Falldarstellung mit interpretierenden Abschnitten

Zusammenhalt

Das Zusammengehörigkeitsgefühl der SchülerInnen war dann am größten, wenn es galt, „Angriffe“ von außen, d.h. vor allem von Seiten der LehrerInnen, abzuwehren. Wie bei den LehrerInnen auch, gab es innerhalb der Klasse große „solidarische Lücken“, aber in Auseinandersetzungen mit den „Autoritäten“ war die SchülerInnen-Solidarität jederzeit vorhanden. Während meines Feldaufenthaltes habe ich kaum Situationen erlebt, in denen die Solidarität der SchülerInnen gegenüber den LehrerInnen nicht standgehalten hätte.

26.09.02
In einer der Chemiestunden wurde Jonas über die Themen der letzten Stunde von Herrn Dr. Behringer abgefragt. Da er nicht vorbereitet war, setzten sich die anderen SchülerInnen dafür ein, das Abfragen auf die nächste Stunde zu verschieben. Herr Dr. Behringer ließ sich auf den „Deal“ aber nicht ein, stattdessen wurde seine Stimme laut und ärgerlich.

Wenn das Wohl eines Schülers bzw. einer Schülerin – im vorliegenden Fall Jonas – aus Sicht der SchülerInnen in irgendeiner Weise gefährdet wird, setzen sich die anderen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für dessen Wohl ein. Wie dieses Beispiel zeigt, versuchen SchülerInnen selbst in aussichtslosen Fällen wie hier, bei Herrn Dr. Behringer, der ja immer hinter jeder Bemerkung der SchülerInnen einen Täuschungsversuch witterte (s.o.), für einzelne MitschülerInnen einzutreten. Obwohl Herr Dr. Behringer in diesem Fall als Sieger aus der Situation hervor geht, ist der Versuch Jonas zu Hilfe zu kommen und der Zusammenhalt der SchülerInnen entscheidend und ein deutliches Indiz für ihre Solidarität.

25.11.02
In einer BK- Stunde wollte Herr Guppi Boris wegen Stören im Unterricht ins Klassenbuch eintragen, was einen Schulausschluß zur Folge gehabt hätte, da Boris bereits mehrere Einträge hatte. Als die SchülerInnen Herrn Guppi die Lage erklärten und sich für Boris einsetzten, trug er ihn nicht ein, obwohl er sehr wütend auf Boris war.

In diesem Fall ist das Einsetzten der SchülerInnen für das Wohl Boris mit Erfolg gekrönt. Sie können Herrn Guppi davon überzeugen, von seinem Vorhaben abzusehen. Hätten sich die anderen SchülerInnen nicht für Boris` eingesetzt, hätte er einen weiteren Klassenbucheintrag und somit einen Schulverweis erhalten. Der Zusammenhalt der SchülerInnen ist also mitunter in der Lage, Veränderungen zu bewirken bzw. Einfluss auf das Lehrer-Schüler-Verhältnis zu nehmen.

27.11.02
Während einer Französischstunde bei Herrn Berger aß Marcus, trank und rülpste laut. Herr Berger, der gerade Vokabeln an die Tafel schrieb, drehte sich um und fragte, wer eben gerülpst habe: „Das kann ich nämlich überhaupt nicht leiden.“ Es wurde still, aber niemand sagte etwas gegen Marcus.

Auch im Stillschweigen kann Solidarität liegen. Dass keiner der anderen SchülerInnen Marcus verrät, wird evtl. auch durch die Tatsache bewirkt, dass Herr Berger wütend und etwas aufgebracht ist, was sehr selten vorkommt. Der Ärger von Herrn Berger verdeutlicht den SchülerInnen den Ernst der Lage und sie reagieren, indem sie schweigen, um Marcus vor einer möglichen Strafe zu bewahren. Sie halten zusammen und bilden eine solidarische Front gegen den Lehrer.

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