionen in Wettkämpfen belegen kann. Gleichwohl auch hier zum Ausdruck kommt, dass die Situation der Wettkämpfe auf diesem Gebiet eigentlich mit der Logik der Freizeitbeschäftigung bricht, es also nicht mehr nur um den Spaß sondern auch um den Erfolg geht, wird damit doch die Interpretation nicht korrekturbedürftig, weil bereits in den Anfangspassagen herausgearbeitet werden konnte, dass die Dimension des ‚Spaß habens‘ auch an die Anerkennung der Gleichaltrigen gebunden ist, die natürlich über solche jugendkulturell ausgerichteten Wettkampfsituationen besonders pointiert erfahrbar ist. Die Anerkennung wird für Mark in dieser Wettbewerbssituation darüber deutlich, dass er auch in zwei einschlägigen Szenezeitungen namentlich erwähnt wird.

Mit den weiteren Nachfragen des Interviewers wird dann diese Linie der Leistungsdimension in den Freizeitbereichen auf die anderen Beschäftigungen (Musik und Sprühen) ausgedehnt. Dabei bezieht sich der Interviewer zunächst noch einmal auf das Sprühen. Hier macht Mark deutlich, dass dieses Tätigkeitsfeld für ihn an Bedeutsamkeit verloren hat, was auch mit dem einschneidenden Erlebnis der vermeintlich polizeilichen Verfolgung zusammenhängt. So formuliert er programmatisch, dass er nur noch legal sprühen wolle, was zugleich eine Reduzierung dieser Aktivität auf ein Minimum nach sich zieht (‚illegal ist für mich tabu … und deswegen wird ich wahrscheinlich damit aufhören‘).

An diese Feststellung, sich in einem Bereich weniger zu betätigen, schließt die Bilanzierung an, dass insgesamt die Aktivitäten im jugendkulturellen Bereich zu vielfältig sind. Er formuliert, dass er Sprühen und Breakdance aufgeben wird und sich stärker auf Skaten und Musik machen konzentrieren will. Dabei wird als Begründungs- bzw. Argumentationsmuster aufgeführt, dass als neue Beanspruchungsbereiche nun die Schule und die Freundin zu bewältigen sei. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Mark hier erstmals (nach 20 Seiten Text) eine Partnerschaft andeutet. Man kann hier davon ausgehen, dass die Partnerschaft für Mark nicht den zentralen biographischen Stellenwert einnimmt, sondern eher ein Beiwerk seiner ausgeprägten jugendkulturellen Orientierung ist. Dominant sind dagegen die Umsetzung dieser Orientierungen über die vielfältigen jugendkulturellen Aktivitäten bzw. der sich andeutende Wandlungsprozess, der mit der Schwierigkeit der Umsetzung dieser Orientierungen einhergeht.

Im weiteren Interview wird Mark dann in Bezug auf seine Musik angesprochen. Hier berichtet Mark, dass er sich mittels Computer und mit Freunden erzeugten Texten im deutschsprachigen Hip Hop versucht, allerdings ohne bisher vorzeigbare Ergebnisse produziert zu haben. Es wird aber deutlich, dass er seit einem halben Jahr an dieser Sache dran ist und als Ziel sich durchaus einen öffentlichen Vortritt vorstellen kann. Der antizipierte Auftritt als Fernziel ist dabei in seiner biographischen Programmatik zunächst an die Dimension des ‚Spaß habens‘ gebunden, gleichwohl indirekt auch die Erfolgs- bzw. Anerkennungsdimension thematisiert ist. Als weiterer Bezug zum bisher interpretierten Krisenpotential des Strukturwandels der Jugendszene distanziert er sich mit seinem Vorhaben deutlich von amerikanischen Vorbildern, die über ihre Musik einer Gangstar-Mentalität verbreiten, indem sie z.B. über Gewalt und ‚Abknallen‘ singen. Schließlich resümiert er, dass diese Linie noch einige Arbeit und die Überwindung von Schwierigkeiten verlangt und weist damit unter der Hand die Notwendigkeit einer rationalen und leistungsorientierten Erfolgsausrichtung aus.

In einer weiteren Frage des Interviewers, die sich auf die Risiken des illegalen Sprühens bezieht, wird als interessanter Nebeneffekt deutlich, dass Mark zur Auslebung seiner jugendkulturellen Orientierungen auch die Unterstützung der Eltern, hier durch die Mutter, die ihm Bücher zu Graffiti aus der Bibliothek besorgt, erhält. Damit kann die oben formulierte Interpretation bestätigt werden, dass durch die familiale Einbettung eine Disposition Marks auf die kreative Aneignung von Nischenwelten motiviert wird. Diese Unterstützungsleistung kommt dann auch im Weiteren zum Ausdruck, als es um die notwendigen finanziellen Aufwendungen geht, die sowohl das Sprühen als auch das Skaten in der von Mark praktizierten Form benötigen. Dabei zeigt sich in den Ausführungen auch, dass sich Mark in vielen Formulierungen als Experte der Szenekultur ausweist.

Interessante Einblicke ergeben sich dann noch einmal als Mark auf die Möglichkeiten des finanziellen Zuverdienstes eingeht.

M: zum beispiel ich trag zeitungen aus . da krieg ich etwas geld rein . so . //hm// fuffzich mark im monat //hm// . dann hab ich noch . was andres . da krieg ich so dreihundert mark raus (…1) viertel jahr . //hm// es wird mehr . einmal .. un ansonsten immer so . tagesjobs oder so . die mer ma anjeboten kricht .. dann . eigentlich illegal . //hm// is ja egal //hm// einfach es geld of de hand jedrückt kricht so . sind zweihundert mark dreihundert mark am tach .. naja . sowas und so . kann mer sich dann das geld verdienen oder . von den eltern oder so //hm// so wie ichs früher eigentlich jemacht hab //hm// . hab ichs och . von meinen eltern . abjekricht .. ar ansonsten reicht eigentlich mein taschengeld und das was ich verdiene reicht eigentlich gut aus

Mit diesen Äußerungen kann nun bei Mark eine stärkere praktische Verselbständigung angenommen werden, als sie bisher vermutet wurde. So geht er z.T. geregelten Nebendiensttätigkeiten nach. Allerdings wird hier nicht deutlich, ob vielleicht diese Jobs auch auf Anliegen der Eltern oder deren Vermittlung entstanden sind bzw. welche Tätigkeiten neben dem Zeitungsaustragen hier entthematisiert und vielleicht nur fiktiv konstruiert werden. So kann man an der Äußerung nachvollziehen, wie mit der Aufzählung der Tätigkeiten auch die Verdienstmöglichkeiten rasant ansteigen, die schließlich von monatlich 50,- DM über monatlich 100,- DM auf täglich 200,- bis 300,- DM ansteigen. Allerdings bleiben diese lukrativen Verdienstmöglichkeiten sehr nebulös und schließlich auch mit dem Schleier des Illegalen behaftet. Dennoch scheint deren Attraktivität für Mark reizvoll, gleichwohl man angesichts der Erzählung über die Polizeiverfolgung davon ausgehen kann, dass Mark derartige Auseinandersetzungen bzw. deren Risiken zu vermeiden versucht.

Als Alternative und Ergänzungsmöglichkeit zu den verschiedenen Jobs bleibt Mark dann immer noch die finanzielle Unterstützung der Eltern. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Mark zwar hier auf diese finanzielle Unterstützung weiterhin angewiesen bleibt, aber sich deutlich von den Zeiten distanziert, als die Unterstützung der Eltern die alleinige Finanzquelle für ihn war. Damit bestätigt sich hier noch einmal ein Zugewinn an praktischer Selbständigkeit. Bilanzierend stellt Mark dann fest, dass er mit den finanziellen Mitteln sehr gut auskommt, wobei hier das Taschengeld, also die finanzielle Unterstützung der Eltern, größere Priorität zugewiesen bekommt und damit auch den Hauptteil im Budget auszumachen scheint. Man kann hier riskant eine Schleife in der Verselbständigung Marks vermuten, wonach er über die jugendkulturellen Tätigkeiten Verselbständigungsimpulse erhält, diese jedoch durch ihre Finanzierungsnotwendigkeit stärker an die Eltern zurückbinden und damit die Verselbständigung bremsen.

Auch der Interviewer scheint diese Unstimmigkeit in der Thematisierung der praktischen Selbständigkeit zu spüren. Er bezieht sich mit der nächsten Frage auf die Schilderungen Marks, bereits eine eigene Wohnung zu besitzen und fordert Mark zu einer stärkeren Explikation und Detaillierung auf.

I: das vorhin gloobe noch nich so janz richtig verstanden mit der wohnung also du hast jetzt praktisch ne wohnung in dem haus . wo deine eltern auch drinne sind . oder nich

M: naja ((das is unser haus)) also das is sone .. (…1) erbengemeinschaft oder was weeß ich so //hm// unjefähr . un das haus zerfällt (lacht) //hm// nich so praktisch //hm// naja . (…1) loswerden und so . und . ich wohn da nun in der einen wohnung drinne damit ich nich mehr meinen eltern ofn sack gehe

I: hm .. ar da haste so richtig also dein . dein bett// naja also //und dein kühlschrank und dein

M: naja so ich könntes machen ar das is zu umständlich //hm// weil eigentlich das bad einrichten das das bad ist halt zerfallen jenauso wie de toilette und küche und so //hm// . ich könnts mir machen bloß .. //haste keene . lust zu// . (holt tief luft) erstens das un zweitens . was bringts mir

In den Ausführungen Marks zeigt sich nun, dass die Formulierung der eigenen Wohnung leicht übertrieben ist, denn die Nutzung der freistehenden Wohnung im Haus, in dem auch die elterliche Wohnung liegt, muss eher als Hobbyraum gekennzeichnet werden. Damit ist die Wohnung eher ein weiteres Indiz für eine auch durch die Eltern ermöglichte Nischenorientierung, als dass hier weite praktische Verselbständigungsschritte erfolgen, die schließlich auf eine Aneignung bzw. Integration in die Erwachsenenwelt hinauslaufen würden. Deutlich wird diese Differenz in der Bedeutsamkeit der selbständigen Nutzung dieser Wohnung durch Mark, als der Interviewer mit seinen Kommentaren und Zwischenfragen die Nutzung der Wohnung im Sinne einer (erwachsenen) Selbständigkeit nachfragt (Kühlschrank, Bett). Diese Nutzung wird dann von Mark deutlich abgewiesen, wobei der eröffnete Begründungszusammenhang material wenig ausgefüllt wird. So wird als Hauptgrund die notwendig zu investierende Arbeit in die Wohnung genannt, die ihrerseits eine praktische Selbständigkeit bereits voraussetzt. Weitere Gründe werden angedeutet, jedoch nicht ausgeführt, wobei die Deutung des Interviewers der fehlenden inneren Motivation durch Mark nicht zurückgewiesen wird. Mit dem hier interpretierten Muster, im Grunde praktische Selbständigkeit in der biographischen Repräsentanz auszuweisen, ohne sie material einzulösen, zeigt sich zweierlei. Erstens wird deutlich, dass die Kategorie der praktischen Selbständigkeit für Mark eine hohe Bedeutsamkeit einnimmt, ja im Grunde (mit der Anfangsinterpretation) bereits in der frühen Kindheit dominante Orientierungsfunktion hatte. Andererseits kann diese praktische Selbständigkeit in den Bereichen bisher nicht eingelöst werden, in denen sie sich auf die Kompetenzen und Regeln der Erwachsenenwelt bezieht. Hier ist Mark mit seiner früh generierten Fokussierung auf Nischenwelten, die ja auch immer Gegenwelten der Erwachsenenwelt waren, in einer Position, die ihm die Aneignung der lebenspraktischen Selbständigkeit im Sinne der Erwachsenen erschwert. Vor diesem Hintergrund ist auch die Darstellung seiner Verdienstmöglichkeiten zu betrachten. So wird auch hier die Vermischung von Ideal und Umsetzung dieses Aspektes der praktischen Selbständigkeit angedeutet.

Als letzte Frage im Komplex der immanenten Nachfragen wird Mark vom Interviewer auf die Thematik der Partnerschaftsbeziehungen verwiesen, wobei an die bereits gemachte Äußerung Marks zu seiner Freundin angeknüpft wird. Mark nimmt dieses Thema bereitwillig auf.

M: naja klar . also .. früher . war ich schon mal mit ihr zusammen das war vor einem jahr . //hm// da war ich nur drei oder vier monate mit ihr zusammen dann ist unsre beziehung in die brüche jegangen weil . ich weeß nich war alles nich so . //hm// . das wahre naja . jetzt so .. jetzt bin ich hier . mit ihr sieben monate zusammen schon .. naja wie issn das jekommen . wie soll ichn das sagen . ich weeß nich . sie hat sich einfach widder in mich verliebt oder was weeß ich naja

Die Ausführungen Marks zu dieser Beziehung beziehen sich zunächst auf den Verlauf der Partnerschaft und deren Entstehungsgeschichte. Hier wird einerseits erinnert, dass diese Beziehung praktisch auf eine Vorbeziehung aufruht, ohne jedoch diese in ihrer Qualität zu thematisieren. Auch als Mark die Gründe für das vormalige Zerbrechen der Partnerschaft zu rekapitulieren versucht, geschieht dies nur auf der Ebene allgemeiner Schlagworte und Formeln, die z.T. in der Logik der Präsentation hoher lebenspraktischer Selbständigkeit liegen, zugleich aber auch auf geringe lebenspraktische Kompetenzen hinweisen, wie sie hier z.B. in der Reflexion von Partnerschaften bestehen könnten. Man hat in der Ausführung eher den Eindruck, dass Mark hier etwas nebenher durchläuft, was in bestimmten Aspekten für seine biographische Konzeption notwendig scheint, ohne aber eine materiale Beschäftigung mit der Thematik anzustreben. Damit kann seine Orientierung an Spaß und Anerkennung unter Gleichaltrigen auch für sein Partnerschaftsverhalten als dominante Motivation gelten, die schließlich auch mit den Erwartungen der Partnerin brechen und die Auflösung der Partnerschaft verursacht haben kann. Denn der Modus des spaßorientierten Handelns, der Problematisierungen und Reflexionen ausschließt, kann im Extremfall der Partnerin eine hohe Bedeutungslosigkeit und Beliebigkeit vermitteln.

Diese Vermutung liegt dann nahe, wenn mit der Thematisierung des Endes der Beziehung eine tatsächliche Distanz und Entthematisierungstendenz der Beziehung zum Ausdruck kommt. Ähnlich distanziert und unreflektiert wird dann von Mark der Wiederbeginn dieser Beziehung thematisiert. Hier schildert Mark als Motivation, dass sich die Freundin vielleicht wieder in verliebt hat. Dabei fällt nicht nur auf, dass diese Deutung sehr ungewiss formuliert wird, sondern auch, dass in dieser Deutung eine einseitige Perspektive vorherrscht. So wird zumindest keine eigene Gefühlslage zum Ausdruck gebracht und damit auch nicht deutlich, wie bedeutsam Mark diese Beziehung gegenwärtig ist. Bedeutsam scheint dagegen die Zeitdauer der Partnerschaft, mit der die erste Episode bereits überschritten wurde. Vielleicht kann Mark darüber den Zugewinn an Selbständigkeit präsentieren, ohne dies durch inhaltliche Füllungen weiter begründen zu müssen.

M: mein verhältnis zu ihr . is eigentlich janz jut na ist in ordnung also .. ich red mit ihr über alles und offen un so //hm// . wir machen nun ziemlich viel zusammen wenn se abends weg- . und . tagsüber .. so was mer halt macht //hm// . mal da hingehen mal da hingehen . mit freunden und so .. //hm// und so . macht das übelsten spaß und so . es is och so . ne an- . sprechsperson für mich . für probleme und so

In dieser Passage geht Mark direkt zu einer Bilanzierung und Einschätzung der aktuellen Partnerschaft über. Diese wird insgesamt (wenn auch relativiert) als positiv eingeschätzt, wobei auch Dimensionen und Bezüge der Beziehung deutlich werden, insofern Mark z.T. Kriterien einer ‚guten Partnerschaft‘ markiert. So ist es im präsentierten Partnerschaftsverständnis wichtig, dass man sich offen kommunikativ verständigen kann, viel zusammen unternimmt und gemeinsam Spaß hat. Dass dies jedoch ein eher äußerliches Partnerschaftsverständnis ist, zeigt sich darin, dass Mark einerseits die Aktivitäten der Freundin deutlich von seiner Person trennt (‚wenn sie abends…‘) und andererseits der Spaßeffekt für ihn und die Partnerschaft insgesamt nicht deutlich von den Gruppenerlebnissen getrennt wird. Man kann hier also insgesamt eher eine lose Beziehung vermuten, die wenig Bindungsverpflichtungen für Mark bedeuten. Man kann hier sogar vermuten, dass die starke Artikulation und Einforderung von Bindungsverpflichtungen dazu führt, dass die Beziehung für Mark problematisch wird und die von ihm latent angezielten Funktionen nicht mehr oder nur unzureichend erfüllt.

M: das war vor . zwei jahrn oder so .. als ich . noch am anfang vom skaten war //hm// .. da gabs so was jede kleine (…5) . und die hat sich immer im burgviertel da an so ner treppe ofjehalten das war keene treppe das war . ne haus- . ne haustreppe also //hm// . vom haus ne treppe runter //hm// . naja .. un da ham mer uns immer ofjehalten bis spät abends ham da . was weeß ich jemacht jetrunken oder .. einfach . sich unterhalten jequatscht und da standen da immer zehn zwanzig leute oder so . drumrum . naja und . die wohnte da . //hm// . so hattch die kennjelernt

Mark berichtet hier, wie er das Mädchen vor Jahren kennengelernt hat, wobei er diese Tatsache als ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen vorstellt. Dies war einerseits ein bestimmtes Gruppenverhalten, in das er zu der Zeit eingebunden war und andererseits ihre Nähe dazu, weil sie in direkter Nachbarschaft zu diesem Gruppentreffpunkt gewohnt hat. Mit der Darstellung dieses Zusammenhangs ist für Mark diese Thematik ausreichend angesprochen. Wichtiger ist es ihm in diesem Zusammenhang auf die Gruppe selbst zu sprechen zu kommen und ihre Entwicklung bis heute zu verdeutlichen. Damit kann man zunächst von dieser formalen Struktur auf tatsächliche Relevanzfestlegungen schließen. Die Partnerschaft zu dem Mädchen ist dabei als eher nachgeordnet zu kennzeichnen, was sich auch in der Trennung und Zuweisung zu den beiden Erzähllinien andeutet. Dominant ist für Mark das Leben in der Gruppe und so wird eigentlich parallel bzw. im Anschluss seine Beziehung zur Gruppe vorgestellt.

M: na das war eigentlich och noch sowas . das hättch nich vergessen dürfen . //hm// das hatte . das war damals und ist jetzt och so in de brüche jejangen die janzen freundschaften irgendwie //hm// . jeder teilt sich also jeder . so entweder wird jemand arrogant oder jemand bleibt so wie er ist . oder wird übelst sensibel //hm// . weil . früher warn se alle noch gleich da is jeder in seine eigne richtung ge- also . in eine richtung gegangen //hm// . und jetzt jetzt teilt sich das alles . //hm// die (…1) gibts nich mehr .. ist zwar schade drum aber was will mer machen . //hm// .. okay ar de meisten .. skaten immer noch aber .. es gibt och viele die ofhörn //hm// . weil .. keen spaß mehr ham . nur .. probleme mit m (…2) . was weeß ich der eene hat ä . probleme mit m rücken . un kann nich mehr fahrn weil er . so ne krankheit (…1) //hm// zum beispiel das .. der andre .. was weeß ich .. hat seinen arm übelst kaputtjemacht hat jetzt übelsten schiss zu fahrn . //hm// (…1) droffällt kann . kricht er widder ne schraube in arm rein . naja … sowas ehmt .. ar das war alles so schön (…1) dran denkt da //hm// die janzen aner- die . erinnerungen widder hoch . so . kleine bruchstücke und so //hm// … das war janz schön witzig früher ar jetzt zur zeit .. ich hab so das jefühl es gibt keene richtigen freunde mehr . irndwie . jeder spielt den andern aus und so //hm// das is . un och unter den leuten die seit jahren freunde sind . die alles von sich wissen .. das sind dann noch wahre freunde ansonsten . nich wenn ich jetzt jemanden kennenlernen würde . //hm// ich würde dem nie mehr vertrauen .. (…1) //hm// niemals //hm// .. ich . is irnwie janz komisch … die janze jesellschaft irgendwie … is irgendwie so .. alles vorprogrammiert . //hm// die (…1) medien nach geht nach amiland nach also . was vorgegeben wird muss mer nachmachen .. zum beispiel jetzt och wieder is der boom da in amiland das fängt jetzt alle widder an mit skaten . fangen se hier in deutschland och alle an mit skaten . oder mit . rollerblades oder sowas . //hm// das sin alles sone booms die kotzen mich übelst an .. so ne trendys . //hm// die einfach mit solchen trendsachen rumrennen . //hm// was weeß ich mit was … ja ist das en trend oder früher mal schlaghosen dann hat jeder assi ne schlaghose jetragen . jetzt sind weite hosen . //hm// en trend jewesen hatten alle weite hosen jetzt sin wieder enge in oder was weeß ich . //hm// und sowas boo . könnt ich mich übelst drüber ofregen //hm// . (…1) jemand keinen eignen style hat oder so … ich finde eigentlich jeder sollte das machen . was ihm spaß macht //hm// was ihm liegt oder was weeß ich

Mit der hier eröffneten Darstellungslinie, die Beziehung und Einbindung in die Gruppe und damit in die Jugendkultur parallel zur Partnerschaft darzustellen, wird Mark nun in eine umfassende Bilanzierung dieser lebensgeschichtlichen Aspekte verstrickt, mit der auch sein zentrales biographisches Problem bzw. das biographische Krisenpotential thematisiert wird. Als solches kann die Erfahrung der Auflösung und der Destruierung einer optimal eingeschätzten Gruppeneinbindung genannt werden. Man kann hier also noch einmal deutlicher den Eintritt in diese jugendkulturell orientierte Gruppe als Symbiose biographischer Entwicklungen und der Szenekultur kennzeichnen, mit dem Mark neue Aktivitäten parallel durchläuft und hier einen besonders zentralen Sozialisationsraum vorfindet, der zugleich auch Nischenwelt ist.

Problematisch ist nun für Mark die Erfahrung, dass dieser symbiotische Raum auseinander bricht und die anfangs wahrgenommene Einheitlichkeit als zunehmend differenziert und pluralisiert erfahren wird. Das Mark diese Differenzierungen, die durchaus als erwartbare Entwicklungen angesichts fortschreitender Individuationsprozesse vermutet werden können, als pathologische Effekte deutet, zeigt sich darin, dass er dies mit schizophrenen Symptomen umschreibt (‚jeder teilt sich‘). Damit wird aber deutlich, dass Mark selbst diese Veränderungen ablehnt, selbst eher auf Kontinuität dieser Einbindung abhebt und so zum integrativen Faktor in dieser Szene wird. Zum zentralen biographischen Problem wird diese Entwicklung aber besonders dadurch, dass eine Programmatik der Individualität gerade auch in dieser Jugendkultur und auch in den biographischen Orientierungen Marks vertreten wird. Diese Problematik versucht Mark nun zu bearbeiten, indem er verschiedene Argumentationsmuster vergegenwärtigt, die diese Entwicklung der Gruppe erklären sollen. Hier stehen seelische Verirrungen (‚arrogant werden‘) neben körperlichen Einschränkungen und gesellschaftlich gerahmten Egoismustendenzen, wobei in einer subjektiven Theorie auch der mediale Einfluss auf eine Zunahme subjektiver Konsumentenhaltungen aufgezeigt wird. Als Endresultat wird von Mark das Verschwinden ‚richtiger Freundschaften‘ genannt und damit das Fehlen relevanter und signifikanter Bindungen markiert.

Ohne dass Mark diese Zusammenhänge selbstreflexiv ausdeutet, kann doch von folgendem Zusammenhang ausgegangen werden. Was Mark bisher als Strukturwandel der Szene und der Jugend dargestellt hat, weist auf einen Exklusivitäts- und damit Anerkennungsverlust der Gruppe hin, zu der er eine symbiotische Beziehung entwickelt hatte. Damit wird nun nicht nur sein Selbstwert nach außen hin brüchig, sondern dies generiert bei den anderen Gruppenmitgliedern Entwicklungen, die den engen Gruppenzusammenhalt auflösen und insgesamt die Grenzen der Gruppe nach außen aufweichen. Damit wird nun auch die symbiotische Funktion der Gruppe aufgeweicht, so dass Mark sich plötzlich mit Problemen konfrontiert sieht, die er nicht verorten oder bearbeiten kann. Stattdessen kann er als Zeitbeobachter verfolgen, wie sich andere Gruppen bilden und neue Trends in seinem Umfeld aufgenommen und anerkannt werden. Dies muss er nun einerseits durch die Verlusterfahrung seiner symbiotischen Nischenwelt abwerten. Andererseits ist er jedoch selbst dieser Trendorientierung verfallen gewesen und hat darüber seine Anerkennung erhalten können. So zeigt er auch als dominante Orientierungen eine deutlich individualistische Anschauung (‚eigenen style haben‘ ‚machen, was einem Spaß macht‘). In dieser Bilanzierung zeigt sich, dass Mark diese Problematik noch nicht endgültig bearbeitet hat. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass sich Mark mit seinen Orientierungen verstrickt, weil er die latenten Orientierungen und Funktionen nicht offen thematisiert und deshalb den erfahrenen Widerspruch zwischen eigenem Anspruch und dem kritisierten Handeln nicht begrifflich fassen kann. Denn hier wird deutlich, was er als Strukturwandel kritisiert ist auch Bestandteil seiner eigenen Lebensprogrammatik.

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